Titel: | Ueber den Oxydationszustand des Eisens in den Bodenarten; von Richard Phillips jun. |
Fundstelle: | Band 97, Jahrgang 1845, Nr. XVI., S. 56 |
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XVI.
Ueber den Oxydationszustand des Eisens in den
Bodenarten; von Richard
Phillips
jun.
Aus dem Philosophical Magazine, Mai 1845, S.
437.
Phillips, über den Oxydationszustand des Eisens in den
Bodenarten.
Als ich mich vor einiger Zeit mit der Analyse verschiedener Bodenarten beschäftigte,
mußte ich mich über eine Bemerkung in Johnston's
Agriculturchemie verwundern, daß nämlich die niedrigste Oxydationsstufe des Eisens
oder das Oxydul im Erdboden der Vegetation sehr nachtheilig sey, während meine
eigene Erfahrung mich lehrte, daß es in allen humusreichen Erden als Oxydul
vorkommt, obwohl es zur Fruchtbarkeit eines Bodens nicht nöthig ist, daß sich das
Eisen im oxydulirten Zustande darin befindet. Johnston's
Behauptung stüzt sich auf folgende Gründe: Moorerde wurde zur Vegetation nicht
geeignet befunden, und das von derselben abgeleitete Wasser, zum Begießen angewandt,
wirkte wie ein Gift auf die Pflanzen. Nun befindet sich aber in dieser Erde das
Eisen im Oxydulzustande und da sich viel Kohlensäure durch die Einwirkung des
Sauerstoffs der Atmosphäre auf den Kohlenstoff des bedeutenden Humusgehalts erzeugt
und das Eisenoxydul in dieser Säure löslich ist, so wird lezteres durch das
Abzugswasser weggeschafft. Folgende sechs Analysen machen die Thatsache recht
anschaulich, daß die reichsten Bodenarten das Eisen meistens im oxydulirten Zustande
enthalten.
Die ersten zwei sind Analysen des Erdreichs und Untergrundes einiger der besten
Weizenböden im Lothian District (Südschottland). Mein Freund Wilson brachte sie von dort und analysirte sie. Im Boden fand er das Eisen
im Oxydul-, im Untergrund hingegen im Oxydzustande.
Oberes Erdreich.
Kieselerde
77,0
Thonerde
8,8
Eisen-Oxydul
5,4
Schwefelsaurer Kalk
0,6
Talkerde, Spur.
Kali- und Natronsalze
1,0
organische Materie
5,0
Feuchtigkeit
2,2
phosphorsaurer Kalk, Spur.
–––––
100,0.
Unteres Erdreich.
Kieselerde
68,0
Thonerde
16,3
Eisen-Oxyd
7,4
schwefelsaurer Kalk
0,4
Talkerde, Spur.
organische Materie
4,1
Feuchtigkeit
3,8
Kali- und Natronsalze,
Spuren.
–––––
100,0.
Eine durch ihre Fruchtbarkeit ausgezeichnete Erde von Polder in Belgien, welche seit
mehr als fünfzig Jahren nicht gedüngt worden seyn soll, bestand aus:
Kieselerde
61,5
Thonerde
9,1
Eisen-Oxydul
3,1
kohlensaurem Kalk
16,4
kohlensaurer Talkerde
0,7
Kali- und Natronsalzen
0,8
organischen Materie
6,2
Feuchtigkeit
2,2
phosphorsaurem und humussaur. Kalk,
Spuren.
–––––
100,0.
Eine Erde aus Indien, die dort als eine sehr fruchtbare betrachtet wird,
enthielt:
Kieselerde
40,0
Thonerde
29,7
Eisen-Oxydul
14,0
kohlensauren Kalk
4,2
kohlensaure Talkerde
0,6
schwefelsauren Kalk
0,3
Kali- und Natronsalze
0,4
organische Materie
8,9
Feuchtigkeit
1,9
phosphorsauren Kalk, Spur.
–––––
100,0.
Einer der besten Weizenböden in Berkshire ergab:
Kieselerde
68,0
Thonerde
12,4
Eisen-Oxydul
5,0
kohlensauren Kalk
6,4
schwefelsauren Kalk
1,1
Kali- und Natronsalze
0,5
organische Materie
6,3
Feuchtigkeit
0,3
phosphorsauren Kalk, Spur.
–––––
100,0.
Die lezte Analyse betrifft eine sogenannte Jungfernerde (wilde Erde); ich erhielt sie
von Yorkshire zugeschikt und es wurden mit ihr die unten erwähnten Versuche
angestellt; Kenner betrachten dieselbe als eine gute Erde. Sie enthielt:
Kieselerde
72,4
Thonerde
12,0
schwefelsauren Kalk
0,4
Eisen-Oxydul
5,4
Kali- und Natronsalze
0,7
organische Materie
7,4
Feuchtigkeit
2,0
–––––
100,0.
Diese Resultate dürften meine Behauptung hinlänglich rechtfertigen, daß die
niedrigste Oxydationsstufe des Eisens in den Erden der Vegetation nicht schädlich
ist, und ich will nun die Ursachen betrachten, warum das Eisen, ungeachtet seiner
Eigenschaft, in Berührung mit Luft und Feuchtigkeit, leicht auf die höhere
Oxydationsstufe über, zugehen, unverändert bleibt. Es kann dieß, wie mir scheint,
dadurch erklärt werden, daß der Kohlenstoff der organischen Materie oder des Humus
durch seine Verwandtschaft zum Sauerstoff das Oxyd in Oxydul verwandelt, während er
selbst zu Kohlensäure wird; daß ferner der Sauerstoff der Luft ein größeres
Bestreben hat, sich mit dem Kohlenstoff des Humus zu verbinden, als das Eisenoxydul
wieder in Oxyd zu verwandeln, folglich es in seinem Zustande beläßt.
Um diese Vermuthung zu prüfen, ließ ich einen mäßigen Luftstrom drei Tage lang über
200 Gran der zulezt erwähnten Erde, welche noch so war, wie ich sie erhalten hatte,
und 18,5 Procent Wasser enthielt, streichen. Von diesen 200 Gran erhielt ich 6 Gran
Kohlensäure, die einem Verluste von 1,63 Gran Kohlenstoff entsprechen; die
Oxydationsstufe des Eisens war, wie die Untersuchung ergab, dieselbe geblieben. Der
Apparat bestand in folgender Modification des Liebig'schen Apparats zum Austroknen organischer Körper: – Die Luft
wurde durch Kugeln getrieben, welche Aezkalilösung enthielten, um sie von aller
Kohlensäure zu befreien; sie strich sodann über die Erde, von da durch eine lange
Röhre mit Chlorcalcium, um ihr alle Feuchtigkeit zu entziehen und zulezt durch
einige Kugeln, welche zum Theil mit Aezkali gefüllt und mit einer mit Wasser
gefüllten und mit einem Heber versehenen Woulfe'schen
Flasche verbunden waren. Nachdem man sich überzeugt hatte, daß die Vorrichtung
vollkommen gut schloß, wurde die Luft vermittelst des Hebers hindurchgezogen und die
vorher abgewogene Reihe von Kugeln Mit Aezkali nahm, wie erwähnt, um 6 Gran an
Gewicht zu.
Ich überzeugte mich auch, daß die auflöslichen organischen Substanzen keinen Einfluß
auf das Eisen ausüben, indem ich von zwei Proben die eine mit kaltem, die andere mit
siedendem Wasser auswusch: erstere derselben gab 1,95 Proc. löslicher organischer
Materie und unorganischer Salze, leztere 3,27; in beiden Fällen aber blieb, obwohl
die Rükstände an der Luft getroknet wurden, das Eisen unverändert. Daß es nicht im
Zustande des schwarzen oder magnetischen Oxyds vorhanden sey, zeigte sich dadurch,
daß es nach der Fällung aus seiner Auflösung nicht magnetisch war.
Die Unfruchtbarkeit der Moorerde kann, wie mir scheint, vielleicht durch die
organische Säure, welche darin vorkommt, erklärt werden; man hält dieselbe für
Korksäure; wahrscheinlich aber ist es eine dieser Erde eigenthümliche Säure. Die
Einwirkung der Düngmittel welche für Moorerde empfohlen werden, nämlich des Kalks
und der concentrirten Schwefelsäure, ist nach dieser Ansicht erklärlich, indem die
organische Säure, wenn sie sich mit dem Kalk verbindet, unschädlich gemacht wird,
und die Schwefelsäure dieselbe zerstören müßte; keines dieser beiden Agentien aber
würde auf die weitere Oxydation des Eisens einen Einfluß haben und das leztere es
auflöslich machen; was mir diese Ansicht noch wahrscheinlicher macht, ist der
Umstand, daß ich in allen gehaltreichen Erden ein auflösliches organisches Kalksalz
fand und diese Erden nie saure Eigenschaften besaßen. Der giftige Charakter des von
dieser Erde abziehenden Wassers erklärt sich ebenfalls durch diese Ansicht; die
andere Vermuthung aber, daß er von der Einwirkung des Eisenoxyduls herrühre, kann
ich – da sich bekanntlich das in Kohlensäure aufgelöste Eisenoxydul an der
Luft schnell höher oxydirt – nicht theilen, da nicht anzunehmen ist daß diese
schädliche Einwirkung in der kurzen Zeit eintreten könnte, welche bis zu seiner
Umwandlung in Sesquioxydul verstreicht; und ich habe schon gezeigt, daß die
auflöslichen organischen Substanzen diese Zersezung nicht aufzuhalten vermögen. Die
Wirkung des rothen Eisenoxyds in einem Erdreich, sagt man, bestehe in seiner
Eigenschaft, das Ammoniak zurükzuhalten. Ich muß jedoch eingestehen, daß ich lieber
an dessen Werth hinsichtlich dieser Eigenschaft zweifeln möchte, weil alle Erden,
welche viel Eisenoxyd enthalten, von geringer Qualität befunden werden; andererseits
scheint mir aber auch kein Grund vorhanden zu seyn, weßhalb das Eisenoxydul nicht
dieselbe Eigenschaft besizen sollte.
Obige Betrachtungen führten mich zu der Folgerung, daß die schüzende Kraft des Humus
auf das Eisenoxydul im Erdreich wahrscheinlich analog sey jener des Zukers in
einigen pharmaceutischen Präparaten, wie in dem gezukerten kohlensauren Eisen (Carbonas ferri saccharatus) der Edinburgher Pharmakopöe.
Seitdem wurde ich auf eine in mehreren Werken über Landwirthschaft vorkommende
Bemerkung aufmerksam, daß einige Thone entweder gebrannt oder der Luft lange
ausgesezt werden müssen, ehe sie sich zur Vermengung mit fruchtbarem Boden eignen;
da nun da! in denselben enthaltene Eisen hiebei in den Oxydzustand übergeht, so
wurde dieß als ein. weiterer Beweis der schädlichen Einwirkung des Eisenoxyduls
betrachtet.
Nach meiner Meinung erfordert aber der Thon diese Behandlung nicht, weil er das Eisen
im Oxydulzustand enthält, sondern weil es als Schwefeleisen darin vorkommt, welches
bekanntlich der Vegetation nachtheilig ist, und ich glaube daß das Eisenoxyd,
welches sich an der Luft bildet, durch Zersezung des Schwefeleisens entsteht. Daß
diese Zersezung unter solchen Umständen erfolgt, beweist ein Thondamm der
Croydon-Eisenbahn, wo unter gleichzeitiger Bildung schwefelsauren Kalks diese
Reaction so bedeutend Plaz griff, daß das Werk zum Theil dadurch zerstört wurde.
Bei Analysen fand ich gewöhnlich in tief liegendem Thon Schwefeleisen; ein weiterer
Beweis seines Vorkommens in demselben ist der Umstand, daß die Steinkohlenformation
gewöhnlich Schieferthon begleitet, und zwar in solcher Menge, daß er zur Fabrication
von Alaun und Eisenvitriol, benuzt wird.