Titel: | Die prismatische Holzbahn; von Carl Wrangel von Hübenthal. |
Autor: | Carl Wrangel Huebenthal |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XXXIX., S. 164 |
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XXXIX.
Die prismatische Holzbahn; von Carl Wrangel von
Huͤbenthal.
Huͤbenthal's prismatische Holzbahn.
Statt der kostspieligen Eisenbahn habe ich für Rußland eine Holzbahn in Vorschlag
gebracht, die jene vollkommen entübrigen läßt. Es bestehet diese Bahn aus zwei
Reihen Geleisen von vertical stehenden behauenen Pfählen, die auf ihren
Vereinigungsflächen hemisphärische Vertiefungen haben, zur Aufnahme von Kugeln
gleichen Durchmessers, durch welche die Pfähle in der bestimmten Lage erhalten
werden. Der aus der Erde hervorragende Theil dieser Pfähle ist zu einem Prisma
angehauen, gehörig geebnet und getheert. Auf dessen Prismen laufen die metallenen
Räder des Locomotivs, die, damit sie nicht aus dem Geleise weichen, in ihrem ganzen
Umkreise einen dem Prisma entsprechenden Einschnitt haben.
Eine solche Bahn, die in nicht ganz holzarmen Gegenden weit wohlfeiler als eine gewöhnliche
Chaussee zu stehen kommt, kann bei gehöriger Unterhaltung eine lange Reihe von
Jahren eben das leisten, was die kostbarste Eisenbahn nur zu leisten vermag. Kein
Bedenken also zu ihrer allgemeinen Einführung. – Und so hätte denn
Deutschland das Vergnügen, den alten Hundssteg, der vor Jahrhunderten schon in den
Bergwerken am Harze bekannt war, von Rußland aus unter veränderter Gestalt wieder
auftauchen zu sehen.30) Das Locomotiv dieser Bahn soll nicht mit Wasserdampf, sondern durch gepreßte
Luft in Bewegung gesezt werden.
Zu dem Ende werden zwei Reihen von Luftpumpen mit umgekehrten Ventilen vermittelst
eines gezähnten Cylinders, der in die Zahnstangen der Pumpen eingreift, in
Thätigkeit gesezt, wodurch dem Recipienten die nöthige Quantität gepreßter Luft
zugeführt wird. Durch das theilweise Ausströmen der gepreßten Luft wird ein
Pumpenstok gehoben und dadurch ein mächtiger Hebel in Bewegung gesezt, der die
fortwährende Schwingung des Rades besorgt. Die Kraft dieser Maschine richtet sich
nach der Zahl der dabei angebrachten Luftpressen, und kann daher bis zur
schwindelnden Höhe gesteigert werden. Zur Ehre Otto von Görikes, dem bekannten Erfinder der Luftpumpe und der Windbüchse, habe ich
diese Maschine den Görike'schen Hebel benannt, und
verspreche mir von ihr, daß sie mit der Zeit, wenn auch nicht die Dampfmaschine
verdrängen, doch das weltansprechende Problem: wie ist die erstaunliche Consumtion
des Brennmaterials bei dem gegenwärtigen Maschinenwesen zu beseitigen? lösen
werde.