Titel: | Ueber die Fabrication des Stärkezukers; von Payen. |
Fundstelle: | Band 83, Jahrgang 1842, Nr. LXXIV., S. 396 |
Download: | XML |
LXXIV.
Ueber die Fabrication des Staͤrkezukers;
von Payen.Vorlesung desselben am Conservatoire des arts et
métiers.
Aus dem Moniteur industriel, 16. 20 u. 23. Jan.
1842.
Payen, über die Fabrication des Stärkezukers.
Man bezeichnet im Handel mit dem Namen Stärkezuker und Stärkesyrup die Producte von der Behandlung des
Stärkmehls mit Schwefelsäure. Die Umwandlung des Stärkmehls in Zuker auf diesem Wege
wurde zuerst von Kirchhof, einem deutschen Chemiker,
beobachtet. Die vormals sehr langwierige Operation geschah durch Kochen von 100
Theilen Stärke mit 400 Theilen Flußwasser und 2 Theilen concentrirter Schwefelsäure.
Die Mischung wurde anfangs gallertartig, später flüssiger; man ließ sie 24 bis 30
Stunden lang kochen. Die Schwefelsäure wurde dann mit Kreide neutralisirt und die
hierauf zur Syrupsconsistenz abgedampfte Flüssigkeit krystallisirte in
warzenförmigen, mit dem Traubenzuker ganz identischen Massen.
Heutzutage verfährt man zwar im Wesentlichen noch eben so, jedoch mit Modificationen
in der Dauer der Operation, dem quantitativen Verhältniß der Substanzen u. s. w.
Der Stärkezuker kann auf freiem Feuer in einem 2 Linien diken, 5 Schuh im Durchmesser
weiten und 3 Schuh tiefen bleiernen Kessel bereitet werden, der auf einer gegen die
Mitte zu gewölbten, 15 Lin. diken, gußeisernen Scheibe ruht und so über dem
Feuerraum angebracht ist, daß er auf seiner ganzen Oberfläche gleichförmig erhizt
wird. Ein gut zusammengefügter, mit Kupfer belegter, hölzerner Dekel, welcher auf
dem Kessel liegt, hat nahe am Rande eine 12 bis 15 Zoll im Durchmesser weite
Oeffnung, und eine andere kleinere von 6 Zoll Durchmesser, die nach Belieben mit
einer beweglichen, mit Kupfer belegten, hölzernen Scheibe bedekt werden kann. Durch
die große Oeffnung geht eine hölzerne Krüke in den Kessel. Diese Krüke dient um das
Gemenge zu rühren und das Anlegen oder die Bildung eines Absazes zu verhindern,
welcher sich auf einem Theil des Kessels bräunen (karamelisiren) könnte. Wir
beschreiben hier das Verfahren kleiner Fabriken, wo auf freiem Feuer gearbeitet
wird.
Wenn alles nach obiger Vorschrift hergerichtet ist, bringt man in dem Kessel 1000
Kilogr. Wasser zum Kochen und sezt dann 10 Kilogr., vorher mit 20 Kilogr. Wasser
verdünnter Schwefelsäure von 66° Baumé hinzu. Beim Eingießen der concentrirten
Schwefelsäure in das Wasser findet mehr oder weniger Erhizung statt. Damit diese
nicht zu stürmisch wird, bringt man die 20 Kilogr. Wasser in einen Zuber und sezt
dann die Säure nach und nach unter Umrühren mit einem hölzernen Spatel hinzu. Wenn
man hierauf diese Mischung in das siedende Wasser im Kessel bringt, hat sie keine
bemerkbare Einwirkung mehr. In großen Fabriken, wie in jener des Hrn. Fouchard, wo man täglich 3000 Kilogr. trokener Stärke
verarbeitet und mit Dampf erhizt, theilt man die zur Zukerbildung anzuwendende
Schwefelsäure in mehrere Portionen, damit beim Zusezen der Stärke keine Zersezung
herbeigeführt wird.
Man rührt um, damit sich die Säure in der Masse gleichmäßig vertheilt, wartet ab, bis
das Kochen neuerdings eintritt, und wenn das Feuer hierauf in größter Thätigkeit
ist, nimmt ein Mann die hölzerne Krüke und rührt die ganze flüssige Masse in
kreisförmiger Bewegung. Ein anderer Arbeiter oder ein Kind sezt löffelweise,
jedesmal ungefähr ½ Kilogr., durch das kleine Loch im Dekel hindurch alle
Stärke (400 Kilogr.) hinzu; es darf dieß nicht übereilt werden, damit die Reaction
nach jedem Zusaz eintreten kann, das Kochen nicht aufhört, und die Flüssigkeit auch
nicht im Geringsten Kleisterconsistenz annimmt.
In großen Fabriken rührt man die Stärke ins Wasser und macht daraus eine klare Brühe
(bouillie) von 16 bis 17° des Aräometers.
Diese Mischung von Stärkmehl und Wasser kann wie eine Auflösung fließen, und man
füllt mit ihr ein kleines Reservoir oberhalb des Zukersiedekessels an. Sie läuft
dann in einem fortlaufenden Faden in die Mischung von Säure und Wasser durch eine
kleine Röhre, welche durch Umhüllung mit einem doppelten Rohr, worin Wasser
circulirt, kalt erhalten wird; dadurch vermeidet man, daß die Stärkebrühe in der
Röhre sich zu einem Kleister verdikt und aufhört in den Kessel abzufließen. Diese
Vorkehrung gestattet auch, die Arbeit zu reguliren und die Zukerbildung regelmäßiger
und folglich auch vollkommener zu machen. Das allmähliche Zusezen gestattet dem
angesäuerten Wasser in großer Quantität auf eine sehr kleine Menge Stärkmehl auf
einmal einzuwirken. Die Zukerbildung jedes hinzukommenden Antheils geht im Augenblik
vor sich, und wenn alles in den Kessel gerührt ist, ist der Proceß beinahe auch
schon vollendet.
Ehedem brachte man alles in Zuker umzuwandelnde Stärkmehl auf einmal in den Kessel
und der Proceß dauerte 24 Stunden; es mußte dabei überdieß noch so viel Wasser, als
verdampfte, wieder hinzugesezt werden.
Damit nicht ein kleiner Antheil Stärkmehls unangegriffen bleibt und die Flüssigkeit
klebrig macht, wird das Kochen noch 8 bis 10 Minuten unterhalten; die ganze Masse
muß dann beinahe durchsichtig und sehr flüssig seyn, und wenn man ein Trinkglas
damit anfüllt, nimmt man keine Kleistertheile, noch einen Anschein von Klebrigkeit
darin wahr. Man bedekt hierauf den Rost des Feuerraums mit wohlangefeuchteter
Steinkohle und läßt die Ofenthüre offen, damit die äußere kalte Luft, welche in den
Gang, den die Verbrennungsproducte machten, eingezogen wird, den Boden und die Wände
des Kessels etwas abkühle. Bei den durch Dampf geheizten Kesseln genügt es, den Hahn
der dampfzuleitenden Röhre zu schließen, um dem Kochen Einhalt zu thun und die
Flüssigkeit erkalten zu lassen. Sobald das Kochen aufgehört hat, fängt man an Kreide einzuwerfen, um die Säure zu sättigen. Man bedarf
deren ungefähr 10 Kilogr., d. h. so viel als die angewandte Schwefelsäure. Da aber
dieser Körper in seiner Zusammensezung verschieden ist, vorzüglich in Beziehung auf
das Wasser, die Thon- und Kieselerde, welche er enthält, kann die Quantität
nicht ganz bestimmt angegeben werden, und es ist gut, den Sättigungsgrad mittelst
durch Lakmustinctur blau gefärbten Papiers zu erforschen, obwohl das Aufhören des
Aufbrausens bei der Zersezung dieses kohlensauren Salzes, wobei die Kohlensäure
desselben entweicht, ein ziemlich genaues Zeichen ist. Jedenfalls kann man, da es
gut ist etwas Kalk in Ueberschuß zuzusezen, um der vollkommenen Sättigung der Säure
versichert zu seyn, sich durch blaues Lakmuspapier davon überzeugen, welches von der
Flüssigkeit nicht mehr geröthet werden darf. Die Kreide muß mit vieler Vorsicht und
in sehr kleinen Quantitäten auf einmal zugesezt werden, denn das durch die
Entwikelung der Kohlensäure herbeigeführte Aufbrausen könnte das Uebersteigen eines
Theiles der Flüssigkeit als Schaum über den Rand des Kessels verursachen. Nach jedem
Eintragen von ungefähr ½ Kilogr. Kreide wird die ganze Masse umgerührt und
einige Secunden gewartet, bis das Aufbrausen vorüber ist, ehe man wieder
einträgt.
Findet man die Sättigung beendigt, so muß der niedergeschlagene schwefelsaure Kalk
abgesondert werden; zu diesem Behufe läßt man die Flüssigkeit sich eine halbe Stunde
lang absezen und bereitet in dieser Zeit die Filter vor. Ehedem begnügte man sich,
den Syrup durch mehrere Leintücher laufen zu lassen; diese einfache Durchseihung
diente nur zum Klären, indem die in Suspension erhaltenen Substanzen dadurch zwar
abgesondert wurden, aber dem Syrup die Farbe nicht benommen wurde, welche durch das
Abdampfen noch dunkler
wird. Heutzutage läßt man ihn durch mit Knochenkohle in Körnern bedekte Tücher
laufen.
Diese Filter bestehen aus hölzernen Kästen oder metallenen Kufen, worin man
durchlöcherte Platten übereinanderstellt, die mit Tuch bedekt werden, auf welches
man eine Schichte mit Wasser befeuchteter Knochenkohle in Körnern ausbreitet u. s.
f. Nachdem diese Filter so hergerichtet sind, füllt man einen kupfernen Heber mit
Wasser, kehrt ihn in dem Kessel um, und läßt mittelst eines Trichters mit einer
Dille an der Seite und eines über dem Filter angebrachten Rohres den Syrup
einfließen, welcher, durch die Kohleschichten laufend, von den in Suspension darin
befindlichen Substanzen und von einem großen Theil der ihn färbenden Substanz
befreit wird; von den Filtern aus läuft der Syrup in Reservoirs, um dann concentrirt
zu werden. Wenn durch den Heber alle überschwimmende Flüssigkeit abgeflossen ist und
er auf den Bodensaz kommt, so verstopft er sich bald; man zieht ihn dann heraus,
nimmt den Bodensaz mittelst eines großen Löffels heraus, bringt ihn in Bottiche,
wascht ihn aus, um allen Syrup, den er enthalten kann, zu gewinnen, und läßt ihn auf
Filtern abtropfen. Die Waschwasser dienen zu einer folgenden Operation. Man hat den
diesen Bodensaz ausmachenden schwefelsauren Kalk auf verschiedene Weise zu verwenden
gesucht. Die beste Anwendung desselben ist noch immer, ihn in der Landwirthschaft
als ein Reizmittel, besonders für künstliche Wiesen zu gebrauchen.
Wenn der Kessel ausgeleert ist, wird er mit Wasser ausgeschwenkt, welches mit einem
Löffel und einem großen Schwamm wieder herausgenommen und ebenfalls auf das Filter
gebracht wird. Man füllt hierauf den Kessel zur gewohnten Höhe mit Wasser an,
entfernt die den Feuerraum bedekende Schichte von angefeuchteter Kohle, schließt die
Ofenthüre und das Feuer wird dann bald wieder lebhaft brennen. Sobald das Wasser dem
Sieden nahe ist, schöpft man davon mit einer Gießkanne aus, um einen Regen desselben
auf den Rükstand im Filter fallen zu lassen und bringt wieder kaltes Wasser in den
Kessel. Ist der Kamin des Kessels so construirt, daß er unter ein Reservoir von
dünnem Kupfer hinläuft, so erhält dieses die Temperatur des hineingebrachten Wassers
hoch genug, um den Rükstand auf dem Filter damit auswaschen zu können. Auch kann man
dieses Wasser gebrauchen, um eine weitere Operation damit anzufangen. Wenn der
Kessel ungefähr mit 1000 Kilogr. wieder angefüllt ist und dasselbe siedet, wird eine
zweite Operation angefangen, welche man wie die erste durchführt. Mit zwei Personen,
welche sich ablösen, kann man in 24 Stunden leicht fünf Kochungen vornehmen, so daß
2000 Kilogr. troknen Stärkmehls verarbeitet werden. In der großen Fabrik des Hrn. Fouchard befinden sich zwei Kessel, daher die Operation
beständig fortgehen kann, indem, während der eine ruht, der andere Dienst thut u. s.
f.
Die filtrirte Flüssigkeit wird auf drei- oder viermal in eine Kipppfanne
gebracht, worin man sie schnell verdampfen läßt, bis sie ungefähr auf die Hälfte
ihres Volumens gebracht ist; sie muß dann am Baumé'schen
Aräometer 25 bis 22° R. zeigen. Man bringt sie nun in einen bleiernen Kessel,
um sie zu klären; die Flüssigkeit wird darin auf 64° R. erhizt; es wird ihr
Thierkohle in sehr feinem Pulver (1/20 des angewandten Stärkmehls) zugesezt, die
ganze Masse einige Minuten lang wohl umgerührt und mit 15 Theilen Wassers
abgeschlagenes Blut hineingerührt; man unterbricht dann das Rühren, und zieht,
sobald das Sieden sich neuerdings wieder lebhaft einstellt, die ganze Flüssigkeit
auf ein aus mehreren übereinander gelegten leinenen Tüchern bestehendes Filter ab.
Die ersten Antheile der filtrirten Flüssigkeit laufen trübe, man sammelt sie in
einem Bottich auf und bringt sie wieder aufs Filter; das Filter wird sogleich
wieder, oder vielmehr vorher schon mit hölzernen, in wollenen Deken eingehüllten
Dekeln versehen, damit die Erkaltung nicht zu schnell eintritt, durch welche der
Syrup weniger flüssig und die Filtration aufgehalten würde. Wenn man Filter mit
Knochenkohle anwendet, ist die hier erwähnte Klärung nicht nöthig.
Wenn der Syrup beinahe gänzlich abgeflossen und der Rükstand auf dem Filter troken
erscheint, wird dieses mit heißem Wasser besprengt, um den noch darin enthaltenen
Zuker auszuziehen. Man sezt nur wenig Wasser auf einmal zu und wiederholt dieß oft,
bis die filtrirte Flüssigkeit nur mehr einen halben Grad am Aräometer zeigt. Die
erschöpfte Masse wird dann herausgeschüttet, die Leinwand gewaschen und zu einer
weitern Klärung aufgehoben. Das schwache Wasser vom Auswaschen des Rükstandes von 4
bis zu ½° wird aufbewahrt, um damit die Erschöpfung eines andern
Rükstandes zu beginnen. Man dampft dasselbe erst dann direct ab, wenn die Arbeit
eingestellt wird und folglich kein Rükstand mehr zu erschöpfen ist.
Man kann zur Bereitung des Stärkesyrups die Stärke auch feucht anwenden, wie sie sich
am Boden der Gefäße bei ihrer Fabrication absezt. Sie braucht zu diesem Zwek nur in
ihr doppeltes Gewicht Wasser gerührt und ihre Wiedervereinigung zu einer Masse durch
beständiges Umrühren mit einem Spatel verhütet werden. Auch in diesem Falle darf man
nur wenig davon in die siedende Mischung von Wasser und Säure gießen, damit das
Sieden dadurch nicht unterbrochen wird.
Nach Theodor v. Saussure geben 110 Theile trokener Stärke
110,14 trokenen
Zukers, was leicht einzusehen ist, indem der in seiner Zusammensezung mit dem
Traubenzuker identische Stärkezuker zwei Aequivalente Wasser mehr enthält als die
Stärke. Im Großen erhält man aus 100 Theilen trokener
oder 150 Theilen frischer Stärke l50 Theile Syrup von
30° Baumé, was ungefähr 100 Th. trokenen Zukers entspricht.
Bei diesem Proceß wirkt die Säure flüssigmachend auf die Stärke und befördert durch
ihre Gegenwart die Hydratirung (Verbindung mit Wasser) derselben, wodurch sie zu
Zuker wird, ohne daß sie selbst (die Säure) sich dabei verändert. In der That ist
das erste Resultat, welches man, sogar ohne Wärmeanwendung bemerkt, die
Auflöslichkeit, welche die Stärke erlangt, ohne eine Veränderung in ihrer
Zusammensezung zu erleiden; das zweite, welches bei 80° R. schnell eintritt,
ist die Umwandlung in Traubenzuker, wobei immer sämmtliche Schwefelsäure in der
Flüssigkeit vorhanden bleibt. Die übrigen Vorgänge sind leicht begreiflich. Die nach
der Zukerbildung hinzugesezte Kreide tritt der Säure den in ihr enthaltenen Kalk ab;
die Kohlensäure entweicht unter Aufbrausen und der gebildete schwefelsaure Kalk
bleibt zurük nebst dem Kreideüberschuß. Bei dem Abdampfen fällt, indem der Syrup
dadurch concentrirt wird, der größte Theil des in der Flüssigkeit aufgelöst
gebliebenen schwefelsauren Kalks nieder. Diese Fällung wird durch die Knochenkohle
noch befördert, welche überdieß einen Theil der färbenden Substanz und des
unangenehmen Geschmaks beseitigt. Wenn man nicht mit Knochenkohle bedekte Filter
anwendet, so dient das zum Klären angewandte Albumin (Eiweißstoff des Blutes) durch
seine von der Wärme herbeigeführte Gerinnung zum Zusammenkleben der kleinsten
Theilchen der Thierkohle und des schwefelsauren Kalks und verhindert dadurch diese
das Filter zu verstopfen und durch das Gewebe desselben hindurchzugehen.
Wünscht man nur Stärkesyrup zu erhalten, so concentrirt man bis auf 30° des
Baumé'schen Aräometers (bei 80° R.); will man den Zuker aber krystallisirt
haben, so concentrirt man bis auf 36° (bei 80° R.) und gießt den Syrup
in nicht sehr tiefe Fässer aus, durch welche, mit hölzernen Pflöken oder Zapfen
verstopfte Löcher gehen. Nach zweitägiger Abkühlung ist der Zuker krystallisirt, und
wenn man die Zapfen ausstößt, fließt der über den Krystallen stehende Syrup ab,
welchen man für eine zweite Operation oder zum Verkauf in diesem Zustande aufhebt,
welches leztere vorzuziehen ist, da dieser, jederzeit gefärbte, Syrup immer zur
Färbung alles Zukers einer nächstfolgenden Operation beiträgt und sich dessen
vollkommener Entfärbung widersezt. Im Allgemeinen ist es (in Frankreich)
vortheilhaft, diese
Sorten Melasse den Bierfabrikanten (!) zu verkaufen, welche sie, wie wir weiter
unten sehen werden, gut verwenden können.
In einigen Fabriken, und namentlich in jenen, wo man über freiem Feuer arbeitet,
concentrirt man den Stärkesyrup auf 40 bis 45° Baumé; er verdikt sich alsdann
beim Erkalten in eine körnige, mehr oder weniger weiße, compacte Masse ohne
regelmäßige krystallinische Form. Diese Masse kann, da sie im Augenblik der
Erstarrung an Volumen zunimmt, die Gefäße, worin sie enthalten ist, sprengen; um
dieß zu verhüten, bedient man sich hölzerner, mit verzinntem Kupfer belegter, sich
ziemlich erweiternder und nicht sehr tiefer Gefäße; den Zuker läßt man sodann
abtropfen und in einer Trokenkammer troknen.
Hr. Fouchard troknet den Stärkezuker, indem er ihn anfangs
in mehr oder weniger großen Blöken auf Gypsflächen legt, wie dieß auch beim
Austroknen der Stärke geschieht und ihn dann der doppelten Wirkung einer
Trokenkammer und eines Ventilators mit warmer Luft aussezt. Seit einiger Zeit wird
der Stärkezuker in Körnern (als Gries) verschiedener Größe verkauft; man erhält
diese mittelst Durchschlagens durch mehr oder weniger enge Siebe.
Bei der Umwandlung der Stärke in Zuker ist sehr darauf zu sehen, daß die Operation
nicht länger fortdauert, als nöthig ist, und es müssen hier die Zeichen erwähnt
werden, an denen man die Vollendung des Processes erkennt. Wenn die lezte Portion
Stärke in den Kessel eingetragen ist, läßt man die Mischung noch eine Zeit lang
kochen und sobald sie recht homogen ist, d. h. keine Klümpchen nicht zergangener
Stärke mehr enthält, nimmt man etwas davon in ein Glas heraus und probirt es mit
Jodtinctur. Erzeugt diese keine violette Färbung mehr, so ist es Zeit, die Sättigung
mit Kreide vorzunehmen; würde man den Stärkesyrup vor dieser Sättigung zu lange
erhizen, so würde er braun werden und sich zum Theil zersezen unter dem Einflusse
derselben Säure, welche früher seine Bildung vermittelte.
Man nennt den Stärkesyrup auch Dextrinsyrup. Mit den Ausdrüken Glucose, Stärkezuker, Dextrin und Dextrinsyrup bezeichnet man in
Frankreich folgende Präparate: Glucose ist der von Dumas dem Traubenzuker und Stärkezuker, welche, wie schon
gesagt, identisch sind, gegebene generische Name; der Stärkezuker oder-Syrup entsteht durch das Zergehen und die Hydratirung der
Stärke unter dem Einfluß der Schwefelsäure; das Dextrin
ist durch Röstung oder durch eine Säure aus ihrem Zusammenhang gebrachte Stärke;
wird diese Aufhebung des Zusammenhangs mittelst der
Diastase bewirkt, so erhält das Dextrin den Namen Dextrinzuker oder Dextrinsyrup.
Wir geben hier die Berechnung der Stärkezuker-Fabrication für einen Tag in
einer großen Fabrik.
3000
Kilogramme
Staͤrke, zu 22 Frank. per 100
Kilogr
660
60
—
Schwefelsaͤure, zu 30 Fr
18
80
—
Kreide
2
300
—
Knochenkohle
30
35
Hektoliter
Steinkohle
122,50
7
Arbeiter
zu 2 Frank. 50 Cent
17,50
Allgemeine Spesen
Hauszins, DirectionCapitalien, Betriebscapit., Zinsen u.
ReparaturenBeleuchtung und kleine SpesenTransportDisconto und
unvorhergesehene Spesen
16155,501335
–––––––
934,50
Product: 4500 kilogr. Syrup von 32° Baumé, zu 22 Fr. Die
100 kilogr.
990
–––––––
Gewinn
55,50
Dampft man den Syrup zu fester Glucose ein, so braucht man 4
Hektoliter Steinkohle mehr und die Fabricationskosten belaufen sich dann
auf
947,50
Das Product besteht dann in 3000 Kilogr. krystallisirten Zukers,
zu 35 Fr. die 100 Kilogr.
1050
–––––––
Gewinn
102,50.
Der Stärkesyrup sowohl als Stärkezuker sind in der Technik von großer Wichtigkeit und
werden es alle Tage mehr. In Burgund und einigen andern Gegenden wird davon viel
verbraucht, um den Alkoholgehalt der dortigen etwas geringen Weine zu vermehren. Man
nimmt davon 5 bis 10 Kilogramme auf ein Faß Wein von 230 Liter. Die Bierbrauer
bedienen sich desselben auch mit sehr großem Vortheil zur Bierbereitung (!); seine
Anwendung ist nicht nur wohlfeil, sondern auch vortheilhaft, weil er in der Würze
keine stikstoffhaltige Substanz absezt, wie die gekeimte Gerste, durch welche im
Bier die saure Gährung befördert wird. Auch kann man durch seine Anwendung den
Alkoholgehalt der Würze genau reguliren, indem man derselben nur Syrup zuzusezen
braucht, bis der Aräometer den gewünschten Grad zeigt. Vorzüglich zur Bereitung des
weißen Biers und der Tafelbiere, wovon man im Sommer viel braucht, wird der Stärkesyrup (in
Frankreich) häufig angewandt.
Der Stärkezuker verdient bei der Bereitung von Weingeist den Vorzug vor dem
Kartoffelteig, weil der erhaltene Weingeist frei ist von schlechtem Geschmak (das
flüchtige Oehl der Kartoffeln wird durch die Zukerbildung weggeschafft); auch geht
die Gährung viel schneller vor sich, denn von der Glucose zum Alkohol ist nicht mehr
weit hin Der Rohrzuker
wandelt sich immer in Glucose um, ehe er unter dem Einflusse der geistigen Gährung
zu Alkohol wird.
Auch kann man mit Vortheil den Stärkesyrup auf Essig verarbeiten. Man bedient sich
auch desselben vielfach zur Bereitung von Stiefelwichse, und hat dann den Vortheil,
daß man die Operation unterbrechen kann, sobald die Zukerbildung eingetreten ist,
ohne daß es mehr nöthig wäre, mit kreide zu sättigen; denn die freie Schwefelsäure
dient dann, um auf das gebrannte Elfenbein einzuwirken, welches zur Stiefelwichse
kommt.