Titel: | Ueber die irdenen Wasserleitungsröhren aus der Fabrik des Hrn. Reichenecker in Ollwiller; Bericht des Hrn. Amédee Rieder. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XLVII., S. 220 |
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XLVII.
Ueber die irdenen Wasserleitungsroͤhren
aus der Fabrik des Hrn. Reichenecker in Ollwiller; Bericht des Hrn. Amédee Rieder.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle des
Mulhausen 1840, No. 64.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Reider's Bericht uͤber Reichenecker's
Wasserleitungsroͤhren.
Am 25. Novbr. 1834 erstattete das Comité für Mechanik der Société industrielle (in Mülhausen) einen
Bericht über die Mittheilungen des Hrn. Engelmann in Betreff der in Stuttgart gebräuchlichen
Wasserleitungsröhren von gebranntem Thone. Man faßte damals den Beschluß, solche
Röhren durch einen Töpfer in Mülhausen verfertigen zu lassen, um damit Versuche im
Großen anstellen zu können. Es sind mehrere Jahre verflossen, ohne daß man sich mit
dieser wichtigen Frage beschäftigte, bis ich im Sommer 1838 mir selbst eine solche
Wasserleitung legen ließ, die bedeutend genug war, um aus den Resultaten etwas
schließen zu können.
Die Verfertigung gebrannter Thonröhren ging in der neuesten Zeit aus den Händen der
Töpfer in die geschikter Fabrikanten über, welche durch die Wahl und die
Verarbeitung der Erde, so wie durch die Anwendung gut zusammengestellter Apparate
Röhren verfertigt haben, die nichts mehr zu wünschen übrig lassen. Seit einigen
Jahren wendet man schon in Aarau Pressen an, um die Erde zu verdichten. Die HHrn.
Ziegler und Comp. in
Schaffhausen haben diese Apparate vervollkommnet und stellten sie in größerem
Maaßstabe her, und mehrere Fabriken dieser Art sind auch in Deutschland eingerichtet
worden. Im Jahre 1838 wurde unser Departement ebenfalls mit diesem nüzlichen
Industriezweige versehen. Hr. Reichenecker in Ollwiller fand in der Umgegend der Ziegelhütte des
Hrn. Gros Thon, der sehr geeignet zur
Fabrication von Röhren ist, und hat sich Apparate hergestellt, die durch ihn
vervollkommnet wurden; er bedient sich unter anderen einer hydraulischen Presse zum
Verdichten des Thons der Röhren. Die ersten dieser vervollkommneten Producte waren
auf der lezten Industrieausstellung zu sehen.
Die ersten zwei Wasserleitungen, von denen ich berichten will, sind hergestellt: in
Nixheim mit Röhren vom Hafner Jakob Ernst aus Aarau, und
in der Papierfabrik in Rapenzwiller mit Röhren von M. Reichenecker in Ollwiller.
1) Röhren von Aarau von 5 Centimeter Oeffnung.
Laͤnge der Leitung
1300 Meter.
Groͤßter Druk in derselben
5
–
Laͤnge jeder Roͤhre
0, 87
Durchmesser ihrer Oeffnung
0,m05
Aeußerer Durchmesser
0,m08
Gewicht einer Roͤhre
4
Kilogr.
Die Verbindungshülse ist jeder Röhre angepaßt, wie es die Abbildung auf Tab. III.
zeigt.
Der Preis bis Mülhausen kann für den laufenden Meter zu stehen kommen, wie folgt:
Ankaufspreis in Aarau
0 75 Fr.
Transport nach Muͤlhausen mit
Zoll
0,20 –
–––––
Im Ganzen
0,95 Fr.
2) Röhren von Ollwiller von 7,5 Centimeter Oeffnung.
Groͤßter Druk in der Leitung
11 Meter
Laͤnge jeder Roͤhre
1 –
Durchmesser ihrer Oeffnung
0,m075
Aeußerer Durchmesser
0,11
Gewicht der Roͤhre mit Einschluß der
Verbindungshuͤlse
14 Kilogr.
Die Verbindung geschieht durch eine vom Rohre getrennte Hülse.
Preis des laufenden Meters mit Einschluß
der Huͤlse
1,60 Fr.
Transport von Ollwiller nach
Muͤlhausen
0,11 –
–––––
Zusammen
1,71 Fr.
Um berechnen zu können, wie hoch eine Wasserleitung zu stehen kommt, muß noch
angeführt werden:
Daß die Graͤben im Mittel per laufenden Meter kosten
40
Cent.
Die Visitirroͤhren
40
–
Der erforderliche Kitt
6
–
Das Legen
20
–
––––––––––
Zusammen
1,06 Fr.
Ueber das Legen der Röhren.
Um die Röhren vor Verlezung durch Frost zu schüzen, haben wir sie in Gräben von 1
Meter Tiefe gelegt, deren Grund man bei jeder Verbindung mit einer festen Unterlage
von Steinen oder Ziegeln versah. Wir fanden die Verbindung von Ollwiller vorzüglicher als die von Aarau;
die Stöße der Röhren sind besser bedekt, und die Ausbesserungen oder Auswechselungen
derselben sind viel leichter zu bewerkstelligen. Wir hatten viel Mühe, den Kitt in
dem Muff der Aarauer Röhren halten zu machen.
Zahlreiche Versuche mit verschiedenen Kitten ergaben folgende Resultate:
1)
10
Theile Pech von Bourgogne,
1
Theil Talg,
20
Theile gestoßene Ziegelsteine
heiß angewendet, geben eine sehr feste Verbindung, welcher man
sich in Fällen bedienen kann, wo man nicht Zeit hat, den hydraulischen Kitt erhärten
zu lassen. Aber gerade die Anwendung von Hize erzeugt wieder Nachtheile,
hauptsächlich den, daß sich Luftblasen entwikeln, welche oft Blasen im Kitt
verursachen, so daß Wasser entweichen kann.
2) Talg in Stüken, welchen man mit Baumwolle zusammenschlägt, bis er einen zähen Teig
bildet. Diesen Kitt kann man bei Leitungen im Inneren von Gebäuden anwenden, er
widersteht aber keinem sehr starken Druk.
3)
3
Theile
hydraulischer Kalk von der besten Sorte,
1/2
Theil
gestoßene Ziegelsteine,
1/2
–
Eisenfeilspäne.
Man sezt einige Kalbshaare, geronnene Milch und Wasser zu und verarbeitet alles in
einem Mörser, bis der Kitt flüssig wird. Diese Arbeit ist langdauernd und schwer und
erfordert viel Geschiklichkeit, um dem Kitt den richtigen Grad von Nässe zu geben,
so daß er weich wird, ohne flüssig zu seyn. Er muß sogleich angewendet werden, und
man kann nur für 5 bis 8 Verbindungen zum voraus davon bereiten. Dieser Kitt wird,
wenn er gut bereitet ist, in zwei Tagen hart und widersteht dem Druk vollkommen gut,
wird er aber nicht gut geschlagen oder nicht zur passenden Zeit angewendet, so
erhärtet er schlecht und zerfällt zu Staub wie Erde.
4)
2
Theile
Cement von Pouilly,
1
Theil
hydraulischen Kalk,
1
–
gestoßene Ziegel.
Dieser Kitt wird wie Mörtel angerührt; er ist sehr leicht zu bereiten und anzuwenden.
Um ihn zu verarbeiten, bedient man sich der spizen Mauerkelle, einer Spatel, und
versieht die Hand mit einem ledernen Handschuh. Die Röhren müssen vor dem Legen gut
naß gemacht werden, auch darf von dem Kitt nur so viel auf einmal angemacht werden,
als zu zwei Verbindungen nöthig ist, damit er nicht vor dem Auftragen erhärtet. Vier
und zwanzig Stunden sind hinreichend, ihn so hart zu machen, daß er einem starken
Druk widersteht. Diesen lezten Kitt haben wir beibehalten, und er hat bis jezt
vollkommen gut gehalten; er verbindet sich mit den Röhren zu einem Ganzen, und man
kann diese nicht mehr trennen, ohne sie zu zerbrechen.
Ich habe die Ehre, der Gesellschaft einige vereinigte Röhren von Ollwiller
vorzulegen, welche fast ein Jahr unter der Erde lagen; das durchfließende Wasser
hatte 11 Meter Drukhöhe. Diese Röhren sind die ersten aus der Fabrik von Reichenecker; obwohl sie im Inneren nicht glasirt sind,
haben sie dennoch vollkommen ausgehalten und würden wahrscheinlich unbestimmt lange
Zeit ausgedauert haben, wenn nicht eine Aenderung der Richtung eines kleinen Theiles
der Leitung sie vor Kurzem herauszunehmen genöthigt hätte. Der gegenwärtige Zustand
der Verbindungen dieser Röhren scheint mir sehr zu Gunsten derselben und des
angewendeten Kittes zu sprechen.
Visitirröhren (Brunnenstuben). Wie bei allen guten
Wasserleitungen haben wir in Entfernungen von 25 bis 30 Meter Visitirröhren
angebracht, um die Röhren im Innern reinigen zu können. Die Wahl der Visitirröhren
wurde durch eine lange Erfahrung bestimmt. Wir haben Stein dem Gußeisen vorgezogen,
weil die Schrauben, die man zum Befestigen der gußeisernen Dekel anzuwenden
genöthiget ist, durch den Rost zu sehr angegriffen werden, wenn sie einige Jahre
unter dem Boden gelegen sind, so daß man die Apparate nicht mehr auseinander nehmen
kann, ohne befürchten zu müssen, daß alles zerbricht. Ueberdieß sind gehauene Steine
wohlfeiler als Guß. Wir haben für das Stük unserer Brunnenstuben oder Visitirröhren
10 Fr. bezahlt, was auf 25 Meter vertheilt, 40 Cent. für einen Meter der Leitung
beträgt. Die Dekel der Visitirröhren sind von Eichen- oder Fichtenholz; sie
gehen strenge in die Oeffnung der Röhre; man belegt sie mit Leinwand, die mit Talg
getränkt ist; diese Verbindung ist alsdann genügend für niedere Druke, während man
für einen Druk von 3 oder 4 Meter diese Dekel durch Schließen festhalten muß. Diese
Visitirröhren sollen einen festen Grund von Mauerwerk erhalten; sie werden mit den
anderen Röhren durch denselben hydraulischen Kitt verbunden, dessen man sich bei der
ganzen Leitung bediente. Man kann in das Innere der Visitirröhren ein kleines
konisches Sieb sezen, welches den Durchgang von Unreinigkeiten verhindert, die das
Wasser mitführen könnte. Krümmungen von großen Halbmessern werden durch die Röhren
selbst gebildet, aber für merklichere Krümmungen hat man Bogenstüke von allen Biegungen. Es ist übrigens
sehr passend, die Visitirröhren in die Scheitel der Winkel von der Leitung zu sezen,
um das Reinigen zu erleichtern. Wenn man eine Visitirröhre mit mehreren
Leitungsröhren verbindet, so kann man leicht eine Leitung in mehrere Arme
theilen.
Ich schlage vor, diese Röhren aus gebranntem Thone einer neuen Prüfung zu
unterwerfen. Unter den nüzlichen Anwendungen, die man von ihnen machen könnte, führe
ich vor Allem ihre Benuzung als Gasleitungsröhren an, wo sie eine sehr bedeutende
Ersparniß bezweken würden. Ich weiß, daß eine Probe in Roubaix gemacht worden ist,
und daß man die Thonröhren wieder durch gußeiserne ersezen mußte; dieser Umstand ist
jedoch keineswegs der Materie, die zu den Röhren verwendet wurde, zuzuschreiben,
sondern allein der Nachlässigkeit, mit welcher das Legen und hauptsächlich die
Verbindungen bewerkstelligt wurden.
Beschreibung der
Abbildungen.
Fig. 72 ist
ein Durchschnitt eines Theiles der Wasserleitung mit Röhren von Hrn. Reichenecker und einer
Visitirröhre.
Fig. 73 eine
obere Ansicht derselben.
Fig. 74 eine
Seitenansicht.
Fig. 75 ein
Theil einer Wasserleitung mit Röhren von dem Töpfer Jakob Ernst in Aarau.
Fig. 76 ein
Kern, welcher beim Verbinden zweier Röhren eingeschoben wird, um beide in eine Achse
zu bringen.
Fig. 77 eine
Vorrichtung zum Herausnehmen der Kitttheile aus dem Innern der Röhren.
A, A gebrannte Thonröhren aus Ollwiller.
B, B Verbindungshülsen.
C Visitirröhre von gehauenem Steine.
E Dekel dieser Röhre.
F ein Keil, welcher zur Befestigung dieses Dekels
dient.
G Schließe zum Zuhalten des Dekels. Sie besteht aus zwei
Querriegeln von Eichenholz, die durch zwei eiserne Bänder vereinigt werden.
Bericht des Hrn. Josua Heilmann über die
von Hrn. Reichenecker in Ollwiller verfertigten Thonröhren.
Zu allen Zeiten hat man der Verfertigung guter Wasserleitungsröhren eine große
Wichtigkeit beigelegt, aber um Vieles ist diese wichtige Aufgabe noch erhöht worden,
seit der großen Entwikelung, welche die Industrie genommen hat, besonders seitdem sie
auch zu Gas- und Dampfleitungen benuzt werden. Die Société d'Encouragement in Paris sezte schon im Jahre 1829
fünf Preise in Bezug auf diesen Gegenstand aus, welche zusammen die Summe von 13,500
Fr. betrugen.
Wir waren überrascht von der wohlgeordneten Einrichtung der Fabrik in Ollwiller;
überall herrscht Ordnung, Reinlichkeit und eine wohlcombinirte Aufeinanderfolge bei
den Arbeiten; aber hauptsächlich sind es die mechanischen Vorrichtungen, welche sie
zu einer wahren Manufactur machen.
Ein hinlänglich großes Gebäude enthält zwei Brennöfen, welche mit Galerien zum
Troknen umgeben sind; die andere größere Hälfte des Gebäudes ist den Werkstätten und
Maschinen gewidmet. Zu ebener Erde sind in dieser zweiten Hälfte sorgfältig
ausgeplattete Gruben angebracht, welche zum Mengen und zur Zubereitung des Thones
dienen. Zwischen zweien derselben ist eine Knetmaschine gesezt, die durch Pferde
bewegt wird. Diese Knetmaschine besteht aus zwei horizontalen Cylindern, welche
unter einander stehen und eine Entfernung zwischen sich lassen, die durch eine
Schraube regulirt werden kann. Die Bewegung des einen Cylinders theilt sich dem
anderen durch Zahnräder mit, aber in der Art, daß ihre Geschwindigkeit merklich
verschieden ist. Diese mechanische Wirkung ist es, welche eigentlich das Kneten
bewirkt, hauptsächlich aber eine innigere Mengung der verschiedenen Qualitäten des
Thones, die zum Teig verwendet werden, erzeugt. Ein Mühltrichter, der am oberen
Theile angebracht ist, nimmt den bereits in einer Grube gemengten Thon auf; nach dem
Austreten aus der Maschine fällt die Mischung in eine Grube an der Seite. Vor dem
Vermengen der Erden muß man diejenigen, welche in einem trokenen Zustande sind,
pulverisiren; man bedient sich zu diesem Zwek einer Reibvorrichtung mit verticalen
Mühlsteinen, ebenfalls durch die Pferde bewegt. Diese Maschine dient auch zum
Pulverisiren von Bruchstüken der Ausschußröhren.
Die Bewegungsvorrichtung ist sorgfältig construirt, fest und zierlich; sie sezt auch
eine kleine horizontale Mühle zum Reiben der Glasur in Bewegung, ferner den Rührer
einer Waschkufe und ein Cylindersieb. Alle diese Maschinen befinden sich zu ebener
Erde.
In der ersten Etage sieht man eine hydraulische Presse, welche nicht allein zum
Zusammendrüken des Thones dient, um ihm eine große Festigkeit zu geben, sondern auch
um Röhren, Platten und andere Stüke von jeder Länge und in verschiedenen Größen
fortwährend zu erzeugen (zu formen). Dieser Theil der Fabrik ist der
interessanteste; wir bedauern nur, daß es uns untersagt ist, einige Verrichtungen
zu erwähnen, welche
dabei die Arbeiten erleichtern. Dagegen hat uns Hr. Reichenecker ermächtigt, einige wichtige Details
seiner Fabrication mitzutheilen, namentlich in Betreff der Mischung der Thone.
Die Dichtigkeit, welche die hydraulische Presse bei diesem Verfahren dem Thone
mittheilt, erfordert Vorsichtsmaßregeln, welche den meisten Personen, die gewöhnlich
mit dieser Materie umgehen, unbekannt seyn dürften.
Erstens ist es sehr wichtig zu wissen, in welchen Verhältnissen der ganz reine
bildsame Thon mit dem mit Eisenoxyd und Sandbrökeln vermengten Thon vermischt werden
soll. Die Erfahrung allein kann diese Verhältnisse bestimmen, und sie hängen eben
sowohl von den verschiedenen Gegenständen ab, welche man sich zu verfertigen
vornimmt, als von den Erdarten, welche man zur Verfügung hat.
Der reine Thon erfordert keine besondere Vorbereitung, aber nicht so verhält es sich
mit dem anderen. Findet man lezteren im trokenen Zustande, so muß er vorher mittelst
der erwähnten Maschine gepulvert, dann, um ihn von den Kiestheilchen zu befreien,
gewaschen werden. Zu diesem Ende zertheilt man ihn im Wasser zu einem dünnen Brei,
was in der mit einem Rührer versehenen Kufe geschieht; in diesem Zustande wird er
dann durch das Cylindersieb geleitet, in welchem der Kies zurükbleibt, während die
Flüssigkeit von einer Grube aufgenommen wird. In lezterer sezen sich die erdigen
Theile ab und nach einiger Zeit wird das Wasser behutsam abgelassen. Der Bodensaz
wird dann heraus geschafft und getroknet, was im Sommer in freier Luft und im Winter
im Hause geschieht.
Hiebei bieten sich nun einige Schwierigkeiten dar: die Austroknung muß bis zu einem
gewissen Grade gesteigert werden, und weit über die Gränze, welche in der
gewöhnlichen Töpferei nöthig ist; denn da das Wasser beinahe unzusammendrükbar ist,
so macht seine Gegenwart im Thone diesen auch unzusammendrükbar. Hierin liegt also
die große Abweichung der neuen Fabricationsweise. Der große Widerstand der nach der
neuen Methode gefertigten Gegenstände rührt einzig von der innigeren Annäherung der
einzelnen Theilchen her. Diese Annäherung läßt sich nur mittelst einer Drukkraft
bewerkstelligen; den Thon des Töpfers würde man vergeblich pressen; da er zu feucht
ist, so würde er weder vor noch nach dem Brennen mehr Consistenz annehmen. Je
geringer aber die Feuchtigkeit im Thone wird, desto schwieriger ist es, sie
gleichförmig zu erhalten, welches auch die Gestalt oder die Größe der Masse sey. Die
inneren Theile bleiben zu feucht, und die äußeren streben sich zu verhärten, was dem
Fabricat schaden würde.
Um diesem abzuhelfen, bildet man zuerst kugelige Massen, Ballen genannt, von ungefähr
2 Decimeter (7 1/2 Zoll) Durchmesser. Wenn diese Kugeln einen Theil ihrer
Feuchtigkeit verloren haben, bringt man sie auf einen Mühlstein, wo sie stark
geschlagen werden, wodurch sie sich fortwährend ausdehnen, und läßt ihnen dann die
Form eines sehr dünnen Kuchens. Durch dieses Verfahren treibt man aus dem Thone die
Luftbläschen aus, welche darin verborgen waren, und in der neuen Gestalt ist er
fähiger, abermals einen Theil seiner Feuchtigkeit zu verlieren; nach einiger Zeit
schneidet man die Kuchen sogar in der Mitte durch und verbindet sie wieder so, daß
das Innere nach Außen kömmt, um sie alsdann von Neuem der Luft auszusezen. Dadurch
allein wird der Thon zu dem Zwek geeignet, zu welchem er bestimmt ist.
Nachdem endlich die Röhren ihre Form durch die hydraulische Presse erhalten haben,
ist neue Vorsicht während des Troknens nöthig; die Röhren werden vertical auf Ringe
von gebranntem Thone gesezt, welche behufs der Circulation der Luft durchlöchert
sind. Die großen Galerien, welche die Oefen umgeben, sind zu diesem Austroknen
bestimmt, und fassen eine große Zahl von Röhren.
Die verticale Stellung ist die einzig geeignete; jede andere würde die Form der Röhre
ändern, und es ist zu bemerken, daß bei der gewöhnlichen Hafnererde die Form sich in
keiner Lage erhalten könnte, da sie wegen der Weichheit des Teiges unter ihrem
eigenen Gewichte sich biegen würde.
Nachdem die Lufttroknung vollendet ist, werden diejenigen Röhren, welche eine Glasur
erhalten sollen, vorläufig in dem Obertheile der Oefen einem ersten Brennen
ausgesezt; ohne diese Vorsicht würde die Feuchtigkeit der Glasur den Teig auflösen
und ihm die wichtigste Eigenschaft, seine Dichtigkeit, nehmen. Ueberdieß gelingt die
Auftragung der Glasur auf die rohe Masse nicht so gut als auf das Biscuit (so nennt
man die aus dem ersten Brennen hervorgegangenen Gegenstände). Das Fertigbrennen wird
hierauf in dem unteren Theile des Ofens vorgenommen. Man begreift leicht, daß diese
Operation ohne die früheren Vorsichtsmaßregeln schlecht gelingen würde: das
kleinste, in: Innern des Teiges eingeschlossene Luft- oder Wasserbläschen
würde in der Hize Risse verursachen, während bei einem schwammigen Teige diese
Bläschen unschädlich entweichen könnten.
Alle Risse, welche bei diesen Röhren vorkommen, geschehen nach der Länge; dieß kömmt
vielleicht daher, daß diese Fabricationsweise die Theile in der Längenrichtung
inniger unter sich verbindet, weil in dieser Richtung der Druk ausgeübt wird. Es
könnte auch eine Folge
der durch die Hize verursachten ungleichen Zusammenziehung seyn, oder endlich wie
Hr. Reichenecker glaubt, die
Wirkung der Auftragung der Glasur; denn wenn sie auf die rohe Waare aufgetragen
worden, so ist dieser Vorfall häufiger und er kann alsdann von der Längeneinsikerung
herrühren, weil die Röhren im Augenblike des Auftragens sich in verticaler Stellung
befinden, was zu kleinen Canälen Veranlassung gibt, unter welchen das Eindringen
stärker als anderswo stattfinden muß.
Hinsichtlich der Zusammenfügung dieser Röhren ist Hr. Rieder so sehr in die praktischen Details
eingegangen, daß wir es für überflüssig halten, weiter davon zu sprechen; wir fügen
nur bei, daß die Methode der losen Hülsen nicht allein die bequemste und leichteste,
sondern auch eine nothwendige Folge der Fabricationsart ist. In der That, wollte man
diese Hülsen vor dem Brennen mit dem Rohre verbinden, so müßte man von Neuem Rohr
und Hülse benezen, um sie an einander haften zu machen, und dieses Verfahren, indem
es die Masse erweicht, würde sie wieder in den Zustand des Töpferteiges zurükführen,
indem sie ihm die durch die Presse erlangte Qualität benimmt.
Der Druk, welchen die so verfertigten Röhren ertragen können, ist in der That
außerordentlich; während die früheren Töpferöhren selbst bei der kleinsten Weite
kaum einige Atmosphären aushalten konnten, und sie über diesen Druk mit einem
beträchtlichen Mauerwerk umgeben werden mußten, konnten die des Hrn. Reichenecker, wie man behauptet, bei
verschiedenen Durchmessern bis zu 35 und selbst 40 Atmosphären ertragen. Heißt
dieses nicht dem Thone die Stärke eines Metalles geben?
Sie gewähren auch hinsichtlich des Preises einen bedeutenden Vortheil. Nach dem
Programm der Société d'Encouragement
kostet ein Meter Länge, bei einem Decimeter Durchmesser, das Legen inbegriffen,
von:
Thonröhren
19 Fr.
29 Cent.
Gußeisernen Röhren
17 –
3 –
Holzröhren
6 –
39 –
während die Röhren des Hrn. Reichenecker nur auf
2 Fr. 65 Cent. ohne Glasur,
3 – 65 –
mit –
zu stehen kommen.
Man glaubte gegen den Gebrauch der irdenen Röhren einwenden zu müssen, daß bei ihnen
bisweilen eine innere Verstopfung vorkömmt; dieß geschieht durch Wurzeln oder Aeste
von Bäumen oder Kräutern, welche bei der Wasseraufnahme mit eintreten; außerdem aber, daß dieser Umstand
nur bei den nicht glasirten Röhren öfter vorkömmt, genügt es, gute Verbindungen
herzustellen, um ihn zu vermeiden, und die Leitungen mit einer hinlänglichen Anzahl
Visitirröhren zu versehen.
Schon sind zehn mehr oder weniger große Wasserleitungen mit ähnlichen Röhren in
unserem Departement hergestellt worden, und alle, die mit der nöthigen Sorgfalt
gelegt wurden, haben gut entsprochen. Mehrere Versuche sind auch über ihre Anwendung
zur Gasleitung gemacht worden, und alles läßt erwarten, daß diese vollen Erfolg
haben werde.
Das Comité schlägt der Gesellschaft vor, Hrn. Reichenecker für die Einführung eines neuen und
so nüzlichen Industriezweiges in Frankreich, so wie für seine Verbesserungen darin,
eine silberne Medaille zuzuerkennen.