Titel: | Ueber Entfuselung des Branntweins. |
Fundstelle: | Band 90, Jahrgang 1843, Nr. LXXXII., S. 369 |
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LXXXII.
Ueber Entfuselung des Branntweins.
Ueber Entfuselung des Branntweins.
Das Handbuch der
Branntweinbrennerei von Dorner gibt zur Herstellung eines fuselfreien
Branntweins folgende empfehlenswerthe Vorschrift:
„Für viele Zweke ist es von Wichtigkeit, einen völlig fuselfreien
Branntwein darzustellen. Die Apotheker, so wie die Likörfabrikanten können und
dürfen nur reinen Branntwein oder Spiritus verarbeiten; ja selbst die
gewöhnlichen Branntweintrinker verschmähen den mit dem unangenehmen Fuselöhl oft
überladenen Kartoffelbranntwein, namentlich wenn er durch die neueren
Destillirapparate gewonnen worden.
Zur Erreichung dieses Zwekes sind die mannichfaltigsten Vorschläge gemacht worden,
und die Zahl derjenigen Mittel, von denen behauptet worden, daß sie die Entfuselung
des Branntweins bewirken, ist beträchtlich. Man benüzte, besonders in früheren
Zeiten, mineralische Säuren, wie Schwefelsäure, kaustische Laugen und Erden, wie z.
B. kaustisches Kali, Kalk u. dergl., endlich Potasche, Chlorkalk, Braunstein u. s.
w. Man hat auch vorgeschlagen, den fuseligen Branntwein mit Baumöhl oder Mandelöhl,
mit Milch u. dergl. zu behandeln, um ihm den Fuselgeschmak zu entziehen.
Diese verschiedenen, mitunter ganz verfehlten und kostspieligen Mittel haben aber
viel von ihrem Werthe verloren, seit man erstens die große reinigende Kraft der
Kohle kennen gelernt, und seit man zweitens mit der Natur der Fuselöhle selbst
bekannter geworden ist, und auch die Einwirkungen der Säuren und Alkalien auf den
Alkohol mehr studirt worden sind.
Jezt behauptet unter den besagten Reinigungsmitteln die Kohle den ersten Rang. Man
weiß, daß die Säuren und kaustischen Alkalien zwar das Fuselöhl einigermaßen
zersezen, sie entfernen es aber keineswegs vollständig aus dem Alkohol, der aber
eben durch die genannten Stoffe auch eine theilweise Zersezung erfährt, und dadurch
einen fremdartigen Geschmak und Geruch annimmt.
Nur darüber wurde man lange nicht einig, ob die thierische Kohle den Vorzug vor der
vegetabilischen verdiene, und sind die Meinungen hierüber auch bis zur Stunde noch
nicht ganz ausgeglichen; so viel ist aber gewiß, daß für die größere Brauchbarkeit
der vegetabilischen Kohle, nämlich der Holzkohle, die
meisten Erfahrungen sprechen.
Am häufigsten wird die gewöhnliche Fichtenkohle, wie sie von den Köhlern überall in
Masse zugeführt wird, verwendet, obschon man gefunden hat, daß die Kohlen von
verschiedenen Holzarten eine ungleiche reinigende Kraft besizen, und daß hierin die
Lindenkohle sich am meisten auszeichnet.
Es ist aber keineswegs gleichgültig, in welchem Zustande und auf welche Weise man die
Kohle anwendet. Fein gepulvert leistet sie dieselben schlechten Dienste, als wenn
man sie in groben Stüken anwendet. In ein grobkörniges gleichförmiges Pulver
verwandelt, zeigt sie sich am wirksamsten.
Wahrscheinlich beruht die Wirkung der Kohle auf ihrer großen Porosität. Der
Faserstoff der Pflanzen hat auch während des Vegetationsprozesses eine große
attractorische Kraft, und diese aufsaugende Kraft desselben wird durch den
Verkohlungsprozeß noch erhöht, so daß die Kohle, ohne Unterschied, alle flüchtigen
Stoffe und Gasarten um so begieriger verschlukt, je vollständiger sie ausgeglüht
ist.
Aus diesem Grunde muß dieselbe ganz frisch, wie sie aus dem Ofen kommt, verwendet
werden, ehe sie nämlich durch längeres Liegen an der Luft Gelegenheit gehabt, sich
mit anderen Gasarten und riechenden Stoffen zu beladen; darum muß sie, wenn dieselbe
noch einmal gebraucht werden soll, wieder frisch ausgeglüht werden, und taugt dann
überhaupt nicht mehr so gut, als im ganz frischen Zustande.
In größeren Anstalten, wo eine beträchtliche Menge Kohle verbraucht wird, hat man zum
Zerkleinern derselben eigene Mühlen. Sie bestehen der Hauptsache nach aus einer
eisernen Trommel, die in ihrem Umkreise durchlöchert ist.
Die frisch geglühten Kohlen kommen in ein größeres eisernes oder kupfernes Gefäß, das
mit einem gut schließenden Dekel versehen ist. In diesem bleiben die Kohlen so lange
zugedekt liegen, bis sie ausgekühlt sind. Nun füllt man dieselben, von aller
anhängenden Asche befreit, in die Trommel, gibt zwei oder drei l2 bis 15pfündige
eiserne Kugeln hinein, und dreht mittelst einer Kurbel die Trommel lebhaft herum.
Die zerstoßenen Kohlen fallen durch die Löcher der Trommel in einen hölzernen
Kasten, in welchen dieselbe eingeschlossen ist, so daß nur ihre Kurbel aus demselben
herausragt.
Wo die zu verwendende Kohlenmenge nur gering ist, reicht man auch, statt einer
solchen Mühle, mit einem gewöhnlichen Mörser aus, und siebt das entstehende
gröbliche Pulver ab, um nicht zu viel feines zu bekommen, das sich zur Entfuselung
nicht gut anwenden läßt.
Bei der Entfuselung selbst verfährt man auf folgende Weise. Man bringt den zu
reinigenden Branntwein in aufrechtstehende, oben offene Fässer, oder auf Bottiche,
die man mit einem gut schließenden Dekel versieht. Die anzuwendende Kohle wird sorgfältig
von feinem Pulver durch Absieben befreit, und davon auf einen Eimer Branntwein
ungefähr 8–10 Pund zugesezt. Das Ganze bleibt wohlbedekt, unter öfterm
Aufschütteln etwa 24–30 Stunden stehen, worauf man das Kohlenpulver sich
ruhig absezen läßt, und den darüber stehenden Branntwein abzapft. Der Branntwein
wird dann noch einmal über die Blase gezogen.
Hierbei saugen aber die Kohlen beträchtliche Antheile Branntwein auf, der verloren
gehen würde, wenn man ihn nicht auch abdestillirte. Es bringen darum viele den
Branntwein, nachdem er längere Zeit über den Kohlen gestanden, sammt diesen auf die
Destillirblase. Diese Methode taugt aber aus dem Grunde nichts, weil die Kohlen beim
Erhizen einen Theil des aufgesogenen Fuselöhls wieder abgeben, das Reinigen mithin
nur sehr unvollständig von Statten geht.
Man thut daher weit besser die Kohlen, nachdem der Branntwein abgelassen worden, zu
sammeln und mit Wasser angerührt einer besondern Destillation zu unterwerfen. Der
auf solche Weise erhaltene Branntwein hat zwar einen etwas fuseligen Geruch, er läßt
sich aber recht gut zu manchen Zweken verwenden. Werden zu diesem Reinigen des
Branntweins neue Geschirre angewendet, so hat man sie vorerst mit heißem Wasser gut
auszubrühen.
Wo bedeutende Quantitäten Branntwein zu reinigen sind, bedient man sich hiezu eigens
vorgerichteter Filtrirbottiche von folgender Einrichtung.
Gewöhnliche Bottiche aus Eichen- oder aus Buchenholz erhalten, einige Zoll
über dem Boden, einen Siebboden, der aus einer hölzernen Scheibe besteht, die mit
dichtstehenden, federspuhldiken Löchern versehen ist. Sie muß ringsum genau an die
Wände des Bottichs anschließen. Man kann diesen Boden auch aus Kupfer machen lassen.
Die Bottiche haben ungefähr 6 Fuß Höhe, auf eine Weite von etwa 2½ Fuß.
Will man nun zur Reinigung eines Branntweins schreiten, so bedekt man den Siebboden
mit einem dichten Leinwand- oder Wollenlappen, den man vorher mit reinem
Branntwein gehörig angefeuchtet hat, und füllt hierauf den Bottich so weit mit
gröblich gestoßenen Kohlen an, daß nunmehr 8–10 Zoll desselben zur Aufnahme
des Branntweins leer bleiben. Die Kohlen werden von feinem Pulver befreit, in etwa
pfeffergroßen Körnern in den Bottich mäßig fest eingedrükt, nachdem man sie früher
ebenfalls mit Branntwein durch und durch angefeuchtet hat. Oben wird die
Kohlenschicht mit einem
zweiten feuchten Lappen bedekt, worauf der Apparat mit dem Dekel versehen wird.
In diesem Dekel ist eine kleine Oeffnung angebracht, durch welche man den Branntwein
aus einem höher stehenden Bottich auf die Kohlen fließen läßt. Er sikert langsam
durch die Kohlenschichten hindurch, und fängt nach längerer Zeit durch den am Boden
befindlichen Hahn abzufließen an.
Anstatt den zu reinigenden Branntwein oben aufzugießen, bringen andere denselben von
unten, zwischen dem Siebboden und dem eigentlichen Boden, in den Bottich hinein. Zu
diesem Behufe stellt man das Branntweingefäß über den Filtrirbottich auf, aus diesem
Gefäß geht ein Rohr in gerader Richtung herab und unten in den Bottich, zwischen den
beiden Böden hinein. Die hohe Flüssigkeitssäule drükt den einströmenden Branntwein
aufwärts durch die Kohlenschichten hindurch, bis er oben durch einen eigenen Hahn
wieder abfließt.
Diese Methode, den Branntwein durch Filtriren zu reinigen, hat auch den Vortheil, daß
man allen Branntwein aus den Kohlen wieder erhalten kann, ohne diese einer
Destillation unterwerfen zu müssen. Ist nämlich aller Branntwein durch die Kohlen
abgeflossen, so hat man nur oben reines Wasser aufzugießen. Dieses dringt in die
Kohlen ein, und treibt den von den Kohlen aufgesogenen Branntwein vor sich her, der
unten abfließt, ohne sich mit dem nachdringenden Wasser zu vermischen. Man hat dann
nur acht zu geben, wann der Branntwein abzufließen aufhört, denn dann folgt sogleich
das Wasser nach.
Da die Kohlen nur eine gewisse Quantität Fuselöhl aufnehmen, so müssen sie im Bottich
öfter erneuert werden. Sie lassen sich zwar wieder anwenden, wenn man sie ausglüht,
sind aber wie erwähnt, bei weitem nicht mehr so wirksam, als wenn man sie stets
frisch anwendet.
Es ist schon früher gesagt worden, daß man mit dem Pistorius'schen Beken einen eigenen Cylinder in Verbindung gebracht hat,
der mit gröblich gestoßenen Kohlen verbunden wurde. Die Branntweindämpfe mußten hier
die Kohlenschicht passiren, ehe sie in das Kühlrohr übergingen, und erfuhren demnach
hier schon die Reinigung und Befreiung vom Fuselöhl. Man hat aber später die Methode
nicht zwekmäßig gefunden und dieselbe wieder aufgegeben, sie ist aber gleichwohl
noch in manchen Brennereien üblich.
Hochgrädiger Branntwein ist, wie dieß bereits erwähnt worden, schwieriger vom
Fuselöhl zu befreien, als ein mindergrädiger, da wegen der Leichtlöslichkeit des
Fuselöhl im Alkohol dasselbe dem hochgrädigen Branntwein sehr stark anhaftet. Man
verwendet daher am besten einen 48 bis 50procentigen Branntwein zum Entfuseln.
Der fuselfreie Branntwein hat einen reinen, angenehmen Alkoholgeruch, der um so
durchdringender ist, je mehr er Alkohol enthält, also je hochgrädiger er ist. Im
starken Branntwein wird der eigenthümliche Geruch des Fuselöhls durch den stärkeren
Geruch des Alkoholsverdekt; er tritt aber sogleich unverkennbar hervor, wenn man ein
gewöhnliches Trinkglas mit fuseligem Branntwein ausschwenkt und eine Weile zwischen
den erwärmten Händen hält. Der flüchtigere Alkohol verdampft von den benezten
Glaswänden, worauf der Fuselgeruch auffallend hervortritt. Viele Probiren den
Branntwein, indem sie etwas davon auf die Hände gießen und diese dann an einander
reiben. Diese Probe, so häufig man sie auch anwenden sieht, ist etwas trüglich.
Durch das Reiben zwischen den Händen erhält selbst ganz reiner Branntwein zuweilen
einen unangenehmen Nebengeruch, da er das den Händen anklebende Fett auflöst,
welches durch das beim Reiben entstehende Erhizen einen unangenehmen Geruch
entwikelt.“