Titel: | Bemerkungen Biot's über Boucherie's Methode das Holz zu conserviren. |
Fundstelle: | Band 80, Jahrgang 1841, Nr. XLIX., S. 194 |
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XLIX.
Bemerkungen Biot's uͤber Boucherie's Methode das Holz zu
conserviren.
Im Auszuge aus den Comptes rendus, 1841, No.
8.
Biot's Bemerkungen uͤber Boucherie's Methode das Holz zu
conserviren.
Den Ursprung dieser Erfindung, sagt Hr. Biot, findet man
in Hales' Entdekung der Ascension der Flüssigkeiten in
krautartigen oder holzigen Vegetabilien, welche durch das den Wurzeln eigene
Aufsaugungs-Vermögen, und die dem Blattsystem eigene Ausathmung oder
Verdampfung stattfindet. Nicht nur reines Wasser, sondern auch Kamphergeist und
andere riechende Flüssigkeiten ließ er auf diese Weise in Holzstämmen aufsteigen,
welche dann dem Holze ihren Geruch mittheilten, ohne jedoch in die Früchte dringen
zu können. (Hales, Statique des végétaux;
12ter Versuch, ins Französische übersezt von Sigaud de la
Fond, Paris, 1779, 2te Aufl. S. 34.) Später imprägnirte de la Baïsse zu Bordeaux krautartige und
Holzstengel mit dem rothen Safte der Phytolaca decandra,
dessen freiwillige Aufsteigung, zuweilen in ein paar Minuten, bis in die äußersten
Extremitäten der Blätter und Blumenblätter drang und im Verhältniß der Verdampfung
des auflösenden Wassers sichtbar wurde. (De la Baïsse,
Dissertation courronnées par l'Académie les plantes, im Recueil des Dissertations courronnées par
l'Académie de Bordeaux Tome IV. Borseaux 1733.) Hr. Biot hat diese Versuche selbst nachgemacht, wobei in
einem Falle die rothe Flüssigkeit sogar bis in die Früchte, nämlich in die
wachsweißen Beeren der Lonicera Symphoricarpos, drang
und sie stellenweise färbte. Was Hrn. Boucherie bei
dieser Erfindung angehört, ist die Anwendung chemischer Agentien, durch welche der
Holzsubstanz speciell nüzliche Eigenschaften ertheilt werden, wie z.B. eine größere
Härte, Elasticität, geringere Verbrennlichkeit und Angreifbarkeit von chemischen
Agentien sowohl als von Insecten. Diese Anwendung gewährt, abgesehen von ihrem
industriellen Nuzen, der sich in der Praxis allein bewähren kann, schon in
wissenschaftlicher Hinsicht sehr vieles Interesse. – Was die Behauptung des
Hrn. Boucherie betrifft, daß die aufsteigende Absorption
dieser Flüssigkeiten nur zu gewissen Zeiten des Jahres, wann die Bäume im Saft sind, stattfinden kann, so scheint diese
Bestimmung die Erscheinung nicht mit ihrer wahren Ursache zu erklären und ein der
Sache fremdes Merkmal anzugeben. Im Safte seyn ist
derjenige Zustand der Bäume, wo sie beim Anbohren eine Flüssigkeit aus ihrem Innern
fließen lassen, oder wo ihre Rinde leicht abgelöst werden kann, deren innere Fläche
zu dieser Zeit von einem besondern Saft, dem Cambium, schlüpfrig
gemacht wird. Nun werden aber diese beiden Erscheinungen bei einem und demselben
Baume durch sehr verschiedene Ursachen hervorgebracht, obwohl sie manchmal zu
gleicher Zeit eintreten können. Das Eintreten des einen oder des andern dieser
Zustände wäre aber nicht immer das Merkmal des schiklichen Zeitpunkts zur Einsaugung
der Flüssigkeiten durch den bloßen, nach dem ersten Boucherie'schen Verfahren, von den Wurzeln getrennten Stamm. Das durch
Anbohren bewirkte Ausfließen des Saftes beweist nichts als ein Strozen des Baumes,
indem der von den Wurzeln in die Höhe getriebene Saft sich in zu großer Fülle
vorfindet, um durch die Aufsaugung der Verdampfungsorgane in Verbindung mit der
hygroskopischen Kraft des Holzgewebes, im Innern erhalten werden zu können. Dieses
Strozen (Turgescenz), welches von ungefähr zu jeder Zeit des Jahres eintreten kann,
wenn es gleich in der Regel bei jeder Baumart zu gewissen Zeiten des Jahres
stattfindet, ist nichts weniger als ein Merkmal einer eben vorhandenen Kraft des
Verdampfungs- und Aufsaugungsapparats. Im Gegentheil ist es ein Zeichen der
verhältnißmäßigen Schwäche desselben; auch sind, wie Hrn. Boucherie's Versuche selbst beweisen, Bäume, welche nie oder höchst selten
Saft ausfließen lassen, nichtsdestoweniger geeignet, zu gewissen Zeiten des Jahres
sich durch Aufsaugung von Flüssigkeiten auszufüllen. Auch die leichte Ablösung der
Rinde ist für das Aufsaugungsvermögen kein nothwendiges Merkmal; denn der
schlüpfrigmachende Saft, welcher sie vom Splinte trennt, wird durch keine
aufsteigende Aufsaugung herbeigeschafft; er wird vielmehr unter der Rinde von aus
dem Mittelpunkte angesogenen Stoffen bereitet, oder wird von den Blättern secernirt,
von welchen er äußerlich längs der Stämme herabfließt, um die neue Holzlage zu
bilden oder zu ernähren. Wenigstens ist bei den Bäumen, bei welchen die optischen
Eigenschaften dieses Saftes (die Drehung des polarisirten Strahls) beobachtet werden
konnten, wie bei der Birke und dem Adamsfeigenbaum (Ficus
Sycomorus), der darin enthaltene Zuker derselbe wie der in den Blättern.
Nach Allem dem kann also nicht genau bestimmt werden, zu welcher Zeit die Aufsaugung
statthaben soll. Von der Unbestimmtheit der Jahreszeit hinsichtlich des im Saftseyn
der Bäume überzeugte sich Hr. Biot selbst tatsächlich,
als er in der Mitte des Novembers 1833 eine Allee von 35 großen italienischen
Pappelbäumen umhauen ließ, welche alle also auf einem und demselben Boden gewachsen
waren. Von diesen 35 waren nur zwei in einem Zustande der Vollsaftigkeit; die 33
anderen schienen sich ihres Ueberflusses an Säften schon entladen und zum Zustande
der Ueberwinterung vorbereitet zu haben.
Das jezt von Hrn. Boucherie, um dem Wechsel der
Aufsaugungskraft auszuweichen, angewandte Verfahren mit verticaler Filtration ist,
da der von seinen Wurzeln und von seinen oberen Verdampfungsorganen getrennte Baum
bloß ein aus nach der Länge laufenden Capillargefäßen bestehendes, hygroskopisches
Gewebe ist, wirklich nichts anderes, als derselbe Filtrationsproceß, wie er auch mit
grobgepulverter, mit der Flüssigkeit einmal hygroskopisch gesättigter, thierischer
Kohle stattfindet. Die Identität dieses Vorgangs wurde von Biot im Jahre 1833 und 1834 der Akademie schon dargethanl'Institut tome I. p. 229; tome II. p. 66., ohne daß er jedoch den Gedanken der technischen Nuzbarmachung gehabt, oder
wenn auch gehabt, seine Versuche dahin hätte richten wollen. Einige weitere Säze des
Hrn. Boucherie werden von Hrn. Biot allerdings als richtig, jedoch nicht als erst aus seiner Erfahrung
hervorgegangen anerkannt.