Titel: | Ueber Bereitung von Kautschukmasse und Anwendung derselben zu verschiedenen Zweken; von Dr. Bretthauer. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XLVII., S. 174 |
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XLVII.
Ueber Bereitung von Kautschukmasse und Anwendung
derselben zu verschiedenen Zweken; von Dr. Bretthauer.
Aus dem Gewerbeblatt für Sachsen, 1843, Nr.
24.
Bretthauer, über Bereitung von Kautschukmasse etc.
Man kann das Federharz durch Behandlung mit gewissen flüssigen Körpern theils in eine
wirkliche tropfbare Auflösung bringen, theils in eine dike, teig- oder
gallertartige Masse verwandeln. Von der lezteren, welche hauptsächlich technische
Anwendung findet, wollen wir uns hier besonders unterhalten. Man erhielt bisher je
nach der Anwendung
dieses oder jenes Auflösungsmittels verschiedene Massen, die aber selten den Zwek
erfüllten, sie theils schmierig blieben, theils nach dem Troknen spröde wurden, sich
also keineswegs zu einem wasserdichten Ueberzuge für Zeuge eigneten.
Als Auflösungsmittel des Federharzes wollen wir hier folgende betrachten. Sämmtliche
aber haben ihre Mängel, denn es gelingt mit keinem, das Harz wieder in seinen
ursprünglichen Zustand eines Pflanzenmilchsaftes zurükzuführen, und alle Auflösungen
lassen nach dem Troknen den Kautschuk mehr oder weniger verändert zurük.
Schon durch bloße Wärme kann der Kautschuk in einen dikflüssigen Zustand gebracht,
geschmolzen werden. Die Masse bleibt lange schmierig und zähe, troknet aber endlich
zu einem dem Schiffspech ähnlichen Körper ein. Das Federharz wird durch Hize also
völlig zersezt, woraus dann folgen würde, daß man bei allen Kautschukauflösungen die
Anwendung von Wärme so viel als irgend möglich vermeiden müßte.
Schwefelkohlenstoff, das kräftigste Auflösungsmittel für alle Harze, wirkt auch auf
Kautschuk am schnellsten und vollständigsten auflösend. Die Auflösung kann von jeder
beliebigen Stärke hergestellt werden und liefert, der Luft ausgesezt, durch
Verdunsten des Schwefelalkohols wieder wirkliches Federharz. Das Auflösungsmittel
würde also nichts zu wünschen übrig lassen, wenn sein hoher Preis eine Anwendung im
Großen erlaubte.
Im Aether schwillt das Federharz bedeutend stark auf, wird sehr dehnbar und löst sich
endlich ganz oder doch zum größten Theil darin auf. Der Aether ist aber ebenfalls so
theuer, daß eine Anwendung desselben zu unseren Zweken nicht stattfinden kann.
Vortheilhaft ist es aber, einer mit Terpenthinöhl bereiteten Kautschukmasse etwas
Aether zuzusezen, wodurch dieselbe weicher wird und leichter austroknet.
Das durch trokene Destillation des Federharzes selbst erhaltene brenzliche ätherische
Oehl soll ein sehr gutes Auflösungsmittel für das Harz seyn. Nach meinen Versuchen
kommt es aber, abgesehen von den Kosten, die seine Bereitung verursachen müssen, und
welche keine Anwendung im Großen zulassen würden, kaum einem guten Terpenthinöhl in
der Wirkung gleich.
In England (jezt auch an anderen Orten) wendet man hauptsächlich zu diesem Behufe das
aus dem Steinkohlentheer erhaltene ätherische Oehl an. Die meisten übrigen
ätherischen Oehle wirken auf Kautschuk auflösend, können aber ihres hohen Preises
wegen allein schon nicht dazu verwendet werden. Die Anwendung des
Steinkohlentheeröhls hat auch ihre bedeutenden Nachtheile. Ein mit solcher Masse gemachter Ueberzug
behält lange nach dem Troknen noch den bekannten unangenehmen Geruch und ist schon
bei gelinder Kälte hart, unbiegsam. Lezteres mag größtentheils von einer unrichtigen
Behandlung des Harzes herrühren, man es vielleicht zu stark mit dem Oehle erhizte.
Beides sind aber unangenehme Umstände, besonders wenn solche Masse zum Dichtmachen
von Kleidungsstüken verwendet wird.
Glanz zu tadeln ist es, Fette oder fette Oehle als Auflösungsmittel für Federharz
anzuwenden. Sie wirken in der Hize vollständig auflösend, aber auch gänzlich
zersezend auf das Federharz.
Ich ziehe eine mittelst Terpenthinöhl ohne irgend einen Zusaz bereitete
Kautschukmasse jeder andern vor. Da nicht alles im Handel vorkommende Federharz von
gleich passender Beschaffenheit für diesen Zwei ist, so muß man, bevor man irgend
eine Sorte zur Anfertigung verwenden will, sich durch Versuche im Kleinen
versichern, ob und wie tauglich selbige ist. Mir ist oft Harz vorgekommen, welches
mit dem vierfachen Gewicht Terpenthinöhl, unter öfterm Durcharbeiten kalt behandelt,
vollkommen erweichte und eine gleichförmige, gut zu verarbeitende, leicht troknende
Masse gab. Eine solche Sorte ist die vortheilhafteste; nur ist es leider schwierig,
da man bei uns immer erst aus der dritten Hand kauft, die Abstammung einer Sorte zu
bestimmen. – Eben so fand ich Kautschuk, der schon mit dem zwei- bis
dreifachen Gewicht Terpenthinöhl völlig aufgeschlossen wurde. Die Masse war aber
wenig zähe, sondern schmierig und blieb stets klebrig. Entweder mochte dieses ein
künstliches, oder ein schon einmal umgearbeitetes Harz seyn, oder von einer gewissen
mir nicht bekannten Pflanzenspecies abstammen; es war schwarz und im frischen
Schnitte sehr glänzend. Wiederum kommen Sorten vor, welche wohl das Sechs-
und Mehrfache an Auflösungsmittel bedürfen, damit aber auch nach tüchtigem
Durcharbeiten und gehöriger Zeit eine gute zusammenhängende Masse ohne Klümpchen
liefern. Da aber das Auflösungsmittel bei der Massebereitung mit in Rechnung zu
bringen ist, so müssen solche Sorten wo möglich zu unserm Zwek verworfen werden.
Noch andere Sorten consumiren weit mehr noch an Terpenthinöhl, schwellen aber darin
nur bedeutend an, ohne vollständig zu erweichen. Man ist alsdann genöthigt, die
Masse durch ein Walzwerk mit cannellirten Cylindern zu zermalmen oder sie durch
einen Cylinder mit fein durchlöcherten Wänden zu pressen, Arbeiten, die viel Zeit
und Kraft erfordern. – Ganz zu verwerfen, sobald es sich um Anfertigung einer
guten Masse handelt, ist das hie und da jezt viel im Handel vorkommende
Paraguayharz, große spekseitenähnliche Tafeln, außerhalb von Rauch geschwärzt,
brüchig, spröde, innerhalb spekglänzend, theils gelbweiß, theils bräunlich, viele Unreinigkeiten,
Holz, Borke u.s.w. einschließend. Gelinde erwärmt, wird es braun, durchscheinend,
wenig Elasticität zeigend, klebrig; in kochendem Wasser erweicht, wird es weißer,
weniger klebend und mehr elastisch. Es verhält sich gegen Auflösungsmittel wie die
leztgenannten Sorten, und ist schon deßhalb, abgesehen von seiner unreinen
Beschaffenheit, nicht vortheilhaft anzuwenden. Durch längeres Kochen mit
Terpenthinöhl erweicht es völlig; die erhaltene Masse troknet leicht, hat aber dann
durchaus alle Eigenschaften des Federharzes verloren.
Was das nöthige Auflösungsmittel betrifft, so steht es fest, daß das rectificirte,
harzfreie Terpenthinöhl kräftiger wirkt als das käufliche. Jenes ist aber zu theuer,
und ist das käufliche nicht allzu alt, zu sehr verharzt, so ist der Unterschied
wirklich nicht sehr bedeutend. Eben so wenig habe ich hinsichtlich ihrer
Auflösungsfähigkeit wesentliche Unterschiede bemerkt unter den verschiedenen
Terpenthinöhlsorten, die im Handel vorkommen und theils nach den Fabricationsorten,
theils nach der Pflanzenspecies, von der sie abstammen, benannt sind. Ein
Wesentliches aber in dieser Hinsicht hängt vom Kautschuk selbst ab. Je frischer man
denselben nach seiner Darstellung erhalten kann, um so tauglicher wird er sich
zeigen; je älter er ist, um so hartnäkiger wird er den Auflösungsmitteln
widerstehen, und namentlich sind es seine äußeren Theile, welche besonders schwierig
aufgelöst werden.
Diese Veränderung, welche er erleidet, muß, abgerechnet was durch den Rauch, worin
die fertigen Flaschen etc. getroknet werden, bewirkt wird, dem längeren Einflüsse
der Luft zugeschrieben werden. Man überzeuge sich hievon dadurch, daß man aus einem
Stükchen einer Kautschukflasche einen kleinen Würfel schneidet, dessen zwei der
gegenüberstehenden Seiten noch aus der äußern und innern Wand der Flasche bestehen,
dieses Würfelchen in Terpenthinöhl erweichen läßt und anhaltend damit schüttelt.
Nach und nach wird sich das Innere des Würfels mit dem Oehl völlig verflüssigen, und
nur die frühern Wände der Flasche werden als zwei kleine Täfelchen zurükbleiben.
Sobald man mit der Wahl der Kautschuksorte im Reinen ist, bedarf es nur wenig Arbeit,
aber einiger wohl zu beachtender Handgriffe, eine brauchbare Masse herzustellen. Das
Harz, wie man es vom Droguisten erhält, besonders die größern Flaschen, Platten etc.
ist gewöhnlich hart und muß vor dem Zerkleinern erweicht werden, was gewöhnlich
durch kochendes Wasser bewerkstelligt wird. Dabei nimmt aber das Harz oft Wasser auf
und wird dadurch schwieriger löslich, weßhalb ich für besser erachte, es bei
gelinder Wärme, z.B. in
der Nähe des Ofens erweichen zu lassen. Man zerschneidet es nun mittelst einer
scharfen Schere (auf Maschinen) in dünne Streifen von etwa einer Linie im Quadrat.
Manche Sorten können auch diker geschnitten werden, und hat man dike Stüke, so
brauchen sie nur entschält zu werden, worauf die innern Theile einer noch ungleich
geringern Zerkleinerung bedürfen. Die Auflösung geschieht am besten in großen
Steintöpfen, in denen aber so viel Raum bleiben muß, daß man die Masse, was
wiederholt geschehen muß, mit einem Spatel gut durcharbeiten kann. Man bringt zuvor
die ganze Quantität des Harzes mit zwei Drittheilen der zu dessen Auflösung nöthigen
Menge des Terpenthinöhls (welche durch vorläufige Versuche ermittelt ist) in den
Topf, wo nun die unteren Partien des Harzes sich mit dem Oehl zuerst sättigen. Nach
etwa 12 oder 24 Stunden wendet man alles von Unten zu Oben und gibt das lezte
Drittheil des Oehles auf. Nur so erlangt man ein gleichmäßiges Aufschwellen der
ganzen Harzmenge. Nach wieder 24 Stunden arbeitet man das Ganze mit dem Spatel
tüchtig durch, was täglich wiederholt werden kann und was auch dann geschieht, wenn
die Masse eben gebraucht werden soll. Ist sie alsdann durch Kälte etwa oder durchs
Austroknen etwas hart geworden, so macht man sie durch einen Zusaz von etwas heißem
Terpenthinöhl bald sehr geschmeidig. Sie wird mit hölzernen großen Streichmessern
möglichst gleichförmig aufgetragen und der Aufstrich wird durch eine hölzerne Walze,
die aber, um das Ankleben zu verhindern, stets mit Wasser genezt ist, geebnet. Nach
Beschaffenheit der Zeuge genügt entweder ein solcher Aufstrich, oder es wird noch
ein zweiter verlangt. Man kann die Masse durch Beimengung einer mit Terpenthinöhl
abgeriebenen Farbe färben, wie das namentlich mit Kienruß vorgenommen wurde. Auch
kann man den Aufstrich nach dem Troknen mit Leinöhlfirniß oder mit einer schwachen
weingeistigen Lösung von ordinärem Schellak überziehen, denen man ebenfalls eine
Farbe zusezte. Für manchen Gebrauch der Stoffe ist dieser Ueberzug sehr
zwekmäßig.
Ich habe viel von der eben beschriebenen Masse anfertigen lassen und dieselbe für
Doppelzeuge zu Kleidungsstüken sehr brauchbar gefunden. Fast sämmtliche Fabricate
der Art die man jezt sieht, erfüllen ihren Zwek nicht, sie sind nichts weniger als
wasserdicht, woher auch die täglich sich mehrende Abneigung gegen sie. –
Besonders viel wurde von der Masse consumirt zum Ueberzug von Wagenverdeken und zu
wasserdichten Ueberwürfen für die Gütertransportwagen unserer Eisenbahn. Leztere
bestehen theils aus Segeltuch mit einem starken Aufstrich der Masse, theils aus
doppeltem Drell mit einer Zwischenlage von Kautschuk; diesen gibt man den Vorzug,
während jene in ihrem
Rufe durch Nachlässigkeit der Bahnleute litten, sie, anstatt zum gehörigen Abtroknen
aufgehängt zu werden, stets naß auf Haufen geworfen wurden, und so durch die im
Inneren entwikelte Wärme stokten, wobei der Kautschuk zum Theil sich ablöste. Mit
Hülfe jenes Leinöhlfirnißanstrichs, der aber wegen Kostenerhöhung abgelehnt wurde,
möchten die einfachen Wagendeken wohl ebenfalls hinreichend ihren Zwek erfüllen.
– Noch aber eine andere Anwendung macht man mit Vortheil auf hiesiger
Eisenbahn (in Braunschweig) von dieser Kautschukmasse. Die Verbindungsschläuche
zwischen Locomotive und Tender werden aus Segeltuch gefertigt, welches ziemlich dik
mit der Masse bestrichen und mehreremale fest um die Drahtspirale gewunden wird.
Diese Schläuche geben den englischen übersponnenen, mit Zwischenlage von Kautschuk
versehenen hinsichtlich ihrer Dauer nichts nach.