Titel: | Ueber die Verfälschung der fetten Oehle; von W. Davidson. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. LXXXIX., S. 352 |
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LXXXIX.
Ueber die Verfaͤlschung der fetten Oehle;
von W.
Davidson.
Aus dem Edinburgh new philosophical Journal. Jan. –
April 1840, S. 250.
Davidson, uͤber die Verfaͤlschung der fetten
Oehle.
Die fetten Oehle kommen sehr häufig verfälscht vor, was in unseren Fabriken oft
bedeutenden Schaden verursacht; der Betrug ist aber bloß in einigen Fällen mit
Gewißheit zu entdeken, in den meisten Fällen müssen wir sie nach der Untersuchung
ihrer äußeren Eigenschaften beurtheilen. Unsere unvollkommenen Kenntnisse von diesem
Gegenstande lassen sich theils aus der großen Aehnlichkeit der verschiedenen
Gattungen der fetten Oehle hinsichtlich ihrer chemischen Charaktere, theils aus der
Schwierigkeit erklären, sich unverfälschte Exemplare zu verschaffen. Es ist daher zu
wünschen, daß Versuche über diesen Gegenstand bekannt gemacht werden; denn, so wenig
Wichtigkeit sie auch bei der Feststellung genauer Regeln zur Entdekung der sehr
zahlreichen Verfälschungen haben mögen, so können sie doch zu ihrer endlichen
Verbesserung einigermaßen beitragen. Vor Angabe der angestellten Versuche werde ich
die wichtigsten Thatsachen erwähnen, welche darüber aufgestellt worden sind.
Im Jahre 1819 gab Boudet eine Abhandlung über die
Verfälschung des Olivenöhls heraus.Journal de Pharmacie, August 1819. Er gibt an, daß das saure salpetersaure Queksilberoxyd das Olivenöhl völlig
fest mache, die Oehle aller Oehlkörner dagegen flüssig lasse und rothgelb färbe. Er
lehrt das saure salpetersaure Queksilberoxyd durch Auflösen von 6 Theilen Queksilber
in 7 1/2 Salpetersäure von 1,350 spec. Gew. bereiten. 2 Drachmen dieser Auflösung
sollen in einem Fläschchen mit 3 Unzen Olivenöhl gemischt, und die Mischung soll
eine oder zwei Stunden lang alle 10 Minuten geschüttelt werden. In mehreren Stunden,
je nach der Jahreszeit, gerinnt es zu einer gelblich-weißen Masse, und binnen
24 Stunden ist es ganz fest und noch weißer. Wenn Olivenöhl mit Oehl von irgend
einer Oehlfrucht verfälscht ist, so wird es nicht ganz fest, sondern ein Theil
bleibt flüssig, hat eine gelblich-rothe oder rothbraune Farbe, und die Menge
desselben gibt die Menge des beigemischten Oehles an. Seitdem hat Boudet gezeigt, daß Castoröhl, so wie Lescalier, daß Mandelöhl durch saures salpetersaures
Silberoxyd fest werde. Die Anwesenheit von Castoröhl kann jedoch durch ein anderes
Verfahren bestimmt werden, welches von Planche und Rose zugleich entdekt wurde, nämlich durch seine
Auflöslichkeit in Alkohol von 0,817 spec. Gew. in allen Verhältnissen.
Rousseau hat auch ein Verfahren angegeben, um die
Reinheit von Olivenöhl aufzufinden, welches sich auf die Eigenschaft des Olivenöhls
gründet, ein besserer Nichtleiter der Elektricität als andere vegetabilische Oehle
zu seyn. Er hat gezeigt, daß sein Leitungsvermögen 675 Mal geringer sey als das
irgend eines anderen Pflanzenöhls. Es muß aber erwähnt werden, daß das Stearin von
Thierfett dieselbe Eigenschaft besizt. Felix Boudet gab
im Jahre 1832 eine Abhandlung heraus, worin gezeigt wurde, daß das Festwerden der
Oehle durch saures salpetersaures Silberoxyd von der darin vorkommenden salpetrigen
Säure herrühre, und fand, daß ein Theil dieses Agens hinreicht, um 200 Theile
Olivenöhl in einen festen KörperS. Journal für ökonomische und technische Chemie, Bd. XVI. S. 313. umzuwandeln. Er bereitete die salpetrige Säure durch Destillation des
salpetersauren Bleioxydes, und wegen ihrer Flüchtigkeit sezte er drei Theile
Salpetersäure von 1,350 spec. Gew. zu, um sie weniger flüchtig zu machen. Er fand
auch, daß folgende Oehle durch salpetrige Säure fest werden: das Oehl süßer und
bitterer Mandeln, das Oehl der Haselnüsse, das Oehl von Anacardium occidentale, Castoröhl und das Oehl von Brassica campestris. Boudet ist der Meinung,
daß die troknenden Oehle von den nicht troknenden durch salpetrige Säure
unterschieden werden können; denn mit Ausnahme von Castoröhl widerstehen die
troknenden Oehle ihrer Wirkung, während die nicht troknenden durch dieselbe fest
werden. Er berechnet das Verhältniß der Verfälschung nach der Verzögerung der
Erstarrung. So bemerkte er bei Vermischung von 1 Gran salpetriger Säure mit 100 Gr.
Olivenöhl, daß das Festwerden durch 1/100 Mohnöhl 40 Minuten, 90 Minuten durch 1/10
und weit längere Zeit durch 1/10 Mohnöhl verzögert wurde.
Er empfiehlt, da es schwierig ist, die Oehle immer in dieselbe Temperatur zu
versezen, und wenn genaue Resultate erfordert werden, reines Olivenöhl mit diesem
Reagens zugleich zu probiren, und selbst Gemenge von demselben mit Mohnöhl, um als
Vergleichung zu dienen.
Ich habe die meisten von Boudet's Versuchen wiederholt,
und fand, daß das saure salpetersaure Queksilberoxyd eine gute praktische Probe zur
Erkennung der Verfälschung von Olivenöhl mit Mohnöhl und Leinöhl darbiete, daß sie
aber nicht als so zuverlässig hinsichtlich der Verfälschung des Olivenöhls mit dem
gemeinen käuflichen Rapsöhl betrachtet werden kann. Ich fand, daß Rapsöhl durch saures salpetersaures
Silberoxyd in zwei oder drei Tagen die Consistenz von dikem Honig und eine
dunkelorangebraune Farbe erhält, und Felix Boudet gibt
an, daß das Oehl der Brassica campestris durch die
salpetrige Säure fest wird. Um jedoch die Wirkung einer geringen Verfälschung zu
erkennen, wurde folgender Versuch angestellt. 10 Gr. Rapsöhl wurden mit 90 Gr.
levantischem Olivenöhl gemengt und nachher mit 1/12 von dem sauren salpetersauren
Queksilberoxyd behandelt. Das Ganze wurde in 7 Stunden fest, hatte aber eine weit
weichere Consistenz, als auf dieselbe Weise behandeltes reines Olivenöhl. Ich
behandelte viele Varietäten von Olivenöhl mit dem sauren salpetersauren
Queksilberoxyd, und fand, daß die Consistenz im Allgemeinen fast die von starkem Unguentum citrinum ist, fand aber niemals eine von ihnen
so weich wie die mit dem Rapsöhle verfälschte Menge. Aber auf diesen Unterschied in
der Consistenz sollte man sich nicht verlassen, wenn man nicht zu gleicher Zeit zur
Vergleichung einen Versuch mit reinem Olivenöhl angestellt hat. Obgleich sowohl
Mandel- als Castoröhl durch saures salpetersaures Silberoxyd fest werden, so
ist es doch wegen ihres höheren Preises nicht sehr wahrscheinlich, daß sie zur
Verfälschung von Olivenöhl angewendet werden. Das Aussehen des Mandelöhls, wenn es
durch saures salpetersaures Queksilberoxyd fest geworden ist, hat viel Aehnlichkeit
mit dem durch dasselbe Reagens behandelten Olivenöhle, es ist aber von viel
weicherer Consistenz. Mandelöhl wird auch häufig verfälscht, und ich fand, daß das
saure salpetersaure Queksilberoxyd zur Entdekung der Anwesenheit fremder Oehle in
demselben angewendet werden kann. 10 Proc. Rapsöhl, zu Mandelöhl zugesezt,
verhindern das vollständige Erstarren, und ein geringer Theil von brauner Farbe
bleibt flüssig und steht obenauf. 20 Proc. Mohnöhl, zu Mandelöhl gesezt, verhindern
das Festwerden fast ganz, indem der größere Theil flüssig bleibt und eine braune
Farbe besizt.
Castoröhl wird durch das saure salpetersaure Queksilberoxyd sehr langsam fest, indem
es zum vollständigen Erstarren zwei oder drei Tage erfordert; aber binnen acht oder
zehn Tagen wird es so hart wie auf dieselbe Weise behandeltes reines Olivenöhl und
hat einen eigenthümlichen Geruch. Da weder Poutet noch
Felix Boudet Untersuchungen hinsichtlich der Wirkung des
sauren salpetersauren Queksilberoxydes oder der salpetrigen Säure auf Fischthrane
angestellt haben, so nahm ich die folgenden sowohl als die vorhergehenden im Julius
und August 1834 vor.
120 Gr. Delphinthran von blasser citronengelber Farbe, der
fast einen so geringen
Fischgeruch wie Wallrathöhl besaß, wurden mit 10 Gr. saurem salpetersaurem
Queksilberoxyd in einem Fläschchen von einer halben Unze gemischt und häufig
geschüttelt, nach Poutet's Verfahren. In einigen Minuten
nahm er eine milchweiße Farbe an, wurde binnen drei Stunden fest, und war binnen 24
Stunden so fest und hatte beinahe dieselbe Farbe wie auf dieselbe Weise behandeltes
reines Olivenöhl.
10 Proc. Rapsöhl zum Delphinthrane gesezt und mit saurem salpetersaurem
Queksilberoxyd behandelt, machten ihn weicher und gaben ihm mehr eine Orangefärbung.
Das Anzeichen ist aber nicht bestimmt genug, um als Probe von einigem Nuzen zu seyn,
ohne zum Vergleich einen Versuch mit reinem Delphinthrane anzustellen.
Wallfischthran kann jedoch mit mehr Gewißheit entdekt werden. Ich fand, daß 10 Proc.
Wallfischthran, mit Delphinthran gemischt, das völlige Erstarren hindern, daß ein
Theil des Thranes flüssig bleibt, und daß der Rest weicher und brauner ist, als auf
dieselbe Weise behandelter reiner Delphinthran.
Wallrathöhl nimmt binnen ein oder zwei Tagen die Consistenz von dikem Honig beim
Zusezen von saurem salpetersaurem Queksilberoxyd an und erhält eine Orangefarbe,
wenn das Oehl blaß ist; hat es aber eine dunkle Farbe, so wird es bräunlich.
20 Gr. Rapsöhl wurden mit 80 Gr. Wallrathöhl von blasser Farbe gemischt und mit 1/12
saurem salpetersaurem Queksilberoxyd behandelt; es erstarrte nicht völlig, indem ein
sehr kleiner Theil flüssig blieb, während das Ganze eine dunkelrothbraune Farbe
annahm. Das Wallrathöhl wird sehr häufig zum Einschmieren der Maschinen gebraucht,
und erzeugt bei seiner Verfälschung mit Rapsöhl, was außerordentlich häufig
geschieht, sehr nachtheilige Folgen. Es ist daher von hoher praktischer Wichtigkeit,
diese Verfälschung zu entdeken. Aber das saure salpetersaure Queksilberoxyd kann
nicht als hinlänglich genau in seinen Anzeichen betrachtet werden.
Wallfischthran, Stokfischthran und blasser Robbenthran.
Diese Thrane wurden jeder besonders in Fläschchen von einer halben Unze mit 1/12
saurem salpetersaurem Queksilberoxyd behandelt, und es ergab sich, daß es auf alle
diese Thrane eine sehr ähnliche Wirkung äußerte, daß es nämlich das Erstarren eines
kleinen Theiles Thran bewirkt, welcher eine schmuzige Orangefarbe erhält und in dem
Fläschchen zu Boden fällt, während der Ueberrest seine flüssige Beschaffenheit
beibehält und eine dunkelbraunrothe Farbe annimmt. Diese lezteren Versuche wurden
ursprünglich vor mehreren Jahren vorgenommen, in der Absicht, Anzeigen zur Entdekung
der Verfälschung dieser Thrane mit Leinöhl aufzufinden, welche damals in Glasgow in großer Ausdehnung
betrieben wurde, wodurch diese bei der Seifenbereitung bedeutend an Güte verloren.
Ich fand jedoch, daß das saure salpetersaure Queksilberoxyd auch nicht das geringste
Anzeichen gab; denn seine Wirkung auf Leinöhl hat mit der auf die erwähnten
Fischthrane große Aehnlichkeit.
Folgende Versuche wurden damals angestellt, um eine Probe für die Anwesenheit von
gemeinem käuflichem Leinöhl aufzufinden. Gleiche Volumina Alkohol von 0,815 spec.
Gew. und von Leinöhl wurden zusammen in einem Fläschchen gemischt und einige Minuten
lang gehörig geschüttelt. Der Alkohol schied sich in kurzer Zeit von dem Oehle ab
und nahm eine grünlichgelbe Farbe von beträchtlicher Intensität an. Um mich zu
überzeugen, daß andere fette Oehle Anzeichen von einer ähnlichen Art gäben,
unterwarf ich folgende, aus den besten Quellen bezogene derselben Behandlung: vier
Varietäten Olivenöhl von Gallipoli, aus der Levante, Calabrien und Sicilien, auch
Rapsöhl, Mandelöhl, Wallrathöhl, Delphinthran, Wallfischthran, Stokfischthran und
blassen Robbenthran. Keiner von diesen Körpern theilte jedoch dem Alkohol eine
merkliche Farbe mit. Dagegen gaben 10 Proc. Leinöhl, zu Wallfischthran zugesezt, dem
Alkohol eine sehr merkliche grünlichgelbe Farbe. Dieses Verfahrens bediente ich mich
in einem oder zwei Fällen zu praktischen Zweken, um die Verfälschung von
Wallfischthran mit Leinöhl zu entdeken. Ich muß noch erwähnen, daß das bei diesen
Versuchen angewandte Leinöhl von der bräunlichgelben Varietät war, die in Schottland
allgemein zu Handelszweken benuzt und immer zur Verfälschung von Fischthranen
angewendet wird. Es gibt auch eine blaßgelbe Varietät von Leinöhl, welche sehr
selten zu finden ist, und die bloß in sehr geringer Menge gebraucht wird, die aber
nicht dieselben genauen Anzeichen mit Alkohol wie das bräunlichgelbe Oehl gibt.
Ich fand jedoch unlängst ein Exemplar von Wallfischthran, der für ächt ausgegeben
wurde, welcher dem Alkohol eine etwas bräunliche Farbe ertheilte.
––––––––––
Zusaz. Die Society of Arts
forderte Dr. Fyfe auf, ihr
über die vorstehende Methode einen Bericht zu erstatten. Dieser sah sich daher
veranlaßt, nicht nur zu untersuchen, ob die vorgeschlagene Probe gut ist, sondern
auch, ob in diesem Falle irgend ein Mittel ergriffen werden könne, um die Probe ganz
unwirksam zu machen. Dr. Davidson benuzt bei seiner Probe, welche bloß auf Leinöhl, als Mittel zur
Verfälschung angewendet wird, Alkohol von 0,815 spec. Gew., welcher beim Schütteln
mit diesem Oehle eine gelblichgrüne Farbe annimmt. Dr.
Fyfe fand, daß dieß wirklich der Fall ist, und daß, wie es angegeben
wird, der Alkohol sich nicht färbt, wenn er mit anderen Oehlen, wie Robbenthran,
Wallfischthran u.s.w. geschüttelt wird; daß 1/10 Leinöhl, mit den anderen gemischt,
dem Alkohol die gelbliche Farbe gibt, so daß man die Probe als ein Anzeichen von der
Anwesenheit des Leinöhls, selbst wenn es nur in geringer Menge vorhanden ist,
betrachten kann. Obgleich das Verfahren aber unter gewissen Umständen als eine Probe
dient, sagt Fyfe, so können wir doch kein Vertrauen in
dasselbe sezen; denn wenn das Oehl zuvor mit ein wenig Chlorkalk gemengt wird, wie
dieß Dr. Davidson bei
Entfärbung des Palmöhls empfiehlt, so nimmt der Alkohol, obgleich die Farbe nicht
zerstört wird, doch keine Färbung an. Als man auf diese Art mit Chlorkalk
behandeltes Oehl im Verhältnisse von 1/4 und 1/3 mit anderen Oehlen vermischte,
färbte die Mischung den Alkohol nicht und das Oehl selbst ertheilte beim Schütteln
mit Alkohol demselben keine Farbe. Obgleich man nun einerseits schließen kann, daß
ein Oehl verfälscht ist, wenn beim Schütteln desselben mit Alkohol lezterer eine
gelblichgrüne Farbe annimmt, so ist es doch andererseits keineswegs ein sicherer
Beweis, daß keine Verfälschung stattfindet, wenn der Alkohol sich nicht färbt.