Titel: | Neue Eisenbahnwagen mit horizontalen Rädern, welche ohne Gefahr Krümmungen mit kurzen Radien und starken Neigungen durchlaufen können; von Major Parlby. |
Fundstelle: | Band 87, Jahrgang 1843, Nr. XX., S. 82 |
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XX.
Neue Eisenbahnwagen mit horizontalen
Raͤdern, welche ohne Gefahr Kruͤmmungen mit kurzen Radien und starken
Neigungen durchlaufen koͤnnen; von Major Parlby.
Aus dem Recueil de la Société polytechnique,
Aug. 1842, S. 128.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
[Parlby, neue Eisenbahnwagen mit horizontalen
Raͤdern.]
Folgende Modificationen der Eisenbahnwagen schlägt der Verf. vor, welche, wie er
glaubt, den Hauptbedingungen der Locomotion, Sicherheit,
Schnelligkeit und Wohlfeilheit, entsprechen.
Er läßt die Spurkränze der Räder hinweg, wodurch mit der größten Leichtigkeit in
Krümmungen von einigen Metern Radius gewendet werden
kann. Unter dem Gerüste der Wagen und auf der Linie der Achsen sind vier horizontale
Räder angebracht, welche vorzüglich beim Befahren der Krümmungen thätig sind und an
die vortretende Leiste (recouvrement) der Schiene
drükend, das Austreten aus dem Geleise, so schnell auch gefahren werden mag,
unmöglich machen. Der Rahmen der Wägen und Waggons endigt vorn und hinten mit einem
halbkreisförmigen Balken, welcher den stärksten Stößen zu widerstehen im Stande ist.
Um die Passagiere so viel möglich gegen Stöße und Explosionen zu schüzen, sind diese
beiden Halbkreise zum Transport des Gepäkes, der Kohlen, des Sandes etc.
eingerichtet; in den beiden ersten Waggons nach der Locomotive befinden sich
Wasserreservoirs für den Fall, daß ein Feuer auskäme. Die Wagenkästen stehen nur 4
bis 5 Centimeter über dem Boden; man steigt in dieselben ohne Tritt, und wenn eine
Achse brechen sollte, kann kein großes Unglük daraus entstehen.
Statt der Verbindungsketten, deren Spannung beim Abgehen der Convois einem Wagen nach
dem anderen einen Stoß gibt, erleichtert ein Kreisbogen von ungefähr 90°,
welcher hinter den Waggons befestigt ist und in welchem, ohne jedoch frei zu seyn,
ein Laufbolzen gleitet, die Fahrt über Krümmungen und macht die Stoßpolster
entbehrlich. Da bei dieser Construction der Schwerpunkt sehr tief liegt, können auch
wohl außen Size angebracht werden, welche wohlfeilere Pläze die Einnahme vermehren
und für die minder bemittelte Classe der Reisenden sehr angenehm sind.
Durch die Eigenschaft dieses Systems, sich in Krümmungen zu drehen, ist es nicht mehr
nöthig, bedeutende Gebäude anzukaufen und abtragen zu lassen. Die Erdfläche wird benuzt, so wie
sie eben gestaltet ist, und sobald der Bahnzug in gerader Linie zu große
Schwierigkeiten darbietet oder zu große Kosten verursacht, so folgt er den
Krümmungen des gegebenen Terrains. Die Drehscheiben endlich werden durch eine
Krümmung ersezt, welche die Anfahrts- und Abfahrtslinie mit einander
verbindet, und der ganze Convoi kann nach Auswechselung seiner Passagiere ohne
Schwierigkeit und Zeitverlust von der einen Linie auf die andere gelangen.
Der größte Vortheil aber dieses leichten Drehens in Krümmungen besteht in der
Möglichkeit, zwei sehr verschiedene Niveaux durch eine spiralförmig sich drehende
Linie zu vereinigen, statt wie bisher mit großen Kosten Tunnels, Durchschnitte und
Erdwälle zu errichten.
Erklärung der Figuren.
Fig. 68 zeigt
die Stellung der horizontalen Räder eines von Unten betrachteten Wagens.
Fig. 69 ist
der Durchschnitt nach der Achse der verticalen Räder.
Fig. 70
System der Eisenbahn.
Fig. 71
Ansicht eines Wagens; die verticalen Räder können von Holz, voll (ohne Speichen) und
mit Eisen bereift seyn, wie die Zeichnung zeigt.