Titel: | Ueber die elektrischen Erscheinungen bei der Ausströmung condensirter Luft und des unter Druk erzeugten Dampfes; von W. Georg Armstrong Esq. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. II., S. 7 |
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II.
Ueber die elektrischen
Erscheinungen bei der Ausströmung condensirter Luft und des unter
Druk erzeugten Dampfes; von W. Georg Armstrong
Esq.
Aus dem Philosophical
Magazine, Mai 1841, S. 328.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Armstrong, über die elektrischen Erscheinungen
sich expandirender Luft und ausströmenden Dampfes.
Die Untersuchung der Ursachen, welche die Entwikelung von
Elektricität beim Ausströmen des Dampfes oder comprimirter Luft
bewirken und modificiren, erhält eine bisher ihr nicht
beigelegte Bedeutung durch die Ansichten, welche sie in der
Erklärung gewisser noch dunkeln Punkte in der Elektricitätslehre
herbeiführt und indem sie zur Erklärung mehrerer
meteorologischen und anderer Naturphänomene, welche bisher noch
keine befriedigende Theorie gefunden hatten, führen. Die völlige
Neuheit des Gegenstandes und sein Zusammenhang mit jenem
geheimnißvollen, alles durchdringenden Agens, der Elektricität,
dessen nähere Kenntniß so wesentlich ist für unsere Fortschritte
in den Naturwissenschaften, ertheilen seiner Erforschung ein
ganz besonderes Interesse und machen sie der eifrigsten
Verfolgung würdig.
In der Hoffnung, eine mir so interessante und wichtig scheinende
Untersuchung vorwärts zu fördern, habe ich also neuerdings eine
Reihe Versuche über die Elektricität sich expandirender Luft
sowohl, als ausströmenden Dampfes angestellt, und die nun
mitzutheilenden Resultate verdienen, wie ich glaube, alle
Aufmerksamkeit und werden zu weiteren Entdekungen führen. Ich
werde diese Versuche unter zwei Hauptabtheilungen anführen, wovon
die erste jene über sich expandirende Luft und die zweite über
ausströmenden Dampf umfaßt.
In meiner jüngsten Mittheilung im Philosophical Magazine
Polytechn. Journal Bd.
LXXX. S. 138. zeigte ich, 1) daß es mir gelang, eine starke
Elektricitätsentwikelung hervorzubringen durch Freilassen unter
hohem Druk befindlicher Luft aus einem isolirten Recipienten von
bedeutender Capacität; 2) daß ich bei oftmaliger Wiederholung
des Experiments die in dem Recipient austretende Elektricität
größtentheils negativ, manchmal aber
auch positiv fand; 3) daß die
Intensität der Elektricität äußerst ungleich war, so daß der
Recipient manchmal so stark elektrisch wurde, daß er einen 1/4
Zoll langen Funken gab, während bisweilen wieder die
Elektricität schwach war, und ich oft gar keine entdeken konnte;
4) daß die ausgelassene Luft sich bei jedem Versuche positiv
zeigte; 5) das die Elektricitätsentwikelung gewöhnlich besser
gelang, wenn der Recipient kalt war und etwas Feuchtigkeit
enthielt, als wenn er warm und troken war. – Indem ich so
in Kurzem zusammenfaßte, was ich über diesen Gegenstand schon
geschrieben habe, wird die Nothwendigkeit vermieden, auf die
erwähnte frühere Mittheilung wieder zurükzukommen.
Ich habe es nun augenscheinlich dargethan, daß die Temperatur des
Recipienten und das Vorhandenseyn von Wasser innerhalb desselben
von großem Einfluß auf die Erscheinungen sind. Je kälter der
Recipient, desto stärker ist die Elektricitätsentwikelung; wird
derselbe aber in vollkommen trokenem Zustande erhizt, bis er mit
der bloßen Hand nicht mehr wohl berührt werden kann, so bringt
das Freilassen der Luft keine Anzeichen vorhandener Elektricität
mehr hervor. Ist der Recipient innerlich feucht, so ist eine
höhere Temperatur erforderlich, um die Erscheinungen der
Elektricität aufzuheben; und wenn gar einige Unzen Wasser in
denselben geschüttet werden, kann er nach Belieben erhizt
werden, ohne daß die Elektricitätsentwikelung unterdrükt oder
auch nur bedeutend verringert würde. Bei niederen Temperaturen
aber scheint die Gegenwart von Wasser im Recipienten oder ein
feuchter Zustand der comprimirten Luft die Wirkungen nur wenig
zu verstärken. Ich schließe dieß aus folgendem Versuche.
Nach sorgfältigem Austroknen des Innern des Recipienten brachte
ich eine Quantität Aezkali hinein, um die Feuchtigkeit der zu
verdichtenden Luft absorbiren zu lassen. Ich comprimirte hierauf
Luft in dem Recipienten und brachte ihn an einen kalten Ort, wo
ich ihn ungefähr zwölf Stunden ließ, um dem Kali zu seiner
Wirkung gehörig Zeit zu lassen. Hierauf isolirte ich
den Recipient, ließ die Luft aus und fand den Erfolg beinahe
gerade so, als wenn keine Maßregeln zur Ausschließung der
Feuchtigkeit getroffen worden wären.
Der Recipient mag feucht oder troken seyn, so ist jedenfalls, wie
ich gefunden habe, ein rasches Freilassen der Luft zur
Hervorbringung jener Erscheinungen unerläßlich. Am stärksten war
die Wirkung immer, wenn der zum Auslassen der Luft bestimmte
Hahn ganz geöffnet wurde; wenn aber durch nur theilweises
Oeffnen des Hahnes das Austreten der Luft über die Dauer von
beiläufig einer Minute verlängert wurde, so zeigte sich keine
Elektricitätsentwikelung.
Meine früheren, in ihren Ergebnissen so launenhaften Versuche
waren bei sehr frostigem Wetter angestellt worden, aber die hier
in Rede stehenden wurden bei mildem und feuchtem Wetter
vorgenommen und waren in ihrem Erfolge weit übereinstimmender;
ob aber die bei der ersten Versuchsreihe beobachteten
sonderbaren Schwankungen dem Zustande der Atmosphäre oder einer
anderen, mir entgangenen Ursache zuzuschreiben seyen, bin ich
nicht im Stande zu sagen.
Bei meinen jüngsten Versuchen war die Elektricität des
Recipienten gleichbleibend negativ und die Intensität derselben
ohne bedeutende Abweichung. Wenn der Recipient nicht isolirt
war, war die Elektricität der ausströmenden Luft stets positiv;
wurde derselbe aber in isolirtem Zustande erhalten, so geschah
es häufig, namentlich wenn er innen nicht troken war, daß die
Goldblätter des Elektroskops, welche mit dem zugespizten
Conductor in Verbindung standen, womit die Elektricität aus dem
Luftstrahle gezogen wurde, sich zuerst mit positiver Elektricität trennten, dann sich schlossen,
und sich hierauf mit negativer
Elektricität wieder öffneten. Diese Erscheinung kann mit vieler
Wahrscheinlichkeit der Bildung einer leitenden Verbindung
zwischen dem isolirten Recipienten und dem mit Spize versehenen
Conductor vermöge mit der Luft fortgerissener Wassertheilchen
zugeschrieben werden; nur würde dann, wenn dieß der Fall wäre,
der mit Spize versehene Conductor seine Elektricität nicht
zurükhalten, wie dieß jederzeit geschieht, wenn der Recipient
nicht isolirt ist.
Manchmal tritt die Elektricitätsentwikelung nicht ein, bis die
Luft beinahe gänzlich freigelassen ist, und dann springen die
von dem Recipient herabhängenden Markkügelchen und die
Goldblättchen des Elektroskops, welche an dem mit Spize
versehenen Conductor befestigt sind, plözlich auseinander,
welche Erscheinung von einem eigenthümlichen Laut begleitet ist,
der das Austreten von Wassertropfen aus der Röhre, woraus die
Luft entweicht, andeutet. Es wäre merkwürdig, wenn der auf diese
Weise erzeugte Laut identisch befunden würde mit
jenem, dessen Hr. Dr. Schafhäutl als eines beständigen
Begleiters der Elektricitätsentwikelung bei seinen Versuchen mit
dem aus einem Marcet'schen Kessel
entwikelten Dampf erwähnt.Polyt. Journal Bd.
LXXX. S. 132. Dieser Laut wird jedoch oft erst nach den elektrischen Erscheinungen hörbar; er ist
aber stets das Signal, bei welchem sich das Elektroskop öffnet,
wenn die Entwikelung nicht schon vorher stattgefunden hatte. Ich
habe übrigens nie ein ähnliches Geräusch bei meinen früheren
Versuchen bemerkt.
Eine Erklärung dieser sonderbaren Erscheinungen bin ich durchaus
nicht im Stande zu geben. Es ist wohl bekannt, daß eine
reichliche Niederschlagung des Dampfes und eine stark
beschleunigte Verdampfung die gleichzeitigen Wirkungen der
plözlichen Ausdehnung condensirter Luft in einem Recipient sind
– indem die Niederschlagung Folge der durch die Expansion
entstehenden großen Kälte ist, und die zunehmende Verdampfung
durch die von der Niederschlagung herbeigeführte Verminderung
der in der Luft enthaltenen Quantität durchsichtigen Dunstes
erzeugt wird – und diesen beiden Vorgängen war ich zuerst
die fraglichen Erscheinungen zuzuschreiben geneigt, muthmaßend,
daß der Wechsel in der in dem Recipient entwikelten Art der
Elektricität manchmal von dem Vorwalten der Verdampfung, in
anderen Fällen aber von der vorwaltenden Niederschlagung
herrühre. Der merkwürdige Einfluß der Wärme und der Feuchtigkeit
und die Wirkung einer langsamen Entleerung des Recipienten,
durch welche die Niederschlagung bekanntlich verhindert wird,
scheinen auf den Zusammenhang der Erscheinungen wenigstens mit
einem dieser bezeichneten Vorgänge hinzuweisen; allein ich finde
so viele Schwierigkeiten in der Erklärung vieler der jüngst
beobachteten Erscheinungen in Bezug auf diese beiden oder eine
dieser Ursachen, oder sonst eine denkbare, daß ich gegenwärtig
nicht im Stande bin, meine Meinung darüber abzugeben.
Ich komme jezt zum zweiten Theil dieser Abhandlung und beginne
denselben mit der Beschreibung des Abdampfapparats, dessen ich
mich bei den Versuchen mit ausströmendem Dampf bediente.
Dieser Apparat wurde unter meiner eigenen Leitung für den
speciellen Zwek der Versuche verfertigt, wozu er weit besser
geeignet ist als ein Dampfmaschinenkessel. Doch ist er wegen
seiner kleinen Dimensionen nicht dazu berechnet, mit eben so
glänzenden Wirkungen aufzutreten. Er besteht in der Hauptsache
aus einem starten cylindrischen Kessel und einem Ofen, worin der
Kessel vertical so eingesezt ist, daß er auf allen Seiten der
Hize des Feuers ausgesezt ist. Der Kessel ist
30 Zoll tief und innerlich 4 Zoll weit und von der, gewöhnlich
Stükgut genannten, Metalllegirung aus Kupfer und Zinn
verfertigt. Der Ofen steht behufs der Isolirung auf
Glasfüßen.
Fig. 7 stellt die ganze Vorrichtung vor. A, A ist ein senkrechter
Durchschnitt des Ofens; B ist der
Kessel; C ein graduirtes
Sicherheitsventil; D ist ein
kupfernes Rohr, welches aus dem Kessel durch die Stopfbüchse E, dann in den Ofen tritt, in
welchem es sich etwas oberhalb dem Brennmaterial drei-
oder viermal um den Kessel windet, und dann außerhalb des Ofens
in den Hahn F endigt, durch welchen
der Dampf, nachdem er auf seinem Wege durch das erhizte Rohr
ganz ausgetroknet wurde, ausgelassen wird. Dieses Rohr kann
leicht hinweggenommen werden, wo ich dann sehr oft an dessen
Stelle eine einfache, oben mit einem Hahn versehene Glasröhre in
den Kessel stekte. Ich feuerte mit Kohks.
Dieser Apparat zeigte sich im Verhältniß zu seiner Größe sehr
wirksam. Wenn in einer Stunde ein Gallon verdampfte und der Druk
im Kessel 100 Pfd. auf den Quadratzoll betrug, konnte ich in ein
paar Minuten eine Leidner Flasche von sehr dünnem Glas (eine
Pinte haltend) stark genug laden, daß sie einen ziemlich
schmerzhaften Schlag gab. Um die Flasche zu laden, fand ich es
am besten, ihren Knopf einfach mit dem Kessel oder dem ihn
enthaltenen isolirten Ofen zu verbinden; denn ich konnte stets
von dem Verdampfungsgefäß eine weit größere Menge Elektricität
sammeln, als von dem austretenden Dampfe.
Ich sezte mit Sicherheit voraus, daß, in Uebereinstimmung mit
allen früheren Versuchen über diesen Gegenstand, die
Elektricität des Verdampfungsgefäßes unwandelbar negativ, jene
des ausströmenden Dampfes aber stets positiv sey; ich fand aber
bald zu meinem großen Erstaunen, daß diese elektrischen Zustände
des Kessels und der Dampfwolke unter gewissen Umständen die umgekehrten waren.
Damit man nicht vermuthen möchte, daß meine Angaben über diesen
außergewöhnlichen Umstand auf irriger Beobachtung beruhen, finde
ich zu versichern nothwendig, daß ich gar nicht anzunehmen
geneigt war, der ausgestoßene Dampf könne unter irgend welchen
Umständen negative Elektricität
entwikeln, indem sein derartiges Verhalten jener Theorie
diametral entgegen war, welche ich in einer früheren Abhandlung
zur Erklärung der elektrischen Erscheinungen des ausströmenden
Dampfes aufzustellen mir erlaubte, und daß ich von der
Wirklichkeit dieser Veränderung mich erst dann überzeugt hielt,
nachdem ich die Versuche wiederholt und mannichfaltige Proben
angestellt hatte, welche allemal dasselbe Resultat gaben.
Ich stellte zahlreiche Versuche zur Ermittelung der Umstände an,
unter welchen diese Umwandlung stattfindet, und bin durch die
folgenden Beobachtungen zu glauben veranlaßt, daß eine zu starke
Erhizung jenes Theiles des Kessels, welcher den Dampf enthält,
wenigstens eine der diese Erscheinung bewirkenden Ursachen ist.
Man begreift, daß, wenn man die Thüre des Ofens schließt, die
Hize in dem oberen Theile des Kessels, worin sich der Dampf
aufhält, beträchtlich zunimmt, und ich fand, daß beinahe in
jedem solchen Falle die negative
Elektricität des Kessels und die positive Elektricität des Dampfes abzunehmen anfingen
und so fortfuhren, bis sie ganz verschwunden waren; dann zeigte
sich in dem Kessel nach und nach positive und in dem ausgelassenen Dampfe negative Elektricität. Ein
verminderter Wasserstand im Kessel würde natürlich ebenfalls die
Ansammlung von Wärme in dem oberen Theil des Kessels
begünstigen, und wirklich bewies sich ein solcher Wasserstand
ebenfalls als zur Umwechselung der Elektricitäten führend. Ich
vermuthe, daß auch noch andere Ursachen eine Umwechselung der
Elektricitäten des Kessels und der Dampfwolke herbeiführen;
bevor man sich aber hierüber entschieden aussprechen kann, halte
ich weitere Versuche für nothwendig.
Ich gehe nun zur Wirkung des Drukes über, zuerst nämlich auf den
Fall, wo die Dampfwolke positive,
dann wo sie negative Elektricität
frei macht.
Bei Versuchen zur vergleichenden Bestimmung der Intensität der
bei verschiedenem Druk entwikelten Dampfelektricität ist es
natürlich nothwendig, daß gleiche Gewichte des Dampfes, und nicht gleiche Volume desselben, in gleichen Zeiten
ausgelassen werden; und um dieß zu bewirken, ist es nothwendig,
daß die Auslaßöffnung in demselben Maaße verkleinert werde, als
der Druk zunimmt, und umgekehrt. Das Sicherheitsventil ist in
dieser Hinsicht eine sich selbst regulirende Vorrichtung, weil
es gerade so viel Dampf entweichen läßt, als erzeugt wird, und
bei gleichem Feuer erzeugt sich unter jedem Druk bekanntlich
gleich viel Dampf. Ein anderes Erforderniß bei solchen Versuchen
ist, daß der Dampf in gleichem Grade der Trokenheit austrete. Schürt man stark, so ist das
Ausströmen bei niederem Druk so voluminös, daß sehr leicht nicht in Dampf verwandeltes
Wasser aus dem Kessel mit fortgerissen und hiedurch die
Elektricität zerstreut oder an das Ventil geleitet wird.
Indem ich mich also des Sicherheitsventils als eines Mittels die
Entweichung auszugleichen bediente und das Feuer gleichartig und
mäßig erhielt, war ich im Stande, gleiche Auslassungen trokenen
Dampfes zu bewerkstelligen, unter stufenweiser Vergrößerung des
Druks, und folgendes sind die erhaltenen Resultate, so weit sie
sich auf die gewöhnliche Beschaffenheit der Dampfwolke, d.h. wobei
sie positive Elektricität entwikelt, beziehen.
Zuerst nahm ich das Ventil von seinem Siz ab und ließ den Dampf
ohne alle Beschränkung entweichen, konnte aber so keine
Elektricitätsentwikelung entdeken, als die von der Verbrennung
des Feuermaterials herrührende, durch welch leztere in dem
Verdampfungsapparat immer hinlänglich Elektricität entwikelt
wurde, um die Goldblättchen des Elektroskops, bei der Anwendung
einer Condensirplatte, zu afficiren. Ich sezte hierauf das
Ventil wieder auf, und als der Druk kaum über 1 Pfd. auf den
Quadratzoll betrug, gab das Goldblattelektroskop, mit dem Kessel
in Verbindung gesezt, das erste Anzeichen einer von der durch
die Verbrennung erzeugten unterscheidbaren Elektricität. Die
geringste Verstärkung dieses Drukes verursachte eine
außerordentliche Zunahme der Elektricität, und bei 3 Pfd. auf
den Quadratzoll konnten in der Minute fünf bis sechs kleine
Funken aus dem Kessel gezogen werden. Jede darauffolgende
gleiche Verstärkung des Druks brachte hierauf eine kleinere
Vermehrung der Elektricität, als die vorhergehende war, mit
sich. Die bei 3 Pfd. auf den Quadratzoll sich zeigende
Elektricität wurde nicht früher auf das Doppelte gesteigert, als
bis der Druk 15 Pfd. auf den Quadratzoll betrug, und nicht
verdreifacht, als bis er 50 Pfd. erreichte; nicht vervierfacht,
als bis er auf 120 Pfd. gestiegen war; als ich den Druk auf 250
Pfd. per Zoll trieb, über welchen
hinaus ich ihn nicht zu treiben wagte, schien die Elektricität
des Kessels bloß fünfmal größer zu seyn, als bei einem Druk von
nur 3 Pfd. auf den Zoll. Dieß waren die erhaltenen Resultate. Da
aber die Ursachen, welche den entgegengesezten elektrischen
Zustand des Kessels und der Dampfwolke hervorzubringen streben,
bei diesen Versuchen wahrscheinlich nicht ganz beseitigt waren,
so dürften die Wirkungen andere gewesen seyn, wenn der Apparat
durch seine Construction der Thätigkeit jener Ursachen mehr oder
weniger günstig gewesen wäre. Die Schwäche der Elektricität,
welche von dem aus dem Perkins'schen
GeschoßIch vermuthe, daß Versuche angestellt worden seyen, ob
der Dampf des Perkins'schen
Geschosses positiv oder negativ ist; wo nicht, so
empfehle ich den Versuch zu machen, und halte es für
möglich, daß derselbe negativ
befunden werde; vorzüglich wenn der Druk etwas nachläßt
und der Dampf nicht sehr rasch entweichen kann. Die
Condensation, welche in dem Flintenlaufe statthaben muß,
wird der Elektricitätsentwikelung ungünstig seyn, und
der Dampf sollte daher, wo möglich, auf andere Weise
ausgelassen werden. tretenden Dampf entwikelt wird, ist wahrscheinlich Folge
einer Gegenwirkung der erwähnten Art; und die Abweichungen in
der Intensität der elektrischen Erscheinungen, welche durch
Dampf, den man bei gleichem Druk aus verschiedenen
Dampfmaschinenkesseln entweichen ließ, hervorgebracht
wurden, können auf dieselbe Weise erklärt werden.
Wenn die Umstände der Art waren, daß sie die gewöhnlichen
elektrischen Zustände des Kessels und der Dampfwolke umkehrten,
waren die Wirkungen des Druks ganz unregelmäßig.
Die niedrigste Temperatur, bei welcher ich im Kessel positive
Elektricität entdeken konnte, war ziemlich dieselbe, bei welcher
sich zuerst negative Elektricität zeigte, und eine Zunahme des
Druks von ungefähr 30 Pfd. auf den Zoll vermehrte die Intensität
augenscheinlich in demselben Verhältniß, wie beim negativen
Zustande des Kessels; eine weitere Belastung des Ventils gab
jedoch sehr wandelbare Resultate, indem die Elektricität
hiedurch manchmal zu-, manchmal abnahm. Der merkwürdigste
Umstand aber war, daß eine beträchtliche Zunahme des Druks das
erstemal immer eine temporäre Rükkehr zur negativen Elektricität in dem Kessel hervorbrachte,
was 2 bis 3 Minuten andauerte, worauf dann die positive Elektricität wieder Plaz
griff. Ich vermuthe, daß diese merkwürdige Erscheinung dadurch
veranlaßt wird, daß der Dampf und das Wasser viel schneller eine
erhöhte Temperatur annehmen, als das Metall des oberen Theils
des Kessels, so daß, wenn der der Belastung des Ventils
entsprechende Siedegrad wieder erreicht ist, das mit dem Dampf
in Berührung stehende Metall anfangs nicht heiß genug ist, um
den natürlichen elektrischen Zustand des Kessels umzukehren.
Wenn diese Ansicht richtig ist, folgt daraus, daß der Hizgrad,
welcher im Metall nothwendig ist, um den Kessel positiv elektrisch zu machen, in
Beziehung steht zu dem Siedepunkt des Wassers und der Temperatur
des Dampfes.
War der Druk bedeutend, so nahm das Streben nach negativer
Elektricität in der Dampfwolke in Folge des Hindurchgehens des
Dampfes durch das dem Feuer ausgesezte Kupferrohr stark zu, und
zwar so sehr, daß ich oft aus der Röhre einen negativ elektrisirten Dampfstrahl
erhalten konnte, während zu gleicher Zeit ein positiv elektrisirter aus dem Ventil
entwich. Bei niederm Druke jedoch hatte der Durchgang des
Dampfes durch das Rohr eher den umgekehrten Erfolg; ich weiß
daher kaum, ob dieses Verhalten als der Wirkung, welche ich dem
erhizten Metall zuschrieb, günstig oder widersprechend zu
betrachten ist.
Bei weitem die stärksten Wirkungen wurden erhalten, wenn man den
Dampf durch eine in den Kessel gestekte kurze Glasröhre
austreten ließ. War die Röhre lang, so fand starke Verdichtung
in derselben statt, was die Elektricität des Strahls sehr
verminderte. Die Elektricität war selten so stark, wenn der
Kessel positiv und die Dampfwolke negativ war,
als im umgekehrten und gewöhnlichen Zustande.
Die Neutralität des Dampfes im Kessel, ob nun die Dampfwolke
positive oder negative Elektricität entwikelte, war dadurch
offenbar dargethan, daß die Elektricität des Strahls beim
Hindurchgehen des Dampfes durch das 10 Fuß lange und nur 3/8
Zoll weite Kupferrohr sich nicht verminderte.
Die höhere Intensität der entwikelten Elektricität, welche die
Auslassung des Hochdrukdampfes begleitet, und die Thatsache, daß
der obere oder entferntere Theil des Strahls stärker elektrisch
ist als der untere nicht expandirte Theil, scheint der
Vermuthung günstig zu seyn, daß die Elektricitätsentwikelung in
der Dampfwolke von der Ausdehnung des
Dampfes herrührt. Ich habe in früheren Mittheilungen Gründe zur
Verwerfung dieser Hypothese angeführt; um aber alle Zweifel
hierüber zu beseitigen, verfuhr ich, wie folgt, um die Frage zu
entscheiden. An den Hahn F, am Ende
des Kupferrohrs, befestigte ich einen metallischen Cylinder,
welcher heiß genug erhalten wurde, um jede Dampfverdichtung in
demselben zu verhüten, und welcher an dem einen Ende mit einer
Menge kleiner Löcher versehen war, durch welche der Dampf,
nachdem er sich im Cylinder expandirt hatte, in einem kaum
dichteren Zustande als dem der Atmosphäre entweichen konnte.
Wenn nun Expansion die Entwikelung
der Elektricität hervorgebracht hätte, so würde der Dampf im
Cylinder elektrisch geworden seyn und beim Durchgehen durch die
Löcher seine Elektricität mitgetheilt haben, so daß die
Dampfwolke neutral geworden wäre; aber weit davon entfernt,
konnte ich, wenn der Dampf dieser Behandlung unterworfen wurde,
vielmehr keine Verminderung der Elektricität wahrnehmen. Wir
können daher mit Zuversicht den Schluß ziehen, daß das
Freiwerden von Elektricität im Strahle nicht von Expansion
herrührt, und daß, obwohl die Intensität der entwikelten
Elektricität von dem Druk im Kessel so bedeutenden Einfluß
erfährt, sie doch von der Dichtigkeit des ausströmenden Dampfes
völlig unabhängig ist.
Die Niederschlagung des Dampfes scheint sonach die einzige
Ursache zu seyn, welcher die Freiwerdung von Elektricität
zugeschrieben werden kann. Diesen Schluß als richtig angenommen,
ist die nächste Frage, ob die Niederschlagung des Dampfes die
Elektricität des Verdampfungsgefäßes sowohl, als jene der
Dampfwolke veranlaßt, oder ob die Elektricität des Kessels Folge
der Verdampfung oder sonst eines von dem die Elektricität in dem
Strahl erregenden, verschiedenen Processes ist? Die Neutralität
des Kessels, wenn der Dampf eingeschlossen ist, scheint darauf
zu deuten, daß dieselbe Ursache, welche in der Wolke
Elektricität hervorruft, auch die entgegengesezte Elektricität
in dem Verdampfungsgefäße verursacht. Ich bemühte mich, die
Frage in Bezug auf die Wirkung des Verdampfens zu lösen, indem
ich den Dampf, welcher von Zeit zu Zeit in dem Kessel blieb,
nachdem alles Wasser verdampft war, ausließ, und der Kessel
wurde, vorausgesezt, daß der Druk des Dampfes bedeutend war,
jederzeit elektrisch. Das Aufhören der Dampfentweichung am
Ventil war das einzige Zeichen, das ich von der vollkommenen
Trokenheit des Kessels haben konnte; und wenn man auf dieses
Kriterium vertraut, so halte ich den Schluß für unumgänglich,
daß die in dem Verdampfungsgefäße beim Auslassen des Dampfes
erregte Elektricität unabhängig ist von der begleitenden
Verdampfung. Ich muß noch bemerken, daß die in dem Kessel sowohl
nach als kurz vor der Erschöpfung des Wassers erscheinende
Elektricität gleichbleibend positiv
war.
Unter diesen Umständen, glaube ich, sind sicher Gründe vorhanden,
anzunehmen, daß dieselbe Ursache, welche in der Dampfwolke
Elektricität erregt, auch die entgegengesezte Elektricität im
Kessel hervorruft; wenn dem aber so ist, ist mir kein
vorhandenes Gesez bekannt, durch welches diese Erscheinungen
erklärt werden können, namentlich da die Elektricität des
Kessels völlig unabhängig erscheint von der Nähe des
Strahls.
Die Umänderung, welche unter gewissen Umständen in den
elektrischen Zuständen des Kessels und der Dampfwolke
stattfindet, ist ein mit Schwierigkeiten umhüllter Theil dieses
Gegenstandes. Welche mögliche Veränderung kann der Dampf im
Kessel bei Berührung des heißen Metalls oder sonst erfahren,
welche verursachen kann, daß er bei seiner darauf folgenden
Verdichtung die der gewöhnlich bei ihm freiwerdenden,
entgegengesezte Elektricität entwikelt?
Die Wirkungen des Druks erscheinen gleich unerklärlich. Es
scheint mir unbegreiflich, daß der Dampf durch Druk eine
Eigenschaft erhalten sollte, welche er durch Expansion nicht
wieder verlöre, und doch finden wir, daß der Einfluß des Druks
im Kessel auf die Elektricität des Strahls dadurch nicht
vernichtet wird, daß man dem Dampf vor seiner Auslassung sich
auszudehnen gestattet.
Ich fürchte, daß diese Abhandlung sich schon zu einer ermüdenden
Länge ausgedehnt habe, und schließe sie daher mit der Hoffnung,
daß das Gegebene zur ferneren Untersuchung dieses merkwürdigen
Gegenstandes anregen werde.