Titel: | Ueber die Fabrication des Pariser-, Berliner- und Mineralblau; von J. G. Gentele, technischem Chemiker aus Michelbach an Hall. |
Autor: | Johan G. Gentele [GND] |
Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. LXXXIII., S. 453 |
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LXXXIII.
Ueber die Fabrication des Pariser-,
Berliner- und Mineralblau; von J. G.
Gentele, technischem Chemiker aus Michelbach an
Hall.
Gentele, uͤber die Fabrication des Pariser-,
Berliner- und Mineralblau.
Die Bereitungsart dieser drei Farben, welche sich eigentlich nur durch ihren
verschiedenen Gehalt an reinem blausauren Eisenoxydul-Oxyd von einander unterscheiden, ist
in der neuesten Zeit durch die Fortschritte, welche man in der Fabrikation des
eisenblausauren Kalis (Blutlaugensalzes) machte, auf wenige einfache Manipulationen
reducirt worden. Die ausfuͤhrliche Mittheilung derselben duͤrfte um so
interessanter seyn, da meines Wissens die Verfahrungsarten, welche die Fabrikanten
bei der Darstellung dieser Farben befolgen, noch nie veroͤffentlicht worden
sind, und man nach den in einzelnen Buͤchern zerstreuten Vorschriften (welche
meistens die unreine Blutlauge zur Faͤllung der Eisensalze empfehlen) weder
mit Vortheil arbeiten noch ein Product erzielen kann, welches mit den im Handel
vorkommenden Farben den Vergleich aushaͤlt.
I. Bereitung des
Pariserblau.
a) von den erforderlichen
Geraͤthschaften.
Die vorkommenden Arbeiten sind:
1) Das Aufloͤsen des eisenblausauren Kalis und des Eisenvitriols, wozu
zwei eiserne eingemauerte Kessel erforderlich sind, wovon jeder 800 Pfund Wasser
faßt.
2) Das Absezen der Aufloͤsungen und die Praͤcipitation. Hiezu
braucht man wenigstens zwei Absezstaͤndchen und ein Paar große
Praͤcipitirstanden; jene sind groß genug, wenn sie den ganzen Inhalt der
Kessel aufnehmen koͤnnen, diese aber muͤssen wenigstens acht Mal
so viel fassen und so wie jene mit mehreren in verschiedener Hoͤhe
angebrachten Abziehzapfen versehen seyn. Die Absezstanden werden so gestellt,
daß ihr Inhalt durch Schlaͤuche oder Rinnen in die
Praͤcipitirstanden ausgeleert werden kann.
3) Oxydation oder Anfeuerung der Farbe. Hiezu ist ein starker, unter einem Schlot
eingemauerter, mit Haͤhnen und einem genau schließenden Dekel versehener
kupferner Kessel erforderlich, welcher beilaͤufig 870 Pfund Wasser faßt;
ein laͤnglicher, aus Eichenholz verfertigter Zuber, welcher ebenfalls mit
einem gut schließenden Dekel versehen ist und wenigstens 900 Pfund Wasser faßt,
wird so vor den Hahn des Kessels gestellt, daß dessen Inhalt in ihn abgelassen
werden kann.
4) Zum Aussuͤßen, Filtriren, Pressen und Troknen dienen die
gewoͤhnlichen Apparate; außerdem braucht man noch Haarsiebe,
Ruͤhrwerkzeuge, Schoͤpfgeraͤthe etc.
b) Von den chemischen
Manipulationen.
1) Man bringt in den einen der eisernen Kessel 80 Pfund kupferfreien
EisenvitriolWenn er kupferhaltig ist, muß man ihn einige Zeit mit Eisenfeile oder
anderen Eisenabfaͤllen kochen., in den anderen 100 Pfund reines eisenblausaures Kali, fuͤllt sie mit
Wasser und loͤst beide durch Kochen auf. Die Loͤsungen kommen
hierauf in die Absezstaͤndchen zum Absezen und Erkalten.
2) Hierauf laͤßt man in die Praͤcipitirstande so viel reines Wasser
laufen, daß es sie mit den in den Absezstaͤndchen befindlichen
Loͤsungen ganz anfuͤllt.
3) Nachdem beide Loͤsungen klar geworden und erkaltet sind, schreitet man
zur Praͤcipitation; man laͤßt naͤmlich durch einige
Arbeiter zuerst das Wasser in der Praͤcipitirstande umruͤhren,
oͤffnet dann den Zapfen des Staͤndchens, welches die
Loͤsung des eisenblausauren Kalis enthaͤlt, und laͤßt
dieselbe hineinlaufen; wenn beilaͤufig die Haͤlfte derselben
ausgelaufen ist, laͤßt man gleichzeitig auch die
Eisenvitriolaufloͤsung unter bestaͤndigem Umruͤhren in die
Praͤcipitirstande gelangen. Der aus blausaurem Eisenoxydul bestehende
Niederschlag wird anfangs durch den Luftgehalt des Wassers etwas
geblaͤut, erscheint aber spaͤter immer grauer und truͤber.
Das bestaͤndige Durchruͤhren der Fluͤssigkeit ist sehr
vortheilhaft, denn von demselben ruͤhrt zum Theil der Glanz des erzeugten
Pariserblau auf dem Bruche her, indem ein koͤrniger Niederschlag, wie er
in der Ruhe leicht zu entstehen pflegt, auf dem Bruch stets matt ist; nach
beendigtem Zusammenlassen der beiden Loͤsungen muß man daher auch die
Fluͤssigkeit noch 1 1/2 bis 2 Stunden bewegen.
80 Pfund Eisenvitriol sind mehr als hinreichend, um 100 Pfd. eisenblausaures Kali
zu zersezen; es bleibt daher ein Ueberschuß von demselben, welcher der Farbe
aber keinen Eintrag thut und den man absichtlich anwendet, um sicher zu seyn,
daß alles blausaure Kali zersezt ist.
4) Der erzeugte blaͤulich graue Niederschlag bleibt nun 3 bis 4 Tage ruhig
stehen, damit er sich absezt, worauf man die uͤber ihm befindliche
Fluͤssigkeit, worin das schwefelsaure Kali aufgeloͤst ist,
weglaufen laͤßt. Der Niederschlag wird sogleich ohne vorheriges
Aussuͤßen zum Abtropfen auf leinene Filtrirsaͤke
geschoͤpft, unter welche man Rinnen legt, welche die anfangs truͤb
ablaufende Fluͤssigkeit in ein im Laboratorium eingegrabenes
Gefaͤß leiten, aus welchem sie wieder auf die Saͤke gebracht wird.
Der Niederschlag bleibt so lange auf den Filtrirtuͤchern, bis er die
Consistenz eines halbsteifen Breies erlangt hat.
5) Dem mattblauen Niederschlag muß nun die tiefdunkle ins Kupferfarbene spielende
Nuance ertheilt werden, was durch die Operation der Anfeuerung geschieht. Zu
diesem Behufe bringt man den Niederschlag in den besagten kupfernen Kessel und
ruͤhrt ihn mit Wasser zu einem laufenden Brei an, worauf man ihn zum
Kochen erhizt
(wofuͤr man aber nicht die erste Bewegung des Breies halten darf, welche
durch die aus ihm hervorplazenden Daͤmpfe veranlaßt wird), was durch
Bedekung des Kessels sich beschleunigen laͤßt. Nach gehoͤrigem
Durcheinanderruͤhren der Masse sezt man ihr nun 51 Pfd.
Salpetersaͤure von 27° Baumé zu und laͤßt sie unter
bestaͤndigem Umruͤhren (wobei man sich vor den sich entbindenden
salpetrigsauren Daͤmpfen zu wahren hat) noch 8 bis 10 Minuten fortlochen,
worauf man, um dem Kessel nicht laͤnger zu schaden, die ganze Masse in
den vor ihm stehenden Zuber auslaufen laͤßt. Sobald aller Niederschlag im
Zuber ist, gießt man 36 Pfund concentrirte Schwefelsaͤure, ohne sie
vorher zu verduͤnnen, hinein, waͤhrend zwei bis drei Arbeiter die
Masse umruͤhren; das Ruͤhren wird dann noch eine Viertelstunde
fortgesezt. Den Zuber muß man hierauf gut bedeken, um die Masse
moͤglichst lange warm zu erhalten, wodurch die Oxydation der Farbe erst
vervollstaͤndigt wird. Wenn man nun von Zeit zu Zeit in dem Zuber
nachsieht, so bemerkt man in der Masse eine langsame und ruhige Gaͤhrung,
ein Blasenaufwerfen, welches gewoͤhnlich 3 Tage fortdauert; mit der
Beendigung dieser Entbindung von salpetrigsaurem Gase hoͤrt auch die
Wirkung der Salpetersaͤure auf das blausaure Eisenoxydul auf und nun wird
der schwarzblaue, beim Austroknen auf irgend einem Gegenstande einen sehr
schoͤnem Kupferglanz annehmende Farbebrei in die Aussuͤßstande
gebracht und darin so lange ausgewaͤssert, bis das ablaufende Wasser
weder durch salpetersaures Bleioxyd noch durch salzsauren Baryt im Geringsten
getruͤbt wird. Zum Aussuͤßen muß man ein kalk- und
eisenfreies Wasser anwenden, damit das Blau davon durchaus nicht
veraͤndert werden kann.
Nach dem Auswaͤssern wird das Blau durch Haarsiebe von groͤßter
Feinheit getrieben, auf Leinwand zu einem steifen Brei abfiltrirt, hierauf fest
gepreßt und dann in die im Handel vorkommenden laͤnglich vierekigen
Stuͤke zerschnitten und getroknet.
6) Man laͤßt das Blau, um das Zerspringen der Stuͤke zu
verhuͤten, zuerst langsam an der Luft oder in den gewoͤhnlichen
Farbtrokenstuben austroknen, dann muß es aber in einem hiezu besonders
eingerichteten Trokenzimmer einer Temperatur von 60 bis 70° R. ausgesezt
werden, wodurch ihm erst die Kupferfarbe von hoͤchster Intensitaͤt
ertheilt wird; endlich muß man das Blau auch ganz langsam wieder erkalten
lassen, damit die Stuͤke nicht Spruͤnge oder Risse bekommen.
Auf die angegebene Art erhaͤlt man das dunkelste Blau vom
staͤrksten Kupferglanz, welches im Handel vorkommt. Eine andere Sorte,
die mehr eine indigo- als kupferfarbige Nuance hat und noch theurer bezahlt wird,
erhaͤlt man, wenn man das Verfahren beim Anfeuern dahin abaͤndert,
daß man zuerst den Farbebrei mit der angegebenen Quantitaͤt
Schwefelsaͤure kocht, dann die Salpetersaͤure im Zuber nachgießt
und die Operation, wie oben angegeben wurde, beendigt; im Uebrigen
verfaͤhrt man ganz so wie bei Bereitung der dunklen Sorte, nur darf man
in der Trokenstube die Waͤrme nicht uͤber 60° R. steigen
lassen.
Mit den obigen Gewichtsverhaͤltnissen gewinnt man 80 bis 85 Pfund trokenes
Pariserblau von erster Qualitaͤt.
Das Gewichtsverhaͤltniß der Schwefelsaͤure und
Salpetersaͤure zum Anfeuern der Farbe kann zwar abgeaͤndert
werden; bei einer Verminderung desselben erhaͤlt man aber ein weniger
werthvolles Product und bei einer Vergroͤßerung desselben faͤllt
das Blau nicht besser aus, so daß es rathsam ist bei dem oben angegebenen
erprobten Verhaͤltniß stehen zu bleiben. Statt der Salpetersaͤure
kann man aber auch (wenn sich das bei ihrer Bereitung zuruͤkbleibende
schwefelsaure Kali oder Natron nicht gut verwerthen laͤßt) im Farbebrei
geloͤsten Salpeter anwenden, zu dem man dann so viel
Schwefelsaͤure gibt, als zu seiner Zersezung noͤthig ist; auf die
aus 100 Pfund eisenblausaurem Kali erzeugte Quantitaͤt Farbe kommen 28
Pfd. Salpeter mit 14 Pfd. Schwefelsaͤure von 66° Baumé.
Ein ebenfalls sehr glaͤnzendes Blau laͤßt sich, jedoch nicht mit so
großer Sicherheit, darstellen, wenn man zur Praͤcipitation eine
concentrirte Aufloͤsung von Eisenvitriol bereitet, dieselbe sogleich mit
der Quantitaͤt Schwefel- und Salpetersaͤure versezt, welche
oben zum Anfeuern des Niederschlags vorgeschrieben wurde und in den eisernen
Kessel, worin die Loͤsung gemacht und zum Sieden erhizt wurde, sogleich
auch die ebenfalls kochende Loͤsung des eisenblausauren Kalis laufen
laͤßt, wobei man gut umruͤhrt, damit die Farbe nicht
koͤrnig wird, was ihren Glanz beeintraͤchtigen wuͤrde.
Nachdem hierauf die Farbe in einen Zuber ausgeleert wurde und darin 2 bis 3 Tage
stehen blieb, wird sie ausgewaschen, filtrirt, gepreßt und getroknet.
Man kann anstatt des Eisenvitriols zur Faͤllung auch salzsaures
Eisenoxydul und zum Anfeuern der Farbe statt der Schwefelsaͤure immer
auch Salzsaͤure anwenden.
c) Bereitung geringerer Sorten
von Pariserblau.
Um geringere Sorten von Pariserblau zu erhalten, versezt man die auf oben
angegebene Weise bereitete Farbe sogleich nach dem Auswaschen im
Verhaͤltniß von 10 bis 30 Proc. mit frisch bereiteter Alaunerde oder
feiner Staͤrke; der Zusaz wird, um ihn fein zu zertheilen, damit keine
Stippen oder weiße Punkte in der Farbe bleiben, auf einer nassen
Muͤhle damit abgemahlen und wenn Staͤrke angewandt wurde, muß das
Troknen mit besonderer Vorsicht geleitet werden.
II. Bereitung des Berliner- und
Mineralblau.
Diese beiden Farben stellt man jezt durch Vermengen des Pariserblau mit weißen
Koͤrpern dar; dieselben werden entweder in Wasser fein zertheilt unter das
Blau geruͤhrt, waͤhrend dasselbe noch in Breiform ist, oder damit
zusammengemahlen, jedenfalls muß aber die Farbe zulezt noch durch ein Haarsieb
getrieben werden. Als Zusaz kann man anwenden:
1) Alaunerde, welche man aus eisenfreiem Alaun mit
Potasche niederschlaͤgt; sie wird erst nach vollstaͤndigem
Aussuͤßen mit dem in der Auswasserungsbuͤtte befindlichen Blau
vermengt. Ich gebe bei den Gewichtsverhaͤltnissen der zur Bereitung dieser
Farben erforderlichen Substanzen nur das des Alauns an, weil die Menge der Potasche,
womit derselbe niedergeschlagen wird, von ihrer Reinheit abhaͤngt.
2) Staͤrke (Kartoffelstaͤrke). Sie wird
besonders als Zusaz angewandt, wenn helle und sehr leichte Waare geliefert werden
soll; man ruͤhrt sie gut mit Wasser an und mahlt sie mit dem Blau auf der
nassen Muͤhle durch.
3) Schwerspath. Er wird fuͤr schwerere Sorten als
Zusaz angewandt und muß ganz weiß und hoͤchst fein gemahlen seyn; man
vermengt ihn auf der Muͤhle mit dem Blau, weil er sich in den
Aussuͤßstanden wegen seines großen specifischen Gewichts schnell wieder
absondert.
4) Thon wird zuerst gebrannt, dann hoͤchst fein
gemahlen und ebenfalls auf der nassen Muͤhle unter das Blau gemengt.
5) Kieselsaure Alaunerde. Man erhaͤlt sie, wenn man
den Alaun mit Kieselfeuchtigkeit oder Wasserglas niederschlaͤgt und sie wird
ganz so wie die Alaunerde mit dem Blau vermengt; dieser Zusaz ist der beste; er
macht die Farbe loker, kommt aber etwas theuer zu stehen.
Ich will nun die Gewichtsverhaͤltnisse der zur Fabrikation einiger Sorten von
Berliner- und Mineralblau erforderlichen Substanzen angeben.
A.Berlinerblau. Nr. 1 wird dunkel und erhaͤlt
Kupferglanz; Nr. 2 wird dunkel und schwer; Nr. a, 3 hell
und leicht; Nr. b, 3 hell und schwer; Nr. a, 4 hell und leicht; Nr. b,
4 hell und schwer.
Zu dem aus 100 Pfund eisenblausaurem Kali gewonnenen Pariserblau ist
erforderlich:
Textabbildung Bd. 61, S. 458
Alaun; Potasche; Staͤrke;
Mineralweiß oder Schwerspath; Product; Nr.; Pfd.; Die zur Zersezung des Alauns
noͤthige Menge
B.Mineralblau. Nr. 1 erhaͤlt man, indem man zu dem
Berlinerblau Nr. a, 3 360 Pfund Staͤrke nimmt.
Nr. 2, wenn man das Pariserblau von 25 Pfund eisenblausaurem Kali mit 120 Pfund
gebranntem Thon und 100 Pfund Schwerspath versezt. Nr. 3, wenn man das Pariserblau
von 25 Pfund eisenblausaurem Kali mit 80 Pfd. calcinirtem weißem Thon, 150 Pfund
gemahlenem Schwerspath und 20 Pfund Staͤrke versezt. Nr. 1 liefert 600, Nr.
2, 240 und Nr. 3 270 Pfund Blau.
Auf diese Art lassen sich die verschiedenen Sorten von Blau viel einfacher
darstellen, als nach der fruͤheren Methode mit Blutlauge und das ganze
Geschaͤft kann auch mit groͤßerer Sicherheit gefuͤhrt werden;
es arbeiten daher auch nur noch wenige Fabriken mit Blutlauge und gewiß nicht
vortheilhaft, weil ihr Verfahren nicht nur viel umstaͤndlicher ist und mehr
Apparate erfordert, sondern dabei auch Material verschwendet wird; denn wenn man
krystallisirtes eisenblausaures KaliMeine Abhandlung uͤber die Fabrikation des eisenblausauren Kalis
(Blutlaugensalzes) ist in diesem Bande des polytechnischen Journals Seite
289 enthalten. zur Fabrikation von Berlinerblau bereitet, so wird die nicht in Cyankalium
verwandelte Potasche wieder gewonnen, verwendet man aber hiezu die rohe Blutlauge,
so muß zur Zersezung des in ihr enthaltenen kohlensauren Kalis Alaun aufgewendet
werden, dessen Alaunerde durch die anderen oben angegebenen Zusaͤze
groͤßten Theils entbehrt werden kann.
Da von den Fabrikanten nicht selten Farben nach Mustern anderer Fabriken verlangt
werden, so halte ich es fuͤr nuͤzlich meine Methode die blauen Farben
zu untersuchen, hier mitzutheilen; man kann dadurch ihre Bestandtheile ziemlich
genau ausmitteln und ist dann auch im Stande sie vollkommen nachzuahmen.
III. Untersuchung der Berliner-
und Mineralblausorten.
100 Gran von der zu untersuchenden Substanz werden mit kleinen Portionen
Aezkaliaufloͤsung versezt und zerrieben, bis die blaue Farbe ganz
verschwunden ist. Die Fluͤssigkeit wird dann filtrirt und der
Ruͤkstand mit kaltem Wasser ausgesuͤßt; das Kali zersezt das in der
Farbe enthaltene reine Pariserblau und loͤst zugleich etwas Alaunerde auf, so
daß die filtrirte Fluͤssigkeit also aus eisenblausaurem Kali und
Alaunerde-Kali besteht. Sie wird nun mit saurem salzsaurem Eisenoxyd
gefaͤllt, der Niederschlag noch mit ein wenig Salpetersaͤure
behandelt, filtrirt und ausgesuͤßt; bei 60° R. ausgetroknet,
entspricht derselbe dem in der Farbe enthalten gewesenen reinen Pariserblau.
Aus der Fluͤssigkeit, welche von diesem Niederschlage abfiltrirt wurde,
faͤllt man durch kohlensaures Natron die Alaunerde; mit derselben
faͤllt aber zugleich auch Eisenoxyd nieder, daher man den ganzen Niederschlag
nach dem Aussuͤßen noch feucht mit Aezkali behandeln muß, welches alle
Alaunerde aufloͤst und das Eisenoxyd zuruͤklaͤßt. Aus der
alkalischen Aufloͤsung kann die Alaunerde mit Salmiak gefaͤllt, dann
ausgesuͤßt, scharf getroknet und gewogen werden. Ihr Gewicht muß
spaͤter zu dem in der Folge erhaltenen addirt werden.
Den beim Abreiben der blauen Farbe mit Aezkali gebliebenen Ruͤkstand kocht man
nun mit uͤberschuͤssigem Aezkali gut aus und filtrirt ihn; die
erhaltene Loͤsung enthaͤlt die Alaun- und Kieselerde, welche
als Hydrat im Blau enthalten waren, so wie etwa vorhanden gewesene Staͤrke
als Gummi. Man neutralisirt die Fluͤssigkeit mit Schwefelsaͤure,
wodurch die Kieselerde gefaͤllt wird, die man troknet und wiegt; aus der nun
bleibenden Fluͤssigkeit wird endlich die Alaunerde mit kohlensaurem Natron
niedergeschlagen und zu der bereits fruͤher erhaltenen gerechnet.
Von der Fluͤssigkeit, woraus die Alaunerde mit kohlensaurem Natron
niedergeschlagen wurde, dampft man eine Portion ein, um zu sehen, ob sie Schleim
oder Gummi (durch Einwirkung des Kalis auf die Staͤrke entstanden)
enthaͤlt, was sich uͤbrigens schon beim Kochen derselben und durch das
erschwerte Filtriren zu erkennen gibt.
Den nach der zweiten Behandlung des Blau mit Kali gebliebenen Ruͤkstand
troknet und wiegt man; derselbe enthaͤlt außer dem groͤßten Theil des
weißen Koͤrpers, womit das Pariserblau versezt wurde, auch alles Eisenoxyd,
welches bei der Reaction des Kalis auf das Pariserblau abgeschieden wurde. Das bei
der Analyse niedergeschlagene Blau wird daher nebst der ausgeschiedenen
Kiesel- und Alaunerde, zusammengenommen mit dem Gewichte des
Ruͤkstandes, mehr betragen als die zur Untersuchung angewandte Farbe wog, und
zwar (wenn dieselbe
keine Staͤrke enthielt) um so viel mehr als das bei der Analyse
ausgeschiedene Eisenoxyd wiegt. Lezteres kann man zu 55 Proc. des aus der
alkalischen Aufloͤsung niedergeschlagenen Pariserblau annehmen; wenn man
daher von dem gefaͤllten Blau 55 Proc. abzieht und den Rest zu dem Gewicht
der gefundenen Alaunerde, Kieselerde und dem gebliebenen Ruͤkstande addirt,
so erhaͤlt man eine Summe, die abgezogen von der zur Analyse angewandten
Farbe als Differenz die in dem Blau enthalten gewesene Staͤrke ziemlich genau
angibt.
Man kann nun noch einen anderen Versuch anstellen und 100 Gr. Blau wie vorher mit
Aezkali abreiben und den Ruͤkstand durch Decantiren gut aussuͤßen;
wenn man denselben dann mit der hinreichenden Menge Salzsaͤure behandelt, so
loͤst sich außer dem ausgeschiedenen Eisenoxyd auch die Kreide, wenn solche
in dem Blau enthalten ist, nebst Alaunerde auf und der lezte Ruͤkstand
besteht nun wie bei dem vorher beschriebenen analytischen Verfahren meistens aus
Schwerspath, welcher, wenn er rein ist, sich mehr oder minder rauh und
krystallinisch zeigt, wenn er aber mit calcinirtem Thon vermengt ist, sich fettig
anfuͤhlt.Um die verschiedenen Koͤrper, womit ein Blau versezt seyn kann und die
man nach dem Abreiben desselben mit Aezkali in der Kaͤlte beinahe
vollstaͤndig nebst dem ausgeschiedenen Eisenoxyde im
Ruͤkstande hat, nach ganz scharfen Methoden von einander zu trennen,
findet man in Rose's Handbuch der analytischen
Chemie ausfuͤhrliche Anleitung.
Ich will hier als Beispiel das Resultat einer solchen Analyse mittheilen:
100 Gran Berlinerblau lieferten nach dem Abreiben mit Kali eine Fluͤssigkeit,
woraus mit salzsaurem Eisenoxyd 28 Gran reines Pariserblau (bei 60° R.
getroknet) erhalten wurde; aus der vom Pariserblau abfiltrirten Fluͤssigkeit
erhielt man 2,5 Gr. Alaunerde. Aus dem Ruͤkstande wurden nach der oben
angegebenen Methode noch 2,6 Gr. Kieselerde und 15 Gr. Alaunerde ausgezogen.
Das Gewicht des Pariserblau, nach Abzug von
55 Proc., betraͤgt
12,6 Gr.
der zuerst erhaltenen Alaunerde
2,5
der spaͤter erhaltenen
15,0
der Kieselerde
2,6
–––––––
42,2 Gr.
der Ruͤkstand haͤtte also
wiegen sollen
57,8
er wog
46,0
–––––––
das Blau enthielt also
Staͤrke
11,8 Gr.
Der Ruͤkstand von der zweiten Behandlung mit Kali lieferte:
Kreide
5,0
Pariserblau 30,2 Gr.; also beinahe eben so
viel wie oben;
Alaunerde
7,0
Schwerspath
30,0
Es bestand demnach das Blau aus:
29,1
Pariserblau
(im Mittel aus beiden Gewichten).
17,5 2,6
AlaunerdeKieselerde
in Kali aufloͤslich
11,8
Staͤrke.
5,0
kohlensaurem Kalk.
30,0
Schwerspath.
7,0
Thon.
–––––
103,0
IV. Ueber die Anwendung des Chlors statt
der Salpetersaͤure zur Oxydation des Pariserblau.
Anstatt das blausaure Eisenoxydul durch Behandlung mit Salpetersaͤure in
blausaures Eisenoxydul-Oxyd uͤberzufuͤhren, kann man auch Chlor
hiezu anwenden, und zwar dasselbe entweder als Gas auf den kochenden Brei einwirken
lassen oder das gefaͤllte Blau mit der das Chlor entbindenden
Fluͤssigkeit digeriren.
Der beabsichtigte Zwek laͤßt sich auf mehrfache Art erreichen. a) Man leitet aus einem Chlorentbindungs-Apparate
mit bleiernen Roͤhren so lange Chlorgas in den in einem bleiernen Kessel
enthaltenen und darin warm gehaltenen Brei, bis die Fluͤssigkeit Lakmuspapier
und Indigoaufloͤsung bleicht, und sezt dann auf einen Niederschlag von 100
Pfd. eisenblausaurem Kali 10 Pfd. concentrirte Schwefelsaͤure zu, worauf man
noch einige Stunden Chlorgas unter die Masse leitet. Durch nachher vorgenommenes
Auswaschen, Filtriren etc. erhaͤlt man ein sehr schoͤnes Pariserblau.
b) Man bereitet eine Aezlauge von 20 Pfd. Potasche,
vermischt sie mit Kalkmilch von 8 Pfd. gebranntem Kalk, saͤttigt dieses
Gemisch mit Chlorgas und ruͤhrt in diese Fluͤssigkeit den
anzufeuernden Niederschlag von 100 Pfd. eisenblausaurem Kali, wozu nach und nach
noch 50 Pfd. concentrirte Schwefelsaͤure gegossen werden. Die Oxydation
erfolgt nun eben so und das Pariserblau kann nach 3- bis 4taͤgigem
Stehen ausgewaschen werden. c) Folgendes Verfahren ist
besonders fuͤr geringere Sorten von Blau das zwekmaͤßigste und
wohlfeilste: man bringt 50 Pfd. Braunstein in festen Stuͤken in einen
bleiernen Kessel und auf denselben den zu oxydirenden Niederschlag von 100 Pfd.
eisenblausaurem Kali; diese Masse wird dann mit 50 Pfd. concentrirter
Schwefelsaͤure und 30 Pfd. Salzsaͤure von 18° Baumé
uͤbergossen, welche man 6 bis 8 Tage kalt und dann einige Tage bei schwacher
Erwaͤrmung einwirken laͤßt. Endlich wird die Farbe von den
zuruͤkgebliebenen Braunsteinstuͤken mit Wasser abgeschlaͤmmt,
durch Haarsiebe getrieben, ausgewaschen etc. Wenn keine Braunsteintheilchen unter dem Blau
bleiben, faͤllt es nach diesem Verfahren sehr schoͤn aus.