Titel: | Vorrichtung zum Reguliren der Oeffnung des Dampfausblaserohrs der Locomotiven; von H. H. Edwards. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XXIII., S. 98 |
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XXIII.
Vorrichtung zum Reguliren der Oeffnung des
Dampfausblaserohrs der Locomotiven; von H. H. Edwards.
Aus dem Civil Engineer and Architects' Journal. März 1843,
S. 77.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Edwards' Vorrichtung zum Reguliren der Oeffnung des
Dampfausblaserohrs der Locomotiven.
Die Weite der Oeffnung des Dampfblaserohrs ist von großer Wichtigkeit bei der
Construction der Locomotiven; von ihr hängt die Herbeischaffung der gehörigen Menge
Dampfs für den Verbrauch der Maschine, so wie seine relative Drukkraft auf den
Kolben ab.
Man kennt jezt aus Erfahrung die äußersten Gränzen des Blaserohr-Querschnitts,
innerhalb welcher die Maschine ihre Kraft äußern kann; doch bleibt noch zu
entscheiden übrig, welches innerhalb dieser Gränzen genau die Größe ist, die den
größten Nuzeffect hervorbringt und man wird nur selten zwei Ingenieurs finden,
welche für Maschinen von gleicher Kraft Blaserohre von derselben Größe anwenden.
Ist der Durchmesser der Blaserohr-Oeffnung zu groß, so vermindert sich dadurch
die Intensität der Wirkung des Blaserohrs und der Zug durch das Feuer reicht nicht
mehr hin, die erforderliche Menge Dampf zu erzeugen, um die Maschine in ihrer
Geschwindigkeit zu erhalten; ist er hingegen zu klein, so wird der Widerstand hinter
dem Kolben so groß, daß
die effektive Wirkung des Dampfs auf den Kolben sehr geschwächt werden muß. Zwischen
diesen beiden Extremen (eine unveränderliche Oeffnung des Blaserohrs vorausgesezt)
muß, wie man glauben sollte, ein Punkt in der Mitte liegen, wobei, wenn derselbe
getroffen werden kann, die Maschine mit dem wenigsten Brennmaterial den größten
Nuzeffect hervorbringt. Dieser Punkt ist aber, wenn er ja existirt, äußerst schwer
zu finden, weil die Locomotiv-Maschine einen durch die Last, durch die
Wirkung des Windes, den Zustand der Schienen oder andere Ursachen beständig
wechselnden Widerstand zu überwältigen hat.
Wahrscheinlich kann zwischen gewissen Gränzen ein (unveränderliches) Blaserohr von
irgend einer Mittlern Größe angewandt werden, ohne daß es einen merklichen Einfluß
auf den durchschnittlichen Nuzeffect ausübt, indem sich die Nachtheile und Vortheile
nahehin so gegen einander aufheben, daß kein merklicher Unterschied aufgefunden
werden kann. Wird dieß aber zugegeben, so muß die Wirksamkeit eines veränderlichen
Blaserohrs von selbst einleuchten.
Um den Widerstand hinter dem Kolben bei der Rükkehr desselben zu vermindern, benuzte
man die Elasticität des Dampfes; eine am Fuße des Blaserohrs angebrachte Kammer,
welche dem Dampf bei seinem Austritt aus dem Cylinder sich auszudehnen gestattet,
läßt die verengteste Blasrohrmündung zu, welche ich bisher noch mit Erfolg anwenden
sah. Hauptsächlich wurde der Zwek jedoch noch dadurch erreicht, daß man einen
bedeutenden Theil des Dampfes austreten läßt, ehe der Kolben an das Ende seines Hubs
gelangt, so daß sich der Dampf, ehe der Kolben zurükkehrt, expandiren kann und sein
Widerstand also sehr verringert wird; hiedurch geht zwar ein Theil der Nuzkraft des
Dampfes verloren, außerdem aber würde die Dampfausströmung aus dem Cylinder zur
Zeit, wo der Kolben zurükkehrt, dessen freier Bewegung großen Widerstand
entgegensezen und folglich den Nuzeffect der Locomotive verringern.
Da die Verengerung des Blaserohrs ein von der gehörigen Dampferzeugung in dem Kessel
der Locomotive unzertrennlicher Uebelstand ist, so ist es von Wichtigkeit, ihn wo
möglich theilweise zu beseitigen. Der Zustand des Feuers und die erforderliche
Dampfmenge wechseln sehr oft, weßhalb anzunehmen ist, daß eine unveränderliche
Verengerung des Blaserohrs eine Unvollkommenheit wäre, und daß, wenn auch die Frage
über die bestmögliche Dimension entschieden und eine allgemeine Negel ermittelt
würde, dieselbe doch nur für eine gewisse Belastung und ein Feuer von bestimmter
Intensität wirklich richtig seyn könnte; es folgt daraus, daß es sehr wünschenswerth
seyn muß, die Verengerung des Blaserohrs reguliren zu können, so daß man die Dampferzeugung ganz in der
Gewalt hat, und daß, wenn durch dasselbe Mittel der durchschnittliche Widerstand
hinter dem Kolben vermindert werden kann, das Ganze eine wesentliche Verbesserung
genannt zu werden verdient.
Oft ist es der Fall, daß entweder zu viel oder nicht genug Dampf im Kessel ist; ist
dessen zu viel, so pflegt man gewöhnlich die Feuerthüre halb, zuweilen auch ganz zu
öffnen, damit durch Einströmen kalter Luft in den Feuerkasten und die Röhren die
Dampferzeugung vermindert wird; dieses Mittel aber ist sehr fehlerhaft und sollte so
selten als möglich angewandt werden, indem das Eindringen der kalten Luft entweder
sogleich oder in der Folge das Lekwerden der (stählernen) Ringe veranlassen und zur
Zerstörung der Röhren und Beschädigung des Kessels selbst sehr viel beitragen muß;
während, wenn es möglich ist in solchen Fällen die Oeffnung des Blaserohrs zu
erweitern, das Feuer gedämpft und der Dampf nachlassen würde, ohne daß die
Feuerthüre ganz geöffnet zu werden brauchte.
Ist nicht genug Dampf vorhanden, so ist der Zug durch das Feuer in Folge des niedern
Dampfdruks und des langsamen Ganges der Maschine nothwendig nicht so stark als er
seyn sollte, weil die Mittel, das Feuer anzufachen, zu der Zeit unwirksam werden, wo
ihre Beihülfe gerade am meisten vonnöthen wäre. Ein guter Maschinenführer sorgt
gewiß dafür, daß dieser Fall so selten als möglich Antritt; es gibt aber zufällige
Ursachen, die er nicht in seiner Gewalt hat, und in solchen Fällen wäre die
Verengerung der Mündung des Blaserohrs sehr wohlthätig, indem sie ihm ein
wesentliches Mittel an die Hand gäbe, das Feuer schneller in den erforderlichen
Zustand zu bringen.
Wenn ein schwerer Train eine starke Steigung hinauffährt, so nimmt er an
Geschwindigkeit ab; die Kolbenhübe der Maschine folgen nicht mehr so rasch
aufeinander, der Zug durch das Feuer verliert an Intensität und die Menge des
erzeugten Dampfes reicht in die Länge auch nicht mehr hin. Eine geringe Verengerung
der Mündung des Blaserohrs würde in diesem Falle die Wirksamkeit des Ausblaserohrs,
die Intensität des Feuers, die Dampferzeugung und den Gang der Maschine
verstärken.
Der Maschinenführer dirigirt in der Regel seine Maschine und sein Feuer in der Art,
daß er die erforderliche Quantität Dampfs schon hat, ehe er an dem Fuße der Steigung
ankömmt; mit Hülfe des veränderlichen Blaserohrs könnte er natürlich (da er
Ueberfluß an Dampf hat) die Mündung des Blaserohrs erweitern und so durch
Verminderung des Widerstands hinter dem Kolben die Kraft der Maschine erhöhen. Beim
Hinabfahren einer Neigung ist, wenn die Mündung des Blaserohrs möglichst weit geöffnet ist, der
Zug bedeutend geringer, weil dann zu gleicher Zeit der Regulator theilweise
geschlossen ist; der Dampf kann auf diese Weise mit sehr gutem Erfolg niedergehalten
werden, wenn auch die Neigung viele (engl.) Meilen lang ist; verengert man, wenn man
sich dem Fuße der Neigung nähert, die Mündung, so kann man neuerdings Dampf
gewinnen, ohne solchen aus dem Kessel aufwenden zu müssen, um den Zug durch das
Feuer zu verstärken, wodurch also an Brennmaterial erspart wird.
Der Maschinenführer hat somit die Dampferzeugung ganz in seiner Gewalt, so daß er zu
jeder Zeit mit der gehörigen Quantität versehen ist und wenigstens dem Verlust durch
Auslassen von Dampf durch das Sicherheitsventil, während die Maschine im Gang ist,
ganz Vorgebeugt wird. Ueberdieß läßt sich die Geschwindigkeit der Locomotive durch
Veränderung der Blaserohr-Oeffnung gelegentlich vortheilhaft reguliren, ohne
daß man die Stellung des Dampfregulators zu ändern braucht.
Um die beliebige Verengerung dieser Oeffnung zwekmäßig zu bewerkstelligen, muß der
Apparat leicht anzubringen seyn und eine Störung in demselben nicht wohl eintreten
können; ferner muß seine Wirkung einfach und sicher seyn, auch ein Indicator die
Weite der Mündung anzeigen, bei welcher die Maschine thätig ist.
Nach dieser Darstellung der Vorzüge einer veränderlichen Ausblasevorrichtung, will
ich nun meinen in Fig. 80 und 81 abgebildeten Apparat
erklären. Bei der Construction desselben muß man vorzüglich einen Umstand
berüksichtigen, dessen Vernachlässigung den guten Erfolg wesentlich beeinträchtigen
würde. Wenn nämlich der ringförmige Raum zwischen dem innern Kegel und der Oeffnung
des Blaserohrs zu sehr verengert wird, nimmt die Wirksamkeit des Blaserohrs ab,
weßhalb am Punkt der größten Verengerung, um den stärksten Zug zu erzielen, der
relative Durchmesser so berechnet werden muß, daß ungefähr ein halber Zoll Raum für
den Durchgang des Dampfs zwischen dem innern beweglichen Kegel und dem Rande des
Blaserohrs bleibt.
Die Stärke des Zugs durch das Feuer kann also durch Erweiterung oder Verengerung der
Mündung des Blaserohrs über eine gewisse Gränze hinaus vermindert werden.
Mehreremale habe ich die Geschwindigkeit einer Locomotive durch Verengerung des
Blaserohrs regulirt, indem ich zu gleicher Zeit den Regulator weit offen ließ, weil
durch mehr oder weniger starkes Verengern der Mündung der Druk hinter dem Kolben
verändert und so regulirt werden kann, daß die effective Wirkung des Dampfs auf den
Kolben verstärkt oder geschwächt wird. Die Einführung dieser veränderlichen
Blase-Vorrichtung kann auch als ein besonderes Sicherheitsmittel betrachtet werden, denn wenn man
den inneren regulirenden Kegel des Blaserohrs geschlossen hält so lange eine
Locomotive stationär bleiben muß, kann keine Gefahr aus dem zufälligen Oeffnen des
Regulators entspringen.
Fig. 80 ist
der Längenaufriß eines Locomotiv-Dampfkessels; ein Theil des Rauchkastens ist
weggelassen, um das Ende des Blaserohrs zu zeigen. Der runde Theil des Kessels
zwischen A und L ist
ebenfalls weggelassen.
Fig. 81 ist
der Grundriß der Oeffnung des Blaserohrs; er zeigt den regulirenden inneren Kegel
B mit seinen drei leitenden Rippen b, b, b in vergrößertem Maaßstabe.
A Rauchkasten; B
regulirender Kegel der veränderlichen Blase-Vorrichtung; b, b, b drei dünne Rippen oder Federn an diesem Kegel,
um ihn genau im Centrum des Blaserohrs zu erhalten; C
verticale Stange, an welcher der Kegel befestigt ist; D
ein Theil des Doms; E Blaserohr; F Handgestänge, um den Kegel B zu regieren;
K an dem Feuerkasten befestigte graduirte Tafel,
welche die Stellung des Kegels B und den Querschnitt der
Blaserohr-Oeffnung genau anzeigt; L
Feuerkasten.