Titel: | Ueber den gelben Farbstoff der Quercitronrinde und ein Verfahren ihn vom Gerbstoff zu befreien; von Dr. Bolley. |
Fundstelle: | Band 79, Jahrgang 1841, Nr. LVIII., S. 291 |
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LVIII.
Ueber den gelben Farbstoff der Quercitronrinde
und ein Verfahren ihn vom Gerbstoff zu befreien; von Dr. Bolley.
Im Auszug aus den Annalen der Chemie und
Pharmacie, Jan, 1841, S. 101.
Bolley, uͤber den gelben Farbstoff der
Quercitronrinde.
Der Farbstoff der Quercitronrinde (Quercus nigra Linn.)
ist bisher nur von Chevreul in reinem Zustande
darzustellen versucht worden. Sein Verfahren aber – er schreibt vor, mit
heißem Wasser auszuziehen und sehr vorsichtig abzudampfen, wobei sich der Farbstoff
in gelben, dem Musivgold ähnlichen Blättchen ausscheidet – liefert kein
einfaches Product. Es ist sehr leicht zu entdeken, daß die auf solche Art gewonnene
Substanz, verbrannt, Asche zurükläßt, und daß ihre Auflösung Gerbstoff enthält.
Ich bediente mich des von Pelouze für die Darstellung des
Eichengerbstoffs vorgeschlagenen Apparats.Polyt. Journal Bd. LII. S. 302. Die Rinde, wie sie im Handel vorkommt, oder besser, das davon abgesiebte
Pulver kommt in den bauchigen Theil des Gefäßes, und wird mit französischem
Weingeist übergossen. Die ersten Portionen der durchgeronnenen Flüssigkeit sind
dunkel roth-braun, die späteren werden immer heller und man fährt fort,
Weingeist nachzugießen, bis das Durchtröpfelnde nur noch helle Weinfarbe hat. Es
bedarf etwa das Sechsfache vom Gewicht des Pulvers an Weingeist von 0,84 spec. Gew.,
um die Rinde so weit zu erschöpfen, daß der Aufwand an Zeit und Material noch durch die Menge des
gelösten darzustellenden Körpers belohnt wird.
Durch die Wahl des Weingeistes als Extractionsmittel soll erreicht werden, daß eine
verhältnißmäßig größere Menge des darin leicht löslichen Farbstoffs aufgenommen und
mehr von dem in der Rinde reichlich vorkommenden Gerbstoff, der in Wasser leichter
löslich ist, zurükgehalten werde.
Mit zerschnittener Ochsenblase, die in fließendem Wasser zuerst und dann in Weingeist
gereinigt worden, oder mit Auflösung von Hausenblase, wird der Gerbstoff aus der
Auflösung gefällt, die leztere vom Niederschlag abfiltrirt und in einer tubulirten
Retorte der größte Theil des Weingeistes durch Destillation wieder gewonnen, während
gleichzeitig durch eine im Tubulus angebrachte Röhre ein ungefähr entsprechendes
Volum Wasser nachgegossen wird. Die Flüssigkeit wird alsdann in eine flache
Porzellanschale gegossen und sehr langsam weiter verdampft. Schon beim Zusaz von
Wasser in der Retorte trübt sie sich; dieß nimmt mit der Abnahme des Wassers zu, es
scheiden sich (doch war es nicht bei allen Sorten der Rinde der Fall) braune Tropfen
eines klebrigen harzähnlichen Körpers auf der Oberfläche der Flüssigkeit aus, die
mit Löschpapier meist entfernt werden können, und am Boden des Gefäßes größtenteils,
zum Theil aber auch auf der Oberfläche der Flüssigkeit legen sich Krusten eines
gelben körnigen Körpers an. Die Krusten, welche auf der Flüssigkeit schwimmen, sind
gewöhnlich mehr braungelb, während die nicht mit der Luft in Berührung befindlichen
am Schalenboden Heller sind. Nur die lezteren werden gesammelt, und wenn sie durch
zu langes Stehenlassen von der Farbe des darüber stehenden Extracts rothbraun
geworden sind, werden sie bis zur Entfernung dieser Färbung mit kaltem Wasser
abgespült.
Der so schon ziemlich reine Farbstoff wird in absolutem Alkohol gelöst, die Lösung
filtrirt und durch Wasserzusaz und gelindes Abdampfen der gelbe Körper wieder
ausgeschieden. Erscheint derselbe nun nicht gleichmäßig gefärbt, oder hinterläßt er
beim Verbrennen Asche, so wiederholt man die Lösung in absolutem Weingeist, dem man
wenige Tropfen Säure zusezt, und verfährt wie vorher. Auch bei dem langsamsten
Verdunsten der weingeistigen Lösung erhielt ich keine Krystalle, sondern mehr ein
dikes Extract; der Wasserzusaz ist darum nothwendig.
Man kann sich auch eines andern Verfahrens bedienen, um das gelbe Pigment von dem
Gerbstoff zu befreien, und namentlich dann ist dasselbe von gutem Erfolg, wenn es
nur darauf ankommt, den Farbstoff in Auflösung zu behalten. Der Absud der Rinde wird mit Kalkwasser behandelt, wodurch der Gerbstoff rasch
abgeschieden wird. Es liegt in diesem Verfahren darum ein praktisches
Moment für den Färber, weil neben der Umgehung des
Gebrauchs von Leim das Abzuscheidende schnell sich zu Boden sezt, während der
gefällte Leim lange in der Flüssigkeit suspendirt bleibt, wodurch schwierig eine
helle Farbbrühe zu erhalten ist. Man hat in hiesigen Baumwollenzeugfabriken (in
Aarau) auf meine Veranlassung diese Vorschrift benuzt, und den davon erwarteten
Vortheil gefunden. Es ist dabei nur nothwendig, einen großen Ueberschuß von Kalk zu
vermeiden, weil er, wie die andern Alkalien, in zu starker Menge ungleichmäßiges
Aufsezen der Farbe auf den Zeug verursachte. Der gefällte gerbsaure Kalt ist
grau-braun, eingetroknet fast schwarz, hornartig; es ist nicht näher
untersucht worden, woher diese dunkle Farbe rühre; nach Chevreul enthält die Quercitronrinde neben der Gerbsäure einen braunen,
durch thierischen Leim (es scheint auch durch Kalk) fällbaren Farbstoff.
Eigenschaften des reinen Farbstoffs. Die Farbsubstanz
erscheint von verschiedenen Darstellungen Heller oder tiefer gelb gefärbt, je
nachdem sie sich mehr pulverig oder in Krystallen abgesezt hat. Geruch ist nicht und
nur äußerst schwach bitterer Geschmak daran zu bemerken. Sie ist löslich in Wasser
und Weingeist; vom ersteren kochenden braucht sie etwas über 400 Theile zur völligen
Lösung, von absolutem Alkohol nur 4–5 Theile.
Die Form der Krystalle gehört dem geraden rhombischen, einaxigen System an. Beim
Liegen an der Luft erleiden sie keine Veränderung, die Lösungen derselben werden
aber nach einiger Zeit in Braunroth verändert. Mit Braunstein und Schwefelsäure
erhizt, gibt der Quercitronfarbstoff Ameisensäure.
Geröthetes Curcumepapier in die Auflösung des Farbstoffs gehalten, erhält seine Farbe
wieder; dieß Verhalten und die Eigenschaft des Körpers Basen zu sättigen, gewinnt
ihm wohl eine Stelle in der Reihe der organischen Säuren – Quercitronsäure ist wohl der natürlichste Name dafür.
Die Formel der krystallisirten Säure ist C¹⁶ H¹⁶ O⁹ + aq und die
ihrer Bleiverbindung C¹⁶ H¹⁶ O⁹
+ PbO.