Titel: | Ueber feuerfeste Waarenhäuser; von William Fairbairn. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. CIX., S. 435 |
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CIX.
Ueber feuerfeste Waarenhaͤuser; von
William
Fairbairn.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal, Okt. 1844
– Jan. 1845, S. 101.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Fairbairn, über feuerfeste Waarenhäuser.
Die ernste Art der lezten Feuersbrünste zu Liverpool, Manchester und in andern
Städten (Großbritanniens) veranlaßte eine Untersuchung der Ursachen dieser großen
Unglüksfälle in der Absicht, sie für die Zukunft abzuwenden und Maaßregeln für
bessere Sicherung des Eigenthums im öffentlichen sowohl als Privat-Interesse
zu ergreifen. Bei keiner Art von Gebäuden wurden die Wirkungen des Feuers so hart
empfunden und die Fürsorge für ihre Vermeidung so außer Acht gelassen, als bei den
zur Aufbewahrung von Handelsproducten bestimmten Waarenhäusern der Seestädte.
In den Fabrikdistricten war man nicht so gleichgültig, indem in den meisten Orten
feuerfeste Gebäude eingeführt wurden; es ist zu verwundern, daß man ungeachtet ihres
vollkommen guten Erfolgs nicht dasselbe System beim Bau von Waarenhäusern und
anderen Gebäuden, in welchen sich Waaren anhäufen, befolgt hat. Es ist kaum zu
begreifen, daß der Handelsstand in Großbritannien bisher einen so ungeheuren Werth
in so schlechter Verwahrung belassen konnte; denn nur durch Nichtbeachtung der
Folgen oder strafbare Unkenntniß der Verbesserungen im Bauwesen konnte sich die
Kaufmannschaft so großer Gefahr aussezen. Die Gebäude der Baumwoll-,
Leinen-, Seiden- und Wollen-Manufacturen sind mit wenigen
Ausnahmen jezt fast ganz feuerfest und es ist schon über dreißig Jahre her, daß
eisernes Balkenwerk, eiserne Säulen und Gewölbe von Baksteinen, zur Sicherung gegen
Feuer in den Fabriken eingeführt wurden. Diese Thatsachen hätten dem brittischen
Kaufmann nicht entgehen sollen, und doch wurde, so vielen Beispielen gegenüber, mit
einer einzigen Ausnahme, erst in den lezten Monaten unverbrennliches Material zum
Bau der ungeheuren Liverpooler Magazine angewandt. Zur Belehrung für diejenigen,
welche gesonnen seyn sollten Maaßregeln zu ergreifen, um einen großen Theil der
Versicherungen zu ersparen und das Eigenthum besser zu verwahren, theile ich das
Nachfolgende mit.
Das Alterthum liefert uns nur wenige Beispiele von feuerfesten Gebäuden, die
Monumente der alten Aegyptier und einige öffentliche Gebäude der Griechen und Römer
ausgenommen. Im Mittelalter wurden einige gothische Kirchen und Dome beinahe ganz
von Stein erbautDer Dom zu Mailand ist ganz von Marmor und Glas
erbaut.; diese ausgenommen, finden wir keine Beweise, daß man die Wohlthaten einer
vollkommen feuerfesten Bauart kannte. Wahrscheinlich war Mangel an Gußeisen und die
Unkenntniß seiner Anwendung ein unübersteigliches Hinderniß für die Entwiklung des
feuerfesten Systems; in unserer Zeit aber sind diese Schwierigkeiten nicht mehr
vorhanden, sondern die Mittel zur Sicherung von Leben und Eigenthum reichlich
gegeben.
Die allgemeine Beschaffenheit der Waarenhäuser war ganze Zeitalter hindurch dieselbe;
die Dächer und Fußböden waren durch, gängig von Holz, mit starken Hauptbalken und
hölzernen Pfeilern; und diese wurden größtentheils so unverständig angebracht, daß
jedesmal, wenn große Lasten zu tragen waren, dem Bau bedeutender Schaden zugefügt
wurde. Bei den meisten dieser Gebäude befinden sich die Enden der die Fußböden
tragenden Pfeiler unmittelbar unter dem Hauptbalken, und da sie mit dem Hauptbalken
dazwischen, alle über einander stehen, also von einander getragen werden, so müssen
die Fasern des Balkenwerks, namentlich in den untern Räumen, von dem darauf ruhenden
Gewicht vollkommen zerquetscht, und in vielen Fällen die Balken beinahe
entzweigedrükt werden. Bei dieser mangelhaften Bauart wurde sogar nicht immer die
Vorsicht gebraucht, hölzerne Scheitelbedekungen anzuwenden, und bis zur Einführung
eiserner Säulen, mit Köpfen und Füßen, welche eine große Balkenfläche bedekten,
wurde das Holz in vielen Fällen sehr stark beschädigt.
Die Anwendung eiserner Säulen, obwohl eine Verbesserung der alten Bauart, ist jedoch
keineswegs gegen Feuer sichernd, und es ist einleuchtend, daß dieß nicht der Fall
seyn kann, so lange das Gebäude hauptsächlich von Holz aufgeführt ist und die
Oeffnungen desselben mit hölzernen Thüren und Läden schlecht verschlossen sind. Um
vollkommene Sicherheit zu erzielen, muß man bei Erbauung der Waarenhäuser folgende
Grundsäze befolgen:
1) Das ganze Gebäude muß aus unverbrennlichem Material, wie Eisen, Steinen oder
Ziegeln bestehen.
2) Um Feuer zu verhüten, gleichviel ob solches durch einen Zufall oder durch
Selbstentzündung entsteht, muß jede Oeffnung oder jeder Riß, welcher mit der äußern
Luft die Communication herstellt, gut verschlossen werden.
3) Eine isolirte (an jeder Seite durch Ziegel- oder Steinmauern gehörig
geschüzte) steinerne oder eiserne Treppe ist in jedem Stokwerk anzubringen und mit
einer Röhrenleitung zu versehen, welche mit der Wasserleitung im Straßencanal communicirt und bis
an die Firste des Gebäudes hinaufgeht.
4) Bei einer Reihe solcher Waarenhäuser sind die einzelnen durch starke
Zwischenmauern, nicht unter 18 Zoll dik, zu trennen, und es dürfen nicht mehr
Oeffnungen gemacht werden, als zum Einbringen der Güter und zum Zulassen des Lichts
unumgänglich nöthig sind.
5) Die eisernen Säulen und Balken so wie die Baksteingewölbe müssen so stark seyn,
daß sie nicht nur einen stetigen todten Druk aushalten, sondern auch der Gewalt des
Stoßes, welcher sie durch das Niederfallen schwerer Güter auf die Fußböden ausgesezt
sind, zu widerstehen vermögen.
6) Soll zur Verhütung von Unglüksfällen durch intensive Hize, welche die Säulen, wenn
in einem der Räume Feuer auskommt, schmelzen würde, ein Strom kalter Luft in den
hohlen Raum der Säulen, und zwar von einem gewölbten Canal unter den Böden
eingeführt werden.
Dieß wollen wir jezt alles näher betrachten.
I. Das ganze Gebäude muß aus unverbrennlichem Material, wie Eisen, Steinen oder
Ziegeln bestehen.
Bei der Wahl des Materials hängt viel von der Oertlichkeit und dem Preise ab, zu
welchem es zu haben ist. In England werden die besten feuerfesten Häuser in der
Regel von Ziegeln oder Steinen, mit eisernen Balken und Säulen aufgeführt, welche
zwekmäßig in einandergefügt und mittelst in die Wände eingelassener Stangen
zusammengehalten werden; ferner werden sie mit Baksteingewölben als Fußböden
versehen: diese Gewölbe werden getragen und entspringen von den untern Flanken jedes
Balkens und erstreken sich so über jeden Boden von einem Ende des Gebäudes bis zum
andern. Sie können, wie es eben die Umstände zulassen, entweder in der
Längenrichtung der Baulinie oder quer gelegt werden. Diese Fußböden werden in der
Regel auf den Gewölben mit Flachsteinen oder Ziegelplatten belegt, nachdem sie mit
einem aus Kalk, Sand und Asche gebildeten Mörtel aufgefüllt und geebnet wurden. Die
Fliesen oder Platten, in dem Mörtel gut und fest eingesezt, bilden einen
trefflichen, dauerhaften Fußboden. In Gebäuden zu besondern Zweken sind manchmal
hölzerne Fußböden nothwendig, wo man dann die Bretter in der Regel wie gewöhnlich
auf Querbalken aufnagelt, welche in die oben erwähnte Kalkmasse eingelegt werden;
wahrscheinlich wäre aber ein Pflaster von hölzernen
Pflöken geeigneter.
Bei dieser Bauart, wenn sie gehörig ausgeführt und mit einem eisernen Dach versehen
wird, kann das Feuer durchaus nicht durchdringen und vorausgesezt, daß man einen
sorgfältigen Aufseher gewählt hat, können Eigenthümer sowohl als Miether
hinsichtlich der Sicherheit ihres Eigenthums beruhigt seyn.
II. Um Feuer zu verhüten, gleichviel ob solches durch einen Zufall oder durch
Selbstentzündung entsteht, muß jede Oeffnung oder jeder Riß, welcher mit der äußern
Luft die Communication herstellt, gut verschlossen werden.
Es sind dieß Punkte, welche in feuerfesten Gebäuden nie vernachlässigt werden
sollten; namentlich sind sie bei Waarenhäusern von der größten Wichtigkeit; denn in
Räumen und auf Böden, wo brennbare Stoffe aufgespeichert sind, trägt nichts mehr zur
Sicherheit der Gebäude und ihres Inhalts bei, als daß man im Stande ist, den Zutritt
der Luft ganz auszuschließen und zu verhindern. Zu diesem Zwek sollte immer eine
eiserne oder steinerne, mit Stein- oder Ziegelmauern umgebene Treppe, welche
mittelst eiserner Thüren mit den verschiedenen Stokwerken in Verbindung steht,
angebracht seyn. Zu dieser Treppe muß man von außen leicht gelangen können; oben muß
sie eine bedekte Oeffnung und an jeder Abtheilung (Treppruhe) Fenster haben, um der
Luft Zutritt zu verschaffen und eine leichte Communication mit jedem Theil des
Gebäudes herzustellen. Nach diesem Princip erbaute Waarenhäuser gewähren beinahe
vollkommene Sicherheit und wenn Feuer auskommt, ist man nicht nur im Stand sich dem
Locale zu nähern, sondern auch, wenn die äußere Luft Zutritt haben sollte, die Räume
zu verschließen und die Flamme zu erstiken, bis wirksame Hülfe herbeigeschafft ist.
Dazu muß ich die von HHrn. Samuel und James Holme zu
Liverpool verfertigten und angewandten eisernen Thüren, Fensterrahmen und Läden für
alle Localitäten dringendst empfehlen. Diese Thüren bestehen aus doppelten
Eisenblech-Platten, welche auf einem Rahmengestell so aufgenietet werden, daß
zwischen ihnen eine Luftschicht bleibt, die, als ein schlechter Wärmeleiter, sie für
ihren Zwek sehr geeignet macht.
III. Eine isolirte, an jeder Seite durch Stein- oder Baksteinmauern gut
geschüzte, steinerne oder eiserne Treppe ist in jedem Stokwerk anzubringen und mit
einer Röhrenleitung zu versehen, welche mit der Wasserleitung im Straßencanal
communicirt und bis an die Firste des Gebäudes hinaufgeht.
Wir sprachen schon in der zweiten Abtheilung von der Treppe und der Nothwendigkeit
sie von anderen Theilen des Gebäudes gesondert zu halten; abgesehen von dieser
Trennung, gewährt sie noch weit mehr Sicherheit, wenn man stets über einen
reichlichen Wasservorrath verfügen kann. Dieser darf sich aber nicht bloß in den
Straßencanälen befinden, sondern muß mit der Treppenruhe jedes Stokwerks vermittelst
eines messingenen Hahns und Schlauchs in Verbindung stehen, welcher bis zu einer am
Giebel des Dachs befindlichen Cisterne mit Klappe hinaufreicht. Diese Cisterne muß
so groß seyn, daß sie im vorkommenden Fall die Röhren in der Straße hinlänglich mit
Wasser speisen kann. Die Röhren, der lederne Schlauch und die nöthigen Werkzeuge zum
Oeffnen der Hähne, Schraubenschlüssel etc. müssen in gutem Stand erhalten und
Schlauch und Schraubenschlüssel an jedem Treppenabsaz zum Gebrauch bereit
aufgehangen werden. Ueberdieß ist es rathsam, daß alle Hähne, Schläuche und
Schraubenschlüssel von gleicher Größe verfertigt werden und mit denjenigen, deren
sich die Feuerbrigade der Stadt bedient, übereinstimmen. Hiebei will ich noch
bemerken, daß Hr. Joseph Jones
zu Wallshaw bei Oldham sich eines höchst einfachen und sinnreichen Apparats zum
Feuerlöschen bedient; er besteht in einer Kugel aus dünnem Kupfer von 9 Zoll
Durchmesser, welche ganz mit kleinen Löchern durchbohrt ist und von der Deke der
verschiedenen Gemächer sowohl in Fabriken als Waarenhäusern herabhängt. Jede solche
Brause wird (bei ausbrechendem Feuer) durch Röhrenleitungen, welche mit der
Wasserleitung unter der Straße in Verbindung stehen, mit Wasser gespeist. Dadurch
ist Hr. Jones nicht nur im
Stand, eine Wasserfluth in jedes besondere Gemach zu ergießen, sondern er kann das
Wasser auch, vermöge der eigenthümlichen Form der Brause (mit einem auf die
Oeffnungen wirkenden Druk von 200 Fuß) mehr als 40 Fuß weit in jeder Richtung
sprizen. Es ist dieß ein sicheres und wirksames Verfahren Feuer zu löschen, welches
in jedem einigermaßen wichtigen Gebäude großer Städte eingeführt werden kann, wo
Wasservorrath und der gehörige Druk zu haben ist. Vorzüglich beachtenswerth ist bei
diesem Verfahren die Leichtigkeit und Schnelligkeit, womit das Feuer gelöscht werden
kann. Die Hähne sind alle an der Außenseite des Gebäudes angebracht, und da sie
sorgfältig verschlossen und mit Zahlen bezeichnet sind, welche den verschiedenen
Räumen entsprechen, so ist man der Gefahr von Verzug und Verwirrung bei einem
Unglüksfall weniger ausgesezt.
IV. Bei einer Reihe solcher Waarenhäuser sind die einzelnen durch starke
Zwischenmauern zu trennen und nicht mehr Oeffnungen anzubringen, als zum
Hineinschaffen der Güter und für den Lichtzutritt unumgänglich nöthig sind.
Diese Vorsichtsmaaßregeln werden in jenen Fällen dringender, wo ganze Reihen von
Gebäuden aneinanderstoßend aufgeführt werden und durch die Verbindung eines Theils
des Gebäudes mit einem andern Feuersgefahr zu befürchten ist. Die Bauacte der
Hauptstadt hat für solche Fälle durch eine Clausel vorgesorgt, welche diese
Vorsichtsmaaßregeln vorschreibt. Bei mehreren aneinanderstoßenden Gebäuden sind diese Zwischenwände
von großem Werth und es ist kein seltener Fall, daß auf beiden Seiten das Eigenthum
vollkommen gerettet wurde, wo ein in der Mitte befindliches Gebäude vollkommen
niederbrannte. Beim Bau von Waarenhäusern ist diese Vorsichtsmaaßregel um so
nothwendiger, da das darin lagernde Eigenthum oft von hohem Werth und die Gefahr
durch die Natur desselben in manchen Fällen noch größer ist. Alle Waarenhäuser
sollten daher sorgfältig von einander getrennt werden und bei den Zwischenwänden
dürfte es eine große Verbesserung seyn, einen zwei Zoll weiten Raum durch die Mitte
hinauf, behufs der Ventilation, frei zu lassen, indem die Luft, als ein Nichtleiter
der Wärme, im Fall eines Brandes die Wände vor Ueberhizung beschüzen und durch den
aufsteigenden Luftstrom eine freie Communication mit der äußern Luft hergestellt
werden würde. Sie müssen überdieß auf eine gewisse Höhe über das Dach hinausgeführt
werden, damit alle Verbindung mit den anstoßenden Stokwerken abgeschnitten
wird.Die Liverpooler Bau-Acte schreibt gegenwärtig streng vor, die
Schuzmauern 5 Fuß über die Dachrinnen hinaufzuführen.
Es braucht wohl nicht bemerkt zu werden, daß die eisernen Thüren und Läden nur dann
Sicherheit gewähren, wenn man sie jede Nacht, ehe das Waarenhaus geschlossen wird,
zumacht und gut befestigt.
V. Die eisernen Säulen, Balken und die Ziegelgewölbe müssen so stark seyn, daß sie
nicht nur einen stetigen todten Druk aushalten, sondern auch der Gewalt des Stoßes,
welchem sie durch das Niederfallen schwerer Güter auf die Fußböden ausgesezt sind,
zu widerstehen vermögen.
Dieß ist eine der wichtigsten Bedingungen eines sicheren Baues der Waarenhäuser.
Bekanntlich verdankt man Hodgkinson eine Reihe schäzbarer
Versuche über die Kraft der Balken und SäulenPolytechnisches Journal Bd. LXIII S.
330., welche für den Architekten, Bauherrn und Ingenieur von hohem Werth sind.
Wer immer sich mit Hodgkinson's Versuchen und deren Resultaten vertraut macht, für den wird
es keine Schwierigkeit haben, Balken und Säulen von der stärksten Form zu
construiren, und ihnen zugleich das geeignete Verhältniß der Stärke zu geben, mit
bedeutender Ersparung an Material bei allen Theilen des Baues. Ueber die Structur
der Balken hatte man vor Hodgkinson's Versuchen für die Praxis keine Regeln oder genügende
Theorie, wonach ihre Form und die Vertheilung des Materials hätte berechnet werden
können. Jezt aber
ist man, nicht nur in Betreff der nöthigen Stärke, sondern auch hinsichtlich der
besten und stärksten Form, damit sie der Gewalt in allen Fällen widerstehen können,
wohl unterrichtet. In Lagerhäusern ist diese Gewalt verschiedenartiger als in
Fabriken. In erstern sind die Böden oft größtentheils mit festen schweren Stoffen
beladen, zu anderer Zeit wieder mit leichten Ballen; die untern Gemächer sind oft
mit Fässern angefüllt, welche mineralische Substanzen enthalten und daher nicht nur
einen starken todten Druk auf die Balken ausüben, sondern von welchen auch manchmal
einige der schwersten von einiger Höhe auf den Boden der unteren Gemächer
herabfallen und so die Sicherheit des Baues durch das Brechen eines Balkens
gefährden. Sind solche Fälle auch selten, so muß doch für sie vorgesorgt werden, und
die Balken, Gewölbe und Säulen sind daher so zu berechnen, daß sie nicht nur die
größte Last eines todten Gewichts aushalten, sondern auch der Wirkung des Stoßes in
Folge des Herabfallens eines Körpers durch einen gewissen Raum widerstehen können.
Diese Berechnung ist auf die beiden untern Böden jedes Waarenhauses anzuwenden,
indem die schwersten Güter fast immer in den untern Stokwerken abgelagert
werden.
Hr. Hodgkinson fand bei seinen
Versuchen zur Ermittelung des stärksten Querschnitts, daß das alte Verfahren,
gleichrippige Balken zu machen, wie es von frühern Schriftstellern empfohlen wird,
sehr fehlerhaft sey; er ermittelte ein gewisses Verhältniß zwischen der obern und
untern Seite der Balken und da die von außen einwirkende Kraft gegen die Enden
derselben abnimmt, reducirte er sie auf die parabolische Form, um den Balken in
ihrer ganzen Länge gleiche Stärke zu verleihen. Dieß war eine wichtige Entdekung und
es ist daher, um die Balken von Waarenhäusern und Fabriken an jedem Theil gleich
stark zu machen und die Last gleichmäßig vertheilt zu haben, nöthig für die Rippen
die Form der Parabel anzunehmen. Hodgkinson demonstrirt
die Krümmung der Rippen wie folgt:
„Angenommen die untern Rippen seyen von zwei gleichen Parabeln gebildet,
deren eine ACB ihren Scheitelpunkt bei C hat (Fig. 38) so ist nach
der Natur der Curve jede Ordinate dc = Ac × Bc; die Stärke der untern Rippe, und folglich auch des Balkens, an
dieser Stelle wird daher diesem Rechtek entsprechen. Es wurde auch von
Schriftstellern über die Stärke des Materials dargethan, daß das Rechtek Ac × Bc das Verhältniß der Stärke ist, welche ein Balken haben soll, um
überall gleichmäßig dieselbe Last oder ein gleichförmig über ihn gelegtes
Gewicht zu tragen.“
Es geht hieraus hervor, daß die von Hrn. Hodgkinson
empfohlenen Formen
richtig sind und dabei in der Quantität des Materials viel, nämlich nicht weniger
als 3 Zehntel, erspart wird.
Nachdem nun die stärkste Form der Balken für feuerfeste Gebäude ermittelt ist, haben
wir die erforderliche Stärke derselben, und die Art der auf sie einwirkenden äußern
Kräfte zu untersuchen. Ich habe schon bemerkt, daß die eisernen Balken in
Waarenhäusern zweierlei verschiedenen Kräften widerstehen müssen, nämlich derjenigen
des directen Druks und derjenigen des Stoßes; mit der erstern hat es keine
Schwierigkeit, die leztere aber involvirt eine Frage, hinsichtlich welcher die
Mathematiker nicht übereinstimmen. Zu praktischen Zweken wollen wir jedoch den Fall
sezen, daß ein großes Faß mit Melasse oder eine mit schweren Mineralsubstanzen
gefüllte Kiste von 1 Tonne = 2240 Pfd. Gewicht von einer Höhe von 6 Fuß auf den
Boden herabfalle. Nun nimmt, nach dem Gravitationsgesez ein aus dem Zustand der Ruhe
kommender, fallender Körper in einer Secunde Zeit um 32 (engl.) Fuß an
Geschwindigkeit zu und fällt während dieser Zeit durch einen Raum von 16 Fuß: diese
beschleunigte Geschwindigkeit verhält sich wie die Quadratwurzeln der Entfernungen
und ein fallender Körper, welcher im ersten Fuß seines Falles eine Geschwindigkeit
von 8 Fuß erworben hat, wenn 6 Fuß die Höhe ist, von welcher herab wir uns das
Gewicht einer Tonne fallend denken,
gibt √6 = 2,449 × 8 = 19,592 für die Geschwindigkeit bei einem Fall von
6 Fuß,
folglich erhalten wir 19,592 × 2240 = 43,886 Pfd., oder beinahe 20 Tonnen als
das Moment, mit welchem der Körper auf den Boden stoßt. Nach dem jezigen Stand
unserer Kenntnisse können wir dieses Moment nicht mit Wahrscheinlichkeit als den
Maaßstab für die Stoßkraft, leztere aber ohne Anstand als das Moment übersteigend
annehmen; da nun solchen Kräften Widerstand zu leisten ist, so muß man sich gegen
sie vorsehen und die Balken, Säulen und Gewölbe der untern Gemächer so stark machen,
daß sie dem Stoß widerstehen und seine Einwirkung auf den Boden aufheben können.
Obwohl die eisernen Balken und Gewölbe eines feuerfesten Bodens elastisch genug seyn
dürften, um erwähnter Stoßkraft Widerstand zu leisten, so ist es dennoch rathsam,
noch andere Vorsichtsmaaßregeln zu treffen, z.B. die Gewölbe oben mit Holz zu
belegenSeitdem ich Obiges geschrieben, vernahm ich, daß die Parlaments-Acte
bezüglich der feuerfesten Gebäude keinerlei Holz zum Bau gestattet; für
diesen Fall möchte ich rathen, die Balken um die Hälfte stärker zu
machen. oder die zwei untersten Böden ganz von 3 Zoll diken Bohlen zu machen, die auf Querbalken
(in Mörtel eingelegt) aufgenagelt werden; dabei würde sich die Stoßkraft auf eine
größere Oberfläche vertheilen und der Stoß auf eine weiche elastische Substanz
erfolgen, ehe er auf die starreren eisernen Balken und Baksteingewölbe wirken
könnte.
Um jedoch hinsichtlich der Sicherheit außer allem Zweifel zu seyn, ist es rathsam,
für die beiden untern Gemächer stärkere eiserne Balken und Säulen anzuwenden, und
die Berechnung ihrer Stärken wird in dem Verhältniß von 12 zu 9 ein ziemlich
richtiges Resultat geben. Nehmen wir also das Gewicht eines Balkens für die obern
Stokwerke eines Waarenhauses zu 22 Tonnen an, so würden die der untern Stokwerke
29–30 Tonnen erfordern.
Von den eisernen Balken und Gewölben gehen wir nun auf die Säulen über; ehe wir aber
damit beginnen, haben wir die Bindestangen zu behandeln, welche in die Wände und
Bögen eingemauert werden und die Mauern und Hauptbalken gleichsam nezartig verbinden
sollen. Diese Bindestangen sind von großem Werth, indem sie der Gewalt der Bögen
Widerstand leisten, welche leztere durch ihre Spannungslinie wirken, also nicht nur
die Mauern gegen das Hinausdrüken schüzen, sondern auch die Balken in der zum Tragen
der Last geeignetsten Lage erhalten. In unserer Gegend (Manchester) pflegt man in
einer Breite von 50 Fuß 5 Reihen 3/4 Zoll dike, vierekige Stangen einzubringen; zwei
derselben kommen in die Mauer und die drei andern in die Gewölbe. Man betrachtet
dieß als eine vollkommen sichere Bauart; man muß aber bedenken, daß
Baumwollspinnereien keine schweren Lasten zu tragen haben; daher muß ein Waarenhaus
statt 5 Reihen 3/4 Zoll im Geviert diker Bindestangen deren 7 von 1 1/4 Zoll Dike im
Quadrat haben. Es gibt dieß eine Querschnittsfläche von ungefähr 11 Zoll bei 30 Fuß,
welche zu 25 Tonnen auf den Quadratzoll eine Widerstandskraft von 275 Tonnen
repräsentiren. In Fabriken beträgt die Widerstandskraft der Stangen selten über
100–110 Tonnen, was weniger als 4 Tonnen per Fuß
ausmacht, während die Widerstandskräfte bei Waarenhäusern nicht unter 9–10
Tonnen per Quadratfuß betragen sollten.
Es ist bei Herstellung feuerfester Gebäude nicht nur nöthig, die Enden der Balken
durch in die Wände eingemauerte spannende Stangen zu sichern, sondern auch die
Bogenplatten sollten an jedem Ende in die Wand eingemauert und diese Platte sowohl
als die Enden der Balken etwas über den Spiegel der Säule gelegt werden, damit sich
die Mauern noch ein wenig sezen können.
Hinsichtlich der stärksten Form von Säulen, welche schwere Lasten zu tragen haben,
müssen wir wieder zu Hrn. Hodgkinson, als der ersten Autorität, unsere Zuflucht nehmen. Seine
Abhandlung über die Stärke gußeiserner und anderer Säulen (Philosophical Transactions 1840 2. Thl.), für welche er die goldene
Medaille der königlichen Societät erhielt, enthält einige sehr interessante und
nüzliche Versuche hierüber.
Die ersten Versuche wurden mit massiven, cylindrischen Säulen angestellt, deren Enden
zugerundet waren, wobei also die Kraft durch die Achse ging; die nächstfolgenden
waren von denselben Dimensionen mit flachen rechtwinkligen Enden; bei anderen war
ein Ende rund und das andere flach auf die Achse. Dieselben wurden bei verschiedenen
Längen, von 5 Fuß bis 1 Zoll (einige mit flach gedrehten Scheiben) gebrochen und
gaben eine Reihe sehr interessanter Resultate. Die Säulen mit Scheiben zeigten sich
um etwas stärker als die mit flachen Enden, aber die Stärke der Säulen mit Scheiben
und jener von gleichem Durchmesser jedoch nur der halben
Länge, mit abgerundeten Enden, ergab sich beinahe gleich.
Es folgt daraus, wie Hr. Hodgkinson bemerkt, „daß eine lange, gleichförmige,
gußeiserne Säule, bei welcher die Enden fest fixirt sind (entweder vermittelst
Scheiben oder auf andere Weise) mit eben so viel Kraft dem Brechen widersteht,
als eine Säule von demselben Durchmesser und der halben Länge mit abgerundeten
oder abgedrehten Enden, so daß die Kraft durch die Achse geht.
Säulen.
Bruch bewirkendes
Gewicht in Pfunden.
Beide Enden abgerundet
143
3017
7009
7009
16493
Ein Ende rund, das andere Ende flach
256
6278
13499
13565
13557
Beide Enden flach
487
9007
20310
22475
–
„Die Säulen in jeder verticalen Columne dieser (Hodgkinson's Abhandlung entnommenen).
Tabelle haben gleiche Länge und Durchmesser; die Stärken in drei verschiedenen
Fällen, abwärts gelesen, verhalten sich demnach beinahe wie 1, 2, 3; der
mittlere Fall bildet das arithmetische Mittel zwischen den beiden
andern.“
Hr. Hodgkinson fand durch
weitere Versuche mit Holz, Stabeisen, Stahl etc. daß diese Substanzen sowohl als
jedes andere Material hinsichtlich der Stärke denselben Gesezen folgen und die
Stärke einer Säule mit einem runden und einem flachen Ende immer das arithmetische
Mittel ist zwischen der Stärke der an beiden Enden abgerundeten und der an beiden Enden flachen
Säulen von denselben Dimensionen.
Es sind dieß Thatsachen, welche bei der Erbauung feuerfester Gebäude nicht übersehen
werden sollten.
Um bei Gebäuden, worin große Lasten aufbewahrt werden müssen, Fehler zu vermeiden,
ist es jedenfalls von Werth zu wissen, daß die Stärke der Säulen vergrößert werden
kann durch die ihren Enden nach der Nummer 1, 2 oder 3 gegebene Form.
Nachdem ich nun diesen Gegenstand ziemlich ausführlich behandelt habe, muß ich noch
einen Umstand berühren, welcher Besorgniß zu erregen geeignet wäre. Es wurde nämlich
behauptet, daß wenn in einem der untern Gemächer eines Waarenhauses Feuer auskäme,
die durch schnelle Verbrennung erzeugte intensive Hize die eisernen Säulen schmelzen
und das ganze Gebäude zum Einsturz bringen könnte.Es ist mir nur ein einziges Beispiel bekannt, daß ein feuerfestes Gebäude
durch das Schmelzen der Säulen beschädigt wurde und zwar war dieß in der
Fabrik der HHrn. Sharp, Roberts und Comp. in Manchester, wo die Säulen zwischen den
Kesseln der Dampfmaschine angebracht waren und sehr viel Holz (welches
ausgetroknet werden sollte) um sie herum über den Kessel aufgeschichtet war;
deßhalb wurde die Hize so intensiv, daß die Säulen sich bogen und endlich
brachen. Die Vorderseite des Kesselhauses war noch dazu offen und es fand
ein starker Zug direct durch das Gebäude statt, so daß eine sehr große Hize
entstand und der ganze Raum wie ein Flammofen wirkte. Bei einem vor dem
Zutritt der Luft gehörig geschüzten Waarenhaus kann natürlich dieser Umstand
nicht vorkommen. Es ist dieß wohl ein möglicher, aber höchst unwahrscheinlicher Fall, indem
ein solches Ereigniß, wenn die von mir empfohlenen Vorsichtsmaaßregeln gehörig und
umsichtig befolgt werden, nie eintreten kann.