Titel: | Instruction für Knallqueksilber-Fabrikanten; von Gaultier de Claubry. |
Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XV., S. 46 |
Download: | XML |
XV.
Instruction fuͤr
Knallqueksilber-Fabrikanten; von Gaultier de Claubry.
Aus den Annales d'Hygiène publique. April 1838,
S. 260 im polytechn. Centralblatt 1838, Nr. 33.
Gaultier's Instruction fuͤr
Knallqueksilber-Fabrikanten.
Wir haben zwar bereits im polyt. Journal Bd. LXI.
S. 191 einen Aufsaz von Chevallier uͤber
die Vorsichtsmaßregeln bei der Knallpulver-Fabrication mitgetheilt; indessen
war Chevallier's Absicht hauptsaͤchlich auf die
Condensationsapparate fuͤr die Daͤmpfe gerichtet, und daher wurden
alle uͤbrigen Maßregeln nur kurz historisch erwaͤhnt. Die Mittheilung
der in hoͤherem Auftrage verfaßten Instruction von Gaultier de Claubry wird daher nicht uͤberfluͤssig seyn,
obgleich auch sie mehreres Wesentliche, naͤmlich Disposition und Bauart der
Gebaͤude und Fabricate, Alter der Arbeiter u.s.w. nicht beruͤhrt. In
diesen Beziehungen bitten wir, den Chevallier'schen
Aufsaz wieder zu vergleichen.
Die Aufloͤsung des Queksilbers soll in einer glaͤsernen Retorte mit
kurzem Halse, welche nur zu 2/3 mit Fluͤssigkeit gefuͤllt ist, unter
einem gut ziehenden Kamine oder im Freien bei maͤßiger Waͤrme
geschehen. Das gewoͤhnliche Quantum von 750 Grammen Queksilber und 9 Kilogr.
Salpetersaͤure vertheilt man nach dem Abkuͤhlen nach geschehener
Aufloͤsung in fuͤnf glaͤserne Retorten, und gibt in jede von
diesen 8–10 Liter Alkohol von 36°. Sobald die Reaction (welche uͤbrigens bald
sogleich, bald erst nach gelinder Erwaͤrmung eintritt) voruͤber ist,
keine Daͤmpfe mehr sich entwikeln und die Fluͤssigkeit sich durch
Absezen des Knallpulvers aufgehellt hat, trennt man die Mutterlauge vom Absaze,
vertheilt diesen in zwei Retorten, wo sich noch etwas Fluͤssigkeit
ausscheidet, und waͤscht dann das Ganze in einem hoͤlzernen
Gefaͤße durch Decantation mit Wasser aus. Bei der Behandlung mit Alkohol sind
die fruͤher erwaͤhnten Condensationsapparate fuͤr die
Daͤmpfe anwendbar. – Das gesammelte Knallqueksilber wird in einem
Gefaͤße von weißem, moͤglichst ast- und fehlerfreiem Holze
unter Wasser aufbewahrt. Der Dekel dieses Gefaͤßes besteht aus einem
Stuͤk schwarzer, uͤber einen Reifen gespannter Wachsleinwand von der
Groͤße, daß die glatte Wachsleinwandflaͤche die Raͤnder des
Gefaͤßes beruͤhrt. Anhangende Theilchen von Knallqueksilber lassen
sich von dieser glatten Flaͤche mit einem feuchten Schwamme entfernen.
Namentlich beim Auskehren muß man fuͤr sorgfaͤltige Bedekung der
Gefaͤße Sorge tragen, damit keine harten Koͤrnchen oder dergleichen
hineinfallen.
Die Mengung des Knallqueksilbers mit Salpeter geschieht folgender Maßen: man
pulverisirt den Salpeter fein, feuchtet ihn gelind an und breitet ihn auf einer
polirten Tafel von schwarzem Marmor aus; nun thut man mit hoͤrnernen oder
hoͤlzernen Loͤffeln allmaͤhlich das Knallqueksilber (2 Theile
auf 1 Theil Salpeter) hinzu, mengt es mit dem Salpeter und vollendet zulezt die
Mengung mit Walzen oder Reibern von Buchsbaumholz (nicht weichem Holze, von dem sich
leicht Fasern abtrennen). Da hiebei auf die Beachtung des Drukes und des
Feuchtigkeitgrades Alles ankommt, so ist dieser Theil der Arbeit nur den
erfahrensten und vorsichtigsten Arbeitern anzuvertrauen. Das fertige Gemenge wird
mit dem Hornloͤffel von der Tafel genommen und diese dann mit einem Schwamm
abgewaschen, den man darauf in einem Kuͤbel unter Wasser mehrmals
sorgfaͤltig ausdruͤkt. – Beim Herausnehmen des Knallqueksilbers
aus dem Aufbewahrungsgefaͤße muß man sich huͤten, den Vorrath von
Wasser zu entbloͤßen und an den Wanden haͤngen gebliebene Theile mit
dem Schwaͤmme zuruͤkspuͤlen.
Bei allen diesen Operationen erhaͤlt man Abfalle zweierlei Art, staubige (pulvérin) und koͤrnige (grainettes). Leztere kann man natuͤrlich nicht
zerreiben; um sie jedoch wieder zu benuzen, verfaͤhrt man auf folgende Art:
Man befeuchtet eine gut glasirte irdene Schuͤssel, bringt eine Lage feuchten
Knallpulverbrei hinein, darauf Staub, dann koͤrnige Abgaͤnge und
zulezt wieder Brei, so daß die Schuͤssel halb voll wird; so laͤßt man
Alles 24 Stunden stehen und wendet und mengt es dann gehoͤrig mit einem
Hornloͤffel.
Der feuchte Knallpulverbrei (von dem man uͤberhaupt nie mehr, als gerade
noͤthig ist, auf ein Mal im Arbeitslocale vorraͤthig haben soll) wird
auf Papierbogen ausgebreitet und in der Trokenstube (von deren Einrichtung weiter
unten) etwas abgetroknet.
Es folgt nun das Koͤrnen des Pulvers, eine sehr gefaͤhrliche Arbeit, da
ein theilweises Zutrokenseyn, eine zu starke Reibung, ein Fallenlassen des Siebes
u.s.w. Explosionen veranlassen koͤnnen. Man nimmt sie am besten uͤber
einem mit Wollenzeug und daruͤber mit schwarzer Wachsleinwand
uͤberzogenen Tische vor, und mit Haarsieben, deren unterer Rand mit einer
mindestens 1 Millimeter diken Bleiplatte uͤberzogen ist (wie man denn alle
Flaͤchen, welche auf Knallpulver einen Stoß ausuͤben oder aufweichen
Knallpulvertheilchen zerdruͤkt werden koͤnnten, wie z.B. die
Fußboͤden, zwekmaͤßig mit Blei uͤberzieht). Man siebt nur sehr
wenig Pulver auf ein Mal und zieht das Sieb zwischen jeder Operation durch Wasser.
Das gekoͤrnte und mit Staub gemengte Pulver schuͤttet man in
Blechbuͤchsen, deren saͤmmtliche Eken innerlich mit
Ausfuͤllungen (congés) versehen sind,
damit sich nichts festsezen kann. Gut ist es, diese Buͤchsen innerlich mit
Staniol zu uͤberleimen und den Rand des Dekels mit Blei zu
uͤberziehen. In den Buͤchsen schuͤttelt man das Pulver etwas,
damit die Koͤrner fester werden.
Nun breitet man das Pulver auf grauem Papiere in flachen, weichhoͤlzernen
Kasten aus, welche man in die Trokenstube stellt. Auf die hoͤchste Etage des
Trokengeruͤstes darf nichts gestellt werden, damit nicht etwa von der Deke
fallender Kalk oder dergl. das Pulver treffen koͤnne; am besten
uͤberzieht man Waͤnde und Deken mit hoͤlzernem
Taͤfelwerk oder mit Oehlfarbe, Bitumen, oder endlich mit Stuk. Hier, so wie
im Magazine, soll nichts so hoch gestellt werden, daß man es nicht, ohne auf einen
Tritt oder Stuhl zu steigen, erreichen koͤnnte.
Die Aufbewahrung des getrokneten und durch abermaliges Sieben vom Staube getrennten
Pulvers geschieht in Flaschen (welche mittelst eines Papiertrichters gefuͤllt
werden). Die Flaschen halten nicht uͤber 5 Kilogr.; sie sind mit Binsen und
zulezt mit Leder umgeben.
Dasjenige Pulver, welches zum Fuͤllen der Zuͤndhuͤtchen bestimme
wird, kommt aus dem Magazine in ebenfalls mit Binsen uͤberzogene Flaschen,
welche jedes Mal nur die fuͤr den Bedarf erforderliche Quantitaͤt
enthalten. Das Umfuͤllen geschieht natuͤrlich nicht im Magazine,
sondern, nach geschlossener Magazinthuͤre, vor derselben auf mit Wollenzeug
und schwarzer Wachsleinwand uͤberzogenen Tafeln. Im Fuͤllungsatelier
fuͤr die Zuͤndhuͤtchen werden die Flaschen nicht auf den Boden, sondern in
gepolsterte und mit Leder uͤberzogene Kapseln gestellt.
Bei der Fuͤllung selbst ist zu beruͤksichtigen, daß alle Tafeln, an
welchen die Huͤtchen von Weibern mit dem Pulver gefuͤllt werden, so
wie der ganze Fußboden des Ateliers mit einer Bleiplatte uͤberzogen seyn
muͤssen, daß kein Feuer in dem Raͤume angemacht werden kann, und daß
die groͤßte Reinlichkeit beobachtet wird. Kein Arbeiter darf sich so stellen,
daß er in die Richtung der Presse kommt, unter welche die gefuͤllten
Huͤtchen gebracht werden.
Fuͤr das Verpaken, Aufbewahren und Versenden der Zuͤndhuͤtchen
gelten noch folgende Regeln: man verpake die Huͤtchen in Schachteln, und die
Schachteln in Kisten so, daß keine Flucht Statt findet; die Kisten werden mit einem
Felle ausgelegt. Im Magazine zerstreut man nicht etwa die einzelnen Kistchen in alle
Theile des Raumes, sondern man vereinigt sie in große, mit Rollen und Handhaben
versehene Kisten, welche bei Feuersgefahr rasch entfernt werden koͤnnen. Die
Dekel dieser Kisten sind mit Leder oder Tuch garnirt und werden mittelst Rollen
gehoben. Transportirt duͤrfen nur fertige Huͤtchen, nie Pulver werden.
Der Transport der Huͤtchen geschieht in Kisten, welche natuͤrlich
keine anderen Gegenstaͤnde enthalten duͤrfen, und aͤhnlich wie
die oben beschriebenen eingerichtet, auch mit Schaffell gefuͤttert sind. Das
Fell muß jedoch nicht festgemacht seyn, damit man es herausnehmen und das
sizengebliebene Pulver entfernen koͤnne. Die uͤbrigens existirenden
polizeilichen Vorschriften sind bekannt.