Titel: | Ueber den Vorschlag des Obristen Anossov, den goldhaltigen Sand durchs Schmelzen zu bearbeiten. |
Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. XCIII., S. 462 |
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XCIII.
Ueber den Vorschlag des Obristen Anossov, den goldhaltigen
Sand durchs Schmelzen zu bearbeiten.Wir haben schon im polyt. Journal Bd. LXV. S.
467 eine Notiz uͤber das von Hrn. Anossov angewandte Verfahren das Gold
aus dem Sand auszuziehen, mitgetheilt; die Wichtigkeit des Gegenstandes
veranlaßt uns aber Ausfuͤhrlicheres daruͤber aus einer in dem
russischen Bergwerks-Journal Nr. 7, 1837, erschienenen und
in Karsten's und Dechen's Archiv fuͤr Mineralogie, Bergbau
etc. Bd. XI. S. 400 uͤbersezten Abhandlung
nachzutragen. A. d. R.
Anossov's Vorschlag den goldhaltigen Sand durchs Schmelzen zu
bearbeiten.
Zu welchem Grade der Vollkommenheit auch das Auswaschen des Goldes gediehen seyn mag,
so hat es doch an sich selbst noch wesentliche Maͤngel, wodurch ein
betraͤchtlicher Verlust an Gold entsteht. Dieß veranlaßte das kaiserlich
russische Corps der Bergingenieure, im Jahre 1835 unter andern den Befehlshaber der
Slatustorskischen Bergwerke, Obristen Anossov zu
beauftragen, mit den bis jezt bekannten Methoden der Bearbeitung des Sandes
verschiedene Versuche anzustellen, um sicher und zuverlaͤssig beurtheilen zu
koͤnnen, welche von diesen Verfahrungsarten am bequemsten und
vortheilhaftesten sey, und um einen Aufschluß daruͤber zu erhalten, wie viel
Verlust an Metall bei jeder dieser verschiedenen Verfahrungsarten Statt findet, auch
zugleich um den wirklichen Goldgehalt des Sandes zu ermitteln.
Zu diesem Behufe wurde festgesezt, ein gehoͤrig großes Quantum goldhaltigen
Sandes vermittelst des gewoͤhnlichen Auswaschens auf Gittern mit
Troͤgen, vermittelst sorgfaͤltigen Verwaschens auf kleinen
Waschherden, und endlich mittelst des mit Amalgamation verbundenen Verwaschens zu
bearbeiten. Zur Beurtheilung des Erfolges dieser verschiedenen Verfahrungsarten
sollte der wirkliche Goldgehalt verschiedener Saͤnde, sowohl der frischen als
der uͤber die Halde gestuͤrzten, vermittelst Koͤnigswasser auf
nassem Wege ermittelt werden. Diese Untersuchung sollte sich auch auf die Geschiebe
und Geroͤlle ausdehnen, um dadurch zu erfahren, welche von diesen Geschieben
zu den wirklichen Goldsaͤnden gehoͤren und welche kein Gold in sich
enthalten.
Diese im Jahre 1836 durch den Hrn. Obristen Anossov gemachten Versuche wurden in folgender Art
ausgefuͤhrt. Es wurden 10,000 Pud Sand von nicht reichem Gehalte aus dem
Nicolai-alexejewischen Bergwerke, welche feines Gold in sich enthalten,
angewendet. Nachdem dieser Sand mehreremale sorgfaͤltig durch einander gemengt worden, um einen
moͤglichst gleichen Goldgehalt desselben zu erlangen, wurde er in folgender
Ordnung bearbeitet:
1. 7000 Pud wurden auf gewoͤhnlichen Gittern mit Troͤgen
durchgewaschen, wodurch man 21 12/96 Solotnik Gold erhielt, welches einen Gehalt in
100 Pud Sand von 31 5/8 Theilen Gold gibt.1 Pud = 40 Pfund; 1 Pfd. = 32 Loth; 1 Loth = 3 Solotnik; 1 Solotnik = 96
Theile.
2. 500 Pud sorgfaͤltig in kleinen Waschherden verwaschen gaben 2 18/96
Solotnik, woraus sich ein Goldgehalt von 42 Theilen in 100 Pud ergibt, folglich von
10 5/8 Theilen mehr als bei dem vorhergegangenen Versuche.
3. 2409 Pud durchs Verwaschen mit Amalgamation vereinigt bearbeitet gaben 49 62/96
Solotnik Gold aus den Amalgamen und aus den Pochkaͤsten, also in 100 Pud 2
8/96 Solotnik, oder 7 Mal mehr als durchs gewoͤhnliche Waschen im Großen
ausgebracht worden.
4. 100 Pud von Haldensaͤnden mit Amalgamation bearbeitet gaben 4 33/96
Solotnik Gold, folglich einen Gehalt in 100 Pud von 42 2/3 Theilen; folglich erwies
sich derselbe bei diesem Versuche reicher als der frische Sand, welcher durch das
gewoͤhnliche Verwaschen bearbeitet wird.
5. 25 Pud von den Geschieben und Geroͤllen wurden durch nasses Pochen und
durch Amalgamation bearbeitet, wobei sich ergab, daß sie in 100 Pud 36 Theile Gold
enthalten.
6. Zulezt schritt man zu der Untersuchung auf nassem Wege. Zu diesem Behufe wurden 10
Pud, welche bei sorgsamem Verwaschen mit Haͤnden nur 42 Theile Gold in 100
Pud gegeben hatten, mehreremale durchgearbeitet. Von diesem Sande wurden dann
verjuͤngte Proben genommen und diese in Koͤnigswasser
aufgeloͤst. Nach der Aufloͤsung ward das Gold durch Eisenvitriol
niedergeschlagen und das auf dem Boden befindliche Pulver geschmolzen. Alle diese
Versuche gaben ein und dasselbe Resultat. Aus 10 Pfd. Sand erhielt man
naͤmlich 11 1/2 Theile Gold, welches den Gehalt in 100 Pud zu 47 22/96
Solotnik ergibt. Folglich enthaͤlt der Sand 131 Mal mehr Gold, als durchs
gewoͤhnliche Verwaschen daraus erhalten wird.
Nach einem so unerwarteten und wichtigen Resultate kam der Obrist Anossov auf den gluͤklichen Gedanken, daß, wenn
der Sand einen so hohen Gehalt an Gold besizt, das Schmelzen desselben die
vortheilhafteste Bearbeitung seyn muͤsse. Er schritt daher auch sogleich zu
den Versuchen mittelst des Schmelzens zuerst in kleinen Tiegeln mit Vermischung von
Kohlenpulver, und dann im Großen im Hohofen. Er vermuthete, daß das in dem Sande
befindliche Eisenoxyd
sich beim Schmelzen reduciren werde, und daß das Resultat der Schmelzarbeit
Guß- oder Roheisen seyn muͤsse, welches das im Sande befindliche Gold
vollstaͤndig aufnehmen wuͤrde. Das Gold aus diesem Gußeisen glaubte er
durch Behandlung mit Schwefelsaͤure zu gewinnen. Alle diese Voraussezungen
haben sich in der Wirklichkeit bestaͤtigt, und die gemachten Versuche gaben
folgende Resultate:
1. 10 Pfd. roher Sand gaben nach dem Schmelzen in Tiegeln mit Kohlenpulver und
Flußmittel in dem auf diese Weise erhaltenen Gußeisen 10 3/4 Theile Gold, welches
auf 100 Pud 37 1/2 Solotnik betraͤgt. Weil nun aus diesem Sande durch die
Wascharbeit aus 100 Pud nur 32 Theile Gold erhalten wurden, so folgt daraus, daß man
durchs Schmelzen 95 Mal mehr Gold als durchs gewoͤhnliche Verwaschen
ausbringt.
2. Diese Versuche wurden nun im Großen weiter verfolgt. Der Obrist Anossov ließ 2818 Pud Sand, dessen Goldgehalt durch die
Wascharbeit zu 3/4 Sol. in 100 Pud ermittelt war, im Hohofen in einer Zeit von 6
Tagen durchschmelzen und erhielt 50 Pud goldhaltigen Gußeisens, mit einem Gehalte im
Pud nach der Probe von 11 4/96 Sol. Gold. Es waren folglich in dem Quantum von 50
Pud 6 Pfd. 7 33/96 Sol. Gold enthalten, welches auf 100 Pud Sand 21 Sol. Gold gibt.
Waͤren jene 2818 Pud Goldsand durchs gewoͤhnliche Verwaschen
bearbeitet worden, so wuͤrde man aus denselben nur 21 12/96 Sol. Gold
erhalten haben. Hieraus ergibt sich, daß durchs Schmelzen der Saͤnde im
Hohofen 28 Mal mehr Gold ausgebracht wird, als durchs gewoͤhnliche Waschen.
Das Schmelzen dieses Sandes im Hohofen wurde auf die naͤmliche Art betrieben,
wie das Schmelzen des Eisens aus den Eisenerzen. Zu diesen 2818 Pud wurden 185 Koͤrbe Kohlen verbraucht.
3. Hierauf wurden Versuche mit Verschmelzung des Sandes in einem Schachtofen zum
Kupfererzschmelzen auf der Miaskischen Huͤtte angestellt. Diese Versuche
dauerten 6 Tage, und in dieser Zeit wurden 693 Pud Sand und 152 Pud Flußmittel, im
Ganzen 845 Pud, durchgeschmolzen. Zu dieser Quantitaͤt verbrauchte man 48
Koͤrbe Kohlen. Das Ausbringen bestand aus 19 Pud 17 1/2 Pfd. goldhaltigem
Roheisen, mit einem Goldgehalte im Pud nach der fruͤher erhaltenen Probe:
naͤmlich in der oberen Schichte 32 7/96 Sol., in der unteren 22 1/2 Sol. Wenn
man diesen lezten Gehalt als den Durchschnittsgehalt annimmt, so folgt, daß das
ganze Quantum Gußeisen 4 Pfd. 53 Sol. Gold enthaͤlt. Waͤren die 693
Pud Sand durchs Verwaschen bearbeitet worden, so wuͤrde man aus denselben nur
5 Sol. erhalten haben, folglich erhielt man beim Verschmelzen 87 Mal mehr Gold, als
durch das Verwaschen des Sandes.
4. Das goldhaltige Gußeisen wurde von Hrn. Anossov bis jezt vermittelst der Schwefelsaͤure
bearbeitet.
Weitere Versuche werden zeigen, was man im Großen von der neuen Verfahrungsart zu
erwarten hat.