Titel: | Verhalten der Fette gegen Metalloxyde; Theorie der Seifenfabrication. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. LI., S. 197 |
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LI.
Verhalten der Fette gegen Metalloxyde; Theorie
der Seifenfabrication.Dieser Aufsaz wurde von Hrn. Prof. Justus Liebig für die Vte Auflage von Geiger's Handbuch der Pharmacie bearbeitet.
A. d. R.
Liebig, uͤber das Verhalten der Fette gegen
Metalloxyde.
Die eigenthümlichen Veränderungen, welche die fetten Körper durch Alkalien und
Bleioxyd erfahren, sind am längsten bekannt; die Verbindungen, welche durch die
ersteren entstehen, heißen Seifen, die
Bleioxydverbindungen heißen Pflaster.
Die Zusammensezung der Seifen und Pflaster und ihre Bildungsweise war bis auf Chevreul als gänzlich unbekannt anzusehen; vor 1813 hielt man sie für
Verbindungen von Alkalien oder Bleioxyd mit Fett oder Oehl, von denen die ersteren
die Fähigkeit der Seife, sich in Wasser aufzulösen, vermittelten; man hatte zwar
beobachtet, daß das Oehl oder Fett aus einer Seift abgeschieden, sich leichter als
vorher in Alkohol auflöse, und beim unmittelbaren Zusammenbringen mit Alkali wieder
die Seife herzustellen vermöge, allein dieß blieben isolirte Beobachtungen. Die
wichtigste Entdekung unter diesen war unstreitig die des Oehlzukers von Scheele oder des Glyceryloxydhydrats bei der
Pflasterbereitung aus Olivenöhl und Bleioxyd; es war dieß die einzige, welche den
Entdekungen Chevreul's voranging, dem man die Kenntniß
von der Natur der Fette überhaupt, so wie über ihr allgemeines und besonderes
Verhalten verdankt.
Chevreul zeigte, daß alle unter dem Namen Schmalz, Oehl
und Talg begriffenen Fette aus drei, in den mannichfaltigsten Verhältnissen
miteinander vereinigten Materien, aus einer, bei gewöhnlicher Temperatur und unter
0° stets flüssigen, Substanz, dem Olein, und aus
zwei festen Fetten bestehen, wovon er das eine mit Stearin (aus Hammelstalg), das andere mit Margarin bezeichnete, beide durch ihren Schmelzpunkt und durch die Säuren
von einander verschieden, die man durch ihre Zersezung daraus erhält.
Bei der Behandlung eines Fettes, d.h. einer Glyceryloxydverbindung mit einer
metallischen Basis, mit einem Alkali, Blei- oder Zinkoxyd tritt Zersezung
ein; die Alkalien oder Metalloxyde vereinigen sich mit den darin enthaltenen fetten
Säuren, die ersteren zu löslichen Seifen, die andern zu unlöslichen Salzen zu
Pflastern. Das Glyceryloxyd verbindet sich in dem Moment seiner Trennung von den
fetten Säuren mit Wasser und bildet damit Glyceryloxydhydrat oder Oehlsüß,
Oehlzuker.
Das Gewicht des Glyceryloxydhydrats addirt zu dem des wieder abgeschiedenen Hydrats
der fetten Säuren beträgt mehr, als die Menge des zur Seifenbildung genommenen
Fettes. Dieser Gewichtsüberschuß erklärt sich aus dem Wasseraufnehmen des
Glyceryloxyds und der fetten Säuren, welche im freien Zustande als Hydrate wieder
erhalten werden.
Bei der Zersezung der Fette durch Alkalien werden außer den genannten Producten keine
andern gebildet, und bei Abschluß oder Zutritt der Luft geht die Seifenbildung auf
gleiche Weise von statten. Nur wenn die fetten Körper Verbindungen von Glyceryloxyd
mit flüchtigen riechenden Säuren enthalten, besizen die gebildeten Seifen Geruch.
Bei der Anwendung von starken Laugen trennen sich die gebildeten Seifen von der
concentrirten Flüssigkeit und sammeln sich auf der Oberfläche derselben; das Glyceryloxyd bleibt
stets in Auflösung in der alkalischen Flüssigkeit. Bei der Anwendung von schwachen
verdünnten Laugen bleibt die gebildete Seift in der heißen Flüssigkeit gelöst; beim
Erkalten erstarrt sie zu einer gallertartigen, mehr oder weniger schmierigen, weißen
undurchsichtigen oder durchscheinenden Masse, zu dem sogenannten Seifenleim.
Man unterscheidet feste harte Seifen und Schmierseifen; die lezteren werden aus troknenden Oehlen
erhalten und enthalten als alkalische Basis das Kali; um die Consistenz dieser
Seifen zu verstärken, werden Talg oder fette Oehle bei der Fabrication zugesezt,
welche für sich feste Seifen bilden.
Die harten Seifen enthalten als Basis das Natron und werden im Allgemeinen aus
vegetabilischen, nicht troknenden Oehlen oder Talgarten dargestellt.
Die Natronseifen werden in Frankreich und England direct mit kaustischer Soda und
Fett, in Deutschland durch wechselseitige Zersezung von Kaliseifen mit Chlornatrium
(Kochsalz) dargestellt.
Die im Handel vorkommenden Seifen, aus vegetabilischen Fetten dargestellt, bestehen
aus Gemengen von öhlsaurem und margarinsaurem Alkali; die aus thierischen Fetten
sind Salze mit alkalischer Basis von Talg-, Margarin- und
Oehlsäure.
Die Natron- und Kaliseifen sind leicht in heißem Wasser und Alkohol löslich;
Zusaz von vielem Wasser zur wässerigen Auflösung bewirkt eine Scheidung, die
neutralen Salze der Talg- und Margarinsäure zerlegen sich in freies Alkali,
was gelöst bleibt, und in saures talg- oder margarinsaures Alkali, was in
Gestalt von krystallinischen perlmutterglänzenden Flittern sich zu Boden sezt.
Die äußere Beschaffenheit der Seifen, die Festigkeit nämlich oder die Weichheit,
hängt von ihrem Verhalten zum Wasser ab. Die Seifen sind hart, wenn sie das Wasser,
was sie enthalten, durch bloße Aussezung an die Luft bei gewöhnlicher Temperatur
verlieren und lösen sich langsam in Wasser, ohne sich zu zertheilen. Die weichen
Seifen können im Gegentheil an der Luft nicht getroknet werden, sie halten mehr oder
weniger Wasser zurük, wodurch sie weich oder gelatinös werden. Im trokenen Zustande
mit Wasser übergossen, lösen sie sich darin auf, indem sie zerfließen.
In Hinsicht auf die Basen findet sich stets, daß die Kaliseifen leichter in Wasser
löslich sind, als die Natronseifen.
Das talgsaure Natron kann als der Typus der harten Seifen
betrachtet werden; mit dem zehnfachen Gewicht Wasser in Berührung, erleidet es keine
bemerkbare Veränderung. Das talgsaure Kali bildet mit
derselben Menge Wasser einen diken Schleim.
Oehlsaures Natron ist in 10 Theilen Wasser löslich. Das öhlsaure Kali löst sich in 4
Th. und bildet mit 2 Theilen Wasser eine Gallerte; es besizt eine so große Anziehung
zum Wasser, daß 100 Th. davon in feuchter Luft 162 Th. absorbiren. Die Margarinsäure
verhält sich ähnlich, wie die Talgsäure. Es folgt hieraus von selbst, daß die Seifen
um so weicher sind, je mehr öhlsaures, und um so härter, je mehr talg- und
margarinsaures Salz sie enthalten.
Die Natronseifen zeigen ein eigenthümliches Verhalten gegen Kochsalz oder gegen eine
Auflösung davon in Wasser. Der Natronseife geht nämlich, wie den thierischen
Materien, der Muskelfasern, die Fähigkeit ab, von Kochsalzlösung bei einem gewissen
Concentrationsgrade durchdrungen zu werden, oder sich darin aufzulösen, und diese
merkwürdige Eigenschaft, welche andere Salze, wenigstens essigsaures Kali ebenfalls,
wiewohl in weit schwächerem Grade besizen, läßt sich als die Hauptbedingung, wenn
auch nicht der Seifenbildung, wohl aber der Seifenfabrication betrachten; von ihr
ist die Abscheidung alles freien Alkali's, des Glyceryloxyds, die Reinigung also und
die Form, so wie der Wassergehalt abhängig, in welcher die Seife im Handel
vorkommt.
Bringt man feinzertheilte Seife in dem Zustande, wie sie im Handel vorkommt, in eine
bei gewöhnlicher Temperatur völlig gesättigte Auflösung von Kochsalz, so schwimmt
sie darauf, ohne davon benezt zu werden; erhizt man sie damit zum Sieden, so
vertheilt sie sich ohne zu schäumen in Gestalt von gallertartigen Floken, welche auf
der Auflösung sich sammeln und nach dem Erkalten sich zu einer festen Masse wieder
vereinigen, aus der die Kochsalzlösung abfließt, wie Wasser von Fett.
Nimmt man von den gallertartigen Floken aus der heißen Flüssigkeit heraus und läßt
sie erkalten, so erstarren sie zu einer undurchsichtigen festen Masse, welche beim
Zerdrüken zwischen den Fingern sich zu feinen Blättern zertheilt, ohne daß Theile
davon zwischen denselben kleben bleiben.
Ist die Kochsalzlösung nicht gesättigt, enthält sie also weniger Salz, als sie bei
gewöhnlicher Temperatur oder bei Siedhize aufzunehmen vermag, so tritt eine Theilung
des Wassers ein; die Seife nimmt eine gewisse Quantität Wasser in sich auf, die
Floken zertheilen sich beim Sieden in der Flüssigkeit. Aber selbst wenn das Wasser
nur 1/400 Kochsalz enthält, tritt beim Sieden keine Lösung ein.
Läßt man die mit verdünnter alkalisch gemachter Kochsalzlösung gekochte Seife in der
Flüssigkeit erkalten, so sammelt sie sich ebenfalls wieder auf der Oberfläche und
erstarrt zu einer Masse, deren Zustand der Festigkeit oder Weichheit abhängig ist
von dem Grade der Verdünnung der Flüssigkeit mit Wasser, d.h. von dem Wassergehalte,
den sie aus der Kochsalzlösung aufgenommen hat.
Läßt man die verdünnte Kochsalzlösung mit der Seife längere Zeit sieden, so blähen
sich die wasserreichen Floken der zertheilten Seife, die Mischung nimmt eine zähe
schaumartige Beschaffenheit an; auf einen Spatel genommen, bemerkt man aber stets,
daß die Floken in der wässerigen, salzartigen Flüssigkeit nicht gelöst sind, daß die
leztere sich davon trennt und abfließt, während die Floken der Seife an dem Spatel
hängen bleiben. Die erkalteten und erstarrten Floken sind alsdann schmierig und
klebend an den Fingern beim Druk oder Zertheilen und diese Klebrigkeit nimmt bis zu
einem gewissen Grade mit ihrem Wassergehalt zu.
Beim fortgesezten Sieden verändert sich die Beschaffenheit dieser Mischung; in dem
Verhältniß nämlich, als die Salzlösung durch die Verdunstung Wasser verliert,
entzieht sie das verlorne Wasser den gallertartigen Floken wieder, diese nehmen eine
minder vertheilte Beschaffenheit an, die siedende Mischung fährt fort zu schäumen,
allein die Schaumblasen werden größer.
Es kommt zulezt ein Zeitpunkt, wo die Salzlösung den Punkt ihrer Sättigung erreicht
hat; vor demselben sieht man große glänzende mit Farben spielende Blasen sich bilden
und ganz kurze Zeit darauf verschwindet aller Schaum, die Flüssigkeit siedet ohne
ferner in die Höhe zu steigen oder consistente Blasen zu werfen, alle Seife findet
sich in einer durchscheinenden, durch dazwischenliegende Kochsalzlösung mehr oder
weniger zertheilten Masse auf der Oberfläche derselben, sie ist jezt in den Zustand
übergegangen, wo Kochsalzlösung und Seife sich gegenseitig kein Wasser mehr
entziehen. Diesen Zustand bezeichnen die Seifensieder mit Kern. Wird die weiche Seife aus der heißen Flüssigkeit herausgenommen und
in passenden Vorrichtungen erkalten gelassen, wobei man, so lange sie noch weich
ist, durch Umrühren eine völlige Vereinigung der Seife und Zusammenfließen der
Salzauflösung bewirkt, so ist sie nach dem Erkalten so fest, daß sie nur schwierig
einen Eindruk mit den Fingern annimmt; sie hat alles Klebende völlig verloren und
ist nun in dem Zustande, in welchem sie Kernseife genannt
wird.
Aus einer concentrirten alkalischen Auflösung von Seife in Wasser scheidet sich die
aufgelöste Seife bei Zusaz von Kochsalz oder Kochsalzlösung in gallertartigen Floken
ab, und es entsteht eine Mischung, die sich genau so verhält, wie die feste Seife,
die man mit verdünnter Kochsalzlösung sieden ließ.
Kohlensaures Kali und Kalihydrat verhalten sich in concentrirten Lösungen genau wie
Kochsalz, d.h. sie bewirken eine Scheidung der aufgelösten Seife von der alkalischen Flüssigkeit, in der
sie absolut unlöslich ist.
Die Anwendung des eben angeführten Verhaltens auf die Seifenfabrication ergibt sich
von selbst. Das Fett wird mit der kaustischen Lauge bis zum völligen Verschwinden
aller fetten Theile im Sieden erhalten; die Lauge darf nur bis zu einem gewissen
Grabe concentrirt seyn, sie muß so viel Wasser enthalten, daß die gebildete Seife
darin vollkommen gelöst bleibt. Man kann z.B. Talg mit Kalilauge von 1,25 spec.
Gewicht Tage lang im Sieden erhalten, ohne daß sich Seife bildet; wird die Lauge
concentrirter, so entsteht eine theilweise Verseifung des Talgs, aber die Seife löst
sich nicht in der Flüssigkeit auf, sondern sie scheidet sich als feste Masse auf der
Oberfläche derselben ab; gießt man nun nach und nach Wasser zu und fährt fort zu
sieden, so wird bei einem gewissen Punkte die Masse plözlich schleimig und dik und
bei mehr Wasser entsteht eine Art zäher Emulsion, Seifenleim, welche, wenn Alkali genug vorhanden ist, bei fortgesezter
Erhizung vollkommen klar und durchsichtig, wie der hellste Zukersyrup wird; sie läßt
sich in diesem Zustande in lange Fäden ziehen, welche beim Erkalten entweder
durchsichtig bleiben, wie bei der Schmierseife, oder milchiger und gallertartig
werden. So lange die heiße Masse auf einem Spatel im Abfließen betrachtet den
mindesten Schein von Trübheit besizt, opalisirt, muß das Sieden fortgesezt oder der
Zusaz von Alkalilauge vermehrt werden. Bei vorwaltendem Alkaligehalt hängt das
Trübbleiben des Seifenleims entweder von noch nicht vollendeter Zersezung des Fettes
oder vom Mangel an Wasser ab; die erstere entdekt man leicht, wenn eine kleine
Quantität der Masse, in destillirtem Wasser gelöst, eine trübe Flüssigkeit gibt; ist
diese Auflösung klar und durchsichtig, so ist die Verseifung vollkommen; enthält die
Lauge freien Kalk, so wird der Seifenleim ebenfalls nicht vollkommen klar, in diesem
Fall bewirkt Zusaz von kohlensaurem Alkali augenbliklich die vollkommenste Klärung
der Flüssigkeit.
Um die Trennung der Seife von Wasser, freiem Alkali und Glyceryloxyd zu
bewerkstelligen, wird dem siedenden Seifenleim eine große Quantität Kochsalz nach
und nach zugesezt; bei jedem Zusaz wird die völlige Auflösung des zugesezten
abgewartet, es tritt sehr bald in der Flüssigkeit Gerinnung ein; mit dem ersten
Zusaz von Kochsalz vermehrt sich die Consistenz des klaren Seifenleims, mit jedem
weiteren wird er dünnflüssiger, er verliert seine fadenziehende Beschaffenheit und
fällt von einem Spatel in kurzen diken Massen ab. Sobald die Gerinnung völlig
eingetreten ist, d.h. sobald man ein Abfließen einer klaren wässerigen Flüssigkeit
von den gallertartigen Floken, die sich gebildet haben, bemerkt, entfernt man das
Feuer, läßt die Seife
auf der Oberfläche sich sammeln und läßt sie entweder mit der Flüssigkeit erkalten
oder man schöpft sie im warmen Zustande aus und läßt sie beim Erkalten fest
werden.
In dem Zustande, in welchem man sie bei der ersten Operation. erhalten hat, ist sie
nicht rein, sie enthält viel Wasser, freies Alkali, eingemengte Unreinigkeiten der
Lauge, sie sinkt meistens im Wasser nicht zu Boden, ist deßhalb wohl zum
Hausgebrauch, aber nicht für den Handel geeignet.
Aehnlich, wie bei andern chemischen Arbeiten ein Niederschlag durch Auskochen oder
durch Niederschlagung eines Körpers aus einer Lösung, mit einer Flüssigkeit, in der
er nicht löslich ist, gereinigt wird, geschieht dieß bei der Seife mit einer
Kochsalzlösung, die man durch Zusaz von Alkali alkalisch gemacht hat.
Die Seife des ersten Sudes wird entweder mit einer schwachen alkalischen Lauge wieder
zu Seifenleim aufgelöst und durch Zusaz von Kochsalz wieder gefällt, und diese
Operation mehrmals wiederholt, oder man erhizt die Seife des ersten Sudes mit einer
alkalischen Kochsalzlösung zum Sieden, erhält sie eine Zeitlang darin, läßt sie
wieder erkalten und scheidet sie zum zweiten und drittenmal mit neuer salzhaltiger
alkalischer Lauge (ein, zwei, drei, vier Wasser sieden); die auf diese Weise durch
Auskochen gereinigte Seife wird bei der lezten Behandlung gahr oder zum Kern gesotten. Wenn der Seifenleim durch Verseifung
des Fettes mit Kali gebildet worden ist, so ist die Wirkung des zugesezten
Kochsalzes eine doppelte, es löst sich in der zähen Flüssigkeit auf und zerlegt sich
mit dem Kalisalze der fetten Säuren, es entsteht Chlorkalium auf der einen Seite,
und Natriumoxyd oder eine Natronseife auf der andern. Die gewöhnliche Hausseife (in
Deutschland) ist ein Doppelsalz mit zwei Basen, nämlich Kali und Natron. Daß in der
That eine Zersezung vor sich gegangen ist, beobachtet man augenbliklich an der
beschriebenen Veränderung der Consistenz der Flüssigkeit. Da nun Chlorkalium selbst
in concentrirter Auflösung die Fähigkeit nicht besizt, eine Trennung der gebildeten
Natronseife zu bewirken, so bedarf es eines neuen Kochsalzzusazes, um die Scheidung
hervorzubringen. Bei der Anwendung der Kalilauge zur Seifenfabrication bedarf man
zum ersten Aussalzen etwas mehr, als die doppelte Menge Kochsalz.
Bei Darstellungen von Kaliseifen muß man sich zur Scheidung der Seife einer
concentrirten Kalilauge bedienen. Essigsaures und weinsaures Kali können in manchen
Fällen ihre Stelle vertreten. Durch längeres Liegen an der Luft geht das freie Kali
in kohlensaures Salz über und läßt sich durch Auflösen der Seife in Alkohol davon
trennen.
Bei der Seifenfabrication im Großen ist die Verseifung des Fettes bei der ersten
Behandlung mit alkalischer Lauge gewöhnlich nicht vollendet, und die wiederholten
Behandlungen mit frischer alkalischer Lauge haben neben der Reinigung den bestimmten
Zwek, die Verseifung vollkommen zu machen.
Bei der Verseifung von Oliven- und andern Oehlen hängt sich der Seifenleim
häufig an den Boden der Kessel und brennt an; bei diesen wird die alkalische Lauge
von vornherein mit so viel Kochsalz vermischt angewendet, daß die sich bildende
Seife in einem größeren Zustand der Zertheilung, aber dennoch vor der völligen
Auflösung zu Seifenleim geschüzt erhalten wird. Bei der Fabrication der gewöhnlichen
Hausseife wird die Seife des ersten Sudes nur ein einzigesmal wieder um und zum Kern
gesotten. Die erhaltene Kernseife wird für den Detailhandel mit schwacher
salzhaltiger Lauge wieder aufquellen gelassen, wodurch sie 15 bis 20 Proc. Wasser
mehr aufnimmt, als die Kernseife enthält; sie wird alsdann in die Form geschöpft und
nach dem Erkalten mit dünnem Draht zerschnitten. Die Kernseife ist gewöhnlich blau
oder grünlich gefärbt; diese Farbe rührt meistens von Schwefeleisen oder
-Kupfer oder Eisenoxydul- oder Kupferoxydseife her. Beim Erkalten der
weichen Kernseife scheiden sich diese färbenden Materien von der Seifenmasse und
vereinigen sich an gewissen Stellen mehr oder weniger, wodurch nach dem völligen
Erstarren eine Art von Marmorirung entsteht, welche für die Kernseife
charakteristisch ist. Gewöhnlich wird diese Marmorirung künstlich durch Zusaz von
Eisenvitriol oder Einmengung von Eisenoxyd in der weichen Masse hervorgebracht.
Bei der Fabrication der weißen oder Tafelseife wird die Kernseife mit salzhaltender
alkalischer Lauge durch Erwärmen in flüssigen Zustand gebracht, und darin in dem
bedekten Kessel so lange erhalten, bis sich alle färbenden Materien zu Boden gesezt
haben; die Seife wird alsdann ausgeschöpft und erkalten gelassen. Je mehr Wasser
hiebei die Seife aufgenommen, d.h. je flüssiger sie geworden, desto vollkommener ist
die Abscheidung der fremden Stoffe, desto weißer ist die Seife. Da nun das
aufgenommene Wasser nicht wieder abgeschieden, sondern als Seife verkauft wird, so
ergibt sich hieraus von selbst, daß sie an und für sich einen geringeren Werth in
ihrer Anwendung als die Kernseife besizt. Die weiße Seife enthält 45 bis 60, die
marmorirte Seife 25 bis 30 Proc. Wasser.
Die Fabrication der Schmierseifen ist die einfachste von allen. Die troknenden Oehle,
die zu ihrer Darstellung dienen, werden mit verdünnter Kalilauge entweder allein
oder mit Thran, Talg und andern Fetten gemengt im Sieden erhalten, bis die
Verseifung vollendet, d.h. eine Masse gebildet ist, die sich in lange, völlig durchsichtige Fäden zieht.
Bei ihrer Darstellung wird besondere Rüksicht auf den Concentrationsgrad der Lauge
genommen; alle Schmierseifen sind nämlich in mäßig concentrirter Kalilauge ganz
unlöslich und scheiden sich aus ihrer Auflösung durch Zusaz von starken Laugen ab.
Der Seifenleim wird demnach bei überschüssiger starker Lauge nicht klar, sondern
bleibt milchähnlich, durch Zusaz von Wasser wird alsdann die heiße Flüssigkeit dik,
brei- oder gallertartig. Beim Mangel an Alkali entsteht saures öhlsaures
Kali, was sich in diken Massen an den Boden des Kessels anhängt; Zusaz von
alkalischer Lauge verwandelt das saure Salz in neutrales. Eine Abscheidung des
Glyceryloxyds von der Seife findet nicht statt, durch Zusaz von starken alkalischen
Laugen läßt sie sich übrigens bewirken.
Die im Handel vorkommenden Schmierseifen besizen eine dike zähe Beschaffenheit und
eine grüne oder grünbraune Farbe; sie sind in dünnen Lagen durchsichtig, glänzend,
weich, nicht fettig im Anfühlen, von eigenthümlichem Geruch und stark alkalischer
Reaction. An manchen Orten sezt man den Oehlen bei ihrer Verwandlung in Schmierseife
Talg zu, in welchem Fall sie von eingemengtem krystallinischem talgsaurem Kali eine
mehr körnige Beschaffenheit erhält. Chevreul und Thenard fanden in Schmierseifen, die im Handel vorkommen,
39,2 bis 44 Th. Oehl- und Margarinsäure, 8,8 bis 9,5 Th. Kali und 46,5 bis 52
Th. Wasser. Stets enthalten sie Glyceryloxydhydrat und die aus Thran bereitete
delphinsaures Kali, wovon sie ihren Geruch erhält.
Wird die Auflösung einer Seife mit alkalischer Basis, mit einem Erd- oder
Metallsalze vermischt, so entstehen dike weiße oder gefärbte Niederschläge, in denen
das Alkali ersezt ist, durch Erden oder Metalloxyde.
Mit Kalk-, Baryt- und andern Salzen entstehen auf diese Weise im Wasser
unlösliche Kalk-, Baryt- etc. Seifen. Von
dem Gehalt an Kalk, Bittererde in den sogenannten harten Wassern und der Bildung
unlöslicher Kalk- oder Bittererdeseife rührt das rahmartige Gerinnen des
gewöhnlichen Seifenwassers her, wenn es mit diesen Wassern vermischt wird.
Ist der Kalk als kohlensaurer Kalk in den Wassern gelöst, so ist der Zusaz von etwas
kaustischem Kali oder auch Kalkmilch nöthig, um dem Wasser diese Eigenschaft zu
nehmen; enthält das Wasser Gyps oder Bittererdesalze, so dient ein Zusaz von
kohlensaurem Alkali (Aschenlauge, Sodalauge), um die gelösten Erden
abzuscheiden.
In concentrirter Kochsalzlösung ist, wie oben angeführt, die Natronseife nicht
löslich, daher ein Gerinnen in der Seifenauflösung dadurch bewirkt wird. Kaliseifen
lösen sich in der Kälte in schwacher Kochsalzlauge ohne Zersezung, bei Anwendung von
Wärme und concentrirter Lösung tritt hingegen eine wechselseitige Zersezung, Bildung
von Natronseife und Chlorkalium, und demzufolge Gerinnung ein.