Titel: | Ueber Sandseife und Bimssteinseife. Von Karl Karmarsch. |
Fundstelle: | Band 88, Jahrgang 1843, Nr. XVIII., S. 72 |
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XVIII.
Ueber Sandseife und Bimssteinseife. Von Karl Karmarsch.
Aus den Mittheilungen des Gewerbevereins für das Königreich
Hannover, 30. Liefer., S. 195.
Karmarsch, über Sandseife und Bimssteinseife.
Durch Hrn. Kaufmann C. Schneider, hier in Hannover,
erhielt ich vor einiger Zeit eine englische Seifenkugel von sehr eigenthümlicher und
ungewöhnlicher Beschaffenheit. Sie war nämlich weißgrau von Farbe, steinartig
schwer, rauh und sandähnlich im Anfühlen, und ließ beim gelinden Reiben an der
troknen Hand feine Sandkörnchen auf der Haut zurük. Kurz sie verhielt sich völlig
wie ein inniges Gemenge von Seife und sehr viel feinem weißem Kieselsande. Der Name
sand soap (Sandseife), welcher diesem Product auf
der beiliegenden Etiquette gegeben war, stimmte hiemit überein. Zufolge der Angabe
auf der Etiquette soll die Königin Victoria sich dieser Seife als Handseife zu ihrem
persönlichen Gebrauche bedienen. Ich überzeugte mich bald durch eigene Erfahrung,
daß die Gegenwart des Sandes durchaus kein unangenehmes Gefühl beim Waschen und auch
keine üble Nachwirkung auf die Haut erzeugt; und daß dabei die Reinigung
ausgezeichnet leicht, schnell und vollkommen erfolgt. Hiedurch wurde ich veranlaßt,
versuchsweise diese Seife nachzuahmen. Ich löste geschabte weiße Seife (Marseiller
Seife) durch Kochen in wenig destillirtem Wasser auf, rührte von dem feinsten weißen
Sande so lange ein, bis eine erkaltete Probe des Gemisches die rechte Beschaffenheit
zu haben schien; formte aus der noch lauwarmen, mit ätherischem Oehle parfümirten
Masse Kugeln, und drehte diese, nach gänzlichem Erkalten, auf bekannte Weise
mittelst eines schneidigen messingenen Ringes ab. Meine so bereiteten Seifenkugeln
waren der englischen im Ansehen und in der ganzen äußeren Beschaffenheit sowohl, als
im Verhalten beim Gebrauche, bis zum Verwechseln ähnlich. Durch Auflösen der beiden
Seifen in Weingeist fand ich, daß die englische 74,4 Proc., die von mir bereitete
70,8 Proc. ihres Gewichtes Sand enthielt. Der Sand aus der englischen Seife war dem
von mir angewendeten sehr ähnlich, nur nicht ganz so feinkörnig. – Gestüzt auf
vorstehende Erfahrungen wird man zur Bereitung der Sandseife 7 bis 8, ja selbst 9 Theile Sand auf 3 Th. Seife anwenden
können. Je trokener die Seife, desto ausgiebiger ist sie natürlich; je gröber der
Sand, desto weniger Seife erfordert er zur gehörigen Bindung. Der Sand darf übrigens
nicht zu grob seyn; ein Korn von der Größe, wie man es gewöhnlich bei feinem
Streusand findet, ist das zwekmäßigste. Er muß so weiß als möglich seyn. Man siebt
ihn, zur Entfernung fremder Körper, und thut auch gut, die feinsten staubartigen
Theilchen durch Schlämmen zu beseitigen. Die zur Auflösung der Seife nöthige Menge
Wasser läßt sich nicht genau festsezen, sie hängt von der größeren oder geringeren
Trokenheit der Seife ab. Wenn das richtige Maaß getroffen ist, so fließt die mit dem
Sande versezte Auflösung im kochend heißen Zustande wie ein diker Brei träg von dem
Rührholze, wobei sie leicht abreißt; im lauwarmen Zustande verhält sich alsdann die
Masse wie ein steifer, eben noch formbarer Teig; und sogleich nach dem gänzlichen
Erkalten, ohne ferneres Austroknen, erscheint sie so hart, daß man eine 3 bis 4 Zoll
große Kugel auf den Tisch legen kann, ohne daß sie sich bemerkbar plattdrükt.
Nachdem ich meine Versuche über die Sandseife beendigt hatte, wurde eine französische
Seife unter dem Titel: Savon-ponce
(Bimssteinseife) angekündigt, welche schon durch ihre Benennung eine Verwandtschaft
mit der Sandseife vermuthen ließ. Im Aeußeren ist sie gleichwohl bedeutend von
derselben verschieden. Glatt und schlüpfrig anzufühlen, gleich gewöhnlicher Seife,
gibt die Bimssteinseife nicht eher die Gegenwart eines fremden Körpers in ihr zu
erkennen, als beim Waschen, wo man die Wirkung eines feinen, aber etwas scharfen
Pulvers auf der Haut fühlt, welches auch Ursache ist, daß statt des Schaumes eine
Art feinen Schlammes entsteht. Uebrigens reinigt diese Seife außerordentlich schnell
und gründlich, und ertheilt der Haut eine feine Glätte, scheint sie aber (nach
meiner Beobachtung) troken zu machen, was der Sandseife nicht vorgeworfen werden
kann. Die Bimssteinseife wird in drei Sorten geliefertDie Adresse auf den Etiquetten lautet: Entrepôt
général du Savon-ponce, Rue J. J. Rousseau, No. 5
à Paris., welche im Aeußeren nur unwesentlich, nämlich durch die Farbe, von einander
verschieden sind.
Nr. 1 schmuzig grau, kostet das Stük, 9 Loth schwer, 1 Fr.; Nr. 2, von einer ins
Graue ziehenden fleischrothen Farbe, das 9 1/4 Loth wiegende Stük 75 Centimes; Nr.
3, schmuzig grüngelb, das Stük von 10 1/8 Loth, 60 Centimes.
Die mittlere Sorte ist für den gewöhnlichen Gebrauch bestimmt; Nr. 1 für Damen und
andere Personen mit sehr zarter Haut; Nr. 3 hingegen für Handwerker u.s.w., welche
ihre Hände bei der Arbeit stark beschmuzen. Ich habe alle drei Sorten auf ihre
Mischung untersucht, indem ich sie mit Weingeist auszog. Nr. 1 hinterließ 19,7 Proc.
eines weißen, Nr. 2 22,9 Proc. eines röthlichweißen, Nr. 3 26,2 Proc. eines weißen
Pulvers. Alle drei Rükstände waren wesentlich von einerlei Beschaffenheit, rauh und
scharf anzufühlen, wiewohl ohne sandartige Körner, Messing durch Reiben angreifend.
Der Rükstand von Nr. 3 war merklich gröber, als der von Nr. 1 und 2; zwischen diesen
beiden lezteren aber konnte kein auffallender Unterschied bemerkt werden. Die Farbe
bei Nr. 2 scheint von einer eingemengten rothen Substanz herzurühren, und ist gewiß
ganz unwesentlich. Ohne chemische Untersuchung getraue ich mich nicht mit völliger
Bestimmtheit über die Natur des scharfen Pulvers zu entscheiden; allein es ist
leicht zu erkennen, daß, um diese Seife nachzumachen, geschlämmter Bimsstein,
deßgleichen geschlämmtes Feuerstein- oder Quarzmehl vollkommen dem Zwek
entsprechen wird.