Titel: | Ueber einige nüzliche Anwendungen des Kalks, welcher zum Reinigen des Leuchtgases gedient hat; von Prof. Th. Graham. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. CXI., S. 428 |
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CXI.
Ueber einige nuͤzliche Anwendungen des
Kalks, welcher zum Reinigen des Leuchtgases gedient hat; von Prof. Th. Graham.
Aus dem Philosophical Magazine, August 1845, S.
121.
Graham, über Benuzung des Gaskalks.
Ich hatte unlängst Gelegenheit Kalk zu untersuchen, welcher aus einem Croll'schen Gas-Reinigungsapparat mit trokenem
KalkhydratMan vergl. polytechnisches Journal Bd. XCV
S. 279. genommen wurde; das Gas wird, bevor es in den Kalkapparat gelangt, mit
verdünnter Schwefelsäure gewaschen, daher es keine Ammoniak- und
Cyanverbindungen enthält. Der Kalk war mehrere Stunden der Luft ausgesezt gewesen,
ehe ich ihn untersuchte; zu meiner Verwunderung schwärzte er ein saures Bleisalz
nicht und enthielt kein Schwefelcalcium. Er wurde nicht getroknet, sondern in dem
feuchten Zustand analysirt, wie man ihn aus der Gasfabrik zur Verwendung als Dünger
versendet.
Zusammensezung des Gaskalks.
Unterschwefligsaurer Kalk
12,30
Schwefligsaurer Kalk
14,57
Schwefelsaurer Kalk
2,80
Kohlensaurer Kalk
14,48
Kalkhydrat
17,72
Schwefel
5,14
Sand
0,71
Gebundenes Wasser
8,49
Freies Wasser
23,79
––––––
100,00.
Außerdem enthielt er nur eine Spur Ammoniak und Cyan.
Der Kalk absorbirt in dem porösen Zustande, worin er aus den Reinigungsapparaten (mit
trokenem Kalkhydrat) genommen wird, so schnell Sauerstoff aus der Luft, daß er sich
erhizt, wodurch sich der Oxydationszustand erklärt, in welchem man den Schwefel
findet. Ist der Kalk
sehr feucht oder in Wasser zertheilt (wie er aus den Reinigungs-Apparaten mit
flüssigem Kalkhydrat kommt), so absorbirt er den Sauerstoff viel langsamer; der
flüssige Theil enthält dann fast nichts anderes als zweifach Hydrothion-Kalk
aufgelöst, welchen man herauskrystallisiren lassen kann.
Nach der ersten raschen Absorption von Sauerstoff erfolgt die weitere Oxydation des
Gaskalks entschieden langsam. Ein Muster, welches ich in einem offenen Gefäße
aufbewahrte und wiederholt befeuchtete und zu Pulver zerrieb, wenn es ausgetroknet
war, enthielt noch nach drei Monaten 7 Procent schweflige Säure und außerdem allen
freien Schwefel, welcher ursprünglich vorhanden war. Die unterschweflige Säure war
gänzlich verschwunden. Als Dünger dem Boden zugesezt, muß folglich der Gaskalk stark
desoxydirend wirken, was seiner Nüzlichkeit großen Eintrag thut.
Es scheint rathsam, den Gaskalk, wo er nicht wegen des Ammoniaks Werth besizt, stark
auszutroknen oder zu rösten; er würde hernach so ziemlich aus gleichen Gewichten
schwefelsaurem und kohlensaurem Kalk bestehen und folglich in dem geeignetsten
Zustande zur Anwendung als Dünger seyn.
Ein Gaskalk, wie der untersuchte, eignet sich vorzüglich um unterschwefligsaure Salze
leicht und wohlfeil darzustellen. Der Kalk sollte, nachdem er aus den
Reinigungs-Apparaten genommen wurde, zwei oder drei Tage lang der Luft
ausgesezt werden, bis er allen Geruch von Schwefelwasserstoff verlor. Der sehr
auflösliche unterschwefligsaure Kalk läßt sich dann durch wenig mehr als ein
gleiches Gewicht kaltes Wasser ausziehen. Die Auflösung kann man bei 39° R.
abdampfen und den unterschwefligsauren Kalk herauskrystallisiren; oder man kann die
Auflösung durch Zusaz von kohlensaurem Natron in unterschwefligsaures Natron
verwandeln, welches ein beständigeres Salz ist, sich bei einer höheren Temperatur
abdampfen läßt und leichter krystallisirt.
Ich erhielt aus dem Gaskalk den sechsten Theil seines Gewichts krystallisirten
unterschwefligsauren Kalk und zwar in reinem Zustande durch eine einzige
Krystallisation. Wenn das Gas mit Schwefelsäure gewaschen wird, um das Ammoniak zu
entfernen, ehe man es in den Kalk-Reinigungsapparat leitet, so erhält man
einen zu diesem Zwek geeigneteren Gaskalk. Die Bereitung der unterschwefligsauren
Salze im Großen wird um so wichtiger, weil sie außer ihrer Anwendung in der
Galvanoplastik und Photographie wahrscheinlich benuzt werden dürften, um das
Chlorsilber und Bromsilber aus den Silbererzen auszuziehen.