Titel: | Ueber ein einfaches Mittel, die Temperatur, welche durch eine Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge erzeugt wird, sehr bedeutend zu erhöhen; von C. F. Plattner in Freiberg. |
Fundstelle: | Band 98, Jahrgang 1845, Nr. IX., S. 21 |
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IX.
Ueber ein einfaches Mittel, die Temperatur,
welche durch eine Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge erzeugt wird, sehr bedeutend zu
erhoͤhen; von C. F.
Plattner in Freiberg.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1845 Nr.
8.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Plattner's Spirituslampe für hohe Temperaturen.
Mit einer Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge, deren Einrichtung für chemische Zweke
wir bekanntlich Berzelius verdanken, kann zwar eine so
hohe Temperatur erzeugt werden, daß man selbst kleine Mengen von Silber zu
schmelzen, so wie mehrere Silicate mit kohlensaurem Natron in einem Platintiegel
aufzuschließen vermag; es treten aber doch Fälle ein, wo man das Aufschließen
kieselsaurer Verbindungen über einer solchen Lampe nicht mit völliger Sicherheit
vornehmen kann, sobald dieselben zu strengflüssig sind oder sich überhaupt schwer
aufschließen lassen, weil, wenn man auch den Lampendocht etwas weiter herausziehen
wollte, es dann an der zur Verbrennung nöthigen atmosphärischen Luft fehlen und man
eine rußige Flamme bekommen würde. Man sieht sich daher in solchen Fällen genöthigt,
einen kleinen Windofen in Anspruch zu nehmen und Holzkohlen zu verbrennen, die an
manchen Orten nicht immer zu haben sind.
Abgesehen davon, daß man bei einer Schmelzung im Windofen nicht im Stande ist,
während der Zeit, als sich der Tiegel im Feuer befindet, die schmelzende Masse von
Zeit zu Zeit zu beobachten, um sich zu überzeugen, ob noch eine Gasentwikelung
stattfinde oder nicht, so ist man auch genöthigt, entweder einen sehr geräumigen
Platintiegel anzuwenden, um ein mögliches Uebersteigen zu verhüten, oder in
Ermangelung eines hinreichend großen Platintiegels eine geringere Menge von dem
Silicate zur Analyse zu nehmen, welches leztere Mittel, wenn es nicht an Material
fehlt, nicht immer räthlich erscheint.
Um zu chemischen Zweken eine hinreichend hohe Temperatur hervorzubringen, wendet SollyDessen Beschreibung eines chemischen Lampenofens im polytechn. Journal Bd. XCVI S.
288. an der Stelle des Windofens einen eigens
construirten Lampenofen an, der zur Verbrennung von Leuchtgas mit Sauerstoffgas so
eingerichtet ist, daß man einen Platintiegel an allen Punkten gleichmäßig stark
erhizen kann.
Alexander v. Humboldt hat schon im Jahre 1796 bei
Construirung von Grubenlampen für böse WetterAlexander v. Humboldt, uͤber die
unterirdischen Gasarten und die Mittel ihren Nachtheil zu vermindern. Ein
Beitrag zur Physik der praktischen Bergbaukunde. Braunschweig bei Friedrich
Vieweg, 1799. dargethan daß, wenn
man den vom Dochte aufsteigenden brennbaren Gasarten, die bei Anwendung von Oehl
gebildet werden, eine hinreichende Menge von atmosphärischer Luft mit einem
entsprechenden Druke so zuführt, daß eine vollständige Mengung erfolgt, die
Verbrennung der ersteren in kohlensäurereichen Wettern auf das Vollkommenste von
Statten geht.
Erinnert man sich, wenn bei einer einfachen Spirituslampe der Docht zu weit
herausgezogen ist, wie unvollkommen die gasförmig entweichenden Bestandtheile des
Brennmaterials durch den Sauerstoff der freiwillig hinzutretenden atmosphärischen
Luft in gasförmige Kohlensäure und Wassergas umgeändert werden, und daß daher im
Verhältniß zur Menge des zerlegten Brennmaterials viel zu wenig Wärme erzeugt wird,
man dagegen die Hize bedeutend erhöhen kann, wenn man das Löthrohr zu Hülfe nimmt,
was sich auch an jeder Glasbläserlampe beobachten läßt, es mag Talg, Oehl oder
Spiritus angewendet werden, so liegt es sehr nahe, daß sich dieses Mittel auch in
dem Falle anwenden lasse, in welchem man die Hize weniger auf einen Punkt
concentriren, als auf die ganze Oberfläche eines Gegenstandes, wie z. B. auf einen
Platintiegel, wirken lassen will. Man braucht nur in den unteren Theil der Flamme
einer Spirituslampe mit cylindrischem Dochte, durch mehrere metallene Röhren, die
mit feinen
Ausgangsöffnungen versehen sind, atmosphärische Luft mit mäßiger Pressung so zu
leiten, daß alle Theile der vom Dochte aufsteigenden brennbaren Gasarten vollständig
verbrennen können.
Ich habe mir vor einiger Zeit einen solchen Apparat für eine meiner Spirituslampen
mit cylindrischem Dochte fertigen lassen, dessen Einrichtung sich aus der Zeichnung
Fig. 26
ergibt. a ist eine messingene hohle Kugel, an die sich
unten ein aus zwei Stüken bestehendes, kreisförmig gebogenes Rohr b, ebenfalls aus Messing gefertigt, anschließt, dessen
offenes Ende zur Aufnahme eines elastischen Rohres dient, welches mit einem kleinen,
mit Windreservoir versehenen Blasebalg verbunden ist, der eine hinreichende Menge
Wind von etwa 1 Zoll Queksilber Pressung liefert, so daß sich der in jedem
chemischen Laboratorium zum Gasblasen vorhandene Blasebalg recht gut dazu gebrauchen
läßt.
Etwas über der Mitte der Kugel sind im Kreise fünf conische messingene Röhren c, c, c, c, c
eingelöthet, die von der Kugel aus so gebogen sind, daß das geradauslaufende Ende
einer jeden derselben mit der Achsenlinie der cylindrischen Dille für den Docht
einen Winkel von ungefähr 12° bildet, und das Ende selbst von der Außenseite
der Dille nur einen geringen Abstand hat. Die Ausgangsöffnungen der fünf Röhren sind
so weit, daß man bequem mit einer mäßig starken Striknadel hineinfahren und sie,
wenn es nöthig seyn sollte, reinigen kann; das Ende einer solchen Röhre ist aber,
wie bei einem Löthrohr, mit einer besonderen cylindrisch gebohrten Aufstekspize
versehen, deren Oeffnung nur so weit ist, daß in dieselbe eine feine Nähnadel
paßt.
Hr. Prof. Reich hat sich ebenfalls einen solchen Apparat
fertigen, an demselben jedoch noch eine sechste Röhre anbringen lassen, die genau in
die Achsenlinie der Lampendille fällt, um in nöthigen Fällen den Boden des
Platintiegels recht stark erhizen zu können. Diese Röhre ist aber in eine auf die
Kugel gelöthete Dille eingeschliffen, so daß sie zu jeder Zeit weggenommen und die
Dille selbst mit einem Pfropfen verschlossen werden kann.
Zur Aufstellung dieses Apparats, für welchen sich der Name: Blaserohr für Spirituslampen mit cylindrischem Dochte eignen dürfte, dient
die Querstange d, e, welche
bei f verlängert oder verkürzt werden kann; sie ist mit
einer Dille g versehen, in welcher sich der ganze
Apparat um seine Achse bewegen läßt.
Soll das Blaserohr in Gebrauch genommen werden, so verbindet man dasselbe mit der
Stange d, welche für immer an dem Stativ der Lampe
befestigt seyn kann, und stellt die Lampe so zwischen die fünf Röhren, daß die Enden
der lezteren, oder vielmehr die Enden der Aufstekspizen mit dem oberen Rand der Dille in
eine Ebene fallen und alle gleichen Abstand von der Dille haben.
Nachdem man hierauf die Lampe angezündet und den Schornstein aufgesezt hat, stellt
man über lezteren den Platintiegel mit dem zu schmelzenden Gemenge wie gewöhnlich in
eine Trage von mäßig starkem Platindraht; in welcher Entfernung dieß aber geschehen
müsse, richtet sich darnach, ob man eine sehr starke oder nur eine mäßig starke Hize
erzeugen will, wozu auch der Docht mehr oder weniger herausgezogen werden muß.
Gesezt nun, man hätte ein schwer aufzuschließendes Silicat mit kohlensaurem Natron zu
schmelzen, so stellt man im Anfange den Platintiegel so, daß der Boden desselben mit
dem oberen Rande des Schornsteins in eine Ebene fällt, und zieht den Docht nur so
weit heraus, als es gerade nöthig ist. Läßt man jezt die Gebläseluft in die Flamme
wirken, so wird schon eine so starke Hize erzeugt, daß die Zersezung des Silicats
durch das kohlensaure Natron beginnt, ohne daß die Masse sich sehr aufblähte,
sondern in der Regel nur stark frittet. Zieht man hierauf, ohne das Blasen zu
unterbrechen, den Docht etwas weiter heraus, damit sich mehr brennbare Gasarten
entwikeln, und entfernt den Platintiegel etwas mehr von dem Schornstein, so entsteht
um den Tiegel herum, wo die Verbrennung der brennbaren Gasarten am vollkommensten
geschieht, eine Hize, bei welcher die Masse in wenig Minuten zum Schmelzen kommt,
ohne sich sehr aufzublähen, weil die an das Natron gebundene Kohlensäure schon
größtentheils ausgetrieben wurde, noch ehe die Masse zum Schmelzen kam. Findet ja
noch ein zu starkes Aufblähen statt, so darf man nur die Hize wieder etwas
vermindern, was sich sehr leicht bewerkstelligen läßt, sobald man den Docht etwas
zurükzieht.
Wenn es darauf ankommt, eine sehr hohe Hize zu erzeugen, so gelingt dieß sehr leicht,
wenn man die Lampe mit einem doppelten Dochte versieht, und zwar so, daß einer über
den andern geschoben wird; es muß jedoch vorausgesezt werden, daß die Dille auch die
dazu erforderliche Weite besizt.
Auf diese Weise kann man jede kieselsaure Verbindung mit kohlensaurem Natron
vollständig aufschließen und sich überzeugen, wann die Zersezung beendigt ist,
sobald man von Zeit zu Zeit den Dekel des Tiegels etwas lüftet, und nachsieht, ob
noch Gasblasen aufsteigen oder ob die flüssige Masse sich ganz ruhig verhält.
Silicate, welche Basen enthalten, die sich in dem aus Kieselsäure und Natron
gebildeten Glase auflösen, bilden eine vollkommen durchsichtige flüssige Masse, so
daß man den Boden des Tiegels deutlich sehen kann. Die Zeit, welche man zum
Aufschließen einer kieselsauren Verbindung zu verwenden hat, ist gering; man braucht
bei Anwendung von 2 Grammen der feingepulverten Substanz mit 6 Grammen völlig
entwässerten kohlensauren Natrons selten länger als 10 Minuten zu blasen. Zirkon in
sehr fein gepulvertem Zustande habe ich in einer reichlichen Viertelstunde völlig
aufschließen können.
Schließlich bemerke ich noch, daß sich dieser Apparat auch zu anderen Schmelzungen in
Porzellantiegeln anwenden läßt, wenn es darauf ankommt eine stärkere Hize zu
erzeugen, als man sie von einer Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge verlangen
kann.