Titel: | Ueber goldhaltiges Glas; von D. C. Splittgerber. |
Fundstelle: | Band 92, Jahrgang 1844, Nr. XII., S. 40 |
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XII.
Ueber goldhaltiges Glas; von D. C.
Splittgerber.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie Bd. LXI S.
144.
Splittgerber, über goldhaltiges Glas.
Die auffallende Eigenschaft des goldhaltigen Glases, nach einer sehr hohen Temperatur
ganz farblos und durchsichtig aus dem Schmelztiegel hervorzugehen, und bei einer
erneuten, verhältnißmäßig geringen Erhizung rubinroth bis zur Undurchsichtigkeit
anzulaufen, ist zum Theil wohl bekannt, wissenschaftlich aber wenig untersucht und
besprochen worden, so daß es sogar noch zweifelhaft erschien, ob dieß eine chemische
oder physikalische Erscheinung sey.
Ich erlaube mir daher hier die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, und zugleich die Art
und Weise, wie ich dasselbe schon vor längerer Zeit, doch ohne directen technischen
Zwek, dargestellt habe, mitzutheilen.
Der Glassaz bestand aus:
3 Pfd.
9 Loth
feinem weißem Quarzsand
1 –
28
–
Salpeter.
– –
26
–
reiner weißer Soda.
– –
8
–
kohlensaurem Kalk.
– –
4 1/2 –
weißem Arsenik.
– –
9
–
Mennige.
– –
8
–
Spießglanz-Glas.
In den Sand wurde die Auflösung in Königswasser von einem holländischen Ducaten (56
Gran oder 3,41 Gramme wiegend) gegossen, dann dieser mit dem schon vorher gut
gemengten übrigen Saz sorgfältig gemischt, in den Schmelztiegel eingetragen, und
einer mehr als dreißigstündigen Weißglühhize ausgesezt, indem dieß Glas nur
beiläufig in der Seitenöffnung eines Spiegelglasschmelzofens bereitet wurde.
Diese Darstellungsart unterscheidet sich von den andern bekannt gewordenen besonders
dadurch, daß ich weder Goldpurpur noch Zinnoxyd dabei angewendet habe, welches man
bisher für wesentlich nothwendig zum Rubinglas gehalten hat, was hierdurch aber
widerlegt wird.
Das erhaltene leicht schmelzbare Glas war beim Herausschöpfen aus dem Tiegel, wobei
runde massive Platten geformt wurden, vollkommen durchsichtig und farbenlos; beim
Wiedererwärmen läuft es aber schön rubinroth an, und ist dazu nur ein im Dunkeln
wahrzunehmendes, eben anfangendes Glühen erforderlich (eine Temperatur, die beim Glase über dem
Schmelzpunkt des Zinks liegt, aber 500° C. wohl nicht viel übersteigt), und
findet dieß bei Stüken von 6–10 Grm. in einigen Minuten über der
Spirituslampe in einem Platintiegel statt. Die Färbung geht hierbei von den Stellen
aus, welche den Tiegel berühren, sezt sich rasch durch die ganze Masse hindurch
fort, und wird diese zuerst ganz hellroth, dann immer satter rubinroth gefärbt, bei
größerer Dike beinahe ganz undurchsichtig und beim reflectirten Licht schwarz
erscheinend; das Pulver davon ist dann rosenroth. Sezt man die Erhizung längere Zeit
fort und schmilzt das Glas, so wird es stellenweise leberfarben, welches immer die
Folge zu starker Aufwärmung ist.
Das Anlaufen findet statt, das goldhaltige Glas mag in der Luft, in einer Atmosphäre
von Sauerstoffgas oder Wasserstoffgas erhizt werden, oder in einem verschlossenen
Tiegel in Sand, in Kohlenstaub, in Zinnoxydul gepakt, oder in glühendem Fluß
befindlichem Salpeter, oder chlorsaurem Kali; doch in kleinen Stükchen vor dem
Sauerstoffgebläse geschmolzen, wird es, nachdem es erst angelaufen, wieder
farbenlos, indem es ins Kochen geräth, und ist dieß die einzige Weise, wie es mir
bisher gelungen ist, dieß Glas wieder zu entfärben, ohne das Gold auszuscheiden;
dann von neuem erwärmt, färbt es sich wieder.
Obgleich es mir anfangs schien, als ob das Glas beim Rothwerden ein geringes am
Gewicht verlöre, so habe ich mich doch überzeugt, daß dieß bei den angewandten
Stükchen bis zu 15 Grm. keine wägbare Menge ist; aber es zieht wegen seines zu
geringen Kalkgehaltes gern Feuchtigkeit aus der Luft an, und muß daher unmittelbar
vor dem Wägen etwas erwärmt werden. Dagegen fand ich, daß dieß Glas nach dem
Anlaufen am specifischen Gewicht verloren hat, denn ein ungefärbtes Stük von 6,575
Grm. hatte bei 11° R. ein spec. Gew. von 2,606, nachher aber nur von 2,601
bei gleichem absolutem Gewicht, und ein ungefärbtes Stük von 15,29 Grm. hatte bei
10° R. ebenfalls ein spec. Gew. von 2,606, nach dem Anlaufen aber von 2,598,
wobei ich bemerken muß, daß dieß Stük beim Abkühlen einige feine Sprünge bekommen
hatte, welches beim ersteren nicht der Fall war.
Als ich 5,009 Grm. fein gepulvertes rubinrothes Glas mit 16 Grm. Soda schmolz,
erhielt ich einen kleinen Regulus von reinem Golde, welcher 0,003 Grm. wog, dieß
gibt auf hundert Theile 0,059 Gold, also weniger als die Hälfte des zum Saze
genommenen; auch fanden sich bei der Bereitung dieses Glases hin und wieder auf dem
Boden des Tiegels Körnchen von reducirtem Golde. Im übrigen erhielt ich bei einer
vorläufigen Analyse dieses Glases 64,17 Kieselerde, 2,01 Kalkerde, 23,41 Kali und Natron,
5,06 Blei, 2,40 Antimon, aber kein Arsen.
Nach allem Vorhergehenden scheint das rothe Anlaufen des goldhaltigen Glases beim
Aufwärmen unzweifelhaft durch einen chemischen Proceß veranlaßt zu werden, und das
Gold als ein Silicat, und zwar in dem farbenlosen Glase als Oxyd, enthalten zu seyn,
eben so wie es mit dem Blei der Fall ist; durch das Erhizen aber geht es in das von
Berzelius angedeutete rubinfarbene Oxyd über, durch
Abgabe oder Umlegung eines Theils seines Sauerstoffs an einen andern Bestandtheil,
hier vielleicht an die antimonige Säure, durch welche Veränderung der chemischen
Zusammensezung eine geringe Auflokerung oder Ausdehnung der Glasmasse veranlaßt
wird, wie die gefundene Verringerung des specifischen Gewichts es zeigt. Daß eine
beginnende Reduction des Goldes stattfindet, wird auch dadurch noch bestätigt, daß
das angelaufene Glas im Sauerstoffgebläse wieder farbenlos geblasen werden kann,
dagegen bei fortgesezter Erhizung vor dem Löthrohr oder im Tiegel das Gold weiter
reducirt und zum Theil sogar regulinisch ausgeschieden wird, woher offenbar dann die
Leberfarbe des Glases beim reflectirten und die blaue beim hindurchfallenden Licht
herrührt, welche bei dikeren Stüken mit der im Innern der Masse noch vorhandenen
Rubinfarbe sehr verschiedene Nüancen erzeugt. Bei reiner und hinreichend intensiver
Färbung läßt das Rubinglas nur die rothen Strahlen des Spectrums hindurch, jenes
leberfarbene hingegen, welches beim Hindurchsehen doch schön blau erscheint, die
rothen, grünen, wenig blaue und violette.
Als ich Cassius'schen Goldpurpur zum Glassaz nahm, anstatt der Goldauflösung, erhielt
ich auch ein farbenloses Glas, welches beim Erhizen anlief, aber nicht schön
rubinroth, sondern mit einer zu sehr ins Violette fallenden Farbe, und welches dabei
leicht leberfarben wurde.
Räthselhaft bleibt es aber immer, daß bei der großen Neigung des Goldes, aus seinen
Verbindungen in den metallischen Zustand überzugehen, dieß nicht schon vollkommen in
der reducirenden Atmosphäre des Schmelzofens, während der Schmelze und Läuterung des
Glases bei der hohen Weißglühhize geschieht, oder beim Erkalten desselben, wobei es
doch alle Temperaturgrade durchläuft, und daß diese Umlegung oder dieses theilweise
Entweichen des Sauerstoffs des Goldes erst bei einer erneuten, verhältnißmäßig sehr
geringen Erhizung stattfindet.
Ueber die Darstellung des Rubinglases zu technischen Zweken findet man mehrere interessante
Angaben in einer Abhandlung im polytechn. Journal Bd. LX S. 284.