Titel: | Ueber elektrochemische Versilberung; von Hrn. Becquerel. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. LXXIII., S. 280 |
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LXXIII.
Ueber elektrochemische Versilberung; von Hrn.
Becquerel.Ein Zusaz zu des Verf. neuester Abhandlung „über Fällung der Metalle
durch andere Metalle“ S. 184 im vorhergehenden Heft des
polytechn. Journals.
Aus den Comptes rendus, April 1844, Nr.
14.
Becquerel, über elektrochemische Versilberung.
In meiner früheren Abhandlung über die Fällung oder Ablagerung der Metalle mit
Adhärenz sagte ich, daß wenn man sich der Wirkung eines aus einer gewissen Anzahl
von Paaren bestehenden galvanischen Apparats bedienen wolle, um der Ablagerung Dike
zu geben, der Erfolg verschieden seyn müsse, je nachdem das Metall mehr oder weniger
angegriffen wird; daß es der Fall seyn könne, daß wenn das fällende Metall zu stark
elektropositiv ist, der mit einigen Paaren erzeugte Strom nicht Kraft genug hat, um es
hinlänglich elektronegativ zu machen, damit die Lösung nicht direct darauf einwirken
kann; daß dieß aber bei einigen Metallen nicht der Fall sey, z.B. bei dem Kupfer, in
Bezug auf die Doppelchloride von Kobalt und Nikel, welche, um zersezt zu werden, des
Contacts mit Zink bedürfen. Seitdem suchte ich zu erforschen, welche Metalle die
Eigenschaft haben, mit der von mir angewandten Auflösung mittelst der
elektrochemischen Apparate Ablagerungen von einer gewissen Dike anzunehmen. Ich
begann mit der Ablagerung von Silber auf Kupfer und vorzüglich auf Messing, und
glaubte, da die Industrie sich gegenwärtig mit der Versilberung sehr beschäftigt,
daß der Akademie die Mittheilung meiner befriedigenden Resultate angenehm seyn
müsse. Auf folgende Weise verfuhr ich mit Bijouterie – Gegenständen von
Messing. Nachdem dieselben mit aller möglichen Sorgfalt gereinigt und abgebrannt
worden, werden sie ein paar Minuten lang in ein siedendes Bad, aus einer
concentrirten und möglichst klaren Auflösung von Silber- und
Natrium-Doppelchlorid bestehend, getaucht. Sobald die Oberfläche mattweiß
versilbert ist, sezt man sie mit dem negativen Pol eines aus sechs bis acht Paaren
bestehenden Apparats in Verbindung und schließt die Kette durch eine Silberplatte,
welche in dasselbe Bad taucht und mit dem andern Pol in Verbindung steht; man läßt
die zersezende Wirkung des Stroms so lange fortdauern, daß die Ablagerung die
gehörige Dike erhält; eine Viertelstunde reicht, wie wir unten sehen werden, in der
Regel hin. Man muß den Gegenstand bewegen, damit sich das Salz nicht an ihm anlegt.
Die Gegenstände dürfen den Boden des Gefäßes nicht berühren, wodurch, weil es sich
von Zeit zu Zeit stärker erhizen kann, die Versilberung verdorben würde. Auch
deßhalb muß man dieß vermeiden, weil das überschüssige, nicht aufgelöste Chlorsilber
reducirt werden und die Platte sich mit pulverigem metallischem Silber überziehen
könnte. Hierauf werden die Gegenstände aus der Flüssigkeit genommen, abgewaschen und
mit Sägespänen getroknet. Operirt man bei Hellem Tageslichte, so tritt häufig der
Fall ein, daß der Gegenstand beim Herausnehmen aus dem Bade, Waschen und Troknen,
merklich gelb wird, was nur der Bildung einer kleinen Quantität Chlorsilbers
zugeschrieben werden kann. Man begegnet diesem Uebelstand dadurch, daß man, gerade
nicht im Dunkeln, aber auch nicht bei vollem Tageslicht operirt. Noch ein Umstand
ist zu beachten, welcher die Schönheit des Silbers leicht beeinträchtigt; beim
Versilbern eines kupfernen Gegenstandes durch Eintauchung nimmt nämlich die Lösung
nothwendig Chlorkupfer anstatt des ursprünglich darin enthaltenen Chlorsilbers auf,
so daß nach einer gewissen Zeit, wenn eine gewisse Menge Kupfer in der Lösung enthalten ist, der Strom
nicht nur Silber, sondern auch Kupfer absezt. Um diesem Uebelstande vorzubauen,
braucht man nur sich zweier Bäder, eines zum Eintauchen, eines anderen zur Anwendung
der galvanischen Kette, zu bedienen.
Ich sagte, daß man die Wirkung von fünf bis sechs Paaren anwenden soll; wenn man aber
bemerkt, daß das niedergeschlagene Metall wenig oder gar nicht adhärirt, so kann man
durch Verminderung der Anzahl dieser Paare bisweilen die Intensität des Stroms
erreichen, welche das Zusammenhängen der Molecüle möglich macht. Auch erreicht man
manchmal diesen Zwek durch Veränderung der Temperatur. Man muß immer so verfahren,
wenn man es mit Legirungen zu thun hat, deren Zusammensezung man nicht genau kennt.
Ersezt man die Platin-Elektrode durch eine andere von Silber, so braucht man
nicht mehr so viele Paare anzuwenden, weil, wenn das Silber angegriffen wird, die
Elektricität leichter circulirt. Es ist damit auch noch der Vortheil verbunden, daß
man beständig eine vollkommen gesättigte Lösung von Chlorsilber hat.
Ich will nun die Resultate zweier Versuche mittheilen, woraus man ersieht, wie viel
Silber in einer gewissen Zeit mit nur einigen volta'schen Paaren abgelagert werden
kann. Eine 3 Centimeter lange und 2 Centimes breite Messingplatte (von 12
Quadratcentim. Oberfläche) wurde vor und nach der Operation gewogen und zeigte eine
Gewichtszunahme von 2 Milligrammen. Die Differenz zwischen dem Gewichte des
abgelagerten Silbers und des dafür aufgelösten Messings entsprach demnach 0,016
Grammen per Quadratdecimeter. Dasselbe Stük wurde
hierauf der Wirkung eines mit neun Paaren erzeugten Stromes 10 Minuten lang
ausgesezt. Die Gewichtsvermehrung betrug nun 0,005 Gramme. Diesesmal fand kein
Verlust an Kupfer statt wie das erstemal, wo durch Eintauchung versilbert wurde; es
sezten sich sonach fast 0,05 Gramme Silber auf dem Quadratdecimeter ab.
Ein anderer Versuch wurde angestellt mit einer 0,054 Meter langen und 0,026 Meter
breiten Platte, welche 28 Quadratcentimet. Oberfläche auf beiden Seiten darbot.
Nachdem dieselbe durch Eintauchung versilbert worden war, wurde sie der Wirkung von
neun Paaren unter gleichen Umständen ausgesezt; die Platte wurde dabei von 2 zu 2
Minuten aus dem Bade genommen, abgewaschen, getroknet und gewogen. Folgendes sind
die Gewichtszunahmen in sieben Versuchen:
Nummerdes Versuchs.
Dauer derEintauchung.
Gewicht
desabgelagerten Silbers.
1
2 Minuten
0,011 Gramme.
2
2 –
0,013
–
3
2 –
0,008
–
4
2 –
0,010
–
5
2 –
0,009
–
6
2 –
0,008
–
7
2 –
0,007
–
––––––––––––––
Zusammen
0,066 Gramme.
Man ersieht hieraus, daß sich auf einer 28,08 Quadratcentim. großen Oberfläche in 14
Minuten 0,066 Gramme Silber, also 0,23 Gramme per
Quadratdecimeter abgesezt hatten, daher die Silberschicht auf der Oberfläche der
Platte 0,23 Millimeter dik ist. Bei Fortsezung des Versuchs hätte sich die Dike der
Schicht nach Verhältniß der Länge der Zeit sicher noch vermehrt. Ein Blik auf die
Tabelle zeigt, daß die Quantität des Silbers immer abnahm und nicht der Zeit
proportional bleibt, wenn auch die Kraft des Stroms constant ist. Doch muß ich auch
bemerken daß, da die Platte im Bad beständig bewegt wurde, und bald in der Mitte,
bald am Rande war, es auch sehr leicht der Fall seyn konnte, daß die Temperatur
nicht überall gleich war und sonach die Wirkung des Stroms nicht in jedem Augenblik
dieselbe blieb.
Um mich zu überzeugen, ob die nach meinem Verfahren versilberten Gegenstände die für
den Handel erforderlichen Eigenschaften vereinigten, bat ich Hrn. Mourey, seinen Arbeitern eine gewisse Anzahl derselben zu
geben, ohne ihnen zu sagen, wie sie versilbert worden seyen, um sie von denselben
Poliren und die sonst gebräuchlichen Arbeiten damit vornehmen zu lassen. Die
Akademie kann sich überzeugen, daß sie alle Proben und gewöhnlichen Zubereitungen
aushielten; unter andern auch das Färbeverfahren des Hrn. Mourey
Polytechn. Journal Bd. LXXXVIII S.
205., welches darin besteht, den Gegenstand in eine Boraxlösung zu tauchen und
ihn dann so lange einer hinreichenden Temperatur auszusezen, daß die wässerige
Schmelzung eintreten kann. Es wird hiedurch wahrscheinlich das Subchlorid und
überhaupt die basischen Metallsalze aufgelöst. Ich muß hier bemerken, daß sich nicht
alle Kupferlegirungen so gut wie das Bijouterie-Messing zu meiner
Versilberungsmethode eignen, namentlich diejenigen nicht, welche einen starken
Zinkgehalt haben, weil diese Legirung dann stark elektropositiv wird. Dieser Zustand
könnte aber durch Anwendung eines stärkern Stroms überwunden werden. In manchen
Fällen kann auch durch ein sogleich anzugebendes Hülfsmittel ein gutes Resultat
erreicht werden.
Wenn man ein vollkommen polirtes und abgebranntes Stük Kupfer nach dem in meiner
lezten Abhandlung angegebenen Verfahren durch Eintauchung verplatint, so ist diese
Verplatinung sehr gleichförmig und glänzend; berührt man aber das Stük mit den
feuchten Fingern, so überziehen sich die berührten Stellen mit einer sehr dünnen
röthlichen Schicht, welche mit Essigsäure angesäuertes Wasser augenbliklich
beseitigt, wodurch die Oberfläche ihren Glanz wieder erhält. Diese röthliche Farbe
kann nur von der durch die Molecular-Zwischenräume des Platins hindurch
erfolgenden Oxydation des Kupfers herrühren; denn bekanntlich bildet das abgelagerte
Metall ein wahrhaftes Nez. Die Oxydation des Kupfers erfolgt in diesem Fall um so
schneller, weil es mit dem Platin ein Volta'sches Paar bildet, wodurch es stärker
angegriffen wird, als wenn dieser Contact nicht stattfände.
Ich dachte daß, wenn man verplatintes Kupfer in eine siedende Lösung von Kochsalz und
Chlorsilber taucht, wie sie zum Versilbern dient, das Kupfer vom Chlorsilber stärker
angegriffen werden müsse, als wenn es nicht mit Platin in Contact wäre. Die
Volta'schen Kupfer-Platin-Paare bewirken hiebei folgendes: das
Chlorsilber wird zersezt; das Silber sezt sich auf das Platin ab und dringt immer
weiter, so daß es die Zwischenräume ausfüllt; es folgt daraus daß, wenn die
Silberlösung nicht mehr auf das Kupfer einwirken kann, weil die
Molecular-Zwischenräume ausgefüllt sind, die zersezende Einwirkung aufhört;
der hierauf gewaschene und abgetroknete Gegenstand erleidet keine Veränderung mehr.
Die auf diese Weise durch Eintauchung erzielte Versilberung besizt eine wesentliche
Eigenschaft, nämlich starke Adhärenz, indem sie sogar den Polirstahl verträgt.
Die Quantität des abgesezten Platins ist so äußerst gering, daß man die der
Versilberung vorausgehende Operation nicht zu scheuen braucht; auf dem Decimeter
sezen sich kaum 3 bis 4 Centigramme Platin ab, dessen Preis höchstens 1 Fr. per Gramm beträgt, so daß der Centigramm nur auf 1
Centime zu stehen kömmt.
Die Kosten des Platins dürfen sonach vom Versilbern nach dem Verplatinen nicht
abhalten. Gewisse Messinggegenstände sind wegen ihres Zinkgehalts durch Eintauchen
gar nicht oder nur schwierig zu versilbern. In diesem Fall ist die Versilberung nach
der Verplatinung geeignet, um noch mehr Silber mittelst des Stromes ablagern zu
können.
Die angegebenen Details werden denjenigen, welche sich mit der Ablagerung des Silbers
auf Messing in diker Schicht befassen wollen, genügen.