Titel: | Ueber die Anwendung hydriodsaurer Salze um Lichtbilder hervorzubringen. Von Hrn. Robert Hunt. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. LXXV., S. 360 |
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LXXV.
Ueber die Anwendung hydriodsaurer Salze um
Lichtbilder hervorzubringen. Von Hrn. Robert Hunt.
Aus dem Philosophical Magazine etc. Sept. 1840, S. 202 u.
Okt. S. 260.
Hunt, uͤber die Anwendung hydriodsaurer Salze um Lichtbilder
hervorzubringen.
Mehr als ein ganzes Jahr habe ich damit zugebracht, die Eigenschaften der
hydriodsauren Salze bei ihrer Anwendung zur Hervorbringung photographischer Bilder,
welche durch eine einzige Operation erzeugt werden, und
deren Licht und Schatten der Natur getreu ihre Stelle haben, zu studiren, und die
Resultate meiner sehr zahlreichen Versuche sind die Aufstellung bestimmter Geseze,
welche jene Ungewißheit bei Anwendung der hydriodsauren Salze uns größtentheils zu
beseitigen helfen, ferner eine Erklärung vieler zum Vorschein gekommener Anomalien
und endlich die Entdekung einiger merkwürdiger, bisher nicht bekannter
Eigenthümlichkeiten.
Die Unsicherheit bei Anwendung der Hydriodate hat ihren Gebrauch sehr beschränkt und
der Wunsch, die Fortschritte einer schönen Kunst zu begünstigen, veranlaßt mich,
nachfolgende Bemerkungen mitzutheilen.
Hr. John Herschel macht in
seiner trefflichen Abhandlung „über die chemische Wirkung der Strahlen des
Sonnenspectrums“ schon auf die Unbeständigkeit der Wirkung der
hydriodsauren Salze besonders aufmerksam. „Nichts, sagt dieser talentvolle
und unermüdete Forscher, kann wandelbarer und launenhafter seyn, als die bei
verschiedener Concentration der Auflösungen, bei verschiedenen Papiersorten, bei dem Grade
der vor der Anwendung der jodirten Flüssigkeit von dem Papiere schon
angenommenen Dunkelheit, bei dem feuchten oder trokenen Zustande des Papiers und
unter andern Umständen erhaltenen Resultate.“ Damit die verschiedenen
von mir aufzustellenden Säze vollkommen verstanden werden, und um andern Händen
dieselben Resultate zu sichern, wird es nochwendig seyn, in eine etwas ausführliche
Betrachtung der verschiedenen in Anwendung gebrachten Papiere einzugehen, und
genügende Anweisung zu geben, um mit Erfolg dasselbe Verfahren anzuwenden mit der
Camera obscura sowohl als bei Abziehung von Bildern
durch unmittelbare Anlegung.
1) Die Präparation des Papiers. Die ungleiche Textur
selbst der feinsten Papiersorten verursacht Unregelmäßigkeiten in der Einsaugung und
ist daher eine beständige Quelle von Beschädigungen, indem die Zeichnungen durch
dunkle Fleken, welche sehr schwer zu entfernen sind, entstellt werden, folglich
mußte mein erstes Trachten dahin gehen, eine Oberfläche darzustellen, auf welcher
sich das photographische Erzeugniß gleichmäßig ausbreitet.
2) Allerlei Ueberzüge wurden mit verschiedenem Erfolge versucht. Fast aller
animalische Leim scheint die Eigenthümlichkeit zu besizen, färbend einzuwirken, was
seine Anwendbarkeit in vielen Fällen des von Hrn. Talbot veröffentlichten Verfahrens nicht zu
beeinträchtigen vermag; allein er schüzt immer das geschwärzte Silber vor der
Einwirkung der hydriodsauren Salzlösung. Die Gummiarten werden von dem Silbernitrat
angegriffen und gebräunt, abgesehen von der Einwirkung des Lichtes, welches
bedeutend bräunend der Wirkung des fertigen Bildes schadet. Eine sonderbare
Thatsache ist es, daß das Traganth- und Acacien- (arab.) Gummi die
Zeichnungen bei weitem weniger dauerhaft machen. Ich fand es daher im Allgemeinen
gerathen, die Anwendung eines Ueberzuges aufzugeben, solche Zusäze jedoch
beizubehalten, welche bei der Bereitung des Papieres schon in die Masse
eingehen.
3) Ich machte die Erfahrung, daß das Papier mit einer Metallauflösung gesättigt
werden kann, welche für sich allein von dem Lichte gar keinen Einfluß erleidet, auf
welcher der Silberüberzug ausgebreitet werden kann, ohne irgend eine merkliche
chemische Veränderung zu erleiden. Da diese merkwürdigen Ergebnisse einige
Eigenthümlichkeiten erklären, welche wir bei der Untersuchung der Hydriodate (65)
besprechen wollen, so werde ich einige derselben anführen.
4) Schwefelsaures und salzsaures Eisen. – Diese
Salze besiegen, in gewissen Verhältnissen angewandt, viele der ersten Schwierigkeiten, aber alle auf
damit zubereitetem Papiere gefertigten Zeichnungen verloren sich im Dunkeln
wieder.
5) Essigsaures und salpetersaures Blei. – Die
Bleisalze wurden, wie ich seitdem erst erfahren habe, von Hrn. John Herschel mit Erfolg in einigen seiner negativen Verfahrungsweisen angewandt. Ich erhielt ein
ziemlich gutes Resultat, wenn ich eine gesättigte Lösung
der genannten Salze anwendete. Aber damit präparirtes Papier bedurfte, um ein gutes
Resultat zu geben, eines stärkeren Lichtes, als andere Arten; wendete ich schwächere
Auflösungen an, so war dann die Zeichnung mit schwarzen Fleken bedekt. Hierüber muß
noch eine weitere Erklärung gegeben werden. Wurde nämlich die starke Auflösung
angewandt, so bildet derjenige Theil des hydriodsauren Salzes, welcher nicht zur
Bildung des hydriodsauren Silbers verwendet wurde, das bekanntlich das Hauptmittel
des Photographen ist, Bleijodid. Dieses Jodid ist löslich in siedendem Wasser und
wird durch dieses leicht vom Papier entfernt. Wurde schwächere Bleisolution
angewandt, so übt das hydriodsaure Salz, statt Jodid zu bilden, eine ihm
eigenthümliche Wirkung aus, indem es ein Oxyd des Metalls erzeugt
(65–67).
6) Salzsaures und salpetersaures Kupfer. – Diese
Salze führten in jeder Quantität die Wirkung der Hydriodate sehr schnell herbei, und
schienen sogar in kleinen Portionen zur Beschleunigung des Processes sehr viel
beizutragen; allein die Erfahrung lehrte dennoch ihre Unanwendbarkeit, indem die
Ränder der Schattenpartien durch chemische Action zerstört wurden.
7) Goldchlorid. – Ich erwartete nicht viel von der
Anwendung dieses Salzes. Beim Versuch fand sich, daß dasselbe unthätig blieb bis
nachdem sich die Zeichnung gebildet hatte, wobei eine sehr rasche Oxydation des
Goldes stattfand und in Folge davon eine Verdunkelung aller Lichtpartien (5)
(65–67).
8) Platinchlorid wurde in jeder Hinsicht mit dem
Goldchlorid von gleicher Wirkung gefunden; die Wiederverdunkelung aller Lichter war
noch rascher und intensiver (5, 7, 67).
9) Eine sehr große Reihe mannichfaltiger Präparate wurde mit demselben Erfolge diesen
Versuchen unterworfen. Ich wurde endlich überzeugt, daß das einzige Verfahren, durch
welches eine vollkommen gleichartige Oberfläche erhalten werden kann, ohne die
Empfindlichkeit des Papieres zu beeinträchtigen, eine sorgfältige Behandlung mit
Salzsäure- und Silberlösungen sey.
Wenn man sich an folgende einfache aber erst durch eine lange Reihe von Versuchen
ermittelte Anleitung hält, so kann nun ein Jeder photographisches Papier
bereiten, auf welches die Lösung der hydriodsauren Salze völlig gleichförmig
wirkt.
10) Man tauche das Papier wenige Minuten lang in die Auflösung eines salzsauren
Salzes unter Entfernung der sich etwa daran anlegenden Luftblasen mittelst eines
zarten Pinsels. Das nasse Papier wird hierauf mit sehr zartem Baumwollentuch
abgetroknet und dann bei gewöhnlicher Temperatur weiter getroknet. Wenn es troken
ist, wird es auf ein Brett angestekt und die Silbersolution kek aber leicht mittelst
einer zarten Schwammbürste aufgetragen. Man muß es nun augenbliklich dem
Sonnenscheine, und wo möglich an freier Luft, aussezen; je schneller die Verdunstung
vor sich geht, um so weniger dringt das Silber in das Papier ein, und desto
vortrefflicher ist dieses. Die erste Lage ist sehr unregelmäßig, indem sie aus
blauen Streifen besteht, welche aus Theilchen des gebildeten reinen Chlorids
zusammengesezt sind, und wieder aus braunen Streifen, welche mit etwas unzerseztem
Silbersalze verbundenes Silberchlorid zu seyn scheinen. Sobald die Oberfläche troken
erscheint, muß die Silbersolution wiederholt wie vorher aufgetragen werden, und das
Aussezen zum Troknen wieder eben so geschehen. Lezteres muß jezt so lange
statthaben, bis ein schönes Chocoladebraun gleichmäßig die ganze Fläche überzieht,
und dann wird es, bis zum Gebrauche, sorfältig vor der ferneren Einwirkung des
Lichtes geschüzt, aufbewahrt.
11) Beim Dunkeln des Papiers muß der Menge des Lichtes, dem es ausgesezt wird, die
größtmögliche Aufmerksamkeit gewidmet werden, da Alles von der Schnelligkeit dieses
Schwärzungsprocesses abhängt. Es sollte hiezu die Morgensonne gewählt werden, indem
offenbar ein Theil der violetten Strahlen von der Atmosphäre absorbirt wird, sobald
die Sonne den Meridian passirt hat, welcher Theil das Präparat ungehindert
durchdringt, bevor die Sonne auf diesen Punkt gelangt ist. Ein vollkommen
unbewölkter Himmel ist von großem Vortheil. Die nachtheilige Folge einer die Sonne
während des lezten Dunkelungsprocesses verdunkelnden Wolke ist die Bildung einer
Oberfläche, die das Aussehen hat, als wäre sie mit einem unreinen Pinsel gewaschen
worden. Dieser Uebelstand wird durch die Hydriodate nur schwierig beseitigt, und die
erhaltenen Bilder entbehren der Klarheit, welche ihre Schönheit bedingt. Papiere,
welche bei dem zerstreuten Lichte eines trüben Tages gedunkelt worden sind, werden
von diesen Salzen, wenn auch, doch nur sehr spärlich, angegriffen.
12) Die Sorte des Papiers, auf welches das Silber aufgetragen wird, ist von großem
Belang. Ein im Handel unter dem Namen: doppelt glacirtes Satinpost bekanntes, mit
den Zeichen vom J.
Whatman, Turkey Mill, ist
entschieden von allen, die ich versucht habe, das beste. – Von den
Halbdrukpapieren werden viele mit Chlor gebleicht, nachdem ihnen durch Kalk
künstlich Substanz gegeben wurde. Solche Papiere kehren den photographischen Proceß
um, und die Theile, auf welche das Licht mit der größten Kraft wirkt, werden die
dunkelsten der Zeichnung, während die schattigen Stellen weiß werden. – Die
dunkeln Fleken, welche in vielen Papiersorten häufig vorkommen, müssen vermieden
werden, so wie das Papier auch vor Beschmuzung von Fliegen sehr sorgfältig geschüzt
werden muß. Sie ist zwar während der Dunkelung von geringem Nachtheil und wird kaum
bemerkt; allein bei der Behandlung mit hydriodsauren Salzen bilden diese
Verunreinigungen Mittelpunkte der chemischen Action, und der Bleichproceß geht,
unabhängig vom Lichte, rings um dieselben vor, die Zeichnung wird durch kleine Ringe
entstellt, welche ihren Durchmesser beständig erweitern.
13) Die salzsauren Auflösungen. – Diese Salzlaugen
können sehr verschieden seyn und, was von vorzüglichem Interesse ist, in einer in
ihrem Erfolge immer wechselnden, unbestimmten Reihe von Zusammensezungen gebraucht
werden. Bei ihrer Anwendung ließ ich mich stets von dem Mischungsverhältniß der
Salze leiten; denn nachdem ich Auflösungen in allen Verhältnissen versucht hatte,
überzeugte ich mich endlich, daß keine anderen Verhältnisse so sichere Erfolge
gewähren, darum habe ich nun bei meinen Arbeiten beständig meine Aequivalententafel
zur Hand. Folgendes ist das Verzeichniß der am häufigsten von mir angewandten Salze,
ausgewählt aus mehr denn siebenhundert von mir in Versuch genommenen
Zusammensezungen. Sie sind nach ihrer unter den möglichst gleichen Umständen
behaupteten Empfindlichkeit geordnet.
Farbe der Zeichnung.
a) Salzsaures Ammoniak.
Roth, im Sonnenschein schwarz werdend.
b) Kochsalz.
Ebenso.
c) Salzsaurer Strontian.
Braun, veraͤndert sich nur unbedeutend.
d) Salzsaurer Baryt.
Ein schoͤnes, zum Purpurroth neigendes Braun,
dunkelt wenig.
e) Aufloͤsung von Chlorkalk.
Stark roth.
f) Aufloͤsung von Chlornatron.
Roth, veraͤndert sich ein wenig.
g) Jodkalium.
Gelbbraun.
h) Chlorsaures Kali.
Veraͤnderlich, manchmal gelblich, oft
stahlblau.
i) Phosphorsaures Natron.
Mausfarben.
k) Uransaures Natron.
Gelbbraun.
l) Salzsaures Eisen.
Tief braun, schwaͤrzt sich.
m) Bromnatrium.
Rothbraun.
Der erwähnte Farbenwechsel in der fertigen Zeichnung entsteht durch das Aussezen
derselben den Sonnenstrahlen; wo desselben nicht erwähnt ist, ist er wegen seiner
Unbedeutendheit der Erwähnung nicht werth. Jedoch wird diese Erscheinung unser
Augenmerk auf sich ziehen (38). Außer den angeführten Salzen brauchte ich manchmal
auch
Farbe der Zeichnung.
n) Salzsaͤure.
Roth, das sich schwaͤrzt.
o) Salzaͤther.
Schwarz.
p) Waͤsseriges Chlor.
Roth, ein wenig dunkelnd.
q) Phosphorsaͤure.
Sehr veraͤnderlich.
14) Wird mit einem der oben angeführten Körper, mit Ausnahme von i und q, präparirtes Papier
kurze Zeit in Wasser getaucht, und im Sonnenschein getroknet, so wird die
hervorgebrachte Zeichnung – mag ein Hydriodat angewandt worden seyn, welches
wolle – eigenthümlich roth gefärbt, und ändert diese Farbe durch wiederholtes
Aussezen nicht. Waschen der Papiere b, c oder d mit schwacher Ammoniaklösung veranlaßt das
Hervortreten dieser Eigenthümlichkeit auf eine auffallende Weise.
15) Die Silbersolution. – Man nehme 120 Gran
krystallisirtes salpetersaures Silber, 12 Drachmen destillirtes Wasser; nach der
Lösung des Salzes seze man 4 Drachmen (d. Vol. nach) Alkohol zu, welcher die
Flüssigkeit undurchsichtig macht. Nach einigen Stunden fällt eine kleine Quantität
eines schwarzen Pulvers – Silberoxyd? – nieder, welches durch das
Filter getrennt werden muß.
16) Der Zusaz des Alkohols zur Lösung rührt von der Beobachtung her, daß er die im
Schatten vor sich gehende chemische Einwirkung der Hydriodsalze auf das Silbersalz
hemmt. Sein Zwek ist daher, die Einwirkung mehr von dem Einflusse des Lichtes
abhängig zu machen, als es außerdem der Fall seyn würbe.
17) Salpeteräther und Essigäther thun nicht nur allein dem Bleichproceß im Schatten
Einhalt, sondern wirken auch wirklich mit den Hydriodsalzen erhöhend auf die
Oxydation des Silbers. Wenn man Zeichnungen von Spizen oder Federn nimmt, sind sie
sehr schäzbare Agentien; für jeden andern Zwek aber sind sie nicht zu gebrauchen,
weil alle schwach beleuchteten Partien dieselbe Tinte erhalten.
18) Der Salzäther, welchen ich als Lösungsmittel für das Silber brauche und ohne alle
Salzlösung anwende, hat eine ähnliche Eigenthümlichkeit wie der Salpeteräther;
jedoch ist er, da er von schwachem Licht sogleich afficirt wird, von größerem Werth.
Indessen muß mit ihm
präparirtes Papier innerhalb 24 Stunden verarbeitet werden, indem es sonst bald
seine Empfindlichkeit verliert, und schnell beinahe unbrauchbar wird.
19) Die hydriodsauren Lösungen. – Mit einiger
Gewißheit die Stärke der Auflösungen der hydriodsauren Salze zu bestimmen, wie sie
in allen Fällen den besten Effect machen, scheint mir unmöglich; jede
Verschiedenheit des Papieres, sowohl was seine Zusammensezung anbelangt, als die
Intensität des Lichtes, dem es zur Dunkelung ausgesezt war, erfordert wieder eine
Auflösung von verschiedenem spec. Gewicht.
29) Hydriodsaures Kali und Natron. – Das erste
derselben ist, da man es sich leichter als alle anderen hydriodsauren Salze
verschaffen kann, das einzige allgemein angewandte. Die Stärke, in welcher ich
dieses Salz für die meisten Papiersorten anwende, ist 30 Gran auf eine Unze Wasser.
Die folgenden Resultate zeigen die von diesen Lösungen bei verschiedener Stärke
derselben hervorgebrachte Wirkung, welche Versuche alle mit gleichem Papier bei
gleichem Licht angestellt wurden.
120
Gran
Salz
auf 1
Unze
Wasser
brauchten
zum
Bleichen
12
Minuten
100
–
–
–
–
–
–
–
–
10
–
80
–
–
–
–
–
–
–
–
9
–
60
–
–
–
–
–
–
–
–
7
–
40
–
–
–
–
–
–
–
–
6
–
30
–
–
–
–
–
–
–
–
4
–
20
–
–
–
–
–
–
–
–
6
–
10
–
–
–
–
–
–
–
–
12
–
Die andern hydriodsauren Salze kommen mit diesem in ihrer Wirkung ziemlich überein.
Ein gewisser Grad von Verdünnung bei allen nothwendig.
21) Hydriodsaures Ammoniak hat auf ungeleimtem Papier
einigen Vorzug in Hinsicht der Schnelligkeit über das Kali- und Natronsalz.
Dieser Körper zersezt sich jedoch so leicht, daß der Leim des Papiers ein Freiwerden
von Jod veranlaßt und in Folge hievon die Bildung gelbbrauner Fleken.
22) Hydriodsaures Eisen. – Dieses hydriodsaure
Metallsalz wirkt begierig auf das gedunkelte Papier; aber eben im Schatten wirkt es
zu stark, indem es die Schärfe der Umrisse vernichtet und die Mitteltinten der
Zeichnung verdirbt. Auch macht es das Papier sehr gelb.
23) Hydriodsaurer Kalk wirkt ähnlich wie das Eisensalz,
doch weniger kräftig, und das Papier wird davon nicht gelb gefärbt.
24) Hydriodsaures Mangan entspricht ganz vorzüglich, wenn es ganz vollkommen
eisenfrei ist. Enthält aber die Auflösung Eisen, wenn auch in kleinster Quantität,
so entstehen helle und dunkle Fleken auf dem Bilde, was ihm ein sonderbar
gesprenkeltes Ansehen gibt.
25) Hydriodsäure wirkt auf einem Papier, das ihre
wässerige Lösung nicht zersezt, schnell auf das gedunkelte Silber. Es ist jedoch
schwer, ein Papier zu finden, welches das Jod nicht frei macht. Etwas freie
Hydriodsäure in eine der Salzlösungen gebracht, beschleunigt die Einwirkung
sehr.
26) Hydriodsaurer Baryt besizt Vorzüge vor jeder anderen
einfachen hydriodsauren Salzlösung, sowohl was die Schnelligkeit der Einwirkung, als
was die Schärfe der Umrisse in dem Lichtbilde betrifft.
27) Doch finde ich, kann die Schnelligkeit der Wirkung dieser Lösung sehr vermehrt
werden. Man löst 40 Gran hydriodsauren Baryt in einer Unze destillirten Wassers auf,
sezt 5 Gran reinen schwefelsauren Eisens hinzu, und läßt es sich langsam auflösen.
Es schlägt sich schwefelsaurer Baryt nieder, welcher durch Filtriren getrennt werden
muß, während die Auflösung aus hydriodsaurem Baryt und Eisen zusammengesezt ist.
Wird nun 1 oder 2 Tropfen sehr verdünnte Schwefelsäure zugesezt, so wird noch mehr
Baryt niedergeschlagen, und Hydriodsäure wird frei. Die klare Lösung wird
abgegossen, indem beim Filtriren das Papier die Säure zersezen würde. Auf diese
Weise erhält man eine photographische Flüssigkeit von großem Werthe. Sie darf nur in
kleinen Quantitäten bereitet werden, indem sie unter dem Einflusse der Atmosphäre
und des Lichts Zersezung erleidet. Es ist immer ein Leichtes, Hydriodsäure durch
Fällung von schwefelsaurem Baryt frei zu machen.
28) Anleitung, um photographische
Bilder zu machen. – Zeichnungen durch Auflegung erfordern weniger
Sorgfalt als jene mittelst der Camera obscura. Die
hydriodsaure Salzauflösung wird mit einer sehr zarten, flachen Bürste auf den beiden
Seiten des präparirten Papiers so lange aufgetragen, bis sie gleichmäßig absorbirt
zu seyn scheint. Man bringt dann das Papier in unmittelbare Berührung mit dem zu
copirenden Bilde, und sezt das Ganze dem Sonnenscheine aus. Diese Aussezung muß so
lange dauern, bis die Lichtpartien des Bildes (Silberjodid. 54.) braun gesehen
werden. Die Befolgung dieser einfachen Regel wird in der Praxis sehr vortheilhaft
befunden werden. Das Eintauchen in weiches Wasser auf kurze Zeit entfernt dann die
braune Farbe und macht die Lichtpartien des Bildes klarer, als sie auf sonst eine
Weise geworden wären.
29) Soll das Papier aber in der Camera obscura behandelt
werden, so thut man
am besten, es in die hydriodsaure Salzauflösung zu tauchen, bis eine kleine, von der
chemischen Einwirkung auf das Silber herrührende Veränderung eintritt. Man spannt es
dann auf einen Rahmen, ohne daß es jedoch irgendwo anders als am Rande berührt
werden dürfte. Hierauf bringt man es in dem dunkeln Raum der Camera obscura in den gehörigen Brennpunkt und sezt es so der Einwirkung
des Lichts aus. – Wenn das befeuchtete Papier auf einem porösen Körper läge,
so würde man in Folge der durch die Capillarität an mehreren Punkten statthabenden
Verbindung finden, daß die Flüssigkeit von einigen Theilen auf andere übergegangen
ist, und daß daher eine Verschiedenheit in der Empfindlichkeit eingetreten sey. Ein
anderer Vorzug des Rahmens ist, daß, da das Papier durch die Befeuchtung
halbdurchsichtig geworden ist, das Licht besser eindringt und tiefer einwirkt, und
hiedurch feine Linien ausgedrükt werden, die außerdem verloren gingen. Doch ist,
wenn die Camera groß ist, gegen den Rahmen ein Einwurf
zu machen; die Flüssigkeit kann sich nämlich in Tropfen sammeln und wirkt daher, zum
Nachtheil des allgemeinen Erfolges, auf einzelne kleine Stellen stärker. Wenn ein
großer Bogen in Arbeit genommen wird, so thut man am besten, ihn, wenn er befeuchtet
ist, auf ein vollkommen reines, befeuchtetes Glas zu legen, unter der Fürsorge, daß
Papier und Glas sich an allen Punkten genau berühren. Das Bild erscheint nicht so
schnell, wenn Glas angewandt wird, als wenn man das Papier auf einen Rahmen spannt,
indem die Verdunstung durch dasselbe etwas verzögert wird; die mehr erforderliche
Zeit, welche etwa ein Sechstheil beträgt, ist in den meisten Fällen von wenig
nachtheiligen Folgen. Auffallend ist es, daß, wenn man der Glasplatte zwischen dem
Papier und der Linse ihre Stelle gibt, die Wirkung nicht langsamer erfolgt, als wenn
sie hinter dem Papier ist. Das Dazwischenbringen einer durchsichtigen Platte ist bei
dem Verfahren mit hydriodsauren Salzen von unbedeutendem Einflusse.
30) Ueber die Fixirung dieser Photographien. –
Nachdem das Bild sich durch die Einwirkung des Lichts erzeugt hat, ist es
nothwendig, jeden ferneren Einfluß des Lichts auf dasselbe unwirksam zu machen, und
dieß nicht nur, indem man das hydriodsaure Salz vollkommen von dem Papier entfernt,
sondern auch durch das Auflösen des gebildeten Silberjodids von der Zeichnung
hinweg.
31) Durch gutes Auswaschen der Zeichnung in warmem Wasser wird das hydriodsaure Salz
entfernt und die so präparirten Bilder können als permanent betrachtet werden; sie
sind es auch wirklich, wenn man sie in einem Portefeuille aufhebt und sie nur
gelegenheitlich aus Tageslicht bringt; doch ich werde zeigen (54.), daß sie die Eigenschaft haben, im
Finstern wieder in den Zustand vor der zersezenden
Einwirkung des Lichts zurükzukehren. Ich habe gegenwärtig die erste von mir
dargestellte Zeichnung, mit dem Datum vom 17. Jun. 1839, vor mir liegen. Diese
Zeichnung lag frei in meiner Tischschublade und war oft mehrere Tage nacheinander
der Wirkung des Sonnenlichts ausgesezt, und doch ist das feinste Geäder der
Rosenblätter noch so vollkommen sichtbar wie anfangs. Indessen können solche
Photographien ein fortgeseztes Ausgeseztseyn dem Lichte nicht ohne Nachtheil
vertragen; drei Monate im Sommer oder sechs Wochen im Winter reichen hin, um sie zu
vernichten.
32) Lange Zeit war ich der Ueberzeugung, daß zwei Silberjodide existiren, deren eines
empfindlich sey für den Einfluß des Sonnenlichts, das andere aber nicht so. Ich habe
aber seitdem Ursache genug gefunden, die Richtigkeit meiner Behauptung in Zweifel zu
ziehen. Da ich bei meiner vorigen Meinung bei der Entfernung des Jodids vom Papier,
ohne zugleich den oxydirten oder dunkeln Stellen Schaden zuzufügen, nicht glüklich
war, so versuchte ich, eine chemische Veränderung in dem Silberjodid
hervorzubringen. Ich erhielt dabei einige merkwürdige Resultate, welche ich
mittheilen will.
33) Wenn ich die Photographie mit einer heißen, gesättigten, essigsauren
Bleiauflösung wusch, so wurde die gelbe Farbe der Lichter zuerst erhöht, am Ende
aber waren sie bedeutend gebleicht und die dunkeln Theile nahmen eine eigenthümlich
carmoisinrothe Farbe an. Unter dem Einflusse des Lichts verschwand die Zeichnung
innerhalb drei Wochen vollständig.
34) Werden diese Zeichnungen in eine Queksilbersublimat-Lösung getaucht, so
verschwinden sie gerade auf dieselbe Weise, wie Hr. Herschel die nach Hr. Talbot's Weise bereiteten Photographien
verlöscht fand, und ebenso wurden sie auch durch eine unterschweflichsaure
Salzlösung wieder hergestellt, indem das Papier statt vollkommen weiß, über und über
stark gelb wurde. Wenn diese Photographien durch das unterschweflichsaure Salz
wieder hergestellt werden, sind sie unter dem Einflusse des Sonnenlichts weniger
dauerhaft als die mit dem Bleisalz gewaschenen.
(Der Beschluß folgt im nächsten Hefte.)