Titel: Ueber das von Hrn. Hutchison verbesserte Bett oder Lager für die zur Leuchtgas-Fabrication bestimmten Retorten.
Fundstelle: Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LXXXI., S. 466
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LXXXI. Ueber das von Hrn. Hutchison verbesserte Bett oder Lager fuͤr die zur Leuchtgas-Fabrication bestimmten Retorten. Aus dem Mechanics' Magazine, No. 671. Mit Abbildungen auf Tab. VII. Hutchison's verbesserte Retortenbett. Unter den zahlreichen Geraͤthschaften und Maschinerien, deren man sich bei der Leuchtgas-Fabrication bedient, hat wohl nicht leicht eine so viele Veraͤnderungen erlitten, wie die Retorte. Jede moͤglicher Weise anwendbare Form wurde probirt, und nicht unbedeutende Summen wurden innerhalb der lezten 20 Jahre auf Patente verwendet, die lediglich die Sicherung der einen oder der anderen dieser Formen, von der man Erleichterung oder Ersparniß bei dem Verkohlungsprocesse erwartete, bezwekten. Namen, die in wissenschaftlicher Hinsicht hoch stehen, lassen sich unter denen auffuͤhren, die auf diese Weise ihre Talente und ihr Geld vergeudeten. Haͤtte man anstatt sich mit dem Auffinden neuer Formen abzumuͤhen, lieber auf Ausmittelung der geeignetsten Methode die Retorten zu stellen und unterzubringen gedacht, so waͤre man in der Gaserzeugung gewiß schon um Vieles weiter. Hr. Hutchison hatte schon vor der Errichtung der großen Gaswerke in Vauxhall gefunden, daß das große Feld fuͤr Verbesserungen nicht in den Retorten selbst, sondern in der Art sie in dem Ofen zu stellen und zu ordnen gelegen sey. Von dieser Ansicht ausgehend wagte er eine kuͤhne, seiner Zeit fuͤr unuͤberlegt gehaltene Neuerung in dem seit 20 Jahren befolgten Systems, indem er 11 Retorten, von denen jede 4 Bushels Steinkohlen zu fassen vermochte, uͤber einem einzigen Ofen anbrachte. Der Versuch gelang, und hiedurch ward hergestellt, was er erwartete: naͤmlich die Moͤglichkeit, mit derselben Quantitaͤt Brennmaterial eine doppelt groͤßere Quantitaͤt Steinkohlen, als nach dem bisher uͤblichen Verfahren zu verkohlen. Hauptsaͤchlich, und man kann sagen, lediglich in Folge dieser Verbesserung war die Gasbeleuchtungs-Gesellschaft in Vauxhall gleich von ihrem Entstehen an im Stande, das Publicum mit besserem und dabei um 40 Proc. wohlfeilerem Leuchtgase zu versehen, als die aͤlteren Anstalten es vermochten. Bei der Einfuͤhrung des von Hrn. Hutchison erfundenen Retortenbettes geht auch nicht ein Atom der aus dem Ofen austretenden heißen Luft in die Atmosphaͤre uͤber; jedes Theilchen derselben wird vielmehr fuͤr den Verkohlungsproceß benuzt, waͤhrend an den fruͤher gebraͤuchlichen Retortenbetten die Haͤlfte der Waͤrme unmittelbar in den Hauptzug uͤberging, ohne irgend einen Nuzen gebracht zu haben. Die Thatsache, daß beinahe an allen Gaswerken eine Masse Hize, welche jaͤhrlich auf mehrere 1000 Pfd. angeschlagen werden kann, unbenuzt verloren geht, muß alle Gaswerksbesizer in Unruhe versezen, und gewiß wird man, nachdem ein Mal das Mittel gegen einen solchen Verlust gefunden ist, denselben in Kuͤrze nicht laͤnger mehr dulden. Ein anderer aus der Erfindung Hutchison's erwachsender Vortheil ist der, daß die Retorten laͤnger dauern. Das Eisen wird naͤmlich durch die Beruͤhrung, in welche es in gluͤhendem Zustande mit den erhizten Luftstroͤmen geraͤth, rasch zerstoͤrt, und diesem Uebelstande kann so lange nicht abgeholfen werden, als man bei dem gewoͤhnlichen Systeme, die Feuerzuͤge zu bauen, beharrt. Bei dem neuen Systeme verhaͤlt sich die Dauerhaftigkeit der Retorten zu jener bei dem aͤlteren Systeme, wie 4 zu 1. Hieraus erwaͤchst also eine bedeutende Ersparniß an Eisen; und wie bedeutend diese ist, mag man daraus abnehmen, daß die großen Gaswerke Londons jaͤhrlich 2000 bis 3000 Pfd. Sterl. auf Erneuerung der Retorten zu verwenden haben, waͤhrend sie bei Einfuͤhrung des neuen Systemes fuͤglich die Haͤlfte dieser Summe ersparen koͤnnten. Mehrjaͤhrige Erfahrung spricht bereits fuͤr das System des Hrn. Hutchison, welches gewiß allgemein eingeschlagen werden wird, wenn man ein Mal allwaͤrts damit bekannt geworden ist. In der in Fig. 23 gegebenen Zeichnung sind die Retorten c in Hinsicht auf den Ofen b so geordnet, daß sie saͤmmtlich einem gleichfoͤrmigen und unwandelbaren Grade von Hize ausgesezt sind. Die senkrecht und waagerecht von dem Ofen auslaufenden Zuͤge fuͤr die heiße Luft communiciren mit umlaufenden Zugcanaͤlen, welche die Retorten umgeben. Diese Zuͤge theilen wegen der kreisfoͤrmigen Richtung, in der sie an jeden Theil einer jeden Retorte gelangen, mit vollkommener Gleichfoͤrmigkeit all die Hize mit, die aus den verschiedenen Oeffnungen im Ofen entweicht. Die Temperatur wird auf diese Weise bestaͤndig vollkommen gleichmaͤßig erhalten, und mithin ist das erhizte Metall nicht laͤnger der zerstoͤrenden Wirkung der erhizten, durch den Ofen stroͤmenden Luft ausgesezt. Die Retorte ist, indem sie vollkommen mit Feuerzuͤgen umgeben ist, gleichfalls gegen die Beschaͤdigungen, die sonst aus der Einwirkung starker Luftzuͤge fuͤr sie erwachsen, geschuͤzt. Die Hize stroͤmt, nachdem sie durch die halbcylindrischen Laͤngengehaͤuse aus Mauerwerk, womit die unteren Retortenreihen umschlossen sind, gezogen, durch seitliche Oeffnungen, welche zu beiden Seiten an den Enden des Lagers in gleichmaͤßigen Entfernungen von einander angebracht sind; von hier aus steigen dann die beiden Luftzuͤge empor, um sich unmittelbar unter der Krone des Feuergewoͤlbes uͤber der oberen Retortenreihe mit einander zu vereinigen. Hier wird die Hize, indem sie unmittelbar mit diesem Gewoͤlbe in Beruͤhrung kommt, in die horizontalen Feuerzuͤge zuruͤkgeworfen, anstatt wie nach dem alten Principe durch den Schornstein zu entweichen.

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