Titel: Ueber den zwischen ungesunden Fabriken und Wohnhäusern zu lassenden Abstand; von Hrn. d'Arcet.
Fundstelle: Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXXVII., S. 293
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LXXVII. Ueber den zwischen ungesunden Fabriken und Wohnhaͤusern zu lassenden Abstand; von Hrn. d'Arcet. Aus dem Recueil de la Société polytechnique, 1843, No. 10 S. 1. Mit Abbildungen auf Tab. IV. d'Arcet, über den zwischen ungesunden Fabriken und Wohnhäusern zu lassenden Abstand. Würden alle Winde zu gleichen Zeiten und immer gleich stark wehen, so müßte natürlich jede Fabrik mit ungesunden oder unangenehmen Ausdünstungen in den Mittelpunkt eines ihr gewidmeten Kreises gestellt werden, dessen Peripherie den benachbarten Wohnungen als Gränze dienen würde und dessen Halbmesser um so größer seyn müßte, je intensiver, je häufiger, je schädlicher oder unangenehmer diese Ausdünstungen sind; bei der ersten Entwikelung der französischen Fabrik-Industrie wollte man mit der Bestimmung der solchen Fabriken einzuräumenden Pläze auf diese Weise verfahren; man sah aber bald ein, daß dieses Verfahren fehlerhaft ist und überließ seither dem freien Dafürhalten des Gesundheitsraths oder der Bauinspectoren die Bestimmung der Entfernung von den sie umgebenden Wohnungen, in welcher eine Fabrik gesezlich erbaut werden darf.Einige Spuren der fruͤhern Ansicht, daß solche Fabriken in gleichen Entfernungen gleich schaͤdlich seyn muͤssen, sind noch jezt vorhanden. So duͤrfen nach dem franz. Forstgesez Kalkoͤfen nur mit besonderer Erlaubniß weniger als einen Kilometer von den Waldungen entfernt erbaut werden, und Ziegelbrennereien und Ablagerungen von Unrath, abgesehen von einer schiklichen Lage, auch nur in gewissen Entfernungen errichtet werden. Amtlich veranlaßt habe ich über die Vereinigung des Interesses der Eigenthümer mit dem der Industrie viel nachgedacht. Als Auskunftsmittel entwarf ich endlich ein Bild von dem Einflusse der Winde, welches den Gegenstand gegenwärtiger Mittheilung ausmacht; dasselbe wurde mir sehr nüzlich, ja oft unentbehrlich, und es wäre zu wünschen, daß überall dergleichen entworfen würden, indem, auf sie fußend, den zu erstattenden Berichten eine solche glaubwürdige Sicherheit gegeben werden kann, daß nur dadurch die Einreden des Privatinteresses zum Schweigen zu bringen sind. Um die Wirkungssphäre der hauptsächlichsten Winde in der nächsten Umgebung einer ungesunden Fabrik bildlich darzustellen, benuzte ich in Ermangelung besserer und directer Hülfsmittel zur Bemessung des von ihr gestifteten Schadens die Anzahl der Tage, an welchen die hauptsächlichen Winde jährlich diese Fabrik passiren, ehe sie an die Wohnungen der Nachbarschaft gelangen. Fig. 31 wurde nach den am Observatorium zu Paris vom 1.Jul. 1835 bis zum 1. Jul. 1843, also 8 Jahre nacheinander täglich angestellten meteorologischen Beobachtungen verzeichnet; in folgender Tabelle sind die Durchschnittszahlen für diesen Zeitraum zusammengestellt.Diese Beobachtungen wurden alle zur Mittagsstunde angestellt und sind daher zu vorliegendem Zwek sehr geeignet, indem die Nachbarschaft von ungesunden Fabriken zur Nachtzeit nichts zu leiden hat und wohl angenommen werden kann, daß die Beobachtungen zur Mittagsstunde die mittlere Richtung der Winde fuͤr den ganzen Tag angeben. Durchschnittszahlen achtjähriger meteorologischer Beobachtungen. Ramen der winde. Durchschnittliche Anzahl der Tage per Jahr fuͤr jeden WindWaͤhrend dieser 8 Jahre waren 5 Tage vollkommen windstill. Bei der Berechnung der Durchschnittszahlen wurde jede Decimale unter 5 vernachlaͤssigt, und jede uͤber 5 fuͤr 1 gerechnet. Rord 20 Rordnordost 14 Rordost 31 Ostnordost 17 Ost 15 Ostsuͤdost 10 Suͤdost 17 Suͤdsuͤdost 15 Suͤd 31 Suͤdsuͤdwest 26 Suͤdwest 41 Westsuͤdwest 32 West 37 Westnordwest 22 Nordwest 25 Nordnordwest 13 Da jeder Wind sich mit den Dämpfen einer Fabrik nur beim Dahinstreichen über dieselbe beladet und nur der Nachbarschaft auf derjenigen Seite der Fabrik Schaden zufügt, welche der Seite, woher er kommt, entgegengesezt ist, so mußte in der Figur 31 die auf jeden Wind bezügliche Zahl nicht auf die Seite, woher er kommt, sondern auf die, wo er ankommt, gesezt werden; auf diese Weise wurden die 16 Radien entworfen, deren äußerste Endpunkte den Umriß des Polygons bestimmten, welches für das Departement der Seine die specielle Fläche bildet, die dem schädlichen Einfluß der in der Mitte dieser Figur befindlichen ungesunden Fabrik A ausgesezt ist. Nach dieser Erklärung der Figur wird man, der Tabelle entsprechend, finden, daß der Ostwind, im Mittel von 8 Jahren, jährlich 15 Tage, der Nordwind 20 Tage, der Südwind 31 Tage, der Ostsüdostwind nur 10 Tage, der Südwest hingegen 41 Tage bläst und der herrschende Wind ist für dieses Departement u. s. f. Soll nun eine der Nachbarschaft lästige Fabrik etablirt werden, so orientire ich mich zuvörderst im Mittelpunkt des gegebenen Locales mittelst des Compasses und untersuche 1) die allgemeine Lage des Plazes und der Nachbarwohnungen; 2) ob die Entfernung der Fabrik von den nächsten Häusern der dem Ost- und Südostwind (für uns die herrschenden) entgegengesezten Seite groß genug ist, damit diese Seite der Nachbarschaft von ihren Dämpfen nicht leidet; 3) ob die Fabrik auf dem gewählten Terrain so gebaut werden kann, daß, wenn sie sich an der Stelle des Gebäudes A, Fig. 31, befindet, die sie umgebenden Wohnungen um sie wie die Winkel und Seiten des Polygons um A vertheilt sind. Aus dieser Untersuchung, mit Zuziehung alles dessen, was sich sonst aus den Acten ergibt, läßt sich ein sehr sicheres Urtheil bei dem abzugebenden Gutachten fällen. Es versteht sich, daß die bei Errichtung einer Fabrik für nöthig erachtete Polygonfläche um so weiter ausgedehnt werden muß, je häufiger und schädlicher die von ihr ausgehenden Dämpfe sind. Ein nach den im Jahr 1824 (zu Paris) gemachten meteorologischen Beobachtungen entworfenes Polygon Fig. 32 weicht von dem vorigen sehr ab; ein Beweis, wie nöthig es ist, dieselben nach den Beobachtungen einer Reihe von Jahren zu entwerfen.

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Tab. IV