Titel: | Ueber die Formeln zur Berechnung des Volums des Dampfes bei verschiedenem Druk; von Hrn. von Pambour. |
Fundstelle: | Band 81, Jahrgang 1841, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber die Formeln zur
Berechnung des Volums des Dampfes bei verschiedenem Druk; von Hrn.
von
Pambour.
Aus den Comptes
rendus, April 1841, No. 15.
Pambour, über die Formeln zur Berechnung des
Volums des Dampfes bei verschiedenem Druk.
Nach den Versuchen eines berühmten Physikers dehnen sich die Gase
und Dämpfe proportional der Temperaturzunahme aus, so daß für
jede Temperaturerhöhung von 1° des hunderttheiligen
Queksilberthermometers die Ausdehnung 0,00375 des Volums
beträgt, welches sie bei der Temperatur Null und unter demselben
Druk einnahmen.
Dulong und Petit untersuchten, ob dieselben Wirkungen, die man
bloß zwischen 0° und 100° C. beobachtet hatte,
auch über 100° erfolgten, oder mit anderen Worten, ob
auch da dieselbe Beziehung zwischen den Angaben des
Queksilberthermometers und der Ausdehnung der Luft stattfände.
Dazu stellten sie eine Reihe Versuche an, in welchen sie das
Volum P, die Elasticität H einer in einer Glasröhre erhizten
Luftportion, bei der Temperatur T
nach dem Queksilberthermometer, sodann das Volum P', die Elasticität H' und die Temperatur T' derselben Luftmasse, die zu der
nahe constanten Temperatur eines kalten Zimmers abgekühlt war,
beobachteten. Nennt man dann V das,
was die Einheit eines Volums Luft bei der Temperatur 0°
wird, und das sich, ohne ihren Druk zu ändern, bis zur
Temperatur T° ausdehnt, und
bezeichnet man mit d die mittlere
Ausdehnung des Glases zwischen T'° und T°, so
leiteten sie aus ihren Beobachtungen die Größe V durch die
Formel ab:
V = PH/P'H'
[1 + d (T – T')][1 +
0,00375 T']
und bestimmten sodann aus diesem Volum V die Anzahl der Grade, welche ein
Luftthermometer, das wegen der Ausdehnung des Glases corrigirt
ist, zeigen würde bei einer Temperatur T des Queksilberthermometers, durch folgende Relation:
t = (V – 1)/0,00375.
Mit Hülfe ihrer directen Beobachtungen der Großen P, H, T, P', H', T', und der
Resultate dieser beiden Formeln erhielten sie eine Reihe von
Zahlen, zwischen denen sie eine Interpolation machten, und die
in der folgenden Tafel enthalten sind:
Temperaturen nach
demQueksilberthermometer.
Zugehörige Volumina
einerund derselben Luftmasse.
Temperaturen nach dem
wegender Ausdehnung des Glases
corrigirtenLuftthermometer.
– 36°
C.
0,8650
– 36° C.
0
1,0000
0
100
1,3750
100
150
1,5576
148,70
200
1,7389
197,05
250
1,9189
245,05
300
2,0976
292,70
360
2,3125
350,00
Es ist jedoch zu bemerken, daß zur
Erhaltung der hier angeführten Zusammenstimmung zwischen den
Graden beider Thermometer, die Experimentatoren nicht eine Masse
Luft in eine Thermometerröhre einschlossen, die den Temperaturen
des schmelzenden Eises und des siedenden Wassers entsprechenden
Punkte bestimmten, dieses Intervall in 100 gleiche Theile
theilten, diese Theilung bis 360° fortsezten und sodann
die Angaben eines so construirten Thermometers corrigirt wegen
der Ausdehnung des Glases mit dem Queksilberthermometer
verglichen, welches Verfahren ihre Beobachtungen unabhängig von
jedem Werthe des Ausdehnungscoefficienten gemacht hätte. Auf
diese Weise verfuhren sie nur bei den Beobachtungen unter Null,
nämlich zwischen – 21 bis zu 36°; aber zwischen
0° und 100° stellten sie keinen Versuch an, und
für noch höhere Temperaturen operirten sie auf die oben
angegebene Art.
Aus obiger Tafel geht hervor, daß die Angaben beider Thermometer
in einem Intervall von 136°, nämlich von 36 bis
100° zusammenstimmen, in den folgenden 50 Graden aber um
1,°30 von einander entfernen, und daß diese Entfernung
stufenweise bis zu 360° des Queksilberthermometers
wächst, wo sie 10° beträgt.
Seitdem unternahm ein deutscher Physiker, F. Nudberg
Poggendorff's Annalen der
Physik und Chemie, Bd. XLI., XLIII. und XLIV. –
Biot in seiner Abhandlung
über die Spannkraft der Wasserdämpfe (polyt. Journal
Bd. LXXIX. S.
405) nannte ihn mit ächt französischer
geringschäzenden Herabschauung auf alles
Nichtfranzösische einen „physicien
étranger.“ – Eben
diese Geringschäzung einerseits und die grasseste
Unkenntniß der deutschen Sprache andererseits ist der
Grund, warum man in französischen Lehrbüchern der Physik
von Apparaten deutscher Erfindung und von anerkannten
Vorzügen nicht eine Erwähnung findet. Wir erinnern unter
anderen an das schon bei 12 Jahren in Deutschland
gebräuchliche, so einfache und zwekgemäße Psychrometer
von August. A. d. R., eine neue Bestimmung des Ausdehnungscoefficienten der
Gase, und er erhielt in einer Reihe von zwölf Versuchen mit
atmosphärischer Luft den Coefficient 0,003646, der
auch von mehreren ausgezeichneten Physikern angenommen wurde.
Dulong, der noch vor seinem Tode
Nudberg's Arbeit prüfen konnte,
erkannte ihre Richtigkeit, und auf seinen Ausspruch hin haben
wir auch in unserer „Theorie der
Dampfmaschine“ diesem Coefficient den Vorzug
gegeben.
Da die von Dulong und Petit erhaltene Zusammenstimmung der
Grade des Queksilberthermometers und jener des Luftthermometers,
corrigirt wegen der Ausdehnung des Glases, wesentlich auf der
Annahme des Coefficienten 0,00375 beruht, so haben wir uns
vorgenommen, zu untersuchen, auf welche Resultate diese Physiker
gekommen wären, wenn sie zur Zeit ihrer Versuche Kenntniß vom
Rudberg'schen Coefficient gehabt
hätten: es ist klar, daß ihre Reductionsformeln dann
übergegangen wären in
V₁ = PH/P'H'
[1 + d (T – T¹)] [1
+ 0,003646 T¹]
und
t₁ = (V₁ – 1)/0,003646.
Es ist daher leicht, diese neuen Volumina
V₁ zu berechnen, die an
die Stelle jener von Dulong treten
würden, wenn man diese lezteren durch den Factor (1 + 0,003646
T¹)/(1 + 0,00375 T¹) multiplicirt, und mit
diesen neuen Volumina erhält man durch die zweite Formel den
entsprechenden Werth von t₁.
Verfährt man auf diese Weise und nimmt für die Temperatur des
kühlen Zimmers, welche Petit und Dulong als nahe unveränderlich
angeben, den mittleren Werth T¹ = 17,°60 als Resultat von vier Versuchen,
so erhält man folgende Größen, welche den Gang des
Queksilberthermometers und des Luftthermometers unter der
Annahme des Coefficienten 0,003646 vergleichend angeben.
Temperaturen nach
demQueksilberthermometer.
Zugehörige Volumina
einerund derselben Luftmasse.
Temperaturen nach
demLuftthermometer, corrigirt wegender
Ausdehnung des Glases.
– 36° C.
0,8687
– 36° C.
0
1,0000
0
100
1,3646
100
150
1,5549
152,19
200
1,7359
201,84
250
1,9156
251,13
300
2,0940
300,05
360
2,3085
358,88
Diese Tafel zeigt, daß unter der Annahme des Coefficienten
0,003646 die Differenzen zwischen dem Queksilberthermometer und
dem wegen der Ausdehnung des Glases corrigirten Luftthermometer
viel weniger beträchtlich werden, als bei der Voraussezung des
Coefficienten 0,00375.
Bezeichnet p den Druk des Dampfes in
Kilogrammen auf den Quadratcentimeter, t die Temperatur des Dampfes nach dem wegen der
Ausdehnung des Glases corrigirten Luftthermometer, und k den Ausdehnungscoefficient der
Gase nach dem Luftthermometer, so weiß man, daß das Volum des
Dampfes bei der Temperatur t und dem
Druke p durch die Formel gegeben
ist:
Textabbildung Bd. 81, S. 4
Gebraucht man in diesem Ausdruke den
Coefficient k = 0,003646, so wird
man für den Buchstaben t nicht die
Temperatur nach dem Luftthermometer, sondern bloß nach dem
Queksilberthermometer, die man direct beobachtet, nehmen, und es
wird kein erheblicher Fehler stattfinden.
Verrichtet man die Rechnung für die Hauptpunkte der Scale, und
nimmt zuerst t nach dem
Queksilberthermometer, dann nach dem corrigirten
Luftthermometer, nach den obigen Resultaten, so erhält man
folgende Tafel:
Textabbildung Bd. 81, S. 4
Druk des
Dampfes auf den Quadrat-Centimeter in Kilogrammen;
Temperatur nach dem 100theiligen Queksilbertherm.;
Temperatur nach dem wegen der Ausdehnung des Glases
corrigirt. Luftthermometer; Volum des Dampfes berechnet mit
dem Coeff. 0,003646 und der Temperat. nach dem
Queksilberthermom., mit dem Coeff. 0,003646 und der
Temperat. nach dem corrigirt. Lufttherm.; 25 (Gränze der
Versuche Arago's und Dulong's.)
Man sieht aus dieser Tafel, daß man nahe
dieselben Werthe erhält, wenn man die Volumina nach der einen
oder anderen Weise berechnet.
Wir müssen jedoch noch bemerken, daß, da wir nicht die
Originalzahlen der Versuche von Petit
und Dulong, sondern nur die Resultate
ihrer Interpolation haben, und den Mittelwerth der Temperatur
ihres kühlen Zimmers, wir nicht ganz versichert sind von der
Genauigkeit der oben erhaltenen Tafel für die Zusammenstimmung
des Queksilberthermometers mit dem wegen der Ausdehnung des
Glases corrigirten Luftthermometer. Darin könnte auch der Grund
von dem merkwürdigen Umstand in der Tafel liegen, daß nämlich
die Angaben des Queksilberthermometers zuerst hinter denen des
Luftthermometers zurükbleiben, in der Nähe des Siedepunkts des
Queksilbers aber ihnen vorauseilen, wiewohl ein Theil dieser
Erscheinung von einer besonderen Modification herrühren mag, die
dann in der Flüssigkeit durch ihr Bestreben sich in Dampf zu
verwandeln, hervorgerufen wird. Deßhalb wären neue Versuche
hierüber nöthig; jedoch kann man, wenn man sich an die
vorhandenen hält, in der Anwendung das Volum des Wasserdampfs,
unter verschiedenen Druken gebildet, mit dem Coefficient
0,003646 rechnen, wenn man bloß die Angaben des
Queksilberthermometers nimmt, ohne dieselben auf jene des
Luftthermometers reduciren zu dürfen. Dieß Verfahren vereinfacht
den Calcul beträchtlich, ohne einen erheblichen Fehler zu
veranlassen, und deßhalb und wegen der Unsicherheit der
Reduction der Temperaturen auf das Luftthermometer haben wir
obigem Coefficient den Vorzug geben zu müssen geglaubt.
Endlich wird es nicht uninteressant seyn zu bemerken, daß wenn
man bei Berechnung der Volumina des Dampfes den Coefficient
0,00375 und die Temperaturen des wegen der Glasausdehnung
corrigirten Luftthermometers, nach der Tafel von Dulong und Petit wählt, man genau für alle Spannkräfte über 1
Atmosphäre auf die Fahlen kommt, die in der 4ten Spalte der
vorhergehenden Tafel enthalten sind. Wir haben die Rechnung für
alle in dieser Tafel angegebenen Spannkräfte gemacht, und in
keinem Falle eine Differenz gefunden als in der Stelle der
Zehntel, und diese Differenz beträgt nie mehr als drei Einheiten
dieser Ordnung. Dieser Umstand kommt gewiß daher, daß in der
Rechnung die 2 über den Coefficient und die Temperatur des
Luftthermometers begangenen Fehler sich gegenseitig compensiren;
aber er hat das Besondere, daß er sogar jene, welche noch den
alten Coefficient 0,00375 beibehalten wollen, der Reduction auf
das Luftthermometer überhebt, da sie nur
0,003646 statt 0,00375 sezen dursten, um jene Reduction schon
gemacht zu haben.
Nach dieser Mittheilung de Pambour's
bemerkt Regnault, daß Rudberg ihn selbst benachrichtigt
habe von der fast vollkommnen Zusammenstimmung des Ganges des
Luft- und Queksilberthermometers, wenn man Dulong's und Petit's Versuche mit seinem Ausdehnungscoefficient
0,003646 berechnet.
Regnault wird nächstens eine neue
Reihe directer Erfahrungen über die Bestimmung des
Ausdehnungscoefficienten der Gase und über die Vergleichung des
Luftthermometers mit dem QueksilberthermometerQuesilberthermometer der Akademie vorlegen. Die Zahl, die er erhielt für
den Ausdehnungscoefficient der trokenen Luft, entfernt sich sehr
wenig von jener Rudberg's; jedoch ist
Regnault's Coefficient ein klein
wenig größer.