Titel: | Ueber Krystalle von schwefelsaurem Bleioxyd, welche bei der Schwefelsäure-Fabrication erhalten wurden; von Fr. Kuhlmann. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. LXIX., S. 277 |
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LXIX.
Ueber Krystalle von
schwefelsaurem Bleioxyd, welche bei der
Schwefelsäure-Fabrication erhalten wurden; von Fr.
Kuhlmann.
Aus den Annales de
Chimie et de Physique. April 1841, S.
496.
Kuhlmann, über Krystalle von schwefelsaurem
Bleioxyd.
Das schwefelsaure Bleioxyd bildet eine Mineralspecies, welcher
man von dem Orte Anglesea, wo man sie zuerst fand, den Namen Anglesit gegeben hat. Nach Beudant sind die Krystalle
Octaëder mit mehr oder weniger modificirter rectangulärer
Basis, welche von einem rechten rhomboidalen Prisma, von
103° 42' und 76° 18', oder auch 101° 12'
und 78° 48' abgeleitet werden können. Das specifische Gewicht derselben ist 6,23 bis 6,31; die Krystalle kommen mit
Bleiglanz und Kupfererzen zufällig vor.
Das künstliche schwefelsaure Blei wurde bisher nur als weißes
Pulver, ohne krystallinisches Ansehen, erhalten; kürzlich hatte
ich aber Gelegenheit, die künstliche Bildung des krystallisirten
schwefelsauren Bleies zu beobachten, und zwar unter folgenden
Umständen.
Um eine vollkommnere Condensation der in den Bleikammern
gebildeten Schwefelsäure zu bewirken, ließ ich die aus
Schwefelsäure, Untersalpetersäure und Wasser bestehenden Dämpfe
aus den Kammern in große bleierne Kästen treten. In Folge der
Verdichtung des größten Theiles der Schwefelsäure wurde die
Untersalpetersäure in diesem Gemenge vorherrschend, und es mußte
folglich bei dem Vorhandenseyn von Wasserdunst eine große Menge
Salpetersäure erzeugt werden. Durch die Einwirkung dieser
corrosiven Dämpfe überzog sich das Blei der Condensirkästen nach
einer Berührung von nur einigen Tagen mit einer ziemlich diken
Schicht von schwefelsaurem Bleioxyd, welches in Nadeln und
Schuppen dem Chlorblei ähnlich krystallisirt war.
Die Krystallform derselben ist schwer zu bestimmen; sie scheint
sich jener des natürlichen Sulphats zu nähern; man beobachtet
unter den Krystallen Prismen mit pyramidaler Zuspizung und
rhombische Tafeln, welche treppenförmig aufeinander liegen. Das
Salz ist wasserfrei und stellt ein vollkommen reines, neutrales,
schwefelsaures Bleioxyd dar. Sein spec. Gewicht ist 6,061 bis
6,086. Die Bildung des krystallisirten schwefelsauren Bleioxyds
unter dem Einfluß der salpetrigsauren, von Schwefelsäure fast
ganz freien Dämpfe der Bleikammern, geht so schnell und so
reichlich vor sich, daß ich dieses Verfahren zur Condensation
aufgeben und ein anderes hiezu einschlagen mußte.
Für die Praxis geht aus der beobachteten Thatsache hervor, daß
die Bleikammern bei der Schwefelsäure-Fabrication sich
nur so lange unversehrt erhalten können, als mit den salpetrigen
Dämpfen ein ziemlich großer Ueberschuß von Schwefelsäure gemengt
ist.