Titel: | Beschreibung einer neuen Vorrichtung zur Gewinnung der Kartoffelstärke. Von Prof. Siemens in Hohenheim. |
Fundstelle: | Band 84, Jahrgang 1842, Nr. LXXVIII., S. 390 |
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LXXVIII.
Beschreibung einer neuen Vorrichtung zur
Gewinnung der Kartoffelstaͤrke. Von Prof. Siemens in
Hohenheim.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Siemenes' Vorrichtung zur Gewinnung der
Kartoffelstärke.
Bei der Einrichtung der technischen Werkstätte in Hohenheim wurde von mir der
nachfolgende neue Apparat zur Gewinnung der Kartoffelstärke aufgestellt. Da sich
seine Zwekmäßigkeit bei der Verarbeitung einer größeren Quantität Kartoffeln bewährt
hat, so dürfte eine Beschreibung desselben von Interesse seyn.
Fig. 15 zeigt
den Längendurchschnitt und Fig. 16 den
Querdurchschnitt des Apparats nach der Linie x y.
Derselbe besteht aus dem Stoßsiebe A, welches durch das
noch näher anzugebende Räderwerk seine rüttelnde Bewegung erhält, aus dem steinernen
Walzenpaare B und B′,
welche durch das Rad C mittelst eines Laufriemens
gedreht werden, aus der Siebtrommel D, welche
gleichfalls durch das Räderwerk bewegt wird, und aus dem Sammelbottich E, worin die von dem Faserstoff abgeschiedene Stärke
aufgefangen wird.
Die Kartoffeln werden auf der auch zum Zerreiben der Runkelrüben dienenden
Reibmaschine zerkleinert und der davon gewonnene Brei durch den Schlauch a auf das Stoßsieb A.
geleitet. Auf diesem wird er durch die rüttelnde Bewegung nach und nach den Walzen
zugeführt; zugleich fließt aber von dem oberhalb dem Siebe angebrachten, mit einem
durchlöcherten Boden versehenen Beken b Wasser auf das
Sieb und spült den größten Theil des Stärkmehls von dem Breie, welches dann mit dem
Wasser in den Sammelbottich E fällt und sich hier zu
Boden sezt. Durch die dachförmige Bedekung c wird das
von dem Stoßsiebe mit der Stärke herabfließenbe Wasser von der Siebtrommel D abgehalten und durch seitwärts angebrachte Leinwand
das Umhersprizen desselben verhindert.
Durch die Walzen, welche sich mit ungleicher Geschwindigkeit lewegen sollen, wird der
darauf fallende Brei noch feiner zerrieben, als dieß beim Reiben der Kartoffeln
möglich wurde, und dadurch die von dem Faserstoffe noch eingeschlossene Stärke
vollkommener bloßgelegt, so daß sie durch nachfolgendes Waschen leicht davon zu
trenren ist. Der Brei gelangt zu diesem Zwek von den Walzen durch den Schlauch d in die Siebtrommel D und
wird in dieser durch longsame Umdrehung nach und nach dem tiefer liegenden Theile
zugeführt, während durch das Rohr e Wasser zufließt,
welches ins Innere der Trommel dringt und von hier mit der von der Faser abzespülten
Stärke in den Sammelbottich E gelangt. Die ausgewaschene
Faser wird durch das Blech f in das Gefäß F geleitet und in diesem zur weiteren Benuzung
fortgeschafft.
Um das Wasser auf der Siebtrommel recht gleichmäßig zu vertheilen, ist das Rohr e unterhalb der Länge nach mit einer Menge kleiner
Oeffnungen versehen, aus welchen das Wasser durch starken Druk mit Heftigkeit
ausströmt und dadurch die Oeffnungen des Siebes stets rein erhält.
Die Leistungen des Apparats werden wesentlich durch das richtige Verhältniß der
Bewegung seiner einzelnen Theile bedingt, daher hier dieselbe so, wie sie sich durch
den Gebrauch als zwekmäßig gezeigt, näher angegeben wird.
Die kleine Riemenscheibe g an der vorderen Walze B hat 1 Fuß Durchmesser und soll in der Minute 180
Umdrehungen machen. Das an der Achse dieser Walze befindliche Rad h mit 30 Zähnen greift in das mit 50 Zähnen versehene
der nebenliegenden Walze B′, so daß diese in der
Minute nur 108 Umdrehungen erhält. Mit dem ersteren Rade h steht ferner das gleich große Rad i in
Verbindung, an welchem die Kurbel sizt, wodurch die Welle k und durch diese das Stoßsieb A in Bewegung
gesezt wird. In das Rad der zweiten Walze B′ mit
108 Umdrehungen greift das gleich große Rad l, an dessen
verlängerter Achse die im Querdurchschnitt nur punktirt angezeigte kleine
Riemenscheibe m sizt. Diese kleine Scheibe steht mit der
fünfmal größeren Scheibe n durch einen Riemen in
Verbindung. Da erstere wie das Rad l 108 Umdrehungen in
der Minute macht, so vermindern sich diese durch die größere Scheibe bis auf circa 21 in derselben Zeit. An der verlängerten Achse
dieser größeren Scheibe befindet sich vornen das kleine konische Rad o mit 10 Zähnen, welches in das auf der Achse der
Siebtrommel sizende größere Rad p eingreift. Dieses
leztere hat 40 Zähne, so daß die Siebtrommel in der Minute nur etwa 5 Umdrehungen
erhält.
Eine größere Geschwindigkeit der Siebtrommel verhindert das Durchfließen des mit der
Stärke vermischten Wassers, wodurch dann ein weniger reines Auswaschen des Breies
erfolgt. Ebenso ist die Weite der Sieböffnungen oder Maschen von großem Einfluß auf
die Leistungen des Apparats. Das Sieb wird am zwekmäßigsten vor Pferdehaaren
angefertigt, so daß 40–45 Oeffnungen oder Maschen auf einem neuen würtemb.
Zoll Länge oder 16–2000 Oeffnungen auf einem Quadratzoll der Siebfläche sich
befinden. Durch den beigefügten Maaßstab sind die übrigen Dimensionen des Apparats
in der Zeichnung zu ermitteln.
Mit einer Reibmaschine und diesem Apparate können täglich durch zwei Ochsen, drei
Mädchen und einen Buben 80–100 Cnr. Kartoffeln verarbeitet, d. h. gerieben
und ausgewaschen werden und man erhält je nach der Beschaffenheit der Kartoffeln
12–16 Proc. Stärke. (Riecke's Wochenblatt 1841, Nr.
42.)