Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 95, Jahrgang 1845, Nr. XXII., S. 73 |
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XXII.
Miszellen.
Miszellen.
Ueber Eisendrahtseile zum Gebrauch in Bergwerken etc.
Man benuzt den Eisendraht zu Seilen und Tauen schon seit mehreren Jahren; da man aber
bei deren Verfertigung anfangs genoͤthigt war, vorher angelassenen Eisendraht
anzuwenden, was ihre Zaͤhigkeit verminderte, fielen die Resultate nicht ganz
befriedigend aus und in einigen Gruben kam sogar das Brechen der Seile vor. Als man sich bald
darauf unangelassenen Eisendrahts bediente, leisteten die daraus gefertigten Seile
sehr gute Dienste, brachen nicht, dauerten laͤnger und waren bei gleichem
Widerstand von geringerm Gewicht als die Hanfseile; auch verbreitete sich die
Anwendung derselben in vielen Steinkohlengruben und andern Bergwerken Deutschlands
und Englands. Uebrigens hat man auch ein Mittel gefunden, der Unbiegsamkeit dieser
Seile dadurch zu begegnen, daß man eine Fuͤllschnur von getheertem Hanf
mitten durch sie gehen laͤßt, wodurch sie beinahe so biegsam wie Hanfseile
und innerlich vor Oxydation geschuͤzt werden. Auf leztere Verbesserung wurde
am 14. Nov. 1840 dem Hrn. Vegni in Frankreich ein
Einfuͤhrungspatent fuͤr 10 Jahre verliehen. Man bedient sich solcher
mittelst Maschinen gefertigter sowohl runder als flacher Strike in den HHrn. Colliau und Comp. gehoͤrigen Werken zu
Toutes-Veies. Sie sind dauerhaft und regelmaͤßig und koͤnnen
von weit staͤrkerm Eisendraht gemacht werden, als dieß bisher geschah, daher
sie durch Oxydation weniger leiden. – Da sie viel staͤrker sind als
die Hanfseile, waͤhrend sie dem Gewichte nach beinahe gleich viel kosten, so
sind sie im Ankauf viel wohlfeiler, welche Wohlfeilheit durch ihre lange Dauer und
den Werth, welchen sie auch nach ihrer Abnuͤzung haben, noch erhoͤht
wird. Die in England von der Admiralitaͤt mit solchen Seilen, mit oder ohne
Hanffuͤllschnur angestellten Versuche sielen zu ihren Gunsten aus. Die
Bergleute wollten anfangs nicht an ihren Gebrauch, endlich aber wurden sie doch
eingefuͤhrt, weil sie, bei gleicher Staͤrke, leichter als die
Hanfseile sind und daher viel Triebkraft erspart wird. Die HHrn. Vegni und Comp. lieferten vor Kurzem fuͤr die
Eisenbahn von St. Etienne nach Roanne ein Eisendrahtseil von 900 Meter Laͤnge
in einem Stuͤk, welches sehr gute Dienste leistet. Dasselbe wurde mittelst
einer Maschine verfertigt, die auch zur Verfertigung von Hanfseilen taugt, und nicht
mehr als 8–9 Meter Raum im Quadrat einnimmt; ihre Anwendung gewahrt große
Regelmaͤßigkeit in der Verfertigung solcher Seile, so daß der Draht durch die
Drehung nicht geschwaͤcht wird und seine ganze Kraft behaͤlt. (Aus dem
Recueil de la Société polytechn., Aug.
1844, Nr. 20.)
Ledru's
kalt gestrekte Röhren von Eisenblech.
Wie die Roͤhren von Eisenblech und Messing heutzutage gemacht werden, ist
bekannt. Entweder loͤthet man sie oder man salzt sie ineinander nach Art der
Klempner. In lezterm Fall nimmt man ein Stuͤk Blech, krempt es rechts und
links um, fuͤgt die Raͤnder zusammen, schiebt oder hakt sie ineinander
und schlaͤgt sie dann mittelst des Hammers zusammen.
Hr. Ledru verfaͤhrt anders. Man denke sich ein zu
einer Roͤhre zusammengebogenes Blech mit zwei nach
Innen gekehrten Umkrempungen an den Seiten, welche zusammengefuͤgt
werden sollen. Nun denke man sich noch einen zweiten, sehr schmalen,
bandfoͤrmigen Blechstreifen, ungefaͤhr von der Form ⌣. Dieses Band muß die beiden Krempen des
zusammengebogenen Blechs, gleichsam wie eine Klammer, innerlich zusammenzwiken. Mit
dem Hammer wuͤrde diese Arbeit nichts besonderes darbieten, aber ganz
vorzuͤglich leicht, genau und dauerhaft wird sie mittelst des Zieheisens
bewerkstelligt. Man laͤßt die Eisen- oder Messingbleche durch zwei
Ziehringe, einen groͤßeren und einen kleineren, laufen, damit sie sich
zusammenbiegen und ineinanderfuͤgen. Ist dieß geschehen, so ist die
Roͤhre aͤußerlich ganz flach, innerlich aber etwas ausgebaucht durch
die drei Metalldiken, die jedoch nicht bloß neben- oder aneinander gelegt
sind, sondern aneinander gepreßt und gleichsam hartgeschlagen ein Ganzes bilden.
Diese Roͤhren koͤnnen auch sehr starken Druk aushalten. Es versteht
sich, daß sie von jedem Durchmesser, jeder Laͤnge und Dike verfertigt werden
koͤnnen. (Moniteur industriel, 1844 No. 882.)
Gußeiserne Billiards.
Schon im Jahr 1843 wurde von Hrn. Lelogé in Paris
der Société d'Encouragement ein
gußeisernes Billiard mit Tafeln aus poroͤsem Stein statt aus Holz eingesandt)
seitdem lieferte Hr. Sauraux ein solches auf die Pariser
Industrieausstellung (im Jahr 1844) und ließ spaͤter noch ein zweites gießen.
– Diese Billiards sind wie folgt construirt: vier, mehr oder weniger
verzierte gußeiserne Pfeiler dienen als Fuͤße und nehmen in Falzen die Enden der vier ebenfalls
gußeisernen Seitentheile auf. Diese verschiedenen Stuͤke sind mittelst
starker im Innern der Winkel angebrachter Stellschrauben, und einiger durch
Verzierungen verstekter quer durchgehender Schrauben fest mit einander verbunden.
Auf einen schmiedeisernen Rahmen, welcher allen Bestandtheilen des Billiards als
Verbindungsmittel dient, werden hoͤlzerne Bande ausgeschraubt, die
aͤußerlich mit einer gußeisernen Verkleidung versehen sind, welche mit dem
Ganzen aus einem Stuͤk zu seyn scheint. Gußeiserne Bande, mit Tuch
uͤberzogen, wuͤrden natuͤrlich dem Ball nicht genug
Elasticitaͤt entgegensezen; sie mußten daher von Holz gemacht werden. Die zur
Tafel verwendeten poroͤsen Steine haben sich als sehr zwekmaͤßig
bewahrt. Um das Eisen vor Rost zu schuͤzen, wurde es theils vergoldet, theils
mit einem bronzeaͤhnlichen Ueberzug versehen. Den Preis dieser Billiards
anbelangend, kostete das erste von Hrn. Sauraux
verfertigte 3500 Frs., das zweite leichtere, jedoch nicht minder solid gearbeitete,
aber nur 1200 bis 1500 Frcs. (Bulletin de la
Société d'Encouragement, Nov. 1844, S. 476.)
Ueber Bereitung und Aufbewahrung des Ciders oder
Aepfelweins.
Allerdings ist, wie Hr. Dubern (polytechn. Journal Bd. XCIV S. 327) bemerkt, die Reinhaltung der
Faͤsser, worin der Cider aufbewahrt werden soll, von großem Einfluß; von viel
hoͤherem Belange aber ist die Qualitaͤt der
Fruͤchte. Diese haͤngt zwar nicht immer von dem Willen der Landwirthe
ab; doch koͤnnen sie dieses Getraͤnk durch die Auswahl und Mengung der
Fruͤchte und die Art der Bereitung sehr verbessern und den Übeln
Einfluß eines Bodens oder der Witterung eines Jahrgangs mehr oder weniger aufheben.
Man sammelt zu diesem Zwek bei der Ernte die verschiedenen Sorten von
Fruͤchten, die suͤßen, die bittern und die sauren besonders. Da man
einmal weiß, daß die suͤßen Fruͤchte einen an schleimigen Substanzen
zu reichen, gern spinnenden, die bittern einen an Alkohol reichern, aber schwer zu
schoͤnenden Cider, die sauren aber ein sehr mittelmaͤßiges, leicht in
saure Gaͤhrung uͤbergehendes Getraͤnk geben, so hat man es
ziemlich in der Gewalt, welche Eigenschaften man dem Cider (durch geeignetes
Vermengen der Aepfelsorten) verleihen will (namentlich bei der Quantitaͤt von
Fruͤchten, welche man in der Normandie gewoͤhnlich dazu verwendet,
naͤmlich 6 Maaß Fruͤchte auf 1 Maaß Cider, wenn sich derselbe 2 bis 3
Jahre halten und nur 4 Maaß Fruͤchte, wenn er in den ersten 2 Jahren
vertrunken werden soll). Wird nun (wie in der Normandie) Obst von verschiedenen
Sorten theils durch Zufall, theils aus wohlberechneter Absicht vermengt, so ist von
diesem Gemenge ein guter Cider zu erwarten. Leider liefert aber nicht jedes Jahr so
viel von jeder Sorte, als in das Gemenge eingehen sollte, daher, wenn der Cider
schlecht ausfaͤllt, die Schuld immer dem Jahrgang beigemessen wird, obgleich
man leicht die erzielte Qualitaͤt desselben um vieles haͤtte
verbessern koͤnnen. Wenn daher (wie in der Gegend von Meaux) der Cider bald
sauer wird, so werden wahrscheinlich zu viele suͤße und saure Fruͤchte
dazu genommen. Nur bedeutende Zusaͤze bitterer Fruͤchte, ja sogar
Birnen, koͤnnten diesem Uebelstand auf natuͤrlichem Wege abhelfen; die
kuͤnstliche Verbesserung des Ciders durch Zusaz von Alkohol, Melasse und
Katechu ist eine chemische und auf dem Lande nicht wohl anwendbar. J. Odolant-Denos. (Moniteur
industriel, 1844 No. 868.)
Ueber Verfälschung des grünen Thees.
Es wurde in neuerer Zeit oͤfters behauptet, daß die Chinesen sich des
Berlinerblaues und Gypses bedienen, um dem Thee Farbe zu geben. (Man vergl. Warington's Abhandlung im polytechn. Journal Bd. XCIII S. 272.) Hr. Lepage uͤberzeugte sich jedoch in Uebereinstimmung mit Guibourt, daß dieß wenigstens hinsichtlich eines
Kalksalzes, nicht bei allem nach Europa kommenden Thee der Fall ist. Als Probe auf
Berlinerblau glaubt er, die Benuͤzung der vor einigen Jahren von Dr. Mohr entdekten
Eigenschaft desselben, sich in Oralsaͤure aufzuloͤsen, empfehlen zu
duͤrfen. Man wasche zu diesem Behufe die Blaͤtter mit destillirtem
Wasser aus, um das faͤrbende Pulver zu trennen, lasse auf einem nicht zu
feinen Sieb abtropfen, dann das Waschwasser in einem Cylinderglase sich absezen, decantire und
verseze den Bodensaz mit 2–3 kleinen Oxalsaͤure-Krystallen und
einer hinlaͤnglichen Menge reinen Wassers und ruͤhre um, damit die
Ausloͤsung der Saͤure und ihre Einwirkung auf das Berlinerblau
erfolgen kann. Bei einem Thee, welcher mit dem 5000sten Theil eines Gemenges von 3
Theilen Gyps und 1 Theil Berlinerblau kuͤnstlich gefaͤrbt war, gelang
der Versuch vollkommen, indem auf Zusaz von Oralsaure und etwa 100 Theilen Wasser
die Fluͤssigkeit gruͤnlichblau gefaͤrbt wurde. Der
gruͤnliche Ton ruͤhrte von dem gelben Farbstoff des Thees her, welcher
im Waschwasser enthalten war. Mit kuͤnstlich gefaͤrbtem
kaͤuflichem Thee wurde jedoch diese Probe noch nicht angestellt. (Journal de Chimie médicale, Nov. 1844, S.
652.)
Ueber das neue Pflanzenschwarz.
Wir berichteten im polytechn. Journal Bd. XCI S.
167 von einem durch den schotttischen Capitaͤn Landers im Koͤnigreich Schande entdekten
indigoaͤhnlichen Pflanzenschwarz; nach der seitdem von Hrn. Solly angestellten Untersuchung desselben ist diese
Substanz im Wasser und allen gewoͤhnlichen Loͤsungsmitteln unaufloͤslichunaufloͤsiich, wird aber durch Eisenvitriol und Kalk aufloͤslich wie der Indigo.
Die Farbe des Pflanzenschwarz wird wie die des Indigs von Chlor zerstoͤrt; es
unterscheidet sich aber vom Indigo dadurch, daß es sich nicht sublimiren
laͤßt; es wird stets schon zerstoͤrt, ehe es in Dampfform
uͤbergeht. Beim Erhizen schmilzt und erweicht es nicht, sondern brennt mit
heller Flamme, die einen starken und unangenehmen Geruch verbreitet, wodurch es sich
von den Harzstoffen der Melanorrhoe und anderer aͤhnlicher Baͤume
vollkommen unterscheidet. Die Asche, welche es beim Verbrennen
zuruͤklaͤßt, betraͤgt so wenig, daß daraus augenscheinlich
hervorgeht, daß dieser Farbstoff eine reine organische Materie und dessen Farbe
gaͤnzlich unabhaͤngig ist vom Eisen oder sonst einer anorganischen
Substanz. Hr. Solly schließt aus allem diesem, daß dieser
neue Farbstoff sehr schaͤzbare Eigenschaften besizt und, wenn man ihn in
großer Menge beziehen kann, fuͤr die Faͤrberei sehr wichtig werden
muß. (Aus dem Technologiste, Septbr. 1844, S. 535.)
Verfahren die Verfälschung aͤtherischer Oehle mit
Terpenthinöhl zu entdeken.
Der Destillateur Méro zu Grasse (Depart. Var)
machte schon im J. 1838 ein Mittel ausfindig, um die Verfaͤlschung des
Pfeffermuͤnz-, Majoran-, Wermuth-, Lavendel-,
Spik-, Salbei- und anderer aͤtherischen Oehle mit
Terpenthinoͤhl zu entdeken. Dasselbe beruht auf der Eigenschaft des
Terpenthinoͤhls, fette Koͤrper aufzuloͤsen, welche die andern
aͤtherischen Oehle nicht besizen. Nach vielen Versuchen fand er, daß das
Mohnoͤhl unter diesen Fettkoͤrpern wegen seiner bei jeder Temperatur
gleichbleibenden Consistenz sich hiezu am besten eignet. Er dringt zu diesem Behufe
3 Gramme Mohnoͤhl in eine graduirte Glasroͤhre, sezt ebensoviel von
dem zu probirenden Oehl hinzu und schuͤttelt. Ist das Oehl rein, so wird es
milchweiß, waͤhrend es, wenn auch nur mit so viel Terpenthinoͤhl
verfaͤlscht, daß der Verkaͤufer in der Verfaͤlschung noch einen
Vortheil finden kann, durchsichtig bleibt und sich gar nicht veraͤndert. Man
kann zur Gegenprobe den Versuch auch mit einem als rein bekannten
aͤtherischen Oehl anstellen. Das gemischte Oehl wird durch Erwaͤrmen
der anfangs truͤben Mischung von aͤtherischem Oehl und
Terpenthinoͤhl) im Wasserbade, wodurch es hell wird, oder auch durch Zusaz
von Terpenthinoͤhl beim Destilliren der Pflanze, bereitet. Bei beiden
Verfahrungsarten bewahrt sich die Probe. (Bulletin de la
Société d'Encouragement, Okt. 1844, S. 441.)
Das Leidenfrost'sche Phänomen auch auf Flüssigkeiten beobachtet.
Hr. Choron macht seine neue Beobachtung bekannt, daß eine
Fluͤssigkeit, auf der Oberflaͤche einer andern hinlaͤnglich
erhizten, wie auf einer festen Platte, sphaͤrische Gestalt anzunehmen vermag. Er
beobachtete dabei sogar dieselben Temperaturen, wie Hr. Boutigny (polytechn. Journal Bd. LXXXIII
S. 457). So nimmt Schwefelaͤther Kugelgestalt an, wenn man ihn auf
erhiztes Wasser, Quersilber, Brennoͤhl, rauchende Salpetersaͤure etc.
wirft, so lange dieses Bad, wie Boutigny dieß auch fand,
eine Temperatur von 54 Centesimalgraden (43 1/2° R.) hat. Uebrigens ist er
nicht Boutigny's Ansicht, daß das Gesez des
Gleichgewichts der Temperaturen nicht ausreiche, um diese sogenannte Calefaction der Fluͤssigkeiten (man vergl. wegen
dieses Ausdruks polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S.
453 Anmerk.) zu erklaͤren. (Comptes
rendus, 1844 2me semest. No. 12.)
Ueber Pompejische Malerei.
Hieruͤber enthaͤlt die Beilage zur Allgemeinen
Zeitung vom 6. und 7. Januar d. J. einen Bericht von Dr. Schafhaͤutl folgenden wesentlichen
Inhalts:
Die Erwekung Herculanums und Pompeji's aus ihrem anderthalbtausendjaͤhrigen
Grabe von Bimssteinpulver und Bimssteinstuͤkchen hat uns einen tiefern Blik
in die Leistungen der Roͤmer in allen speciellen Zweigen der Technik zu
werfen verstattet, als dieß alle uͤbrig gebliebenen Schriften und
Truͤmmer der Kunstleistungen des Alterthums uͤberhaupt zu thun im
Stande waren. Ihre Meisterwerke der Architektur und Sculptur sind in ihrer geistigen
Auffassung sowohl als in ihrer technischen Vollendung so unuͤbertreffbar, daß
sich jedem unbefangenen Beobachter wohl von selbst die Ueberzeugung ausdringen wird,
bei einem physisch und geistig so uͤberreich begabten Volk koͤnnen
alle unter sich und mit der eigenthuͤmlich geistigen Entwiklung desselben
verwandten Zweige der schoͤnen Kuͤnste nicht anders als auf einer
gleich hohen Stufe der Ausbildung gestanden haben.
Man hat indeß nie recht glauben wollen, daß die Malerei mit der Sculptur im Alterthum
aus gleich hohem Standpunkt sich befunden, indem man einwendete: die Hervorbringung
eines polychromatischen Gemaͤldes in seiner groͤßten Vollendung
erfordere ganz andere und zum Theil viel groͤßere Fertigkeiten, und die
Assistenz verschiedener Zweige der Technik, deren der Plastiker gar nie
benoͤthigt waͤre, indem es bei diesem bloß darauf abgesehen sey das
Raumerfuͤllende im Raͤume darzustellen, waͤhrend der Maler sich
gezwungen finde auf einer Flaͤche durch alle
Huͤlfsmittel von Perspective, von farbigem Licht und Schatten
seine Schoͤpfungen als raumerfuͤllend dem Beschauer gleichsam
vorzuluͤgen, was auch anfangs die Chinesen an allen europaͤischen
Gemaͤlden mit großem Mißfallen zu bemerken pflegten. Kenntniß der Behandlung
der Farben, der Perspective und des Helldunkels wurde den alten Malern von unsern
Archaͤologen noch vor kurzer Zeit abgesprochen, aus dem einfachen Grunde weil
man fruͤher keine Ueberreste alter Malerwerke kannte, in welchen sich
Anwendung von Perspective, Helldunkel etc. gefunden.
Die Aufdekung von Herculanum und Pompeji lehrte indeß durch den Augenschein, daß die
alten Maler die Perspective gar wohl kannten. Zur Anwendung des Helldunkels im
eigentlichsten Sinne des Worts war die fluͤchtige Zimmer- und
Wandmalerei, von der uns allein bis jezt Ueberreste bekannt sind, nicht wohl
geeignet. Das hochberuͤhmte Bild jedoch des Apelles im Tempel zu Ephesus
– Alexander vorstellend mit dem Bliz in der Hand – wuͤrde ohne
harmonische Vertheilung von Hell und Dunkel, also Helldunkel im Allgemeinen
wenigstens, kaum jene große allgemein bewunderte Wirkung hervorzubringen im Stande
gewesen seyn. Vom Bliz naͤmlich ergoß sich das Hauptlicht uͤber das
Gemaͤlde, und der vorgestrekte Arm schien durch taͤuschende
Verkuͤrzung aus der Tafel selbst hervorzuragen. Sey dem uͤbrigens wie
ihm wolle, Herculanum und Pompeji haben den Archaͤologen gewiß hinreichend
dargethan, nicht allein daß die alten roͤmischen Maler Perspective und
meisterhafte Behandlung ihrer Farben kannten, sondern auch uͤberhaupt auf
welch hoher Stufe Decoration und Wandmalerei zu einer Zeit standen, in welcher, nach
dem einstimmigen Zeugniß aller gleichzeitigen Schriftsteller, die Kunst schon ihrem
Verfall entgegenging.
Die Ornamental- sowohl als historischen Malereien Herculanums und Pompeji's
sind, vier Maromonochromen ausgenommen, auf mit Marmorstucco uͤberzogenen Mauern
ausgefuͤhrt, jedoch nicht, wie spaͤter zu geschehen pflegte, auf noch
nassem Kalk; sie sind also keine Frescogemaͤlde im
eigentlichsten Sinne des Worts. In dem Lande eines beinahe ewigen Fruͤhlings,
wo die Alten vor zweitausend Jahren, wie die heutigen Bewohner dieser Gegend, sich
ihres Lebens so viel als moͤglich unter freiem Himmel erfreuten, bestanden
die damaligen Haͤuser in der Hauptsache aus etwa drei hintereinander
liegenden Hofraͤumen, wovon der erste als Vorhof (atrium), der lezte als Garten (viridarium)
diente. Diese Raͤume waren des Schuzes gegen Wetter halber mit Peristylien
umgeben, um welche sich zellenartig die kleinen Familienzimmerchen reihten, die
gewoͤhnlich ohne Fenster ihr Licht nur durch die Thuͤre empfingen,
mehr zum Schuz des Einzelnen gegen Tageslicht, gegen den Laͤrm und die Blike
der Menge, als zum bestaͤndigen Aufenthalt bestimmt. Die vorwaltende Zierde
aller dieser Raͤume, bis zum hintersten kleinsten, auch oft unterirdischen
Sklavenzimmer, macht – neben den theils mit buntem Anstrich,
hauptsaͤchlich aber mit den kuͤnstlichsten Mosaiken
geschmuͤkten Fußboͤden – ein Marmorstucco aus der die Waͤnde bedekt, glaͤnzend polirt,
von verschiedenen Farben, hauptsaͤchlich jedoch braunroth, oft aber auch in
groͤßern Haͤusern zinnoberroth, blau, gelb, weiß und auch schwarz. Die
Waͤnde groͤberer Raͤume sind gewoͤhnlich horizontal in
drei Felder getheilt, wovon das unterste kleinste, wie bei uns, den Sokel bildet,
die zwei andern, oft gleich groß, den uͤbrigen Theil der Wand im Peristylium,
dem Triclinium, der Exedra etc. einnehmen. Alle diese sind dann wieder in verticale
Felder abgetheilt durch Borduren im reichsten Geist der uneigentlich sogenannten
Arabeske, die sich wahrscheinlich aus dem Orient eilschleichend unter Augustus immer
mehr und mehr Freunde unter den Roͤmern erwarb, und dadurch den unpoetischen
Vitruv, so wie seinen noch viel unpoetischern Mathematiker Licinius so sehr in Harnisch brachte.
Alle diese Verzierungen im Geiste der Groteske sind auf den bereits gefaͤrbten
und geglaͤtteten Grund aufgesezt, und zwar so pastos, daß sie sich bei
einiger Vorsicht ziemlich leicht mittelst des Messers vom Grund absprengen lassen.
Kaum ist indessen durch einfachere Mittel je ein groͤßerer Effect
hervorgebracht worden, und die Fuͤhrung des Pinsels verraͤth ohne
Ausnahme eine solche Freiheit, Sicherheit und Gewandtheit, daß jeder Strich aufs
erstemal galt und seinen Saft und sein Mark durch seine ganze Ausdehnung behielt. In
gleicher Weise finden sich die meisten, die Mitte der großen Felder einnehmenden
eigentlichen historischen oder mythologischen Malereien auf den bereits
gefaͤrbten und geglaͤtteten Grund gemalt, und nur wenn das
Gemaͤlde ein eigentliches Tableau oder Staffeleigemaͤlde darstellte,
welches das ganze Feld oder die ganze Wand einnahm, war der Grund weiß gelassen.
Gemaͤlde mit lebensgroßen oder uͤberlebensgroßen Figuren finden sich
im Ganzen nur sehr wenige. Auf die in kleinerem Maaßstab ausgefuͤhrten
historischen Wandgemaͤlde finden sich die Toͤne so dik und pastos
aufgesezt, daß sie, namentlich die Lichter, bei guͤnstiger Beleuchtung,
gleich den Bergen auf der Mondoberflaͤche, wirklich einen Schlagschatten
werfen. Die Anlage der Gemaͤlde uͤberhaupt geschah in den meisten
Faͤllen in breiten contrastirenden Farbenmassen, nur in den groͤßeren
Figuren findet man abgestufte und anwachsende Tinten oft in einander verschmolzen;
die Fleischpartien sind jedoch beinahe immer durch gewoͤhnlich parallele
Schraffuren gerundet, die uͤberhaupt zu den kraͤftigeren Schatten und
Lichtpartien benuͤzt worden sind. Die Ausfuͤhrung ist, wie man schon
aus diesen Angaben sieht, hoͤchst fluͤchtig, rasch, oft leichtsinnig,
alles bloß darauf berechnet in der kuͤrzesten Zeit den groͤßten
Gesammteffect hervorzubringen. Dagegen sind jedoch auch die unbedeutendsten Figuren
mit einer Grazie gedacht, die den Beschauer in Erstaunen versezt, und mit einer
fluͤchtigen Leichtigkeit, Sicherheit und Kuͤhnheit gleichsam
hingeworfen, daß man nicht umhin kann die Meisterhand zu bewundern, die auch im
nachlaͤssigsten Spiel ihrer Laune solch reizende Gebilde hervorzubringen
vermochte. Auch die treueste Copie ist nicht im Stande den Geist, diese Freiheit und
Leichtigkeit in der Behandlung wiederzugeben, der den groͤßten Theil dieser
so mannichfaltigen Schilderungen durchweht. Es herrscht wirklich eine so große
Mannichfaltigkeit in Bezug auf die Erfindung sowohl der Ornamental- als der
uͤbrigen Schildereien, daß sich, troz der oft bis zur Ueberladung
angehaͤuften Grotesken, kein einziges Ornament, keine einzige Figur in allen
bisher ausgegrabenen Gebaͤuden wiederholt.
Man hat gar viel von der Unzerstoͤrbarkeit dieser antiken Wandmalereien
gefabelt, die dem Zahn der Zeit durch nahe zwei Jahrtausende getrozt; allein diese
Unzerstoͤrbarkeit ist nur scheinbar, und Nebenumstaͤnden
zuzuschreiben, unter denen sich jedes Frescogemaͤlde so lange erhalten haben
wuͤrde. Alle dem Einfluß der Witterung ausgesezten Pompejischen
Wandgemaͤlde sind naͤmlich gegenwaͤrtig in einem Zustand, in
dem sie ihrer raschen Zerstoͤrung entgegen gehen, und ein bekannter
Kuͤnstler, welcher viele der schoͤnsten Malereien noch vor 9 Jahren im
heften Zustande gesehen und copirt hat, fand in diesem Herbst von vielen derselben
kaum mehr erkennbare Spuren. Die ehemals
spiegelglaͤnzenden monochromatischen Felder der Waͤnde haben ihren
Spiegelglanz, bis auf einige Stellen im Hause des Diomedes und eine Wand in
Herculanum, so sehr verloren, daß sie das Licht entweder gar nicht mehr oder nur
unter einem sehr stumpfen Winkel spiegelnd zuruͤkwerfen, und ein paar
Froͤste in den lezten Jahren haben so maͤchtig auf diese antiken
Ueberreste eingewirkt, daß sich, wo nur einigermaßen der Regen hintrifft, die Farben
abblaͤttern, oder daß dieselben uͤberhaupt vom Wasser abgewaschen
werden koͤnnen. Wo sich der Glanz der Flache jedoch nur einigermaßen erhalten
hat, ist die Farbe so fest, daß sie jedem Aufloͤsungsmittel, das nicht sauer ist, widersteht; denn alle diese Gemaͤlde
sind nicht durch Wachs oder Harz, sondern durch eine duͤnne Kruste kohlensauren krystallinischen Kalkes geschuͤzt. Unter dieser
duͤnnen Kruste sind alle Farben durch Wasser abwischbar, als wenn sie erst
seit wenigen Tagen auf die Kalkunterlage aufgetragen worden waͤren. Was
jedoch nicht Frost, Regen u. dergl. zur Zerstoͤrung der unaufloͤsbaren
Oberflaͤche dieser Wandgemaͤlde gethan, das hat die Hand des Menschen
vollbracht. Die Gemaͤlde naͤmlich, wozu mehrere der groͤßten
und am geistreichsten ausgefuͤhrten gehoͤren, werden von den Custoden,
um sie den Fremden in hoͤchst moͤglicher Klarheit zu zeigen, jedesmal
mit einem Schwamm in Wasser getaucht uͤberfahren, und da dieß bei dem Andrang
von Fremden seit einer Reihe von Jahren fast taͤglich mehreremale wiederholt
wird, so ist endlich das unaufloͤsliche Haͤutchen bei den sehr pastos
aufgelegten Farben beinahe so vollkommen abgerieben, daß bald mittelst des Schwammes
von Farbe nichts mehr wegzuwaschen uͤbrig bleiben wird. Wo ferner
Gemaͤlde uͤberhaupt den Haͤnden zugaͤnglich sind, findet
man sie durch Beruͤhrung der vielen tausend Fremden so mit Schmuz
uͤberdekt und so polirt auf der Oberflaͤche, daß manche mehr als den
Fettglanz der menschlichen Haut zeigen, der Cornelius so sehr ausfiel. Dazu kommt
noch daß diese Wandmalereien, obwohl schon hundertmal copirt, von Kuͤnstlern
immer wieder und wieder copirt werden, die gleichfalls, um ihre Faͤrbung zu
sehen, die Gemaͤlde mit Wasser anstreichen, und dieß so oft wiederholen als
die Deutlichkeit der Faͤrbung zu verschwinden anfaͤngt.
Die Zerstoͤrbarkeit dieser merkwuͤrdigen Ueberreste der Malerei des
Alterthums ist von den fruͤhern Directoren, denen die Erhaltung dieser
Ueberreste zur Pflicht gemacht war, gar wohl erkannt worden; man hat deßhalb mehrere
der vorzuͤglichsten tableauartigen Wandgemaͤlde noch an den
Waͤnden mit einem Firniß aus Sandarakharz uͤberzogen; auch diese
zeigen, obwohl der Firniß jezt beinahe vom Regen weggewaschen worden ist, noch immer
Harzglanz. Mehrere der interessantesten von den
Waͤnden abgenommenen und im Museum von Neapel aufbewahrten Herculanischen und
Pompejischen Malereien sind gleichfalls ihrer Erhaltung wegen theils mit einem Harz,
theils sogar mit einem diken Wachsfirniß
uͤberzogen worden, der den fruͤher so lebendig frischen Kunstwerken
einen auf den oberflaͤchlichsten Blik erkennbaren Wachsglanz verleibt,
welcher auch die Ursache ist, daß Hunderte von Beschauern die enkaustischen
Malereien der Alten hier wieder in ihrer vollen Glorie zu sehen glaubten.
Der feste Glaube an die Unzerstoͤrbarkeit dieser merkwuͤrdigen
Ueberreste des Alterthums in Vergleich mit den Oehlgemaͤlden unserer Zeit,
die beinahe vor unsern Augen ihre Selbstzerstoͤrung einleiten, hat von Anfang
ihrer Entdekung bis auf jezige Zeiten das Interesse der Kuͤnstler und
Archaͤologen im hoͤchsten Grade rege erhalten, weniger das des
Naturforschers und Chemikers, so daß wissenschaftlich technische Untersuchungen an
Ort und Stelle nur von einem einzigen Chemiker, dessen Name Buͤrgschaft
leistet fuͤr die meisterhafte Behandlung seiner Aufgabe, unternommen worden
sind, naͤmlich von dem beruͤhmten Englaͤnder Humphry Davy. Nach Davy sind
aͤhnliche Untersuchungen nur noch von Ph. L. Geiger in Heidelberg angestellt worden, der sie auch mit der Auslegung von
Professor Roux in seinem Magazin fuͤr Pharmacie,
Bd. 12 S. 135, bekannt machte. Daß die von Geiger
untersuchten Fragmente, wie sie in seine Haͤnde geriethen, aus den
gegenwaͤrtig aufgedekten Theilen von Pompeji nicht herruͤhren konnten,
ergibt sich schon aus der Beschreibung von Professor Roux. Dieser sagt naͤmlich (S. 168 in Geiger's Magazin): „alle Farben, ausgenommen das auf Zinnober
aufgetragene Weiß, waren vom Wachs so durchdrungen,
daß man das Wachs sogar dik oben aufliegend mit dem Nagel poliren konnte; ja
beim Erhizen wurden die Oberflaͤchen im Augenblik glaͤnzend, und
waren sogar klebricht anzufuͤhlen.“ Nun fand aber Davy in allen von ihm untersuchten Fragmenten, selbst mit
Beihuͤlfe aller chemischen Mittel, keine Spur von Wachsfirniß und vegetabilischen oder thierischen Leimen, und meine
Untersuchungen sowohl an Ort und Stelle als vorzuͤglich in Muͤnchen
stimmen ganz mit Davy's Resultaten uͤberein. Ich
habe naͤmlich von allen charakteristischen Pompejischen Malereien Fragmente
untersucht, und kein Stuͤkchen gefunden, das auch nur in einem der
aͤußern Merkmale mit den von ProfessorProfesser
Roux beschriebenen und von Geiger untersuchten uͤbereingekommen waͤre. So thaten die
genauesten chemischen, unter mannichfaltigen Abaͤnderungen unternommenen
Analysen dar: daß in keiner der gegenwaͤrtig aufgedektenabedeutenden
Wandmalereien in Pompeji Wachs, Harz, Oehl, thierischer Leim, oder ihre
Verbindungsproducte mit Kalk vorhanden waren. Daß alle diese Bindemittel von der
Zeit nicht so zerstoͤrt worden seyn konnten, daß es nicht leicht
moͤglich waͤre ihre Ueberreste wieder aufzufinden, sieht jeder ein der
mit chemischen Verbindungen solcher Art bekannt ist; ja diese
Unzerstoͤrbarkeit wachsartiger Bindemittel ist schon dadurch erwiesen, daß
sich Scheiben von Wachs, dann Bernstein, Asphalt, Pech, Schwefel, sogar Seife
unversehrt unter dieser Asche erhalten haben, die auch die Gemaͤlde
verhuͤllt.
Der gegenwaͤrtige Zustand der Pompejischen Wandgemaͤlde und die
mechanische und chemische Untersuchung derselben thut bis zur Evidenz dar, daß das
die Erhaltung Pompejischer Gemaͤlde Bedingende ein sehr duͤnnes
Hautchen von kohlensaurem Kalk ist, welches auf der Oberflaͤche liegt, und
daß, weit entfernt die Farben von Harz oder Wachs durchdrungen zu finden, diese
Farben unter der sehr duͤnnen Kruste von kohlensaurem Kalk sich noch ebenso
gegen das Wasser verhalten als wenn sie erst frisch mit Wasser aufgetragen worden
waren. Bei unsern Frescomalereien ist es jedoch gleichfalls nur das Hautchen von
kohlensaurem Kalk, das die Farben gegen die Einwirkung des Wassers schuͤzt;
unter dieser Kalkkruste verhalten sie sich gegen das Wasser etc. gerade wie die
Pompejischen. Ein weiterer eben, so schlagender Beweis gegen das Daseyn von Wachs,
Harz oder Oehl ist das Verhalten des Zinnobers in den Pompejischen Wanden. Vitruv
sagt naͤmlich im 9ten Capitel des 7ten Buches seiner Baukust, daß der
Zinnober auf Kalk getragen seine Farbe verliere und schwarz werde, sobald er von den
Strahlen der Sonne und des Mondes getroffen werde; wolle man deßhalb seine Farbe im
Freien in Perlstylen oder Hoͤrsaͤlen erhalten, so muͤsse man
ihn mit punischem, am Feuer zerlassenem Wachs uͤberziehen etc. Nun sind
jedoch gegenwaͤrtig in Pompeji alle Stellen in Ornamenten und
Gemaͤlden, wo Zinnober angewendet wurde, beinahe, oft
ganz schwarz geworden, ja all die frischgegrabenen, mit Zinnober vom
lebhaftesten Roth prangenden Waͤnde haben sich, durch mehr als zwei
Jahrtausende erhalten, schon in den ersten Tagen ihres Freiseyns so vollkommen in
Schwarz verwandelt, daß man keine Spur von ihrer ehemaligen Faͤrbung entdeken
kann. Eine geringe Beimengung von Wachs oder Harz wuͤrde diese Umwandlung
gaͤnzlich verhindert haben.
Die Farben oder Pigmente, deren sich die Maler von Pompeji bedienten, sind dieselben
wie sie Davy beschrieb: ihre gelben und rothen Farben
waren in der Hauptsache aus einem Koͤrper, dem ocherigen gelben
Eisenoxydhydrat. Je nachdem dieß mehr oder weniger der Hize ausgesezt wurde,
verwandelte es sich in rothe Ocher von verschiedener Tinte. Als im Ganzen
ungewoͤhnlicher Farben bedienten sie sich des Zinnobers, der Mennige und des Massicot, jener als rother Farben, dieser als gelber. Die
blaue Farbe war eine Glasfritte, gefaͤrbt mit Kupferoxyd, ziemlich grob
gemahlen. Die lebhaft gruͤnen sind kohlensaures Kupferoxyd, die
schmuziggruͤnen Veronescaerde. Die schwarze Farbe
ist immer fein zertheilter Kohlenstoff; die braune Eisenoker von verschiedenen
Nuancen und dann Wad oder Manganoxydhydrat. Die weiße Farbe besteht immer bei
gewoͤhnlichen Ornamenten zum Theil ganz aus kohlensaurem Kalk;
groͤßtentheils jedoch ist sie ein Gemenge von kohlensaurem Kalk und weißer
fetter Thonerde, zuweilen
fand ich auch den kohlensauren Kalk mit eben so viel Gyps als Thon gemengt
u.s.f.
Man sieht, die Alten waͤhlten zu ihren Farben nur solche, die unter allen
geeignet waren am laͤngsten den Einfluͤssen der Zeit zu widerstehen;
sie bedienten sich zur Fixirung dieser Farben eines bessern Vehikels als Wachs, Harz
oder Leim, naͤmlich in der Hauptsache des kohlensauren Kalkes, der an
Haͤrte und Unzerstoͤrbarkeit waͤchst mit der Zeit.
Unter allen, die uͤber die Malerei der Alten geschrieben, hat R. Wiegmann: „die Malerei der Alten,“
Hannover 1836, das Wesen der antiken Wandmalerei am richtigsten und scharfsinnigsten
aufgefaßt, nur ist es ihm nicht ganz gelungen, sich uͤber die technischen
Schwierigkeiten der Ausfuͤhrung und leichten fließenden Behandlung der Farben
Meister zu machen.
Ueber den Werth der wasserdichten Zeuge und ihre Anwendung zu
Luftmatrazen etc.
Man kann den Werth einer Erfindung nicht immer sogleich ermessen. Die wasserdichten
Zeuge schienen bisher keine besonders wichtige Acquisition zu seyn; wegen des hohen
Preises des Kautschuks konnten sie noch nicht allgemein eingefuͤhrt werden.
Sie koͤnnten uns zur Verfertigung vieler Haus- und Reiserequisiten,
wie Bettkissen, Divans, Kopfkissen, Matrazen etc. dienen, welche mit Luft
ausgeblasen vor den gewoͤhnlichen große Vortheile darboͤten.
Betrachten wir zur Vergleichung nur die Betten: 1) unser Bett nimmt großen Raum ein, waͤhrend man mit wasserdichten Luftmatrazen
und Kiffen in ein paar Minuten auf einer Feldbettstatt oder auch auf dem Boden und
in jedem beliebigen Raum ein Bett aufrichten und am Morgen wieder wegraͤumen
kann; 3) unser Bett ist insofern unbequem, als es nicht
tragbar ist und nach Belieben von einem Zimmer in das andere, von Wohnung zu
Wohnung, von der Stadt auf das Land gebracht werden kann, weßhalb das Dienstpersonal
oft in dunkeln, feuchten und hoͤchst ungesunden Raͤumen schlafen muß;
die Luftkissen etc. hingegen nehmen den Tag uͤber nur etwa 1/30 ihres Raumes
ein und koͤnnen jederzeit uͤberall hingebracht werden. Ueberdieß liegt
man viel angenehmer auf ihnen. Auf Reisen kann man an ihnen sein gutes Bett
mitnehmen; 3) unser Bett ist ungesund; die
Fuͤllung desselben nimmt von Tag zu Tag an Weichheit ab; ferner saugt es die
Ausduͤnstung, und wo Kinder und Kranke sind, die unvermeidliche
Verunreinigung ein und wird, nicht gehoͤrig geluͤftet, zur
Anhaͤufungsstelle schaͤdlicher Miasmen; alle diese Uebelstaͤnde
finden bei den Luftbetten nicht statt. Sie absorbiren weder uͤble
Duͤnste, noch Feuchtigkeit und leiden nicht an Mangel einer gesunden
Luͤftung und Ventilation; 4) gewahren sie insofern eine Ersparniß, als an
Arbeit fuͤr das Dienstpersonal erspart, viel voluminoͤser Hausrath an
Bettstellen, Strohsaͤken etc. uͤberfluͤssig und ihre
Fuͤllung jederzeit aus der Atmosphaͤre kostenlos geschoͤpft
wird. – Es steht also einer groͤßeren Verbreitung der wasserdichten
Zeuge zu Kleidern sowohl als zu Betten nichts im Wege, als die Hoͤhe ihres
Preises. – Auf Reisen dienen solche Luftmatrazen nicht nur als bequemes
Lager, sondern auch als Rettungsapparat beim Schiffbruch, als leichter Kahn zum
Uebersezen uͤber den Arm eines Flusses; sie sind auch vortreffliche
Feldbetten fuͤr Armeen. – In London werden seit Kurzem Luftbetten
besonderer Art verkauft; ein solches besteht aus sechs großen, aus
Goldschlaͤgerhaͤutchen verfertigten Roͤhren, die unter einander
verbunden und mit Leinwand uͤberzogen sind; mittelst eines Blasebalgs werden
sie mit Luft angefuͤllt und bilden so ein Bett, worauf man sehr sanft liegt;
luftleer hat der ganze Apparat in einem Taschentuch Plaz; um ihn zu entleeren,
braucht man nur einen Zapfen umzudrehen. (Moniteur
industriel, 1844 No. 854.)