Titel: | Ueber die Wirkung der Knochenkohle bei der Rübenzuker-Fabrication, nebst Beschreibung eines Apparats zur Bestimmung des Kalkgehalts im Beinschwarz; von Hrn. Franz Schatten. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XXXIII., S. 104 |
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XXXIII.
Ueber die Wirkung der Knochenkohle bei der
Ruͤbenzuker-Fabrication, nebst Beschreibung eines Apparats zur Bestimmung
des Kalkgehalts im Beinschwarz; von Hrn. Franz Schatten.
Aus den Verhandlungen des Vereins fuͤr
Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1844, 5te Lieferung,
S. 186.
Schatten, über die Wirkung der Knochenkohle bei der
Rübenzukerfabrication.
Seit mehreren Jahren bin ich bemüht, die Ursachen derjenigen Erscheinungen
aufzufinden, welche beim Betriebe der Rübenzuker-Fabrication, oft zum
Nachtheile der Fabrikbesizer, störend auftreten, insofern dieselben vom
chemisch-technischen Standpunkte aus zu betrachten sind. Ich kam sehr bald zu
der Ueberzeugung, daß nächst den auf ungeeignetem Boden gewachsenen, oder bei der
Cultur nicht richtig behandelten Rüben, die vorzüglichsten Ursachen eines großen
Theils dieser abnormen Erscheinungen, welche im Allgemeinen als schlechte Arbeit bezeichnet werden, in der zur Filtration
der Säfte verwendeten Knochenkohle zu suchen sind, indem diese theils in zu geringer
Menge, im Verhältniß zu dem zu filtrirenden Safte, theils in einer durch oftmaligen
Gebrauch und falsche Behandlung bei deren Wiederbelebung verschlechterten Qualität
verwendet wird, in welchem leztern Falle selbst bei Anwendung verhältnißmäßig großer
Mengen von
Beinschwarz eine unregelmäßige Arbeit und ein schlechtes Product unausbleiblich
sind.
Dieser Gegenstand, die Wirkung der Knochenkohle bei der
Rübenzuker-Fabrication, ist es, welchen ich in Nachfolgendem näher zu
beleuchten beabsichtige; und zwar beschränke ich mich auf die Wirkung der gekörnten Knochenkohle, auf den mit
Kalk geläuterten Rübensaft und auf die Art der Behandlung derselben nach
ihrem Gebrauche, um sie zu fernern Arbeiten vollkommen geschikt zu machen.
Zuvörderst drängt sich die Frage auf: welche Stoffe nimmt das Beinschwarz aus dem
Safte auf? Der Kalk und der Farbstoff sind es vorzugsweise, welche beide während der Filtration von
dem Beinschwarz aus dem Safte abgesondert werden.
Der Kalk ist in zweierlei Gestalt in dem Safte vorhanden:
1) als Aezkalk und wahrscheinlich mit Zuker zu Kalkzuker verbunden,
2) als Kalksalz, d.h. an eine vegetabilische Säure oder eine andere Pflanzensubstanz
gebunden, welche in dieser Verbindung als Säure auftritt und eine stärkere
Verwandtschaft zum Kalke hat, als die Kohlensäure. Beide, sowohl der Aezkalk als
auch das Kalksalz, werden von guter Knochenkohle, wenn sie in genügender Menge
angewendet wird, vollständig absorbirt.
Das Vorhandenseyn eines Kalksalzes in dem geschiedenen Safte beweist folgender
Versuch:
Eine Quantität frischen, mit Kalk bis zum vollkommenen Klarwerden geschiedenen Saftes
wurde so lange mit Kohlensäure behandelt, bis eine saure Reaction eintrat, mithin
der Kalk sowohl als auch das freie Kali vollständig gesättigt waren, wobei sich
zuweilen der gefällte kohlensaure Kalk in der überschüssigen Kohlensäure wieder
auflöste, öfters auch, bei geringer Anwesenheit des Aezkalks, gar nicht gefällt
wurde. Durch nachheriges Aufkochen und Verjagen der überschüssigen Kohlensäure wurde
sämmtlicher Kalk, welcher als Aezkalk im Safte vorhanden gewesen war, als
kohlensaurer Kalk niedergeschlagen und hing zum Theil an den Wänden des Kochgefäßes.
Nach dem Abfiltriren des klaren Saftes und Abwaschen des Niederschlags mit Wasser
wurde der an dem Gefäße hängende Kalk durch Essigsäure gelöst, mit Oxalsäure
gefällt, abgewaschen und getroknet. Durch das Glühen des Filters nebst seinem
Inhalte wurde nach voll ständigem Einäschern desselben das Product einer Atmosphäre
von kohlensaurem Ammoniak ausgesezt, gewogen und das Gewicht der Filterasche, welche
durch vorherige Probe bekannt war, vom Gesammtgewicht abgezogen.
Aus dem nach dem Aufkochen abfiltrirten Safte wurde mit Oxalsäure der noch als
Kalksalz vorhandene Kalk ausgeschieden, welcher mit derselben Vorsicht, wie
vorher angegeben, in kohlensauren Kalk verwandelt wurde.
Die relativen Mengen des Aezkalkes und des Kalksalzes fanden sich in verschiedenen
Säften nicht immer in denselben Mengenverhältnissen gegen einander; der erstere
wechselte, je nachdem mehr oder weniger Kalk im Ueberschüsse bei der Läuterung zum
Safte gegeben, oder der Saft mehr oder weniger heiß von dem Scheideschlamm abgezogen
wurde. Lezteres, das Kalisalz, wechselte nach Beschaffenheit des Bodens in welchem
die Rüben gewachsen waren, und nach dem während der Aufbewahrung mehr oder weniger
veränderten Zustande der Rüben.
Zum Beweise des Gesagten stelle ich die Resultate von Untersuchungen verschiedener
Säfte hieher, wobei zu bemerken, daß der Kalkgehalt sowohl hier, als auch bei den
fernerhin angeführten Untersuchungen stets als kohlensaurer Kalk angegeben ist.
100 Theile Saft geben an
kohlensaurem
Kalk
vom
Summedes in 100 Theilen
Saft gefundenen Kalkes.
Aezkalke.
Kalksalze.
1
–
–
0,360
2
–
–
0,362
3
–
–
0,282
4
0,398
0,148
0,546
5
0,176
0,126
6,302
6
0,232
0,088
0,320
7
0,150
0,152
0,302
8
0,172
0,090
0,262
9
0,152
0,152
0,304
10
0,194
0,150
0,344
Wird der geschiedene Rübensaft, nachdem er klar von dem Scheideschlamm abgezogen
worden ist, anhaltend gekocht (vorgedampft), so scheidet sich während des Kochens
ein Theil des Kalkes als kohlensaurer Kalk aus (durch die Einwirkung des Aezkali's
oder des Aezkalkes auf die im Safte vorhandenen stikstoffhaltigen organischen
Substanzen, wobei leztere in Ammoniak, Kohlensäure und Wasser zerlegt werden).
Außerdem fällt aber auch während des Verdampfens, vorzugsweise aus Säften von
alterirten Rüben, eine Kalkverbindung mit einem organischen Stoffe nieder, welche
mit dem oben erwähnten Kalksalze wahrscheinlich völlig identisch ist, und deren
nähere Charakterisirung ich einer besondern Arbeit vorbehalte. Die Ausscheidung dieser Kalkverbindung und
des kohlensauren Kalkes mit der begleitenden Ammoniakentwikelung wird jedoch sehr
geschwächt, oft sogar ganz verhindert, wenn der Saft unmittelbar nach der Scheidung
durch Beinschwarz filtrirt worden ist; dieses entzieht dem Safte den zersezenden
Aezkalk nebst dem Kalksalze.
Das erwähnte Kalksalz wird aber durch Aezkalk in der Siedehize nicht zersezt, wohl
aber von der Knochenkohle absorbirt, wie nachstehende Versuchsresultate zeigen, wo
gleiche Quantitäten Saft mit verschiedenen Mengen Beinschwarz 1/2 Stunde bei
73° R. behandelt wurden. Die Knochenkohle hielt 5 Proc. Kalk.
Textabbildung Bd. 95, S. 107
Menge der angewandten Knochenkohle
auf 100 Saft; 100 Saft geben vor der Einwirkung der Knochenkohle an kohlensaurem
Kalk; War aus dem Safte durch die Knochenkohle absorbirt; vom Aezkalke;
Kalksalze; Summa
Aus vorstehenden Resultaten geht hervor, daß die Knochenkohle sowohl den Aezkalk, als
auch den Kalk des Kalksalzes absorbirt, jedoch vorzugsweise den Aezkalk; auch sehen
wir, daß durch hinreichende Mengen von Beinschwarz der Saft fast vollkommen kalkfrei
wird.
Jezt ist noch zu untersuchen, ob auch die als Säure in dem erwähnten Kalksalze
auftretende organische Substanz von der Knochenkohle absorbirt werde. Zu diesem
Behufe wurden 100 Theile Saft, dessen Kalkgehalt bekannt war, mit 20 Theilen
Beinschwarz 1/2 Stunde lang bei einer Wärme von ungefähr 70° R. behandelt;
aus einem Theile des abfiltrirten Saftes wurde der Kalk zuerst mit Kohlensäure, der
Rest sodann mit Oralsäure gefällt, um genau den Gehalt dieses Saftes an Kalk in
beiderlei Gestalt festzustellen. Ein anderer Theil des abfiltrirten Saftes wurde mit
einer solchen Menge Kalkzuker gekocht, welche hinreichend war, um den von der Kohle
absorbirten Kalk fast doppelt zu ersezen. Aus der erkalteten Flüssigkeit wurde der
Kalk zuerst mit Kohlensäure, hierauf mit Oxalsäure ausgeschieden; das Ergebniß war
folgendes:
Textabbildung Bd. 95, S. 108
100 Thle. geschiedener Saft gaben
an kohlensaurem Kalk vom Aezkalke; Kalksalze; 100 desselben mit Beinschwarz
behandelten Saftes gaben an kohlensaurem Kalke; Vor der Behandlung mit Kalkzuker
vom; Nach der Behandlung mit Kalkzuker vom
Wäre die Säure oder deren Substitut von der Knochenkohle nicht absorbirt worden, so
würde sie sich bei der Behandlung mit Kalkzuker nothwendig wiederum mit Kalk
gesättigt und dieselbe Menge kohlensaurer Kalk, nämlich 0,152, aus dem
wiedererzeugten Kalksalze ausgeschieden worden seyn; die Zahlen der zweiten und
lezten Columne zeigen aber, daß auch die als Säure auftretende Substanz fast
vollständig durch das Beinschwarz vom Safte getrennt worden war.
Um die Ueberzeugung zu gewinnen, ob diejenige Substanz, welche in dem in Rede
stehenden Kalksalze die Rolle der Säure übernimmt, eine wirkliche Säure oder eine
andere Pflanzensubstanz sey, wurde geschiedener Saft auf die schon angegebene Weise
durch Kohlensäure vollständig vom Aezkalke befreit, von dem gebildeten kohlensauren
Kalke durch Filtration getrennt und dem Filtrate vorsichtig eine Lösung von
Oxalsäure zugesezt, wobei Anfangs keine Spur einer sauren Reaction gegen
empfindliches Lakmuspapier eintrat; beim Eintritt derselben wurde der Saft vom
oralsauren Kalke abfiltrirt und mit einem Ueberschusse von Oralsäure versezt, wobei
sich keine Trübung zeigte. Wäre der Kalk der Kalkverbindung an eine Säure gebunden
gewesen, so würde diese, durch die Oxalsäure in Freiheit gesezt, eine saure Reaction
der Flüssigkeit veranlaßt haben; da sich hier aber das Gegentheil zeigte, so ist zu
schließen, daß es eine gegen Pflanzenfarben indifferente Pflanzensubstanz seyn
müsse, welche sich mit dem Kalke zu einem Salze verbindet.
Untersuchen wir jezt, welchen Einfluß die Wärme, die Zeit der Einwirkung, das Mengenverhältniß des Beinschwarzes zum Safte, die größere oder geringere
Reinheit der Knochenkohle und derartige Abweichungen
bei dieser Operation ausüben.
In Nachfolgendem wurde eine Reihe von Untersuchungen in Bezug der Absorption des
Beinschwarzes gegen den Aezkalk, statt mit Rübensaft, mit Kalkwasser angestellt, um
nicht durch die im Safte befindlichen organischen Stoffe behindert zu werden; das
Kalkwasser wurde aber jedesmal vor und nach der Einwirkung des Beinschwarzes auf
seinen Kalkgehalt untersucht, weil schon geringe Temperaturunterschiede denselben verändern. Die
Differenz gab den durch das Beinschwarz absorbirten Kalk.
Die Wärme beschleunigt die Absorption des Kalkes bedeutend, denn:
100 Beinschwarz absorbiren in 3/4 Stunden
aus 500 Kalkwasser bei 15°
R.100 desselben Beinschwarz absorbiren in 3/4
Stunden aus 500 desselben Kalkwassers
bei 60° R.
0,9101,200
alskohlens.
Kalk.
Die Differenz in diesen Zahlen würde größer gewesen seyn, wenn
verhältnißmäßig mehr Kalkwasser zur Kohle angewendet worden wäre, denn aus dem bei
60° R. behandelten Kalkwasser wurde aller Kalk
absorbirt.
Ein eben so wesentlicher Unterschied findet statt, je nachdem die Kohle längere oder
kürzere Zeit mit dem Kalkwasser in Berührung gestanden hatte.
100 Beinschwarz absorbirten aus 500
Kalkwasser in 1/2 Stunde bei 15°
R.100 desselben Beinschwarz absorb. aus 500
desselben Kalkwassers in 24 Stunden bei
15° R.
0,5251,085
alskohlens. Kalk.
Die verhältnißmäßige Menge des Kalkwassers und Rübensaftes, welche dem Beinschwarze
dargeboten wird, gibt ebenfalls, wie vorauszusehen, einen Unterschied in der Menge
des absorbirten Kalkes:
100 Beinschwarz zu 500 Kalkwasser
absorbirten in 24 Stunden100
desselben Beinschwarz zu 1000 desselben
Kalk- wassers absorbirten in 24
Stunden
= 1,079= 1,760
alskohlens. Kalk.
Dieselbe Erscheinung tritt ein, wenn bei denselben Mengenverhältnissen der Kalkgehalt
der angewandten Flüssigkeiten verschieden ist.
100 Beinschwarz zu 600 Saft von 0,282 Proc.
Kalk- gehalt absorbiren in 42
Stunden100 desselb. Beinschwarz zu 600 Saft von 0,546
Proc. Kalkgehalt absorbiren in 28
Stunden
= 0,670= 1,560
alskohlens. Kalk
Vor Allem ist aber bei dem fabrikmäßigen Betriebe darauf zu halten, das Beinschwarz
durch den wiederholten Gebrauch nicht zu sehr mit Kalk zu überladen, da dieser seine
fernere Wirkung nicht allein beschränkt, sondern sie endlich ganz vernichten
würde.
Bei nachstehender Versuchsreihe, welche das eben Gesagte bestätigt, wurde ein und dieselbe Knochenkohle
wiederholt mit Kalkwasser behandelt, nach jedesmaligem Gebrauche abgewaschen und bei
der angegebenen Temperatur getroknet. Durch die Differenz des Kalkgehaltes im Kalkwasser vor
und nach der Einwirkung der Knochenkohle wurde die Absorption derselben an Kalk
berechnet.
100 Knochenkohlewirkten jedesmal
auf 1000 Kalkwasser 15 bis
18° R.
Absorption von 100 Knochenkohle
an (kohlensaurem) Kalk.
Nach der
Wirkung wurde die
Kohle
getroknet
bei:
1
24
Stunden
1,760
70°
R.
2
24 –
1,330
80°
–
3
24 –
1,730
80°
–
4
28 –
1,450
80°
–
5
24 –
1,352
80°
–
6
5
Tage
1,351
100
bis 120°
7
43
Stunden
1,330
deßgl.
8
42 –
1,050
deßgl.
9
28 –
0,950
120
bis 140°
10
46 –
1,050
deßgl.
11
48 –
0,880
deßgl.
12
42 –
0,820
deßgl.
13
45 –
0,710
fast zum Glühen erhizt
14
22 –
0,640
deßgl.
15
49 –
0,585
deßgl.
16
48 –
0,510
deßgl.
Die Versuche wurden nicht weiter fortgesezt, weil schon aus diesen Resultaten zu
schließen ist, daß endlich alle Kalkabsorption aufhören muß.
Obgleich diese hier angewendeten 100 Knochenkohle anfangs 4 Proc. kohlensauren Kalk
und 2 1/2 Proc. Wasser enthielten, so hatte ihr Gewicht sich dennoch bis auf 110,8
vermehrt, wobei noch zu berüksichtigen ist, daß beim jedesmaligen Abwaschen etwas
Kohle verloren gegangen war. Bei der Untersuchung dieser Kohle resultirten:
93,05
Knochenkohle,
17,68
kohlensaurer Kalk,
0,07
Verlust (Wasser).
–––––––––
110,80.
Es hatte mithin dieses Beinschwarz 8,46 Proc. Aezkalk oder
15,07 Proc. kohlensauren Kalk aus dem Kalkwasser aufgenommen.
Eine gleiche Reihe von Versuchen wurde mit geschiedenem Rübensafte angestellt, wobei
100 Knochenkohle wiederholt, jedesmal mit 600 Saft in Berührung gebracht wurden.
Kalkgehaltdes Saftesin Procent.
Zeit derEinwirkung.
Temperatur,
bei welcher
das
Beinschwarz getroknet
war.
100 Beinschw.absorbirten.
Entfärbung.
1
0,360
18 Stunden
80°
R.
1,630
fast wasserhell
2
0,362
20 –
80°
–
1,095
weniger, jedoch stark
3
0,362
24 –
80°
–
0,079
weniger als vorher
4
0,365
24 –
80°
–
0,023
kaum merklich
5
0,361
5 Tage
80°
–
0,071
wie vorher
6
0,364
24 Stunden
ungefähr 130°
R.
0,455
ziemlich stark
7
0,282
42 –
150
bis 160° R.
0,670
stark
8
0,546
28 –
200° R. (Bleischmelzhize)
1,560
stärker als vorher
9
0,304
47 –
80°
R.
0,613
ohne alle Entfärbung
10
0,304
47 –
geglüht
0,550
wasserhell
11
0,320
72 –
ugf. 300° R. (dunk. Rothgl.)
0,510
fast so stark als vorher
Bei genauer Betrachtung dieser Zusammenstellung lassen sich mehrere Folgerungen
ziehen:
a) Daß beim bloßen Austroknen der gut abgewaschenen
Knochenkohle bei 80° R. sowohl das Kalkabsorptions-Vermögen, als auch
die entfärbende Kraft schnell abnehmen. Nr. 1 bis 5.
b) Daß beim Erhizen des gebrauchten Beinschwarzes bis zu
dem Grade, daß die absorbirten vegetabilischen Substanzen eine anfangende Verkohlung
erleiden, wohl das Entfärbungsvermögen gesteigert wird, nicht aber in gleichem Grade
das Kalkabsorptions-Vermögen. Nr. 6 bis 8.
c) Daß bei starkem Kalkgehalte des Saftes das
Beinschwarz unter gleichen Bedingungen mehr Kalk aufnimmt. Nr. 7 und 8.
d) Daß durch vollständiges Ausglühen der Knochenkohle
wohl das Absorptionsvermögen gegen den Farbstoff, nicht aber das gegen den Kalk
gesteigert wird. Nr. 9 und 10.
Wird das Beinschwarz nach dem Gebrauche gar nicht getroknet, sondern nur ausgekocht
und ausgewaschen, so vermindert sich die Wirksamkeit desselben gegen den Kalk sehr
bedeutend. Es wurden 100 Kohle mit 1000 Kalkwasser behandelt, sie absorbirten in 24
Stunden bei 15° R. = 1,766 Kalk (als kohlens. berechnet). Dieselbe Kohle
ausgekocht und gewaschen, aber ohne getroknet gewesen zu seyn, wiederum mit 1000
Kalkwasser unter gleichen Verhältnissen behandelt, entzog ihm nur noch 0,630
Kalk.
Wie bedeutend das Kalkabsorptions-Vermögen durch den größern oder geringern
Kalkgehalt des Beinschwarzes modificirt wird, zeigen folgende Versuche, wo gleiche
Mengen Beinschwarz mit gleichen Mengen Kalkwasser, von gleichem Kalkgehalte,
angestellt wurden.
1) 100 Knochenkohle von 9 Proc.
Kalkgehalt absorbiren in 24 Stunden aus
1000 Kalkwasser2) 100 deßgl. von 5
Proc. Kalkgehalt absorbiren in 24
Stunden aus 1000 Kalkwasser3) 100
deßgl. von 0 Proc. Kalkgehalt absorbiren
in 24 Stunden aus 1000 Kalkwasser
0,862 1,767 2,200
als kohlens. Kalk.
Dieselben Resultate zeigten sich bei Einwirkung verschiedener Kohle auf geschiedenen
Saft von gleichem Kalkgehalte.
1) 100 Knochenkohle von 11
Proc. Kalkgehalt absorbiren in 40 St.
aus 1000 Saft bei 15° R.2)
100 deßgl. von 0 Proc.
Kalkgehalt absorbiren in 40 St. aus 1000
Saft bei 15° R.3) 100 deßgl.
von 0 Proc. Kalkgehalt absorbiren in 1/2
St. aus 1000 Saft bei 73°
R.
= 0,543= 2,240=
2,380
als kohlens. Kalk
gerechnet.
Die Entfärbung des Saftes von Nr. 1 und 2 war ziemlich vollständig, bei Nr. 3 war sie
etwas schwächer, obgleich die Kalkabsorption größer war als in Nr. 2; diese
Erscheinung ist theils in der kürzern Zeit der Einwirkung, theils in der höhern
Temperatur zu suchen, da bekanntlich heiße Flüssigkeiten vom Beinschwarze weniger
stark entfärbt werden als kalte.
Die absorbirende Kraft der verschiedenen Kohlenarten gegen Gase ist ziemlich
vollständig durch viele (vorzüglich französische) Chemiker untersucht worden. Diese
Untersuchungen zeigen unter andern, daß die Kohle Sauerstoffgas absorbirt, und
lezteres in verdichtetem Zustande in der Kohle sich mit einem Theile derselben zu
Kohlensäure verbindet; daß sie ferner Kohlensäure und vorzüglich Ammoniakgas in
großer Menge verdichtet. Geschieht dieses, während die Kohle der atmosphärischen
Luft exponirt wird, so ist zu schließen, daß sie kohlensaures Ammoniak enthalten
müsse und daß ihre Reaction gegen aufgelösten Kalk diesem kohlensauren Ammoniak und
der freien Kohlensäure zuzurechnen sey. Um mich zu vergewissern, welchen Einfluß die
aus der Atmosphäre aufgenommenen Gase auf das Kalkabsorptions-Vermögen der
gekörnten Knochenkohle ausüben, wurde eine Quantität derselben in einem eisernen
Rohre stark geglüht, welches wie ein Verbrennungsrohr aufgestellt wurde, wie
dasselbe bei organischen Analysen gebraucht wird, mit dem Unterschiede, daß das eine
Ende mit einem mit Wasserstoffgas gefüllten Exhaustor in Verbindung gesezt war,
während das andere Ende mittelst eines herabgehenden Glasrohres durch Wasser
abgesperrt wurde, und vor und während des Glühens Wasserstoffgas langsam hindurch
strich.
Auf diese Weise wurden vier gleiche Quantitäten Beinschwarz ausgeglüht, wovon die
erste in ein Gefäß gebracht wurde, welches zum Theil mit geläutertem Rübensaft und
übrigens mit Wasserstoffgas gefüllt war, mit der nöthigen Vorsicht, daß die Kohle
auf keine Weise mit der atmosphärischen Luft in Berührung kam.
Die zweite Portion wurde sogleich nach dem Glühen mit Wasser vollständig befeuchtet
und in diesem Zustande in eine gleiche Menge desselben Saftes gebracht. Die dritte
Quantität blieb 3 Stunden, die vierte 47 Stunden der freien Atmosphäre ausgesezt,
worauf beide in gleiche Quantitäten desselben oben verwendeten Saftes gebracht und
stündlich stark bewegt wurden. Die Resultate waren folgende:
Textabbildung Bd. 95, S. 113
10 Knochenkohle unter
Wasserstoffgas geglüht; stand an der Luft; wurde mit Saft von 0,546 Procent
Kalkgehalt behandelt; 100 Knochenkohle absorbirt an Kalk (kohlensaur.);
Entfärbung; Menge; Zeit; nicht; Stunden; wasserhell; sogleich befeuchtet
Der Unterschied in der Menge des von 100 Kohle absorbirten Kalkes ist zwar gering,
jedoch zeigt sich eine größere Absorption bei der längere Zeit an der Luft gelegenen
Kohle. Um aber völlige Gewißheit zu erlangen, daß dieser Unterschied den absorbirten
Gasen zuzurechnen sey, wurde stark ausgeglühte Knochenkohle in einem gläsernen
Verbrennungsrohre geglüht, welches völlig wie das vorher beschriebene eiserne Rohr
vorgerichtet und mit verdünnter Salzsäure gesperrt worden war. Aus lezterer konnte
durch Platinchlorid mit Beachtung der nöthigen Vorsichtsmaaßregeln eine kaum wägbare
Menge Platinsalmiak ausgeschieden werden, wogegen aus einer gleichen Quantität
(10,000 Grammen) derselben Kohle, welche nach dem Ausglühen 7 Tage der Atmosphäre
exponirt gewesen war, auf gleichem Wege 0,073 Gramme vollkommen trokener
Platinsalmiak gewonnen wurden.
In Vorhergehendem haben wir gesehen, daß der bei weitem kleinste Theil des von der
Kohle absorbirten Kalkes auf Rechnung der Kohlensäure oder des kohlensauren
Ammoniaks gebracht werden kann; es muß mithin der Kalk von der Knochenkohle als Aezkalk figirt werden. In
der That bestätigte sich diese Voraussezung vollkommen, als Knochenkohle, welche mit
Essig ausgekocht, gut gewaschen, getroknet und geglüht worden war, mit geschiedenem
Rübensafte behandelt wurde. Es zeigte sich bei dieser Kohle, obgleich sie über 2 1/2
Proc. Aezkalk (= 4 1/2 Proc. kohlensauren Kalk) aufgenommen hatte, beim Uebergießen
mit verdünnter Salzsäure nicht die geringste Spur des Entweichens von
Kohlensäure.
Ueber das Absorptionsvermögen der Kohle gegen den Farbstoff sind schon viele
Beobachtungen bekannt, namentlich ist eine Tabelle von Bussy in viele Hand- und Lehrbücher der Chemie übergegangen. In
dieser Tabelle ist die vollständige Entfärbung einer gewissen Menge Flüssigkeit
durch ein bestimmtes Quantum der verschiedenen Kohlenarten als Norm angenommen. Wer
sich selbst mit diesem Gegenstande beschäftigt hat, weiß sehr wohl, wie schwierig es
ist, das richtige Quantum der Flüssigkeit gegen die Kohle zu treffen und sich bei
der Beobachtung der Nuance nicht zu täuschen; auch haben genannte Beobachtungen bei
vorliegendem Gegenstande deßhalb einen geringen Werth, weil auf die gekörnte
Knochenkohle gar keine Rüksicht genommen worden ist.
Es ist aber bei dem Betriebe einer Rübenzuker-Fabrik selten der Fall, daß die
ganze Menge des filtrirten Saftes durch das Beinschwarz vollständig entfärbt würde,
es kann hier also nur der Unterschied der Nuance zwischen dem nicht filtrirten und
dem filtrirten Safte in Betracht gezogen werden. Die bisher gebräuchlichen
Bestimmungen der Farbennuancen durch Worte (als braun, hellbraun, gelb, schöngelb
u.s.w.) auszudrüken, ist sehr relativ und gibt auch nicht einmal annähernd einen
Anhaltepunkt. Um auch hier eine feste Basis zu gewinnen, habe ich einen Farbemesser
auf die Art construirt, daß ich verschieden gefärbte Flüssigkeiten in vollkommen
gleich weite Glasröhren eingeschmolzen und diese in einem Stativ so befestigt habe,
daß der zu untersuchende Saft in ein Probeglas von völlig gleicher Weite als
genannte Röhren gethan und die Nummer derjenigen Nuance, mit welcher er gleich ist,
bemerkt wird. Den Farbstoff zu diesem Farbemesser bereite ich aus dem überall im
Handel gleichbleibenden Lakrizensaft (Extract der Süßholzwurzel), welcher in
Weingeist von 30 Proc. Tralles gelöst, und die klare Lösung zur Trokne abgedampft
wird. Von diesem Extracte, welches sich vollständig löst, wird eine Lösung in
Weingeist von 30 Proc. Tralles (um das Gefrieren zu Verhindern) gemacht, welche 1
Proc. Extract enthält und als dunkelste Nuance gilt, und aus dieser durch Verdünnung
mit 30grädigem
Weingeist, sodann eine Reihe bis zu 0,05 Proc. Extractgehalt herab.
Mit Hülfe dieses Instrumentes gelingt es, die Menge des absorbirten Farbstoffs dem
Gewichte nach zu bestimmen, vorausgesezt daß die färbenden Stoffe des Rübensaftes
mit dem des Lakrizens vom Beinschwarze gleich stark absorbirt werden sollten.
Jedenfalls wird aber der Werth sehr annähernd gefunden werden.
Die bis jezt über das Entfärbungsvermögen des Beinschwarzes im Verfolge dieser Arbeit
angestellten Versuche gaben durch die Unsicherheit bei deren Bezeichnung die
Veranlassung zur Ausführung dieses Instrumentes; ich habe deßhalb auch nur einen
Theil der Resultate hier mitgetheilt, werde jedoch später diese Versuche mit dem
Farbemesser wiederholen und behalte mir die fernere Mittheilung vor.
Noch einige Worte über die mit basisch essigsaurem Blei aus dem geschiedenen
Rübensafte fällbaren, meist stikstoffhaltigen Pflanzensubstanzen und deren Verhalten
zum gekörnten Beinschwarz.
Daß stikstoffhaltige vegetabilische Substanzen durch äzende Alkalien bei der
Siedehize behandelt sich zersezen und Ammoniak gebildet wird, ist bekannt; daß diese
Substanzen aber auf den krystallinischen Zuker sehr schnell zersezend einwirken,
indem sie ihn in amorphen Rohrzuker (Schleimzuker, Syrup) und Traubenzuker
umwandeln, daß ferner die Zersezung dieses Stoffs mittelst Alkalien mit vielem
Vortheile für die Rübenzuker-Fabrication anwendbar sey, hat Dr.
Zier in seiner Mittheilung an die Erwerber seiner Methode
im Jahre 1836 zuerst ausgesprochen. Später, im Jahre 1841, wurde durch den
Rübenzuker-Fabrikanten Kopisch in Schweidnitz
nachgewiesen, daß der im klaren geschiedenen Safte enthaltene Aezkalk meist
vollkommen hinreichend sey, die stikstoffhaltigen Körper beim Sieden zu zerstören,
zu welchem Zwek er vorschreibt, die klaren Säfte bis zu 3/4 bis 2/3 ihres Volumens
bei starkem Sieden abzudampfen (Vordampfen) und während dem mit Aezkalk zu versezen,
wenn bei noch anwesendem Stikstoff die Ammoniakentwikelung aufhört, nach erreichtem
Zwek aber den überschüssigen Kalk mit dem von mir angegebenen Apparate mittelst
Kohlensäure zu entfernen. Diese Arbeitsmethode, die Säfte vor der Filtration zu
kochen (vorzudampfen), verbreitete sich sehr bald in Schlesien und in der Provinz
Sachsen zum großen Vortheile der Fabrikanten. In neuester Zeit hat Hochstädter (polytechn. Journal Bd. LXXXIX S. 130 u. 210) eine sehr gute
Arbeit über die chemische Natur der Zukerrübe geliefert, deren Studium allen
Zukerfabrikanten dringend zu empfehlen ist; er hat die hier in Rede stehende
stikstoffhaltige Substanz in ihren zersezenden Wirkungen genauer untersucht.
Ich fand den aus ungesäuertem geschiedenem Rübensafte mit Bleiessig gefällten
Niederschlag nicht immer von gleicher Zusammensezung; der noch feuchte Niederschlag
löste sich in concentrirter Essigsäure mehr oder weniger vollständig auf, hinterließ
aber stets eine flokige Masse, welche nach dem Austroknen beim Erhizen ohne
aufzublähen verbrannte und Blei oder Bleioxyd hinterließ. Wurde der Niederschlag
getroknet, so war er, selbst bei anhaltendem Kochen, in concentrirter Essigsäure
viel weniger löslich. Die klare Lösung mit Schwefelwasserstoffgas behandelt und das
Schwefelblei abgesondert, hinterließ beim Austroknen eine braune extractartige
Masse, welche Feuchtigkeit aus der Luft anzog und ohne
thierisch-empyreumatischen Geruch verbrannte. Von dem bleihaltigen
Niederschlage wurden 0,930 Gram. mit Aeznatronkalk nach Varrentrapp's Methode im Verbrennungsapparate behandelt und lieferten
0,082 Gramme Platinsalmiak; ein anderesmal erhielt ich aus 1,000 Gram. sogar nur
0,024 Gram. Platinsalmiak, woraus zu schließen ist, daß die Niederschläge mit
Bleiessig sehr geringe und sehr veränderliche Mengen der eigentlichen
stikstoffhaltigen Substanz enthalten, dagegen aber viel Gummi, Schleim,
Extractivstoff, Farbstoff und dergl. Pflanzenstoffe, welche durch Bleiessig gefällt
werden. Durch diese und andere nicht hieher gehörige, im Interesse einer andern
Arbeit angestellte Präliminarversuche belehrt, glaube ich annehmen zu dürfen, daß
der Stikstoffgehalt dieses Niederschlags, mithin auch des Rübensaftes, von dem
Pflanzeneiweiß herrührt, welches bei der Läuterung des Saftes sich in großer Menge
abscheidet, und von welchem ein kleiner Theil durch die Alkalität des Saftes
aufgelöst erhalten wird. Derselbe Niederschlag von gutem, wenig alkalischem Safte,
welcher bis zu 1,200 spec. Gewicht und höher eingedampft war (Clairce), zeigte
keinen Stikstoffgehalt.
Das Beinschwarz äußert eine geringe absorbirende Kraft gegen diese Pflanzenkörper. Es
wurde geschiedener Rübensaft mit Bleiessig auf die Menge des in Rede stehenden
Niederschlags untersucht, und von demselben Safte ein Theil mit 1/5 seines Gewichts
Beinschwarz behandelt und der vollständig entfärbte Saft auf gleiche Weise
untersucht. Die Resultate sind folgende:
Textabbildung Bd. 95, S. 117
Vor der Behandlung mit Beinschwarz
gaben 100 Theile Saft an; Nach der Behandlung mit Beinschwarz gaben 100 Theile
Saft an; Beschaffenheit des Bodens, auf welchem die Rüben gewachsen;
(kohlensaurem) Kalk; Niederschlag mit Bleiessig; Kalk; im dritten Dünger; frisch
gedüngt
Der Boden, auf welchem die Rüben gewachsen sind, hat einen unverkennbaren Einfluß auf
die Bildung dieser Substanzen, wie ein Vergleich in vorstehender Zusammenstellung
zeigt. Noch mehr aber stellte sich dieses bei der Untersuchung eines Saftes heraus,
welcher aus Rüben gewonnen wurde, welche auf feuchtem (sogenannten salpetrigen)
Boden gewachsen waren. Dieser Saft hatte den mäßigen Kalkgehalt von 0,304, wogegen
der Niederschlag mit Bleiessig 1,426 von 100 Saft betrug.
Durch die weitere Verarbeitung der Rübensäfte zu Clairce wird ebenfalls nur wenig von
genannten Substanzen ausgeschieden, und es ist wahrscheinlich, daß nur die wirklich
stikstoffhaltige Substanz während des Kochens durch die Alkalien des Saftes zerstört
wird, denn derjenige in Vorstehendem erwähnte Saft, welcher sogleich nach der
Scheidung 1,426 Proc. Niederschlag gab, wurde wieder untersucht, nachdem er bis
8° B. vorgedampft war, durch 20 Procent Beinschwarz filtrirt, sodann weiter
bis 22° B. eingedampft und abermals durch 20 Proc. Beinschwarz filtrirt
worden war. Diese Clairce war sehr hell und wurde mit destillirtem Wasser bis zum
spec. Gew. des frischen geschiedenen Saftes 1,061 verdünnt. 100 Theile dieser
verdünnten Clairce gaben aber noch 1,212 Niederschlag, es war mithin während des
Eindampfens und doppelten Filtrirens von 1,426 Niederschlag nur 0,214 zerstört oder
durch Knochenkohle absorbirt worden, und möchte dieses Minus dem absorbirten
Farbstoff zum größten Theil zuzurechnen seyn.
Directe Versuche mit einer Auflösung von arabischem Gummi zeigten, daß das
Beinschwarz nicht die geringste absorbirende Wirkung gegen dasselbe äußert.
Das Anbrennen der Claircen beim Kochen derselben über offenem Feuer (in der
Kipppfanne) scheint dem Kalkgehalte der Clairce, nicht den durch Bleiessig fällbaren
Stoffen zugeschrieben werden zu müssen. Bei einer Reihe von Untersuchungen verschiedener Claircen
von 1,200 bis 1,225 specifischem Gewicht zeigte sich, daß das Maximum des als
Kalksalz in denselben vorhandenen Kalkes diejenige Menge nicht übersteigen darf,
welche 0,135 Proc. kohlensauren Kalk gibt, wenn nicht ein Anbrennen statt haben
soll; bei 0,125 Proc. ist jedoch, wenn gegen Ende des Kochens das Feuer gemäßigt
wird, bequem zur Probe heranzutreiben. Der geringste Kalkgehalt, welchen ich bei den
bis jezt untersuchten Claircen gefunden habe, betrug 0,061 Procent, und diese sowohl
als auch Claircen bis 0,110 Proc. kochen recht schön.
Ein großer Gehalt der Claircen an mit Bleiessig auszuscheidenden Körpern äußert
dagegen auf ihr Verhalten beim Kochen gar keinen Einfluß. Dieselbe oben erwähnte
Clairce, welche bei 1,220 spec. Gewicht 3,636 Proc. Niederschlag gab, dabei aber nur
einen Kalkgehalt von 0,108 zeigte, kochte sehr gut.
Mit Kohlensäure war aus allen untersuchten Claircen auch im verdünnten Zustande keine
Spur von Kalk auszufällen – ein Beweis, daß aller in dem frischen Safte als
Aezkalk gelöster Kalk durch die verschiedenen Operationen ausgeschieden worden
war.
Betrachten wir jezt in Kürze die in Vorigem zusammengestellten Beobachtungen in Bezug
auf den technischen Betrieb der Rübenzuker-Fabrication im Allgemeinen, und
sehen, wie die Knochenkohle am vortheilhaftesten anzuwenden und am zwekmäßigsten
wiederzubeleben ist.
Schon beim Ankaufe des Beinschwarz ist Vorsicht zu empfehlen. Es ist in neuerer Zeit
nicht selten vorgekommen, daß aus den Rübenzuker-Fabriken die lange Zeit
gebrauchte und durch falsche Behandlung verdorbene Knochenkohle angekauft, mit
thierischem brenzlichem Oehl (Stinköhl) befeuchtet und geglüht wurde, und diese
Kohle theils für sich, theils vermischt mit guter frischer Knochenkohle in den
Handel kam.
Es ist nicht zu läugnen, daß die auf solche Weise behandelte Kohle, bis auf das
größere specifische Gewicht und den viel bedeutenderen Zusammenhang der Theile, von
guter frischer Knochenkohle im Aeußern nicht zu unterscheiden ist. Selbst das
Entfärbungsvermögen solchen Beinschwarzes ist oft dem aus frischen Knochen
gebrannten völlig gleich. Dennoch aber wird es bei seinem Gebrauche zur
Rübenzuker-Fabrication sehr schlechte Dienste leisten, weil es wegen seines
zu großen Gehaltes an kohlensaurem Kalke gerade den wichtigsten Theil seiner
Wirksamkeit, den der Kalkabsorption, ganz oder theilweise entbehrt, wie vorn
nachgewiesen worden ist.
Die zu Anfang der Abhandlung zusammengestellten Erfahrungen beweisen, daß in den mit
Kalk geschiedenen Rübensäften außer dem Aezkalke noch ein Kalksalz zugegen ist, welches
schwieriger von der Knochenkohle absorbirt wird als der Aezkalk, und dessen
Anwesenheit in der Clairce ein schlechtes Kochen, ja selbst ein Anbrennen derselben
zur Folge hat. Um diesen Unannehmlichkeiten zu begegnen, filtrire man die Säfte so
heiß als es die Umstände erlauben, durch das Beinschwarz; dabei übereile man die
Filtration nicht, sondern regulire sie so, daß jede Quantität des Saftes mindestens
eine halbe Stunde mit der Knochenkohle in Berührung bleibt.
Die Menge der anzuwendenden Knochenkohle richtet sich nach dem größern oder geringern
Kalkgehalte derselben und dem des Saftes. Bei Benuzung solchen Beinschwarzes,
welches durch unrichtige Behandlung beim Wiederbeleben seinen Kalkgehalt bis zu 11
Proc. vermehrte, wird man mindestens das vierfache
Quantum verwenden müssen, um denselben Effect zu erzielen, welchen man mit einem Theile kalkfreier Kohle erreicht haben würde.
Jedenfalls muß das Verhältniß des Beinschwarzes zum Safte so groß seyn, daß eine
genügende Entfärbung des leztern erreicht wird.
Da das Beinschwarz auf die mit Bleiessig fällbaren, oft stikstoffhaltigen Substanzen
keine oder nur geringe Einwirkung äußert, so ist wohl darauf zu achten, daß der
geschiedene und abgeklärte Saft so lange in seinem äzkalkhaltigen Zustande gekocht
werde, bis alle Ammoniakbildung aufhört (Hochstädter a.
a. O.), welches leztere unter Umständen nur durch Zuthun von Aezkalk in den zu
verarbeitenden Saft vollständig zu erreichen ist; erst nach dieser Operation ist zum
Filtriren zu schreiten.
Neuerlich ist von dem Hrn. Medicinalrath Michaelis in
Magdeburg ein Schuzmittel gegen die nachtheiligen Wirkungen der zersezenden
Substanzen auf den rohen ungeschiedenen Rübensaft angewendet und ihm patentirt
worden, welches seiner Einfachheit und auffallenden Wirksamkeit wegen die
allgemeinste Anwendung verdient.
Die Wiederbelebung der durch den Gebrauch unwirksam gewordenen Knochenkohle ist der
Gegenstand mannichfacher Untersuchungen gewesen, und es sind schon von vielen Seiten
Vorschriften gegeben worden, diese Operation, welche für die Zukerfabrication von so
außerordentlicher Wichtigkeit ist, zu verrichten.
In Folgendem will ich das Princip, nach welchem diese Arbeit geleitet werden muß, in
der Kürze angeben, ohne in die technischen Specialitäten einzugehen.
Zuvörderst ist wohl zu berüksichtigen, ob das Beinschwarz, welches wiederbelebt
werden soll, zur Entfärbung von Zukerlösungen behufs des Raffinirens des Rohzukers, oder zur Reinigung von geschiedenen Rübensäften benuzt worden war. Im erstem Falle wird man allein den Farbstoff
und einige andere organische Stoffe aus dem Beinschwarz zu entfernen haben, um es
wieder brauchbar zu machen; in lezterem Falle aber nächst diesen auch noch den Kalk.
Zur Entfernung des Farbstoffs und der übrigen organischen Stoffe bleibt das
sicherste und kräftigste Mittel die Zerstörung derselben durch Gährung und Fäulniß
und nachheriges Glühen der gewaschenen Kohle; ja selbst ohne das leztere, nach
bloßem Auswaschen der gegohrenen Kohle mit Wasser, wird ihre entfärbende Kraft
theilweise wieder hergestellt, wie die Anwendung des Peyron'schen Filters beweist.
Mehr Aufmerksamkeit und Arbeit erfordert dagegen die Wiederbelebung der Knochenkohle
der Rübenzuker-Fabriken; diese Arbeit wird gegenwärtig mit unwesentlichen
Abänderungen allgemein auf die Art verrichtet, daß das Beinschwarz nach dem
Gebrauche zum Gähren und Faulen gebracht, hierauf durch verdünnte Salzsäure der Kalk
ausgeschieden, und daß es dann gewaschen, getroknet und geglüht wird; oft
unterbleibt selbst das Auswaschen mit Salzsäure. In der Regel geschieht das Säuren
der Kohle mit einem nach Gutdünken genommenen Quantum Salzsäure, unbekümmert ob
dabei Salzsäure vergeudet und Beinschwarz zerstört werden könne, oder ob die Menge
der Säure hinreichend sey, die nöthige Menge Kalk aus der Kohle zu entfernen;
abgesehen davon, daß sehr oft Fälle eintreten, wo es, bei dieser Art zu arbeiten,
unmöglich ist der Kohle die nöthige Menge Kalk zu entziehen, ohne zugleich einen
Theil des Beinschwarzes zu zerstören.
Ich will es versuchen, die Wirkungsweise der Säure auf das Beinschwarz in dem zulezt
genannten Falle deutlich zu machen.
Beim Filtriren der kalkhaltigen Rübensäfte saugt die Kohle den Kalk aus dem Safte
auf, er lagert sich als fester Körper in die Poren der Kohle, während die durch die
Gährung entbundene Kohlensäure mit ihm kohlensauren Kalk bildet. Wirkt nun auf
solche Kohle die verdünnte Salzsäure ein und dringt sie in die Poren der Kohle, so
wird sie durch die aus dem kohlensauren Kalke sich entbindende Kohlensäure wieder
herausgetrieben, während die Poren sich mit Kohlensäure füllen, welche der Salzsäure
nur schwer den Zutritt wieder gestattet. Die Wirkung der Salzsäure wird hiedurch
mehr auf die Oberfläche der Beinschwarzkörner beschränkt; ist diese aber vom
kohlensauren Kalke befreit, so wird der noch ungesättigte Theil der Säure die
Knochenerde angreifen und diese in sauren phosphorsauren Kalk umwandeln, während
sich die Salzsäure theilweise mit dem überschüssigen Kalke der Knochenerde verband.
Die im sauren phosphorsauren Kalke befindliche freie Phosphorsäure nebst der noch
freien Salzsäure werden nun aber wiederum so viel von der Knochenerde zersezen, bis alle Säure sich zu
neutralem phosphorsaurem und zu salzsaurem Kalk (Calciumchlorid) ausgeglichen
hat.
Gesezt, man wolle aus 1000 Pfd. Knochenkohle 2 Proc. kohlensauren Kalk entfernen, so
würde man hiezu 40 Pfd. käufliche Salzsäure von 21 bis 22° B. zu verwenden
haben. Dieses Resultat wird auch in der That annähernd erreicht, wenn das zu
behandelnde Beinschwarz einen geringen Gehalt an kohlensaurem Kalk hatte. Bei
solcher Knochenkohle aber, welche schon öfters zur Reinigung der Rübensäfte benuzt
worden war, ohne nach jedesmaligem Gebrauche mit Säure behandelt worden zu seyn,
lehrt die Erfahrung, daß diese Angabe sich nicht bestätigt; im Gegentheile zeigt
sich bei obigem Gewichtsverhältnisse, daß nicht die berechnete Menge Kalk gelöst,
sondern je nachdem die Kohle weniger oder mehr kalkhaltig war, nur 1 1/2, ja
zuweilen nur 3/4 Proc. Kalk der Kohle entzogen wurden, obgleich man die Säure nach
mehrstündiger Einwirkung vollkommen mit Kalk gesättigt findet; es werden mithin in
diesen Fällen 10 bis 25 Pfd. Salzsäure sich eines Theils des Kalkes der Knochenerde
bemächtigen. Nehmen wir an, daß von den 40 Pfunden der angewendeten Säure 20 Pfd.
sich mit dem kohlensauren Kalke gesättigt haben, so werden die übrigen 20 Pfd. sich
mit einer Menge desjenigen Kalkes sättigen, welche der dreiviertel phosphorsaure
Kalk (die Knochenerde) mehr an Basis als der neutrale phosphorsaure Kalk enthält. Da
nun 100 trokene Knochenkohle in runden Zahlen aus 10 Kohle, 4 kohlensaurer
Kalk- und Bittererde und 86 Knochenerde bestehen, diese 86 Knochenerde aber
wieder aus 11,08 Kalk und 74,92 neutraler phosphorsaurer Kalkerde, so werden diese
20 Pfd. Salzsäure, welche auf die Knochenerde einzuwirken genöthigt waren und durch
10 Pfd. kohlensauren Kalk = 5,64 Pfd. Aezkalk gesättigt worden wären, 50,88 Pfd.
Beinschwarz zerstören, und es wird im vorliegenden Falle der doppelte Schaden von 50
Pfd. Beinschwarz und 20 Pfd. Salzsäure in Rechnung zu bringen seyn.
Diese Verluste an Material, Geld und Zeit zu umgehen, lehrt uns die in Vorstehendem
mitgetheilte Erfahrung, daß der Kalk des Saftes von dem Beinschwarze als Aezkalk
aufgenommen wird. Die Arbeit des Säuerns der Kohle verrichte man deßhalb sogleich
nach deren Gebrauch, um alle und jede Wirkung der Säure auf die Knochenerde
unmöglich zu machen, vorausgesezt daß die richtige Quantität Säure verwendet wurde;
denn einestheils fällt hier die verhindernde Gasentwikelung weg, anderntheils wird
die Salzsäure aus dem Wasser durch den Aezkalk so begierig angezogen, daß selbst bei
einer großen Menge von Kalk, welchen die Kohle absorbirt hatte, in 1/2 Stunde die
vollständige Sättigung der Säure (unter Temperaturerhöhung von einigen Graden) bei richtiger
Handhabung erreicht wird. Daß aber auch hier durch Anwendung von zu viel Säure ein
Theil des Beinschwarzes zerstört wird, ist leicht begreiflich.
Jedem Rübenzuker-Fabrikanten, welcher sein Geschäft rational betreibt, muß es
daher wünschenswerth seyn, stets den Gehalt an Kalt von dem in seiner Fabrik
befindlichen Vorrathe an Beinschwarz zu kennen, theils um beim Ankaufe desselben
nicht betrogen zu werden, theils bei dessen Verwendung zum Filtriren der Säfte den
möglichsten Effect zu erreichen, und endlich, um beim Wiederbeleben stets die
richtige Menge der zu. verwendenden Salzsäure a priori
bestimmen zu können. Ich habe zu diesem Zwek einen Apparat mit Aräometer construirt,
durch dessen Anwendung der Kalkgehalt des Beinschwarzes nach einer vorhergehenden
einfachen Behandlung bis zu 1/8 Procent genau bestimmt wird.
Bei dem bisher in den Rübenzuker-Fabriken befolgten Verfahren die Knochenkohle
wieder zu beleben, konnte der Zwek auch deßhalb nur theilweise erreicht werden, weil
die Knochenkohle während der Filtration nicht überall gleich viel Kalk absorbirt,
sondern ein Theil derselben sehr stark, ein anderer nur wenig mit ihm geschwängert
wird. Directe dieserhalb veranstaltete Versuche belehrten mich, daß bei einer
Filtration von mit Kalk geschiedenem Rübensafte durch gekörntes Beinschwarz, welche
von Unten nach Oben geleitet wurde, die unterste Schicht des Beinschwarzes sechsmal mehr Kalk aufgenommen hatte als die oberste.
Hieraus erklärt sich die Schwierigkeit, Kohle von 3 bis 4 Proc. Kalkgehalt nach
mehrjährigem Gebrauche fortwährend bei diesem Kalkgehalte zu erhalten, und zwar so,
daß jedes einzelne Korn des Beinschwarzvorrathes gleich
viel und zwar nach Belieben 2, 3 oder 4 Proc. kohlensauren Kalk hält; es wird im
Gegentheil unvermeidlich seyn, einen Theil des Beinschwarzes völlig kalkfrei zu
machen, während ein anderer noch 6 bis 8 Proc. davon enthält. Wie sehr hiedurch aber
einerseits die Wirksamkeit des Beinschwarzes beeinträchtigt wird und wie nachtheilig
die Einwirkung der Salzsäure andererseits auf solches kalkfreies Beinschwarz ist,
habe ich im Vorigen gezeigt. Bei Beachtung der hier mitgetheilten Erfahrungen und
bei richtiger technischer Ausführung der Wiederbelebungs-Arbeiten, deren
specielle Beschreibung nicht im Zwek dieses Aufsazes liegt, gelingt es aber leicht,
daß die ganze Masse, und zwar jedes einzelne Korn des Beinschwarzes, jeden
beliebigen Kalkgehalt gleichförmig behält, auch die Säure die Knochenerde nicht
angreifen kann und das Beinschwarz stets gleich in seiner Wirksamkeit bleibt.
Schon nach Verlauf einiger Campagnen nach Entstehung oder eigentlich größern Verbreitung
der Rübenzuker-Fabrication in Deutschland, wo man anfing die Salzsäure zur
Absonderung des Kalkes aus dem Peinschwarz anzuwenden, wurden oben genannte
Schwierigkeiten von aufmerksamen Fabrikanten erkannt, ohne sich jedoch Rechenschaft
davon geben zu können, warum das Beinschwarz troz der besten Behandlung nach
damaligem Stande der Sache nach und nach an seiner Wirksamkeit verlor; man war
deßhalb auch bemüht, Surrogate für die Knochenkohle aufzufinden, welche Bemühungen
zum Theil gute Resultate lieferten.
Ich will hier anhangsweise einige Worte über die Surrogate der
Knochenkohle, so viel mir über dieselben bekannt geworden ist, folgen
lassen.
Diese Surrogate kann man in drei Classen theilen und zwar:
1) solche, welche Farbstoff und Kalk zugleich absorbiren,
als: gebrannter bituminöser Schiefer, das Carbon und der Alaun;
2) welche nur Farbstoff absorbiren: Thonerdehydrat;
3) welche nur Kalk absorbiren: Schwefelsäure, Kohlensäure,
Sauerkleesäure.
Der gebrannte bituminöse Thonschiefer (Schieferkohle)
besizt nach dem Urtheile derer, welche ihn anwenden, eine bedeutende
Entfärbungskraft, wie aus der Structur eines solchen porösen Gesteins, dessen
Bitumen wegen seiner geringen Menge und gleichförmigen Vertheilung eine matte, nicht
glänzende Kohle beim Glühen zurükläßt, a priori
geschlossen werden kann. Aus gleichem Grunde ist es wahrscheinlich, daß die
Schieferkohle auch Kalk absorbirt, ob aber in so energischer Weise wie das
Beinschwarz, müssen vergleichende Versuche entscheiden, welche anzustellen mir die
Gelegenheit mangelt. Der allgemeinen Verwendung der Schieferkohle statt des
Beinschwarzes stellt sich aber ihr seltenes Vorkommen in einer solchen Nähe von
Zukerfabriken entgegen, als daß die Transportkosten dafür übertragen werden könnten.
Ob die Cohäsion dieses Materials stark genug ist, ein Auswaschen mit Salzsäure und
oftmaliges Glühen beim Wiederbeleben zu vertragen, ohne sich in Pulver aufzulösen,
ist mir unbekannt.
Das Carbon, das kohlige Product der Verbrennung des
Rübenzuker-Syrups, ist zur Verwendung statt der Knochenkohle vorgeschlagen
und empfohlen worden. Es fehlen mir die Resultate einer längere Zeit dauernden
Arbeit im Großen mit diesem Materiale, als daß ich ein bestimmtes Urtheil über
dessen Wirkung abgeben könnte. Versuche in kleinerm Maaßstabe belehrten mich, daß
die Kalkabsorption durch die Menge des im Carbon beim Auslaugen desselben zurükgebliebenen Kalis
bedingt wurde. Eine Entfärbung der Säfte konnte ich nicht wahrnehmen.
Der Alaun, wenn er, ohne vorher mit einem andern Körper
zersezt worden zu seyn, zu den geschiedenen Säften gegeben wird, verwandelt den Kalk
des Saftes in schwefelsauren Kalk (Gyps), welcher theils im Safte gelöst bleibt,
theils gefällt wird, wogegen das gebildete Thonerdehydrat einen großen Theil des
Farbstoffs binden wird. Wird er dagegen vor der Anwendung mit Aezkalk zersezt, so
hört seine Wirkung auf den Kalk des Saftes auf, lezterer wird aber dennoch mit Gyps
verunreinigt, und nur das Thonerdehydrat bleibt gegen den Farbstoff wirksam. Wird er
dagegen mit Kali oder Natron zersezt und das gebildete gallertartige Thonerdehydrat vollständig ausgewaschen, so verschwindet
der Nachtheil, den Saft mit Gyps verunreinigen zu können und das Hydrat wirkt
lediglich bindend gegen den Farbstoff. Das natürliche
Thonerdehydrat wirkt entfärbend, aber in sehr geringem Grade.
Die Schwefelsäure wäre bei ihrem geringen Preise sehr
geeignet zu vorliegendem Zwek, wenn nicht so vielfache Unannehmlichkeiten und
Verluste in ihrem Gefolge wären. Kein Mittel den Kalk zu beseitigen ist bei der
Rübenzuker-Fabrication früher und vollständiger beobachtet worden, als die
Schwefelsäure; man weiß, daß der durch sie entstandene Gyps beim Verkochen sich an
die Wände und Böden der Kochpfannen anlegt und bei der Verarbeitung der Claircen
über offenem Feuer oft ein Anbrennen der Zukermasse veranlaßt, welcher Nachtheil
ebenfalls durch den Alaun, wenn dieser für sich oder mit Kalk zersezt verwandt
wurde, zu befürchten ist. Auch ist es bekannt genug, daß bei Anwendung der
Schwefelsäure die Ausbeute an Zuker in Güte und Menge geringer ist und mehr Syrup
gebildet wird, als bei Verwendung der gekörnten Knochenkohle; des sehr großen
Schadens nicht zu gedenken, welcher entsteht, wenn ein Ueberschuß an Säure, wenn
auch noch so gering, angewendet wurde, in welchem Falle unter Umständen aller
Krystallzuker in Syrup- und Traubenzuker verwandelt werden kann.
Die Kohlensäure verbindet sich ebenfalls mit dem im Safte
gelösten Aezkalke zu unlöslichem kohlensauren Kalke; diese Unlöslichkeit würde ihre
Anwendung vollkommen geschikt machen, wenn die Kohlensäure stark genug wäre, den im
Safte an eine Pflanzensubstanz gebundenen Kalk von dieser zu trennen und diese
Substanz selbst im Safte unlöslich wäre, mithin gleichzeitig mit dem Kalke
ausgesondert würde. Die Nachtheile der andern Säuren, bei einem Ueberschuß zersezend
auf den Zuker zu wirken, hat die Kohlensäure nicht.
Die Sauerkleesäure (Oxalsäure) ist in jüngster Zeit zur
Abscheidung des Kalkes empfohlen worden, sie gibt mit dem Kalke eine völlig
unlösliche Verbindung, ist auch stark genug, den Kalk des oft erwähnten Kalksalzes
abzusondern; ihre Anwendung zeigt aber, die Unlöslichkeit des Niederschlags
ausgenommen, dieselben Mängel als die Schwefelsäure.
Bei der Neutralisation der Säfte mit Säuren ist die größte Vorsicht nöthig, weil, wie
schon bei der Schwefelsäure erwähnt wurde, ein geringer Ueberschuß den Krystallzuker
zerstören und statt festen Zukers nur Syrup gewonnen werden würde. Auch ist der
Uebelstand noch in Betracht zu ziehen, daß die mit einer Säure behandelten Säfte
durch Beinschwarzpulver und Blut, Eiweiß oder Milch geklärt werden müssen, durch
welche sie wiederum mit einem stikstoffhaltigen Körper verunreinigt werden, welcher
zwar, so lange die Säfte oder Claircen heiß bleiben, keine auffallenden Nachtheile
zeigt; seine katalytische Kraft auf die von solchem Zuker abfließenden Syrupe wird
aber um so stärker einwirken, je länger dieselben mit diesem Körper in Berührung
bleiben. Dieser Gegenstand hat bei den Zukerfabrikanten noch nicht diejenige
Berüksichtigung gefunden, welche er verdient.
Wir sehen aus Vorhergehendem, daß, vielleicht mit Ausnahme der Schieferkohle, das
gekörnte Beinschwarz nur sehr unvollkommen ersezt wird, indem durch diese Surrogate
einseitig entweder nur der Kalk oder nur der Farbstoff entfernt wird.
Bei allem im Vorhergehenden über die Surrogate des gekörnten Beinschwarzes Gesagten
blieb der Kostenpunkt ganz außer Acht, welcher aber für
den Fabrikanten von Wichtigkeit ist. Es wird Jedem, welcher ein Interesse hat die
Kosten der Wiederbelebung genau zu calculiren, genügen, wenn ich folgende
Erfahrungssäze hieher stelle:
Der im Safte gelöste Kalk wird beim Kochen desselben vor der Filtration (Vordampfen)
zum Theil abgeschieden; man kann annehmen, daß bei richtiger Arbeit sowohl vom
Aezkalke, als auch vom Kalisalze ungefähr die Hälfte von jedem sich absondert. Die
ganze Menge gibt den Durchschnitt der vorn angegebenen Resultate, welche Menge aber
nach der Bodenbeschaffenheit und Art der Scheidung variiren kann. Die andere Hälfte
wird von gutem Beinschwarz völlig aufgenommen und jedes Pfund des absorbirten Kalkes
(als kohlensaurer gerechnet) verlangt bei der Wiederbelebung 2 Pfd. Salzsäure zu
seiner Entfernung. Mit 9 Tonnen Braunkohle von sehr geringer Qualität können täglich
50 Cntr. Beinschwarz geglüht werden. Die sämmtliche Arbeit wird für 50 Cntr. mit 6 bis 7 Arbeitern
(zusammen für Tag- und Nachtschicht gerechnet) vollbracht.
Der Verlust an Beinschwarz beträgt bei richtig geleiteter Arbeit 1/2 Proc. durch das
Abreiben der Körner unter sich beim Waschen.
Hat man den Aezkalk vor der Filtration durch Kohlensäure aus dem Safte ausgeschieden,
so bedarf man um das Doppelte weniger Salzsäure beim Säuern der Kohle als Kalk
entfernt worden war. Jede 1000 Quart Saft enthalten nach dem Vordampfen ungefähr 26
1/2 Pfd. Kalk vom Aezkalke und 17 Pfd. vom Kalksalze. Diese erstem 26 1/2 Pfd. mit
Kohlensäure zu entfernen, kosten, wenn die Kohlensäure mit dem von mir angegebenen
Apparate durch Verbrennung von Holzkohle gewonnen wurde, für diese ungefähr 1/5
Thaler. Wurde die Kohlensäure aus Kreide und Schwefelsäure bereitet, so bedarf man
zu obiger Menge ungefähr 27 Pfd. Schwefelsäure und 27 Pfd. Kreide.
Von der Sauerkleesäure wird man zu dem vorher angegebenen Quantum (von 43 1/2 Pfd.
kohlensaurem Kalk) 31 1/8 Pfd. bedürfen; der geringste Preis ist gegenwärtig 2/3
Thaler fürs Pfund. Die Säfte müssen bei Anwendung der Sauerkleesäure nach
Abscheidung des Niederschlags mit Blut geklärt und sodann mit Knochenkohlenpulver
und Blut entfärbt werden, welche Kosten zu dem Preise der Sauerkleesäure
hinzuzurechnen sind.
Ganz neuerlich wurde in der Magdeburger Zeitung annoncirt, daß es einem Veteran der
Rübenzuker-Fabrication gelungen sey, vollkommen weiße Säfte und weißes
Product ohne Anwendung aller Knochenkohle herzustellen. Da aber über diese
Arbeitsmethode nichts veröffentlicht worden ist, so können nur die Erfahrungen,
welche bei der Ausführung derselben in Großem gemacht werden, entscheiden, ob sie
technisch ausführbar und pecuniär vortheilhaft ist.
Ziehen wir ein Endresultat aus dem im Vorigen über die Surrogate des Beinschwarzes
Gesagten, so ergibt sich, daß keines der hier genannten Surrogate mit etwaiger
Ausnahme der Schieferkohle, weder bei seiner technischen Anwendung, noch in
pecuniärer Beziehung die Knochenkohle zu ersezen vermag, vorausgesezt daß die
Operation der Wiederbelebung mit Aufmerksamkeit geleitet wurde. Wir müssen es den
Einsichten und dem Studium derjenigen überlassen, welche es sich zur Aufgabe
gestellt haben, die gegenwärtig befolgte Methode der Arbeit in den
Rübenzuker-Fabriken durch eine wohlfeilere und sicherere zu ersezen, uns ein
anderes Mittel an die Hand zu geben, welches bei denselben guten Eigenschaften der
Knochenkohle wohlfeiler als diese ist und, was wohl der Beachtung werth, welches selbst im
Uebermaaß angewendet keine nachtheiligen Einflüsse auf die Güte und Menge des
endlichen Products ausüben kann.
Beschreibung und Gebrauchsanweisung
eines Apparats zur Bestimmung des Kalkgehalts im Beinschwarz.
Das Beinschwarz (Knochenkohle), ein unentbehrliches Material für die Zukerfabrication
im Allgemeinen, besonders aber im gekörnten Zustande für die
Rübenzuker-Fabrication, hat bei lezterer die doppelte Function: die
Rübensäfte sowohl vom Farbstoffe, als auch vom Kalke und Kalksalze zu befreien.
Durch die wiederholte Anwendung ein und derselben Knochenkohle wird diese aber so
sehr mit Kalk geschwängert, daß ihre Kraft den Kalk zu absorbiren sich Anfangs sehr
vermindert, endlich sogar ganz aufhört, obgleich die entfärbende Kraft solcher Kohle
noch sehr bedeutend seyn kann, weßhalb der Rübenzuker-Fabrikant beim Einkaufe
des Beinschwarzes oft getäuscht wird oder aus Unkenntniß bei Wiederbelebung
desselben es selbst in einen solchen Zustand versezt, daß die erwartete Wirkung der
Kalkabsorption unmöglich erreicht werden kann und ein schlechtes Product eine
unausbleibliche Folge der Verwendung eines solchen kalkhaltigen Beinschwarzes
ist.
Um die Rübenzuker-Fabrikanten in den Stand zu sezen, auf eine einfache und
schnelle Weise die Menge des kohlensauren Kalkes in der zu prüfenden Knochenkohle
aufzufinden, habe ich den hier in Rede stehenden Apparat construirt.
Ich lasse ein bestimmtes Quantum Beinschwarz mit dem doppelten Gewichtsquantum
verdünnter Essigsäure behandeln und die Lösung filtriren; sie wird ein um so
größeres specifisches Gewicht angenommen haben, je mehr sie Kalk aufgelöst enthält.
Ein Aräometer ist so graduirt, daß jeder Grad einem Procent des in dem Beinschwarz
enthaltenen kohlensauren Kalkes entspricht.
Der Apparat besteht aus folgenden Theilen:
1) Einem gläsernen Cylinder, welcher so getheilt ist, daß
a) durch Messung die Essigmischung aus concentrirtem
Essig und Wasser zur richtigen Stärke gemacht werden kann;
b) um 16 Loth verdünnte Essigsaure genau abmessen zu
können und zugleich
c) um den beim Erhizen des Beinschwarzpulvers mit dem
Essig verdampften Essig wieder richtig ersezen zu können, ohne sich einer Waage
bedienen zu müssen, indem die sämmtliche Flüssigkeit mit dem Beinschwarz in den
Cylinder geschüttet wird.
2) Einer Spirituslampe.
3) Einem Kochgefäße von verzinntem Kupfer.
4) Einem Aräometer, welches, wie schon erwähnt, so getheilt ist, daß es bei einer
Wärme der essigsauren Kalklösung von 15° R. den in dem untersuchten
Beinschwarz enthaltenen Kalk nach Gewichtsprocenten angibt.
5) Einem Probecylinder von Glas zur Aufnahme der von der Kohle abfiltrirten
Flüssigkeit und zugleich zum Einsenken des Aräometers.
6) Einer Correctionstabelle für verschiedene Temperaturgrade der Flüssigkeit und der
hieraus entstehenden Differenzen am Aräometer, auf 15° R. reducirt.
Die Gebrauchsweise des Apparats ist folgende: 8 Loth des zu untersuchenden trokenen
und gepulverten Beinschwarzes werden in dem Kochgefäße über der Spirituslampe mit 16
Loth Essig bis zu 55 bis 60° R. unter Umrühren erhizt, der verdampfte Essig
nach dem Erkalten ersezt und in einem Probecylinder so viel Flüssigkeit von dem
Kohlenpulver abfiltrirt, daß das Aräometer darin schweben kann; dieses zeigt alsdann
an der Scala bei einer Temperatur der Flüssigkeit von 15° R. das Gewicht des
in 100 Theilen Beinschwarz enthaltenen kohlensauren Kalkes.
Den zu verwendenden Essig lasse ich aus einem Gewichtstheile concentrirtem Essig der
Officinen vom specifischen Gewichte 1,045 bis 1,050 und 5 Theilen Wasser mischen; in
dieser Mischung zeigt das Aräometer 0 Grad bei 15° R. Wärme, und die Säure
hat bei dieser Verdünnung diejenige Stärke, daß sie wohl vermögend ist den
vorhandenen kohlensauren Kalk, nicht aber den phosphorsauren Kalk der Knochenerde zu
lösen.