Titel: | Beschreibung des Kettengebläses auf der Silbernaaler Frischhütte bei Klausthal; von Dr. Adolph Poppe jun. |
Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LXXXVII., S. 448 |
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LXXXVII.
Beschreibung des Kettengeblaͤses auf der
Silbernaaler Frischhuͤtte bei Klausthal; von Dr. Adolph Poppe
jun.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Poppe's Beschreibung eines Kettengeblaͤses.
Im Jahre 1837 hatte ich Gelegenheit, in der Silbernaaler Frischhuͤtte bei
Klausthal das von dem beruͤhmten kurhessischen Oberbergrathe Henschel erfundene Kettengeblaͤse in Thaͤtigkeit zu sehen. Ich erlaube wir,
nachstehenden Bericht uͤber die naͤheren
Dimensionsverhaͤltnisse dieser Maschine, deren Angabe ich der
Gefaͤlligkeit des Hrn. Maschinendirectors Muͤhlenpfordt in Klausthal verdanke, nebst
einer beigefuͤgten Effectberechnung hier mitzutheilen.
Die Einrichtung der Maschine ist folgende. A, Fig. 15, ist
ein mit Eisen geschientes Leitrad von 6' Durchmesser, welches in einer Hoͤhe
von 19' uͤber dem Wasserreservoir D, D auf dem
Balken L in dem Zapfenlager M laͤuft. Um dieses Rad geht eine eiserne Kette ohne Ende B, B mit 43 in gleichen Distanzen von einander
abstehenden Kolben, welche auf der einen Seite durch die nach der Linie der
freihaͤngenden Kette gekruͤmmte Roͤhre C gefuͤhrt ist. Leztere steht auf dem Windkasten E.
Die Kolben p, p, welche auch Fig. 16 von der oberen
und Fig. 17
von der unteren Seite dargestellt sind, bestehen aus einem cylindrischen eisernen
Ringe von 1' 8'' Durchmesser, 2'' 6''' Hoͤhe und 6''' Dike, uͤber
welche kreuzweise zwei geschmiedete Stege (Fig. 17) gehen, worauf
zwei halbrunde, um Charniere bewegliche Klappen ruhen. Leztere bestehen aus
Eisenblech von 2 bis 3 Linien Staͤrke, und sind in Fig. 15 durch die
Buchstaben s angedeutet. Sie fallen beim Eingang in die
Roͤhre C auf den Kolben, und bieten dem
Aufschlagwasser, welches bei H in die Roͤhre
fließt, eine Drukflaͤche dar, beim Aufsteigen dagegen schlagen sie sich durch
ihr eigenes Gewicht zuruͤk und haͤngen frei an den Charnieren herab.
In der Mitte der Kolben sind die Ringe q, q, deren
Staͤrke 1'' betraͤgt, an beiden Seiten angebracht, damit die Kolben
durch die eben so starken Haken r, r mit einander
verbunden werden koͤnnen.
Das Leitrad A ist an seinem Umfange mit 1'' starkem Eisen
geschient, und mit einer Rinne versehen, die der Kette zur Spur dient. Die
Roͤhre C ist 13' 9'' hoch und besizt 20'' innere
Weite; sie ist aus 10 einzelnen Cylindern zusammengesezt, um sie genau nach der
Kettenlinie bilden zu koͤnnen. Das Wasserreservoir D,
D ist 8' 4'' breit und 6' 7'' hoch; der Windkasten E, worauf die Roͤhre C steht, ist 2' 2
1/2'' hoch und 3' 9'' breit, und steht auf dem Querbalken U des
Geruͤstes G, G. Durch das eiserne Rohr F stroͤmt der Wind aus.
Die Wirkung der Maschine ist folgende. Aus dem Zuflußgerinne H stroͤmt das Wasser in die Roͤhre C auf die Kolben, und sezt die Kette nach der durch Pfeile angedeuteten
Richtung in Bewegung. Der Raum zwischen zwei Kolben kann sich jedoch nicht ganz mit
Wasser fuͤllen, sondern ein Theil Luft sinkt mit in die Roͤhre hinab
und wird, sobald die Kolben aus der lezteren in den Windkasten E treten, von der im Reservoir stehenden
Wassersaͤule gegen den Boden des Windkastens gedruͤkt, welcher ihr
sofort durch das Windrohr F einen Ausweg
gewaͤhrt.
Das Kettengeblaͤse gibt einen sehr großen Effect, weil die Umtriebsmaschine
zugleich auch die ausuͤbende ist, und liefert einen gleichmaͤßigen,
keiner weiteren Regulation beduͤrfenden Windstrom. Seine Unterhaltungskosten
moͤgen indessen wegen der vielen beweglichen Theile nicht unbedeutend seyn.
Angenommen, die Kette mache 2 Umgaͤnge in einer Minute, und die Hoͤhe
des Aufschlagwassers sey h = 10'', seine Breite b = 9'', so laͤßt sich unter Beibehaltung obiger
Dimensionen die Windmenge, welche das Geblaͤse in einer Minute liefert, auf
folgende Weise berechnen. Das theoretische Ergebniß fuͤr die in einer Secunde
ausfließende Wassermenge ist
M = 7,9 √h . ⅔
b.h = 7,9 √h³ . ⅔ . b
und wenn man obige Werthe fuͤr h und b substituirt,
M = 7,9 √1000 . 6 = 1497,8 Kubikzoll.
Nimmt man nach Eytelwein den
Contractions-Coefficienten zu 5/8 der theoretischen Wassermenge an, so
folgt:
M = 936,12 Kubikzoll Aufschlagwasser pro Secunde.
Da die Kette 43 Kolben hat und in 30 Secunden einen Umgang
macht, so kommt auf jeden Kolben in 1 Secunde der 30/45 Theil jener 936,12 Kubikzoll
Aufschlagwasser, mithin 653,1 Kubikzoll.
Fuͤr den Inhalt der Roͤhre, deren Laͤnge 165'' und Durchmesser
20'' betraͤgt, ergeben sich, nach der bekannten Formel r²πh, 29,9 Kubikfuß. In
der Roͤhre sind 10 Kolben, wovon jeder 42 Pfd. wiegt, deren Rauminhalt von
dem Inhalte der Roͤhre abgezogen werden muß, wenn man den Raum finden will,
welchen Wasser und Luft in der Roͤhre einnehmen. Da das Gewicht der 10 Kolben
470 Pfd. betraͤgt, und 1 Kubikfuß Eisen 370 Pfd. wiegt, so ist der Inhalt
saͤmmtlicher, in der Roͤhre befindlicher Kolben = 1,1 Kubikfuß. Mithin
bleiben fuͤr Luft und Wasser 28,8 Kubikfuß. Von diesem Resultate muß nun, um
das in der Roͤhre befindliche Luftquantum zu erhalten, der Inhalt des
Aufschlagwassers fuͤr jene 10 Kolben abgezogen werden. Auf einen Kolben kommen 653,1
Kubikzoll, folglich auf alle zusammen 6531 Kubikzoll = 3,7 Kubikfuß Wasser. Dieß von
dem Reste 28,8 abgezogen, bleiben 25,1 Kubikfuß Luft. Wenn nun 10 Kolben 25,1
Kubikfuß Luft mit sich fuͤhren, so nehmen alle 43 Kolben 107,9 Kubikfuß
waͤhrend eines Umganges der Kette auf, mithin liefern sie bei zwei
Umgaͤngen, oder in einer Minute 215,8 Kubikfuß Luft.