Titel: | Ueber die Destillation des Queksilbers; von Millon. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. XV., S. 45 |
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XV.
Ueber die Destillation des Queksilbers; von
Millon.
Aus den Comptes rendus, April 1845, No.
17.
Millon, über die Destillation des Queksilbers.
Wenn man das Queksilber destillirt, nachdem man es mit ein wenig Salpetersäure
geschüttelt hat, um die leicht oxydirbaren Metalle aufzulösen, so findet man, daß
die Destillation in dem Zeitpunkt, wo man die lezten Antheile des Metalls
verflüchtigt, langsamer vor sich geht. Fängt man das am Anfange und gegen das Ende
der Destillation übergehende Queksilber besonders auf, so kann man sich leicht
überzeugen, daß diese beiden Antheile eine verschiedene Flüchtigkeit haben.
Ich brachte das erste und das lezte Kilogramm, welche von 50 Kilogrammen Queksilber
abdestillirt worden waren, besonders bei Seite; jedes dieser beiden Kilogramme wurde
wiederholt destillirt und dann folgende Versuche angestellt.
Ich wählte vier kleine, ziemlich gleiche Retörtchen, welche 100 Gramme Queksilber in
der Art faßten, daß sie zur Hälfte dadurch gefüllt wurden. Diese Retörtchen, 100
Gramme Queksilber enthaltend, wurden in dasselbe Bad einer geschmolzenen
Metalllegirung gebracht; lezteres wurde bis zum Kochen des Queksilbers in den
Retörtchen erhizt. Das überdestillirte Queksilber verdichtete sich im Retortenhals,
wurde aufgesammelt und gewogen. Von den vier Retorten lieferte eine nicht so viel
wie die andere; als man aber diejenigen, welche sich am meisten entfernten,
beseitigte, lieferten zwei rükständige bei der Destillation eine ziemlich gleiche
Menge Queksilber. So erhielt ich bei drei Operationen, welche parallel mit diesen
beiden Retorten, die ich mit A und B bezeichne, vorgenommen wurden, von 100 Grammen
Queksilber:
In gleicher Zeit uͤbergegangenes Queksilber.
1. Operation.
Retorte
A
destillirtes
Queksilber
48,5
Gramme
—
B
—
—
47,5
—
2. Operation.
—
A
—
—
69,0
—
—
B
—
—
63,0
—
3. Operation.
—
A
—
—
66,0
—
—
B
—
—
64,0
—
Es ist zu bemerken, daß bei diesen drei Versuchen die Retorte A immer etwas mehr abgab als die Retorte B,
welchen Umstand ich bei den folgenden Versuchen stets berüksichtigte.
Folgende Verschiedenheiten ergaben sich nun, als ich Queksilber vom ersten und vom
lezten Kilogramm, welche ich bei der Destillation von 50 Kilogrammen erhalten hatte,
gleichzeitig im Metallbad destillirte.
In die Retorte A, welche am meisten abgibt, brachte ich
das am Ende der Destillation übergegangene Queksilber; in die Retorte B das zuerst übergegangene.
In gleicher Zeit uͤberdestillirtes Queksilber.
1. Operation.
Retorte
A
100
Gramme
enthaltend
19,0
Gramme
—
B
—
—
—
49,0
—
2. Operation.
—
A
—
—
—
15,7
—
—
B
—
—
—
41,5
—
Die Temperatur des Metallbades muß bei diesen vergleichenden Versuchen sehr gemäßigt
werden, sobald das Queksilber die Wölbung der Retorte zu überziehen beginnt.
Man sollte glauben, daß Queksilber, welches sich bei der Destillation so verschieden
verhält, nicht gleich rein seyn kann; vergebens aber suchte ich dieß durch
Reagentien darzuthun. Das Queksilber vom ersten und lezten Kilogramm verhielten sich
bei allen Proben, welche ich damit vornahm, gleich.
Ich untersuchte hierauf, ob ein so kleiner Zusaz fremdartiger Metalle, daß sie der
Analyse entgehen, keine Aenderung in der Flüchtigkeit des Queksilbers
hervorbringt.
Ich erhielt dabei sehr interessante Resultate; ein Tausendstel, ja ein
Zehntausendstel eines fremdartigen Metalls war hinreichend, um dem der parallelen
Destillation in zwei Retorten unterworfenen Queksilber die charakteristischen
Verschiedenheiten zu ertheilen.
Ein Zehntausendstel Blei, dem Queksilber zugesezt, hält dessen Destillation beinahe
ganz auf.
Bei diesen vergleichenden Versuchen brachte ich stets in die etwas beschleunigende
Retorte A das schwieriger überdestillirende
Queksilber.
Folgende Zahlen ergaben sich nach dem Zusaz des Bleies.
Versuche mit 100 Grammen
Queksilber.
In gleicher Zeit überdestillirtes Queksilber.
1. Operation.
Retorte
A
Queksilber mit 1/10000 Blei
5,0
Gramme
—
B
dasselbe Queksilber, ohne Blei
67,0
—
2. Operation
—
A
Queksilber mit 1/10000 Blei
2,2
—
—
B
dasselbe Queksilber ohne Blei
55,0
—
Es wurde dann statt des Bleies Zink zugesezt und zwar
immer 1/10000
Der Einfluß war gleicher Art.
Versuche mit 100 Grammen
Queksilber.
In gleicher Zeit uͤber destillirtes Queksilber.
1. Operation.
Retorte
A
Queksilber mit 1/10000 Zink
6,5
Gramme
—
B
dasselbe Queksilber ohne Zink
57,0
—
2. Operation
—
A
Queksilber mit 1/10000 Zink
2,5
—
—
B
dasselbe Queksilber ohne Zink
37,5
—
Der Zusaz von einem Tausendstel oder Zehntausendstel Gold machte bei der Destillation
keinen Unterschied.
Das Platin hatte den umgekehrten Einfluß vom Blei und
Zink; es beschleunigt die Destillation, aber nicht in dem Grade, wie Zink und Blei
sie verzögern.
Versuche mit 100 Grammen
Queksilber.
In gleicher Zeit uͤber destillirtes Queksilber.
1. Operation
Retorte
B
Queksilber mit 1/10000 Platin
89,5
Gramme
—
A
dasselbe Queksilber ohne Platin
70,0
—
2. Operation
—
B
Queksilber mit 1/10000 Platin
86,0
—
—
A
dasselbe Queksilber ohne Platin
70,0
—
Um diese Beschleunigung zu erzielen, muß man das Platin mit dem Queksilber einen oder
zwei Tage lang bei 40–64° R. digeriren lassen, ohne welche Maaßregel
das Platin keinen merklichen Einfluß auf die Destillation ausübt. Hat das Queksilber
diese kleine Menge Platin aufgenommen, so verändert es sich in einigen seiner
Eigenschaften; in dem Glas, worin es geschüttelt wird, wirft es Blasen, ungefähr wie
ein etwas Eiweiß enthaltendes Wasser. Es hängt beim Erwärmen dem Glas so stark an,
daß dasselbe wenigstens eben so gut davon belegt wird, als durch die bekannten
Wismuthlegirungen; allein diese Belegung verschwindet nach und nach wieder beim
Erkalten. Endlich bildet dieses Platinqueksilber in den Flaschen, worin es
aufbewahrt wird, keine convexe Oberfläche mehr, und wenn man Wasser darauf schüttet,
berühren sich die untere Wasser- und die obere Queksilberschicht in einer
ebenen Fläche.
So üben außerordentlich kleine Verunreinigungen auf gewisse Arten Queksilbers einen
Einfluß aus, welcher an den des Graphits auf das Eisen im Stahl erinnert. Dieser
Einfluß kleiner Metallquantitäten auf Metallmassen beschränkt sich gewiß nicht auf
das Queksilber. Es ist dieß eine Thatsache, welche die Techniker zu beachten haben
und schon die Wichtigkeit des Queksilbers für die Verfertigung der Barometer
erheischt sie zu berüksichtigen.