Titel: | Ueber die rollende Reibung der Eisenbahnräder; von Hrn. de Pambour. |
Fundstelle: | Band 91, Jahrgang 1844, Nr. XLIV., S. 172 |
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XLIV.
Ueber die rollende Reibung der
Eisenbahnraͤder; von Hrn. de
Pambour.
Aus dem Moniteur industriel, Nov. 1843, No.
773.
de Pambour, über die rollende Reibung der
Eisenbahnräder.
Die einzigen Versuche, welche über die rollende Reibung der Eisenbahnwagen existiren,
sind die des Hrn. Wood. Erzog aus seinen Versuchen den
Schluß, daß diese Reibung 1/1000 des auf den Rädern lastenden Gewichtes sey. Da
indessen dieser Schriftsteller den Widerstand der Luft nicht mit in Rechnung
gebracht hat, hielt ich es für gut, seine Resultate mit Berüksichtigung dieses
Umstandes zu revidiren. Diese Correction habe ich unten in einer Tabelle
dargestellt.
Um den Widerstand der Luft mit in Rechnung zu ziehen, bediente ich mich der von Thibault in seinen schönen Versuchen aufgestellten
Formel, die ich bereits in meinem Werke über Locomotiven, zweite Auflage S. 140
eingeführt habe. Auf englisches Maaß reducirt, um an den von Wood gegebenen Größen nichts zu ändern, ist diese Formel folgende:
Q = 0,00119 × 1,17 Sυ2,
in welcher Q den Widerstand der
Luft in Pfunden, S die directe Oberfläche des bewegten
Körpers in Quadratfußen und υ die
Geschwindigkeit der Bewegung in Fußen per Secunde
bezeichnet.
Da die Versuche mit einem System von zwei 34,5 Zoll im Durchmesser haltenden, auf
ihrer Achse befestigten und mit dem gehörigen Gewichte belasteten Rädern angestellt
worden waren, so habe ich zunächst von dem Totalgewichte, um die beiden Räder zu
repräsentiren, 400 Pfd. abgezogen; der Rest durch 360 Pfd., das Gewicht eines
Kubikfuß Eisens, dividirt, lieferte mir das Volumen des die Ladung bildenden Eisens.
Dieses durch 5, d. h. die Länge einer Achse in Fußen dividirt, gab den Durchschnitt des in Bewegung
befindlichen metallenen Prisma's; hieraus die Quadratwurzel ziehend, leitete ich
seine Seite her; diese multiplicirte ich mit 5, wodurch ich die dem Stoße der Luft
ausgesezte Oberfläche des Prisma's ermittelte. Indem ich noch 2 Quadratfuß für die
directe Oberfläche der Räder hinzufügte, erhielt ich die Totaloberfläche des
Systems.
Bei jedem Versuche berechnete ich die Totalreibung nach Wood's Resultat. Indem ich den Widerstand der Luft aus der Rechnung
schaffte und das Resultat durch das Gewicht des Systems dividirte, erhielt ich die
Zahlen, welche die rollende Reibung, nach Abzug des Widerstands der Luft,
darstellen. Die Resultate sind in folgender Tabelle enthalten.
Gewicht der Ladung in Pfunden.
Rollende Reibung ohne Beruͤksichtigung des
Widerstandes der Luft.
Endgeschwindigkeit in Fußen per Secunde.
Der Luft dargebotene Oberflaͤche in
Quadratfußen.
Widerstand der Luft in Pfunden.
Rollende Reibung nach Abzug des Widerstandes der
Luft.
595
0,00144
12,51
6,65
0,794
0,00011
656
0,00156
12,48
3,65
0,794
0,00035
2059
0,00118
14,45
6,75
1,976
0,00024
2072
0,00100
13,02
6,75
1,593
0,00023
4480
0,00113
13,15
9,50
2,287
0,00062
Im Mittel
0,00032
Man ersieht aus dieser Tabelle, daß man nicht 1/1000 des von den Rädern getragenen
Gewichtes, wie Wood's Versuche über diesen Gegenstand
nachweisen, sondern nur ⅓ dieser Größe als rollende Reibung auf Eisenbahnen
zugeben darf. Sucht man mit Hülfe dieses und des von Hrn. Morin mit Bezug auf Achsen- oder Zapfenreibung erlangten Resultates
den Werth der bei Eisenbahnwagen stattfindenden Totalreibung und berüksichtigt, daß
das Gewicht des belasteten Wagenkörpers 3,90 Tonnen, das des ganzen Wagens 4,75
Tonnen, der Durchmesser der Räder 36 Zoll, derjenige der Achsenbüchse 1,875 Zoll,
die Zapfenreibung nach Morin 0,054 und endlich das
Gewicht einer Tonne 2240 Pfd. beträgt, so findet man:
Achsenreibung = 3,90 × 2240 × 0,054 ×
1,875/36 = 24,57 Pfd.,
rollende Reibung = 4,75 × 2240 × 0,00032 =
3,40/27,97,
Totalreibung per Tonne =
27,97/4,75, = 5,89.
Verhältniß der Reibung zum Gewicht = 5,89/2240 = 1/380.
Dieses Resultat stimmt mit demjenigen überein, welches ich selbst durch eine Reihe
directer Versuche erlangt habe. Diese Versuche bezogen sich auf 132 Wagen im
Gewichte von 615 Tonnen, und lieferten als Totalreibung der Wagen 5,76 Pfd. per Tonne oder 1/375 der Last. Es ist klar, daß man
Wagen von merkbar geringerer Reibung consiruiren könnte, denn man findet unter den
Versuchen des Hrn. Morin über die Zapfenreibung manche
Fälle, wo die Reibung nicht mehr als 0,035 anstatt 0,054 betrug. Hält man sich
ferner unter seinen Versuchen an diejenigen, welche er an metallenen Zapfenlagern
mit continueller Oehlung anstellte, wie diese bei Eisenbahnwagen vorkommt, so findet
man als mittleren Werth der Zapfenreibung 0,049, wonach sich die Totalreibung der
Wagen nur zu 5,41 Pfd. per Tonne oder zu 1/414 der Last
gestalten würde.
In obiger Berechnung der Totalreibung des Wagens habe ich mich der allgemein
angenommenen Methode bedient, dieselbe als die Summe der Achsenreibung und der
rollenden Reibung zu betrachten. In sehr genauen Untersuchungen über den Aufwand an
Zugkraft bei Wagen hat Hr. Piobert bei Gelegenheit der
Einführung seines vervollkommneten Rädersystems mit Achsen von doppelter Rotation
dargethan, daß der genaue Ausdruk der Zugkraft noch einen dritten Ausdruk enthält,
welcher eine Function der beiden ersteren ist. Er zeigte auch, daß die Achsenreibung
durch die Rotation des Rades in einem weit größeren Verhältnisse als dem der Büchse
zu dem Halbmesser des Rades reducirt wird. Da aber der dritte Ausdruk, wovon die
Rede war, bei einem harten und gleichförmigen Boden, z. B. bei der Oberfläche der
Bahnschienen, nur sehr wenig Einfluß hat, da ferner die beiden in Rede stehenden
Correctionen in entgegengeseztem Sinne stattfinden, was den Erfolg noch reducirt, so
glaubte ich nicht, daß die Versuche eine genügende Genauigkeit haben würden, um sie
beim vorliegenden Falle in Anwendung bringen zu dürfen.