Titel: | Steinheil's Gehaltmesser, und dessen Anwendung als Bierprobe. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. CXIII., S. 429 |
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CXIII.
Steinheil's Gehaltmesser, und dessen Anwendung als Bierprobe.Die hier folgende Beschreibung seines Gehaltmessers hat Hr. Conservator Steinheil in Muͤnchen zur Belehrung derjenigen
verfaßt, welche sich seines Instruments bedienen wollen, man kann dasselbe von
ihm selbst beziehen. Die Abbildungen dieses Instruments auf Tab. VI entnahmen wir dem Allgemeinen Wiener
polytechnischen Journal, Dec. 1843 Nr. 156. Uebrigens verweisen wir (besonders
hinsichtlich der Bildung der Tafel S. 440) auf des Verfassers Abhandlung
„uͤber quantitative Analyse der Biere durch physikalische
Beobachtungen“ im polytechnischen Journal Bd. LXXXVIII S. 285.A. d. R.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Steinheil's Gehaltmesser, und dessen Anwendung als
Bierprobe.
Das Instrument für die optische Gehaltsprobe besteht in einem cylindrischen Gefäß,
was durch drei eingesezte Plangläser zwei Flüssigkeitsprismen bildet, welche
gleiche, aber entgegengesezt liegende BrechungswinkelFuͤr diejenigen, welchen die strahlenbrechende Eigenschaft der
prismatischen Koͤrper, und also die Wirkungen des Instruments wenig
bekannt seyn sollte, duͤrfte hier ein specieller Nachweis dienen: man
denke sich zwei senkrechte Planglaͤser erst parallel, und zwischen
ihnen irgend eine durchsichtige Fluͤssigkeit, so sieht man durch die
Fluͤssigkeit einen entfernten Gegenstand in derselben Richtung, als
wie frei oben daruͤber weg. Jezt drehe man eines der
Planglaͤser um eine senkrechte Linie so. daß z. B, links die
Glaͤser weiter von einander abstehen als rechts. Dabei ruͤkt
auch das Bild des durchgesehenen entfernten Gegenstandes scheinbar rechts,
und zwar um so mehr, je groͤßer der Winkel wird, den die zwei die
Fluͤssigkeit begraͤnzenden Glasflaͤchen mit einander
bilden. In gleicher Zeit werden auch die Raͤnder des Bildes
unbestimmt und farbig, so daß, wenn der Winkel eine gewisse Groͤße
erreicht hat, gar kein deutliches Bild, sondern nur prismatische
Farbensaͤume statt Graͤnzen sichtbar werden. — Diese
Eigenschaft, daß der Lichtstrahl beim Durchgang durch einen prismatischen
Koͤrper von seiner Richtung abgelenkt und in Farben zerlegt wird,
haben alle Fluͤssigkeiten und durchsichtigen Loͤsungen, aber
was sehr zu beachten ist, nicht in gleichem Maaße, und hierauf beruht die
neue Gehaltsprobe. Denn gesezt man bringt erst Wasser zwischen die zwei oben
erwaͤhnten Glaͤser, und bemerkt die Verstellung des
Gegenstandes nach rechts, die eintritt durch die prismatische Form der
Fluͤssigkeit. Nun aber bringt man statt des Wassers Weingeist
zwischen die Glaͤser. Da wird der Gegenstand noch viel weiter rechts
abgelenkt erscheinen, als durch das Wasser gesehen, und gefaͤrbtere
Raͤnder zeigen. Die Glasflaͤchen haben aber zwischen zwei
Versuchen denselben Winkel gebildet, d. h. das Prisma von Wasser und das von
Weingeist hatten denselben Winkel. Es muß daher der Weingeist
staͤrker ablenken, den Lichtstrahl staͤrker brechen, als das
Wasser. So ist die Brechung fuͤr jeden Koͤrper anders und
fuͤr ein Gemenge aus zweierlei Stoffen den enthaltenen Mengen von
beiden proportional. Diese Ablenkung des Bildes von der direct gesehenen
Richtung ist aber, selbst wenn das Prisma und die einzuschließende
Fluͤssigkeit dieselben blieben, nicht immer gleich, sondern man wird
bemerken, daß die Ablenkung bei Kaͤlte groͤßer, bei
Waͤrme geringer oder kleiner wird.Wollte man aber direct die Eigenschaft des Brechungsvermoͤgens zum
Maaße der brechenden Quantitaͤt anwenden, so wuͤrde man auf
zwei bedeutende Schwierigkeiten treffen. Einmal daß die Bilder farbige
undeutliche Raͤnder oder Graͤnzen bekommen, also ihre
Verstellung nicht scharf beobachtet werden kann, dann aber daß die
Verstellung sehr von der Temperatur abhaͤngen wuͤrde, diese
also jedesmal sorgfaͤltig beobachtet
und beruͤksichtigt werden muͤßte.Diese Uebelstaͤnde wurden dadurch bei der optischen Gehaltsprobe
beseitigt, daß man zwei gleiche Prismen anwendet, und sie gegen einander
legt. Denn man betrachte das cylindrische Gefaͤß des Instruments.
Hier sind zwei Planglaͤser an den entgegengesezten Seiten unter sich
parallel eingesezt. Zwischen ihnen ist aber ein drittes Planglas, was das
Gefaͤß unter dem Winkel von 30° mit den aͤußern
Glaͤsern in zwei Haͤlften theilt und also auch zwei ganz
gleiche prismatische Raͤume zur Aufnahme der Fluͤssigkeiten
bildet. Hier compensirt ein Prisma das andere in Brechung, in
Farbenzerstreuung und in Temperatureinfluß, so lange in beiden Prismen
dieselbe Fluͤssigkeit ist, vollkommen, also auch nahezu, wenn nur kleine Unterschiede in den
verglichenen Fluͤssigkeiten vorkommen. Da nun Bier im Durchschnitte
nur 7–8 Proc. staͤrker als Wasser brechende Bestandtheile
enthaͤlt, so ist seine Brechung nicht viel von der des Wassers
unterschieden. Man kann es also direct immer mit Wasser vergleichen, und
deßhalb bleibt in dem einen Prisma immer destillirtes Wasser.
haben. In das eine
dieser prismatischen Gefäße kömmt destillirtes Wasser, in das andere das zu
untersuchende Bier.
Durch diese mit Flüssigkeit angefüllten Prismen sieht man mit einem Mikroskop hindurch, nach
einem Metallfaden, der als Gegenstand zum Einstellen dient, für die im Ocular des
Mikroskopes feststehenden Kreuzfäden. Die Verstellung des Metallfadens wird bewirkt
durch eine Mikrometerschraube, deren Kopf am Umfange mit Theilung versehen ist. Nun
wird an dieser Schraube gedreht, bis das Bild des Metallfadens genau halbirt
erscheint, durch das Kreuz der Ocularfäden. Diejenige Zahl, welche dann vom Index
der Schraubentheilung bezeichnet ist, gibt unmittelbar den Malzgehalt des
untersuchten Bieres an.
Dieses alles muß zur deutlichen Verständniß näher erörtert werden.
Betrachten wir vorerst die Flüssigkeitsprismen, beide gefüllt mit Wasser, so
verschwinden die von der Flüssigkeit benezten Glasflächen der Plangläser, und das
ganze Gefäß wirkt genau wie ein dikes Parallelglas, d. h. man sieht durch dasselbe
hindurch den Gegenstand in ungeänderter Richtung gerade so, als wenn kein Glas
dazwischen wäre.
Man habe nun, gegen den Tag sehend, die Mikrometerschraube gedreht, bis das Kreuz des
Oculars auf das Bild des Metallfadens halbirend einsteht. Hier muß die Angabe der
Mikrometerschraube für den Gehalt gleich Null seyn, weil in destillirtem Wasser kein
Gehalt (Weingeist oder Extract) ist. Nun menge man aber eine kleine Quantität
Weingeist — etwa einen Tropfen — mit dem Wasser des offenen Prisma's,
und sehe wieder durch das Mikroskop hindurch. Jezt wird man gewahr, daß das
Ocularkreuz nicht mehr auf den Metallfaden einsteht, sondern daß dieser etwas
seitlich gerükt ist. Ein zweiter Tropfen Weingeist zugesezt, wird das Bild des
Metallfadens abermals um eine gleiche Größe seitlich schieben, und so jeder neue
Tropfen um gleich viel. Durch die Mikrometerschraube aber kann man den Metallfaden
wieder zurükführen auf das Ocularkreuz. Bei dieser Drehung der Schraube geht aber
die Theilung ihres Kopfes am Index auf immer größere Zahlen, d. h. diese Theilung
hat die Größe der Verstellung des Fadens gemessen. So würde man, als beide Prismen
mit Wasser gefüllt waren, den Index der Trommel auf 0 gefunden haben; nach
Beimengung des ersten Tropfen Weingeistes, z. B. auf 10 Theile, nach dem zweiten
Tropfen auf 20 Theile, mit dem dritten Tropfen auf 30 Theile. Wir sehen also, daß
der getheilte Kopf der Mikrometerschraube durch Einstellen des Metallfadens auf das
Ocularkreuz die beigemischten Mengen von Weingeist direct in Zahlen mißt.
Aber nicht bloß der Weingeist, den wir dem Wasser des einen Prisma's beimengten,
besizt die Eigenschaft, den durch das Mikroskop gesehenen Metallfaden seitlich
zu rüken, sondern alle durchsichtigen Flüssigkeiten, und alle durchsichtig löslichen
Substanzen. Diese Eigenschaft nennt man das Lichtbrechungsvermögen der Körper, und
es wird dieses in unserem Falle verglichen mit dem des Wassers. Das
Brechungsvermögen des Weingeistes ist nun größer als das des Wassers, und daher die
seitliche Verstellung des Metallfadens proportional der Menge von Weingeist, die
beigegossen ist.
Wir wollen jezt aber auch noch Zuker in kleinen Mengen dem bereits weingeisthaltigen
Wasser des offenen Prisma's zusezen, so wird auch hier, nachdem er gelöset und
gemischt ist, wieder eine ähnliche Verrükung des Metallfadens sichtbar werden.
Zeigte der Schraubenkopf, als der Weingeist beigemengt war, 30 Theile, so wird die
Einstellung nach dem Zusaz der ersten Dosis Zuker, nun z. B. 40 Theile geben.
Eine zweite gleiche Dosis Zuker wird von 40 auf 50 führen u. s. w. Die Probe mißt
also nicht bloß den Weingeistgehalt einer Flüssigkeit, sondern auch ihren
Zukergehalt. Sie mißt das, was Weingeist und was Zuker stärker brechen, zugleich.
Sie mißt die Summe von beiden. Kehren wir nun zur Betrachtung des Bieres zurük.
Aus dem Malz entwikelt sich Gummi und Malzzuker. Ein Theil derselben wird bei der
Gährung halb in Weingeist halb in Kohlensäure verwandelt, welche leztere
größtentheils entweicht. Von der Hopfeninfusion geht nur wenig in den Extract über.
So bilden Gummi, Malzzuker und Weingeist die Hauptproducte des verwendeten Malzes.
Zuker und Gummi verhalten sich aber in der optischen Probe so gleich, daß sie nicht
unterschieden werden können. Nennt man Gummi und Zuker zusammen den Extract, so
bildet Extract und Weingeist den Malzgehalt des Bieres. Aber nach obigem wird man
leicht einsehen, daß die optische Probe diese angeben muß, weil die Schraube um so
größere Zahlen gibt, je mehr Weingeist und je mehr Zuker oder Gummi in die Auflösung
kömmt. Aber wie die Zahlen, welche die Mikrometertrommel angibt, zu verstehen sind,
das müssen wir noch näher betrachten.
Wir wollen annehmen, man nenne irgend ein Bier, was von den Sachverständigen als gut
und gehaltvoll erklärt wird, Normalbier. Man bilde jezt
einen Eimer Flüssigkeit aus einer Maaß dieses Normalbieres und 59 Maaß Wasser. Von
diesem Gemenge bringe man in das offene Prisma des Gehaltmessers, und regulire den
Einfluß der Verstellung des Metallfadens so, daß das Mikrometer einen Theil am Index
zeige. Nach dem bereits Angeführten wird folglich ein Gemenge aus 10 Maaß Normalbier
und 50 Maaß Wasser 10
Theile am Mikrometer zeigen. Ein Gemenge von 50 Maaß Normalbier und 10 Maaß Wasser
50. Normalbier allein 60. Kurz so viele Theile als Maaße Normalbier im Eimer der
untersuchten Flüssigkeit sind.
Aber wenn wir bedenken, daß es nun der Malzgehalt im Biere ist, der das Licht stärker
als Wasser bricht, so können wir den obigen Saz auch so aussprechen. Das Instrument
zeigt so viele Theile, als von Maaßen Normalbier der Malzgehalt im Eimer der
untersuchten Flüssigkeit enthalten ist. Wäre daher eine Biersorte malzreicher, als
das sogenannte Normalbier, so würde sie mehr als 60 Theile zeigen, weil mehr Gehalt
als in 60 Maaß Normalbier in einem Eimer davon enthalten wäre. Ein Bier, welches z.
B. 75 zeigt, enthält im Eimer zu 60 Maaß so viel Malzgehalt, als 75 Maaß
Normalbier.
Man wird nun fragen, wie viel Extract und Weingeist in einer Maaß Normalbier
enthalten ist. Wie dieß durch die optische Gehaltsprobe beantwortet werden kann,
soll später im lezten Abschnitt gezeigt werden.
Hier wollen wir nun bestimmen, wie viel mehr oder weniger
Gehalt das untersuchte Bier als das Normalbier habe. Dieß sagt uns aber das
Instrument unmittelbar. Denn Bier, was z. B. 59 zeigt, hat im Eimer zu 60 Maaß nur
59 Maaß Normalbier. Es hat also 1/60 weniger Gehalt, als das Normalbier, und diese
Bestimmung bleibt ganz sicher, so lange das Normalbier dasselbe bleibt. Bei unserem
Instrument kann aber dieß gar nichts ändern, denn wir nennen Normalbier, was 60
Theile zeigt, also eine Größe, die in den Verhältnissen des Instrumentes begründet
ist, und keinen Veränderungen unterliegt.
Nach diesen Verständnissen wird die Handhabung des Instruments keine Schwierigkeiten
mehr bieten. Doch sind noch andere Rüksichten zu beobachten. Fig.
12, 13 und 14 auf
Tab. VI sind Abbildungen dieses
Instruments in natuͤrlicher
Groͤße.A ist das cylindrische Gefaͤß, welches
durch drei eingesezte Planglaͤser zwei Fluͤssigkeitsprismen
bildet, welche gleiche, aber entgegengesezt liegende Brechungswinkel haben.
In das eine dieser prismatischen Gefaͤße b kommt destillirtes Wasser, in das andere a das zu untersuchende Bier. B ist das
Mikroskop, durch welches man nach einem Metallfaden x sieht, der als Gegenstand zum Einstellen fuͤr die im
Ocular des Mikroskopes B feststehenden
Kreuzfaͤden e dient. Die Verstellung der
Metallfaͤden x wird durch die
Mikrometerschraube c, deren Kopf am Umfange in
100 gleiche Theile getheilt ist, bewirkt, d ist
eine Stahlfeder, welche den Theil Fig. 17 und 18
gegen die Schraube druͤkt. Fig. 17 ist der
Boden des cylindrischen Gefaͤßes A. Der
raͤndrirte Schraubendekel n dient zum
Schließen des Gefaͤßes, in welches destillirtes Wasser
koͤmmt.
Berichtigung des Instrumentes.
Es werden zwar alle Gehaltsproben vor der Abgabe genau berichtiget, und auf dieselbe
Einheit von Normalbier gestellt, welche Lage durch einen Strich bezeichnet ist. Doch
kann durch Zufall oder bei Reinigung des Instrumentes abermalige Berichtigung nöthig
werden, weßhalb wir hier die Anweisung dazu geben.
Wenn in beiden Prismen destillirtes Wasser ist, so muß das Bild des Metallfadens und
die Kreuzfäden des Oculars zugleich deutlich erscheinen. Auch darf der Metallfaden
nicht auf einer Seite gelben, auf der andern blauen Rand zeigen. Wäre dieses der
Fall, so müßte das Cylindergefäß der Prismen, nach Oeffnen der zwei Schrauben, die
es von unten festhalten, gedreht werden, bis das Bild des Metallfadens auf beiden
Seiten gleich rein und farblos erscheint. In dieser Lage werden die Schrauben des
Prisma's wieder angezogen, und durch die Mikrometerschraube der Metallfäden auf die
Kreuzfäden des Oculars zurükgeführt. Nun soll das Fadenkreuz ganz unveränderlich den
Metallfaden halbiren, man mag beim Durchsehen gegen den Tag, oder besser des Nachts
gegen eine Lichtflamme, den Kopf links oder rechts bewegen. Um recht sicher
beurtheilen zu können, ob das Fadenkreuz den breit erscheinenden Metallfaden genau
halbire, beachte man, daß sich zu beiden Seiten des Metallfadenbildes von den
Kreuzfäden des Oculars begränzte, in der Mitte des Gesichtsfeldes zusammenstoßende
Lichtwinkel bilden. Man vergleiche jezt, ob die Spizen dieser Winkel gleich hoch
stehen; erst dann ist der Faden richtig halbirt. Dabei muß man sich immer an die
zwei Lichtwinkel der unteren Hälfte des Gesichtskreises halten, weil die oberen
durch die geringste Drehung der Kreuzfäden gleich eine andere Stellung fordern
würden.
Hat man also durch Drehen der Mikrometerschraube die untern von den Fäden
eingeschlossenen Lichtwinkel recht gleich gestellt, so bewegt man den Kopf etwas
links oder rechts oder auch das Instrument gegen die Lichtflamme links oder rechts.
Bleibt dabei die Höhe der untern Lichtwinkel ganz gleich, so stehen die Fäden des
Oculares und das Bild des Metallfadens genau in einer Ebene also richtig, wo nicht,
so muß das Mikroskop gegen den Metallfaden verstellt werden. Man löset also die zwei
Schrauben, welche das Mikroskop und den Träger zusammenhalten, nur gerade so viel,
als nöthig ist, um mit einiger Kraft das Mikroskop drehen zu können. Man verstellt
es nun ganz wenig vorwärts oder rükwärts durch Hin- oder Herdrehen, während
man immer hindurch sieht. Der nächste ähnliche Versuch wird zeigen, ob der Fehler
größer oder kleiner
geworden ist, und nach einigen Versuchen wird man den Punkt getroffen haben, wo
keine Verschiebung der Fäden gegeneinander mehr stattfindet. Dabei wird man
natürlich das Mikroskop so gedreht haben, daß die obern und untern Lichtwinkel,
wenigstens nahezu, gleichzeitig richtig stehen.
In dieser Lage soll nun der Index der Mikrometertrommel auf den mit Null bezeichneten
Strich ihrer Theilung treffen. Ist dieß nicht der Fall, so hält man die Schraube mit
der einen Hand am randrirten Kopfe fest, während man mit der andern die Trommel und
damit die Theilung dreht, bis 0 nahezu einsteht. Durch einige Versuche findet man so
die normale Stellung der Trommel, und nun gibt das Instrument unmittelbar den Gehalt
der Biere an, durch die Zahl die bei der Einstellung der Kreuzfäden unter den Index
der Mikrometertrommel zu stehen kommt. Wenn jezt auch noch die Striche
zusammenpassen, die den Normalabstand der Mikrometerschraube vom Drehungspunkt des
Metallfadens bezeichnen, so sind diese Angaben im Normalbiergehalt per Eimer des untersuchten Bieres zu verstehen, und
folglich das Instrument berichtiget.
Gebrauchsanweisung zur Gehaltsbestimmung
der Biere.
In das dem Metallfaden nächst gelegene Prisma, was sich oben durch einen
Schraubendekel fest verschließt, kömmt, wie schon oft erwähnt, destillirtes Wasser.
Dieses hält sich Monate lang in dem vergoldeten Gefäße, und müßte nur dann erneuert
werden, wenn das Bild des Metallfadens matt und neblicht erscheinen sollte.
In das offene Prisma wird das zu untersuchende Bier gegossen.
Man hüte sich vor Uebergießen, weil leicht ein Tropfen auf die äußern Seiten der
Plangläser am Cylinder kommen könnte, was das Bild trüben würde. Auch darf nichts
zwischen die Platten kommen, durch deren Drehung der Metallfaden bewegt wird, weil
der Kleber des Bieres einen todten Gang der Schraube veranlassen könnte. Hatte das
Bier nicht die Temperatur des Instrumentes, so entsteht eine Trübung des Bildes, die
das Einstellen ganz unsicher macht. Man muß also abwarten, bis die Temperatur in
beiden Prismen dieselbe ist, was bald erfolgt, da das Cylindergefäß schwer in Metall
ausgeführt ist. Auch durch Mengen und Umrühren des Bieres kann diese Zeit abgekürzt
werden. Selbst bei sehr großen Temperaturdifferenzen sind zwei Minuten völlig
ausreichend.
Erst wenn in beiden Prismen dieselbe Temperatur eingetreten ist, sind die Angaben des
Instrumentes richtig. Dabei ist es ziemlich gleichgültig, ob diese Temperatur hoch oder niedrig sey.
Die in den gewöhnlichen Fällen vorkommenden Temperaturen äußern keinen merklichen
Einfluß auf die Angaben des Instrumentes. (Siehe den lezten Abschnitt.)
Wenn vor dem Eingießen des Bieres Wasser in dem Prisma war, etwa zur Wiederholung der
Bestimmung des Nullpunktes, oder wenn man verschiedene Sorten Bier hintereinander
prüfen will, so muß jedesmal das Prisma mit dem zu prüfenden Bier einigemal gut
ausgespült werden. Dieß ist um so nöthiger, als man hier nur mit ganz kleinen
Quantitäten operirt, wo ein fremdartiger Tropfen schon bedeutenden Einfluß hat.
Ist das zu untersuchende Bier mit Berüksichtigung des hier Gesagten in das Instrument
gebracht, so faßt man das Mikroskop mit der rechten Hand, und führt das Instrument
in horizontaler Richtung vor das Auge, indem man gegen die Tageshelle, oder Nachts
gegen eine Lichtflamme sieht. Nun faßt man mit der linken HandBei einigen neueren Instrumenten steht die Schraube rechts, daher in dieser
Beschreibung bei ihnen links und rechts zu verwechseln sind.
(Daumen unten, Zeige- und Mittelfinger oben) den randrirten Kopf der
Mikrometerschraube, und dreht um, bis, wie schon weitläufig erklärt ist, das
Fadenkreuz des Oculars den Metallfaden durch gleiche untere Lichtwinkel halbirt. Die
Ablesung der Trommel am Index gibt dann den Malzgehalt des untersuchten Bieres.
Diese Einstellung kann man mehreremal wiederholen, theils um vor Irrungen sicher zu
seyn, theils um zu sehen, ob die Angaben gleich bleiben, was erst eintritt, wenn
sich die Temperaturen ausgeglichen haben. Nach den Versuchen wird das Bier durch
schnelles Umkehren des Instrumentes ausgegossen, und lezteres sorgfältig mit
Fließpapier ausgetroknet.
Bestimmung des Gehaltes der Biere nach
Gewichtsprocenten von Extract und Alkohol.
Nach dem bisher mitgetheilten Verfahren haben wir, analog mit dem ersten Theile der
hallymetrischen Bierprobe, den Gesammtgehalt der Biere zu bestimmen gelehrt. Dabei
ist jedoch nicht ausgeschieden, welchen Antheil an dem gefundenen Zahlenwerthe jeder
einzelne Bestandtheil hat. Aus der Brechbarkeit dieser Bestandtheile ist bloß
bekannt, daß Kohlensäure und Hopfeninfusion einen sehr geringen Einfluß auf den
Gehalt äußern. Den bei weitem größten Einfluß übt der Extract, geringern der
Alkohol. Extract und
Alkohol können daher als der von der optischen Probe angezeigte Gehalt der Biere
betrachtet werden. Will man nun aber auch analog mit dem zweiten Theil der
hallymetrischen Bierprobe trennen, was an dem beobachteten Gesammthalte Extract, und
was Alkohol ist, und ferner beide ausgedrükt haben in Gewichtsprocenten, wie bei der
hallymetrischen Probe, so ist dazu noch die Beobachtung einer andern physikalischen
Eigenschaft des Bieres, z. B. seiner specifischen Schwere erforderlich. Hiezu ist
eine gewöhnliche gläserne Senkspindel mit Thermometer ausreichend.
Kennt man so das specifische Gewicht oder die Angabe des Aräometers für eine
Biersorte, und ihren Gehalt nach der optischen Probe, so findet sich aus der S. 440
mitgetheilten Tafel der Gehalt nach Gewichtsprocenten an
Extract und Alkohol.
In dieser Tafel enthält die erste Columne O den Gehalt
des Bieres in Maaßen Normalbier per Eimer, wie ihn die
optische Probe durch Ablesung unmittelbar gibt. Die Columne A. enthält eben so die Angaben einer gläsernen Senkspindel versenkt in
dieselbe Biersorte, welche in der optischen Probe geprüft wurde. Diese Senkspindel
soll die scheinbaren specifischen Gewichte bei der Temperatur von 15° Reaumur
angeben. Zur Bequemlichkeit für die Besizer des Procentenaräometers für Biere und
Bierwürzen, welches mit Thermometer nach R. versehen ist, habe ich in derselben
Columne A auch dessen Scala, wie sie der scheinbaren
specifischen Gewichtsscala entspricht, aufgenommen. Sie ist überschrieben
„Bierspindel,“ hierdurch wird es gleichgültig, welches
dieser Aräometer man bei den Versuchen anwendet. — Die Columnen I, II, III, IV enthalten Zahlen,
aus deren Unterschied die Gehaltsbestimmung an Extract und absolutem Alkohol
hervorgeht; sie gelten für die Temperatur von 15° des Thermometers am
Aräometer. — Die Columnen I′,II′,III, IV′, zeigen, wie viel sich diese Zahlen ändern,
wenn die Temperatur des Versuches um 10° niedriger, also 5° ist. +
zeigt an, daß sie zu den ersteren hinzugezählt, — daß sie davon abgezogen
werden müssen. Durch ihre Berüksichtigung kann daher bei jeder Temperatur die
Gehaltsbestimmung mit gleicher Sicherheit vorgenommen werden.
Gebrauchs-Anweisung.
Es sey die Angabe des optischen Gehaltmessers
= O
Die Angabe der Senkspindel in demselben Biere
= A
die mit O und A
auf gleicher Horizontallinie stehenden Zahlen
I, II, III, IV
so ist des Bieres Procentgehalt an Extract
= I–III
— — absolutem Alkohol
=II–IV
Beispiele.
Sey bei einem Biere die Angabe der optischen Probe = 64 also
O = 64
des Aräometers = 1,015 oder 4° Bierspindel also
A = 1,015
so findet sich in der Columne
O die Zahl 64. Neben ihr in I 9,5. in II 22,3
A die Zahl 1,015. Neben ihr in III 4,0. in IV 19,1
Man schreibe jezt dieß nach folgendem Schema nieder:
Extract
Alkohol
Fuͤr O
=
64
ist
I
=
9,5
II
=
22,3
— A
=
1,015
bei 15½
III
=
4,0
IV
=
19,1
–––––––––––––––––––––
I—III = 5,5 II—IV = 3,2
Das untersuchte Bier enthält daher:
Extract
5,5
Gewichtsprocent
Alkohol
3,2
—
Ich werde in weitern Beispielen die Tafel näher kennen lehren.
Bei einer zweiten Biersorte sey
Extrakt
Alkohol
Fuͤr
O
=
70
9,8
23,0
—
A
=
1,015 bei 15°
4,0
19,1
––––––––––––––––
5,8
3,9
Hier ist ein Vergleich mit dem ersten Biere, der Extract mehr um 0,3 Proc., der
Alkohol ebenfalls mehr um 0,7 Proc., obschon in beiden
Bieren, bei derselben Temperatur, das Aräometer genau dasselbe specifische Gewicht
anzeigte. Man sieht daraus, daß die Senkspindel oder das sogenannte
Procentenaräometer für Bier allein und ohne chemisches Experiment damit zu
verbinden, ganz falsche Resultate liefern kann, und also nicht, wie in neuerer Zeit
versucht wurde, als Bierwaage empfohlen werden darf.
Sezen wir dagegen bei einer dritten Biersorte
Extract
Alkohol
O = 64
9,5
22,2
das Araͤometer aber
A = 1,018 bei 15°
3,6
20,0
––––––––––––––
5,9
2,3
Der Extract ist hier gegen den ersten Versuch um 0,4 Procent mehr, der Alkohol aber
um 0,9 Proc. weniger geworden. Es entsprechen daher in der optischen Probe 0,9/0,4
d. i. 2¼ Gewichtstheile wasserfreier Alkohol, 1 Gewichtstheil Extract, und in
diesen Verhältnissen wächst die Angabe der optischen Probe immer, es mag Alkohol
oder Extract dazu kommen, ohne jedoch für sich zu entscheiden, ob ein Gewichtstheil Extract oder
2¼ Gewichtstheile Alkohol die Vergrößerung ihrer Angabe hervorbringen. Die
optische Probe gibt also auch für sich allein angewandt jede Vermehrung des
Gehaltes, aber das Aräometer kann für sich allein diese nicht geben.
Um die Aenderungen wegen Temperaturverschiedenheit anschaulich zu machen, wollen wir
hier ein solches Beispiel geben:
Eine Biersorte zeigte bei 5°,5 R.
Extract
Alkohol
0
=
75
I′
II′
9,9
23,9
5°5 A
=
1,0245
III′
IV′
2,9
21,9
–––––––––––––
7,0
2,0
Als der Versuch aber bei 15° wiederholt wurde, war
Extract
Alkohol
O
=
73,5
10,0
23,5
15°, 0 A
=
1,023
3,0
21,5
–––––––––––––
7,0
2,0
Die Tafel gibt also für verschiedene Temperaturen der Versuche doch immer dasselbe
Resultat, wie es seyn muß.
Hieraus ersieht man zugleich, welchen Einfluß die Temperatur auf die Angaben der
optischen Proben hat. 10° R. Unterschied ändern die Gehaltsangaben bei 75 nur
um 1½ Maaß, was in der Regel wird vernachlässigt werden können. Will man es
aber doch erüksichtigen, so dient die Tafel dazu.
Man wird nun auch einen Beleg dafür wollen, daß die Tafel richtig sey, und zu
denselben Resultaten wie die chemische Analyse führe. Diesen kann ich liefern.
Eine Münchner Biersorte gibt bei 15°
Extract
Alkohol
O
=
75
10,05
23,6
A
=
4⅞
3,55
20,2
––––––––––––––
6,5
3,4
Durch Einsieden des Bieres bis auf ⅓ des Volumens wird Kohlensäure und
Weingeist vertrieben, dann mit destillirtem Wasser das ursprüngliche Gewicht
(Volumen wäre falsch) ersezt.
Diese Flüssigkeit abermals in der optischen Probe und mit dem Aräometer geprüft, gibt
abgekühlt bis zu 15°
Extract
Alkohol
O
=
60,3
9,3
21,9
A
=
6,⅜
2,8
21,9
––––––––––––––
6,5
0,0
Tafel zu Steinheil's optischer
Bierprobe.
Textabbildung Bd. 091, S. 440
O Optische Probe; Araͤometer
nach; Scheinbar. Spec. Gewicht. Tralles. Procent-Extract der
Bierspindel
Die Tafel bestimmt folglich den Gehalt an Extract richtig und zeigt, daß der Alkohol
verschwunden ist, weil sein Werth = 0 wird. Hieraus geht zugleich hervor, daß der
Einfluß der Kohlensäure kleiner als 0,2 Proc. seyn muß, weil sonst der Alkohol,
statt = 0 zu werden, einen negativen Werth hätte bekommen müssen.
Die optische Probe zeigt nach Entfernen des Weingeistes, 14,7 Maaß weniger als bei
Untersuchung des Bieres.
Wir wissen aber, daß 2¼ Gewichtstheile Alkohol 1 Gewichtstheil Extract optisch
ersezen. Man kann daher auch aus der Verminderung der optischen Angabe die Quantität
des verdampften Alkohols berechnen. Denn man hat die Proportion: die optische Angabe
nach Entfernung des Weingeistes verhält sich zu dem Gehalt an Extract, wie sich
verhält die Verminderung der optischen Angabe, durch Entfernung des Weingeistes,
multiplicirt mit dem Aequivalentwerth (2¼) zu den entfernten Procenten an
Alkohol, oder: 60,3 : 6,5 = 14,7 (2¼): Alkohol-Procent. Diese
Proportion aufgelöst gibt Alkohol = 3,5 Procent. Die Tafel hat denselben Gehalt bis
auf 0,1 gegeben.
Zugleich zeigt dieß, daß man auch mit der optischen Probe allein, oder mit dem
Aräometer allein, jedoch nur wenn man ein Experiment damit verbindet (hier das
Einsieden), den Alkohol- und Extractgehalt getrennt bestimmen kann.
Um jezt auch noch zu sehen, wie weit die Angabe des Alkoholgehaltes mit den Angaben
der hallymetrischen Probe übereinstimme, bringen wir in 1000 Gran dieses Bieres 330
Gran chemisch reines Kochsalz und finden: die Kohlensäure = 1,8 Gran, den
Salzrükstand im Hallymeter aber = 23,5 Gran. Dieß gibt durch Benüzung der
hallymetrischen Tabelle einen Gesammtgehalt von 14,8 Proc. Der Extractgehalt ist
aber schon bekannt als 6,5 Proc., die Kohlensäure 0,2. Es sind also beide zusammen
6,7 Proc. Abgezogen bildet der Weingeistgehalt 8,1 Proc. Dieß gibt den Gehalt an
absolutem Alkohol 3,6, welcher kleine Unterschied gegen die Tafel von 0,2 sehr
leicht, theils in der Tafel, die 0,1 Proc. fehlen kann, theils im Experiment, was
0,1 und mehr fehlen kann, Erklärung findet.
Aehnliche Versuche sind mehrere angestellt worden. Sie haben beurkundet, daß die
Uebereinstimmung der Resultate nach der optischen und nach der hallymetrischen Probe
größer ist, als man hätte erwarten sollen, nachdem die Tabelle der optischen Probe
auf Elementen beruht, die ganz unabhängig sind von denen der hallymetrischen Probe.
Da sonach die optische Probe dasselbe leistet, was die hallymetrische, aber in der
Anwendung weit bequemer und sicherer ist, so läßt sich kaum bezweifeln, daß sie
vielfache Anwendung finden werde.
Sie kann dem Bräuer dienen zur Bestimmung der Stärke, welche seine Würze haben muß,
wenn das Bier einen gewissen Gehalt bekommen soll; sie kann ihm dienen, alles Bier
von gleichem Gehalte abzugeben; auch seine Wirthe in Bezug auf Alterirung durch
Wasser zu controliren. Sie kann der Regierung dazu dienen, die Gränzen der
Pfennigvergültigkeit eines nach der Verordnung gebrauten Bieres zu bestimmen, um so
das Publicum vor geringhaltigem Biere zu schüzen. Sie kann und soll aber nicht dazu
dienen, ein Urtheil über die Güte oder Qualität des Bieres abzugeben, denn dazu ist
der Geschmak der Sachverständigen das sicherste und einfachste Mittel. Wenn aber
Biere wohlschmekend befunden worden sind, dann lehrt die optische Probe direct, wie gehaltreich sie an Malz sind, oder wie weit
man mit der Verdünnung durch Wasser gegangen sey, mit Benüzung des Aräometers und
der obigen Tafel aber, wie viel Gewichtsprocente Extract und Alkohol sie
enthalten.