Titel: | Versuche zur Bestimmung des Drukes, welchen das bewegte Wasser gegen verschiedene senkrecht und schief gestellte Flächen ausübt, unter der Annahme daß diese Flächen unbeweglich und in einen als unbegränzt zu betrachtenden Strom gänzlich eingetaucht seyen; von Fourneyron. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. LXXIII., S. 280 |
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LXXIII.
Versuche zur Bestimmung des Drukes, welchen das
bewegte Wasser gegen verschiedene senkrecht und schief gestellte Flaͤchen
ausuͤbt, unter der Annahme daß diese Flaͤchen unbeweglich und in einen als
unbegraͤnzt zu betrachtenden Strom gaͤnzlich eingetaucht seyen; von
Fourneyron.
Aus den Comptes rendus, 1843, Bd. XVII. S.
796.
Fourneyron's Versuche über den Druk fließenden Wassers
etc.
Der Verfasser stellt die Resultate seiner Abhandlung in folgenden Hauptpunkten
zusammen:
1) wenn man den Wirkungen eines frei fließenden Wasserstroms, nachdem man seinen
Querschnitt und seine mittlere Geschwindigkeit gemessen hat, eine ebene Fläche unter
allen möglichen Winkeln aussezt, so ändern sich die Verhältnisse: der Querschnitt
und die Geschwindigkeit des Wassers nehmen andere Werthe an.
2) Die Wasseroberfläche erhebt sich oberhalb der gestoßenen Ebene, und diese Erhöhung
ist ungefähr dem Flächeninhalt dieser Ebene multiplicirt mit dem Sinus des
Einfallswinkels proportional, unter der Bedingung, daß die Wände des Canals
senkrecht und hoch genug sind, damit das Wasser nirgends überfließen könne.
3) In dem Bereich der direct gegen die exponirte Fläche fließenden Wasserfäden
vermindert sich die Geschwindigkeit des Wassers nach Maaßgabe des größer werdenden
Einfallswinkels. Außerhalb dieses Stromtheils dagegen vermehrt sich die
Geschwindigkeit merkbar.
4) Die mittlere aller Geschwindigkeiten, welche in einem 1 Meter und 1m, 50 oberhalb des
Apparates befindlichen Querschnitt genommen werden, ist kleiner als die
Geschwindigkeit vor dem Eintauchen der Fläche in den Strom; der Flächeninhalt des
Querschnittes ist in demselben Verhältnisse größer, und das Product dieser beiden
Größen gibt das ursprüngliche Volumen. Hieraus folgt, daß die Geschwindigkeit des
Stromes vor Eintauchung der Stoßflächen nicht diejenige seyn kann, welche den Druk
gegen die Flächen veranlaßt.
5) Die Spannung des Dynamometers, welche die Größe des Stoßes normal gegen die
gestoßene Fläche mißt, vermehrt sich mit dem Einfallswinkel zur Linken gemessen, von Null bis zu
90°, d. h. bis zu dem Moment, wo sich die Fläche perpendiculär zum Stoß
stellt. In diesem Falle erreicht der Druk sein Maximum. Zwischen diesen beiden
äußersten Stellungen war der Einfallswinkel beständig zur Linken; ich nenne dann den
Stoß nach Thibault einen äußeren. Fährt man fort, die Ebene über 90° hinaus zu drehen, so
geht der Einfallswinkel nach der rechten Seite über, und das äußere Ende der Ebene
tritt gegen den Strom, indem es sich der Mauer nähert; in diesem Falle ist der Stoß
ein innerer.
6) Für alle Einfallswinkel zur Rechten zwischen 90° und 37° wird der
innere Stoß durch eine und dieselbe Spannung des Dynamometers gemessen, und diese
Spannung ist derjenigen gleich, welche beim senkrechten Stoß ein Maximum wird. Von
90° bis 37° kann man daher den schiefen innern Stoß als constant und
dem perpendiculären Stoß ungefähr gleich betrachten; ich sage ungefähr, weil es in
der That den Anschein hat, als ob eine kleine Differenz existire, und der schiefe
äußere Stoß für die innerhalb der von mir festgesezten Gränzen enthaltenen Winkel
hie und da das Maximum in Beziehung auf den senkrechten Stoß merkbar überschreite.
Allein diese Differenz, wenn sie überhaupt existirt, ist so gering, daß ich keinen
Anstand nehme, das Resultat des Versuchs, so wie ich es oben ausgesprochen habe,
anzunehmen.
7) Unter 37° vermindert sich die Stärke des schiefen inneren Stoßes mit dem
Einfallswinkel, aber die Spannung des diesen Stoß messenden Dynamometers ist immer
größer als die des schiefen äußeren Stoßes für einen gleichen Winkel. Das Verhältniß
ist in gewissen Fällen näherungsweise wie 2 : 1.
Die Lage meines Apparates in der Nähe der einen Seite des Bachs hat mich in den Stand
gesezt, in Betreff des inneren Stoßes wichtige Beobachtungen zu sammeln, welche ich
nun darlegen werde. Hätten die Achse und die Stoßflächen eine große Entfernung von
allen Wänden, so käme man auf den allgemeinen Fall des äußeren Stoßes, den
Hauptgegenstand meiner Untersuchungen, zurük.
8) Wenn man, ohne die Aenderungen der Geschwindigkeit des Wassers bei jeder
Veränderung der Lage der Stoßflächen in Rechnung zu ziehen, das Gesez studiren will,
welches die Erfahrung bei der Wasserströmung und den Flächen die ich angewendet
habe, bezeichnet, so läßt die graphische Darstellung der erlangten Resultate
erkennen, daß wenn der perpendiculäre Stoß der Einheit gleich gesezt wird, der
schiefe äußere Stoß immer kleiner als der Sinus des Einfallswinkels ist.
Der Unterschied zwischen diesem Sinus und dem durch die Erfahrung gegebenen Werth des schiefen
Stoßes wächst in dem Maaße, als sich der Winkel von 90° entfernt, zuerst
rasch in der Nähe dieses Winkels, nachher aber, wenn der Einfallswinkel weniger als
75° beträgt, sehr langsam. Der Ausdruk
P (sin
α - 0, 1 cos α)
in welchem. P den aus dem directen
Stoß resultirenden Druk und α den Einfallswinkel zur Linken vorstellt, dürfte
mit genügender Genauigkeit sämmtliche Resultate der von mir über den schiefen
äußeren Stoß angestellten Versuche repräsentiren, und zwar für alle Winkel zwischen
10° und 90°.
Der schiefe innere Stoß würde für alle Winkel zur Rechten von 90° bis zu
37° = P seyn. Für die Winkel unter 37°
wäre der Werth des schiefen inneren Stoßes durch den einfachen Ausdruk
1,67 P sin α
repräsentirt.
9) Die mittlere Geschwindigkeit, deren Fallhöhe dem Stoße proportional ist, gibt mit
dem Querschnitt des die Stoßfläche umgebenden freien Raumes multiplicirt, ein
Product gleich dem Volumen des in dem Bache fließenden Wassers.
10) Nimmt man als Grundlage der Berechnungen die mittlere Geschwindigkeit, so gelangt
man zu folgendem sehr einfachen Resultat: der aus dem schiefen Stoße gegen eine ganz
in den Wasserstrom getauchte Fläche resultirende Normaldruk verhält sich zu dem Druk
gegen dieselbe senkrecht gestoßene Fläche, wie der Sinus des Einfallswinkels zum
Halbmesser oder zu der Einheit.
11) Der Normaldruk, welcher aus dem Stoße des gegen unbewegliche und ganz
eingetauchte Flächen bewegten Wassers resultirt, nimmt zu mit der Flächenausdehnung,
mit dem Quadrate der Geschwindigkeit und mit dem einfachen Sinus des
Einfallswinkels.
12) Der absolute Werth des aus dem Wasserstoß gegen eine eingetauchte Fläche
resultirenden Drukes in Kilogrammen ist gleich dem Gewichte einer Wassersäule,
welche zur Basis die gedrükte Oberfläche hat, und zur Höhe 0,52 der Fallhöhe, welche
der mittleren Geschwindigkeit des die Fläche umgebenden Wasserstroms entspricht,
dieses Gewicht mit dem Sinus des Einfallswinkels multiplicirt.
13) Enthalten die gedrükten Flächen in ihrer Mitte große Oeffnungen, so bieten sie
weniger Widerstand dar; alles Uebrige verhält sich übrigens eben so, wie wenn sie
voll wären. Ist der Stoß perpendiculär, so ist der gegen den soliden Theil der
durchbrochenen Flächen gerichtete Druk nur ungefähr 9/10 des Drukes, welchen eine
volle Fläche von gleichem Inhalte zu erleiden hätte. Bei Abnahme der Einfallswinkel
vermindert er sich noch merkbar.
14) Für eine nicht ganz eingetauchte Fläche ist der absolute Druk kleiner als für
eine eingetauchte Fläche; der Unterschied ist ungefähr 1/11, und er nimmt noch in
dem Maaße zu, in welchem die Winkel kleiner werden.
15) Endlich wurde ein dreiseitiges Prisma mit horizontalen Kanten in den Strom
getaucht. Beide dem Wasserstoß ausgesezte Flächen bildeten mit einer durch die
vordere Kante gelegten Ebene gleiche Winkel von 26° 20′, die eine
über, die andere unter dieser Ebene, und boten zusammen einen Flächeninhalt von 2,04
Quadratmeter dar. Unter diesem Umstand erfuhr das Prisma bei einer Geschwindigkeit
von 1,7 Meter in der Secunde einen Druk von 89 Kilogrammen, während die Rechnung
nach der früheren Theorie nicht einmal 40 Kilogramme gegeben hätte.