Titel: | Bericht über die Wiener Gewerbs- und Industrieausstellung im Herbste des Jahres 1835, von Dr. Ernst Fabri, Professor zu Erlangen. |
Autor: | Prof. Ernst Fabri [GND] |
Fundstelle: | Band 60, Jahrgang 1836, Nr. LX., S. 297 |
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LX.
Bericht uͤber die Wiener Gewerbs-
und Industrieausstellung im Herbste des Jahres 1835, von Dr. Ernst Fabri, Professor zu
Erlangen.
Fabri, uͤber die Wiener Gewerbs- und
Industrieausstellung
Die Gewerbs- und Industrieausstellung, welche schon mehrere Wochen vor meiner
Ankunft in Wien Statt fand, sollte in einigen Wochen schon wieder geschlossen
werden; dieß war mir Anlaß genug, daß ich aus Furcht, sie nicht mehr sehen zu
koͤnnen, ihr zuerst meine Aufmerksamkeit zuwendete.
Was ich uͤber diese hier mitzutheilen habe, ist die Frucht einer dreimaligen
Musterung dieser Ausstellung, zu der ich meistentheils die ganze taͤgliche
Oeffnungszeit von 9–4 Uhr benuzte. Obgleich ich sorgfaͤltig mich mit
allen Einzelheiten derselben bekannt zu machen suchte, so gestehe ich doch gerne,
daß gar Manches noch meinem Blik entschluͤpft seyn mag, was vielleicht bei
oͤfterer Ansicht mir als sehr beachtungswerth vorgekommen seyn wuͤrde.
Das untere Stokwerk des Bibliothekgebaͤudes, so wie die oberen Apartements
der Reitschule waren dazu ausersehen, um auf eine wuͤrdige Weise die große
Menge von Industrieproducten aufzunehmen, die hier aus allen Theilen der weiten
Monarchie vereinigt waren. Beide Gebaͤude stoßen rechtwinklich zusammen; dem
Bibliothekgebaͤude gegenuͤber steht das Friesische Palais, welches in
seinem untern linken Fluͤgel eine kostbare Niederlage der kaiserl. Wiener
Porcellanfabrik enthaͤlt. Diese Gebaͤude bilden nebst einem andern
Gebaͤude, welches das Naturaliencabinet in sich schließt, den Josephsplatz,
welcher von der sehr schoͤnen Statue Kaiser Josephs zu Pferde geschmuͤkt wird.
Die ganze Ausstellung war sonach in zwei Hauptabtheilungen gesondert. Jede hatte
ihren besondern Ein- und Ausgang, der von einer doppelten Wache von
Grenadieren bewacht wurde. Außerdem befanden sich noch besondere Portiers an beiden
Eingaͤngen, an welche die Eintretenden Maͤntel, Regenschirme etc.
abzugeben hatten.
Fuͤr einen Zwanziger konnte man einen gedrukten Katalog sich kaufen, der aber
leider das Unbequeme hatte, daß er die Gegenstaͤnde in ganz anderer Ordnung,
als in der, in welcher sie aufgestellt waren, enthielt. Es waren darin im Ganzen 594
Nummern aufgezeichnet, welche Zahl im Verhaͤltniß zu den vielen Fabriken,
welche der oͤstreichische Kaiserstaat umfaßt, sehr gering erscheinen mußte.
Bedenkt man aber, daß nur die vorzuͤglichsten Fabriken zu dieser Ausstellung
beisteuerten, und daß fast jede einzelne Beisteuer oft eine Folge von hundert und
mehreren einzelnen Mustern in sich schloß, so daß man hier fast jedes Mal zugleich
auch das ganze Gebiet irgend eines Gewerbszweiges in seiner ganzen Ausdehnung
erkennen, und bis zu den kleinsten Nuͤancen verfolgen konnte, so kann man
sich einen ungefaͤhren Begriff von dem großen Reichthum, der Menge und
Mannigfaltigkeit der Gegenstaͤnde machen. Zugleich koͤnnen wir uns
eines erhebenden Gefuͤhles bei dem Gedanken nicht erwehren, wie viele
Fertigkeiten und Faͤhigkeiten, wie viel Fleiß und Nachdenken, wie viele
Erfindungen und Entdekungen in dem Laufe so vieler Jahrhunderte dazu
gehoͤrten, um alle diese Gegenstaͤnde des nothwendigsten Bedarfs so
wie des ausgesuchtesten Luxus hervorzubringen.
Indem ich die Betrachtung mit den unteren zwei Abtheilungen, welche sich zu ebener Erde befanden,
beginne, muß ich zuerst die Ordnung und Regelmaͤßigkeit ruͤhmen, die
mir bei der Anordnung der verschiedensten Gegenstaͤnde so
wohlgefaͤllig ins Auge fiel; aber nicht minder war auch jene Einrichtung zu
loben, daß sich jeder Eintretende selbst einer genauen Ordnung fuͤgen mußte,
daß nicht willkuͤrlich Jemand von einer Seite zur anderen uͤbergehen
durfte, sondern daß die zahlreich aufgestellten Aufseher mit aller Sorgfalt darauf
sahen, daß man beim Betrachten der Gegenstaͤnde genau eine gewisse Ordnung
beobachtete und keinen derselben beruͤhrte. Durch diese zwekmaͤßige
Veranstaltung wurde alles Gedraͤnge nach verschiedenen Seiten hin vermieden
und das Beschauen sehr erleichtert.
Sehr zu wuͤnschen waͤre es gewesen, wenn uͤberall bei den
Waaren, wie bei der lezten Muͤnchner Ausstellung die Preise derselben
angemerkt gewesen waͤren, was einen Hauptpunkt bei der Beurtheilung derselben
ausmacht, weil der Preis in sehr vielen Faͤllen dem Beurtheiler einen
entscheidenden Maaßstab an die Hand gibt.
Die erste untere Abtheilung enthielt meistens Metallwaaren, worunter
hauptsaͤchlich Eisenwaaren, ferner Leder in verschiedenen Sorten und in
seiner Verarbeitung zu Sattler-, Riemer- und Schuhmacherarbeiten,
allerlei Maschinen und Modelle, so wie Kinderspielwaaren.
Mit Recht hatte man den Eisenwaaren den ersten Plaz eingeraͤumt, da das Eisen
in der Industrie eine so große Rolle spielt.
Aus der großen Menge von schneidenden Werkzeugen, welche sich hier vorfanden,
erwaͤhne ich zuerst die Sensen, worunter sich die von Joseph Zeilinger aus Raͤtenegg in Steyermark auch dadurch
auszeichneten, daß sie auf einer besonderen Maschine getangelt worden waren. Noch
immer behaupten die steyermaͤrkischen Sensen vor den Sensen aller
uͤbrigen Laͤnder wegen ihrer bequemen Eigenschaft, sich durch das
Tangeln schaͤrfen zu lassen, den Vorzug. Andere schneidende Werkzeuge hatte
von vorzuͤglicher Qualitaͤt J. Scheyrer zur
Ausstellung gebracht.
Unter der großen Menge von Stahlwaaren erschienen mir am merkwuͤrdigsten
diejenigen des Georg Fischer in Hainfeld; es befanden
sich darunter sehr viele Proben in Form von Staͤben von seinem bekannten
Meteorgußstahl; diesen Proben von Gußstahl hatte er noch viele Muster von Raspeln,
Feilen, Blechen, Walzen und Schloͤssern aus seinen Werkstaͤtten
beigefuͤgt. Sehr schoͤne Eisenbleche waren auch von der Wolfsberger Eisengewerkschaft in Kaͤrnthen
vorhanden. Beachtenswerth erschienen mir auch die emaillirten Kochgeschirre von
Eduard Vartelmus in Bruͤnn, die hinsichtlich ihrer
Glasur denen, die seit einer Reihe von Jahren in Bayern gemacht werden, gleich
sahen. Eisenbleche und Eisendraht waren bei weitem nicht in der Menge zur
Ausstellung gekommen, als man nach der Ausdehnung dieses Industriezweiges in
Oestreich haͤtte erwarten sollen. Als Repraͤsentanten dieses
Gewerbszweiges traten Fr. Huber bei Schwertberg, von Winkler in Waidhofen und Stelecz in Frankenthal mit verschiedenen Gattungen von Eisendraht auf.
Beachtenswerther erschienen mir die feinen Drath- und Messinggeflechte von Zerboni aus der Lombardei und Pfundmeier in Wien. Merkwuͤrdig wegen ihrer Fabricationsart kamen
mir die gepreßten Schindelnaͤgel aus einer Fabrik des Fuͤrsten Metternich vor. Es gibt mehrere solche Fabriken in
Oestreich. Die Naͤgel werden durch Schneiden, welche an dem Umfang einer
Scheibe angebracht sind, von der Schiene abgestoßen und durch ein kleines Fallwerk der Nagelkopf
geplaͤttet. In der Regel werden in Oestreich solche Maschinen durch
Pferde- oder Wasserkraft in Bewegung gesezt.
Unter den Eisengußwaaren zeichneten sich vor allen die vollendeten Gußwaaren aus der
Eisengießerei des Altgrafen von Salm zu Blansco aus. Sie
bestanden aus mehreren uͤber Lebensgroͤße großen Figuren, die theils
nach Antiken, theils nach neueren Meistern geformt worden waren. Es befanden sich
darunter Christus am Kreuz, die bekannte mediceische Venus, Bacchus, Diana u.s.w.
Alle diese Statuen zeichneten sich durch Reinheit und Schaͤrfe des Gusses
aus, was bei ihrer Groͤße um so mehr beachtet werden muß. Die Aufmerksamkeit
des Technikers mußten noch unter den Gußwaaren die mannigfaltigsten Maschinentheile
von Gußeisen, als: glatte und canelirte Walzen, allerlei Raͤderwerk und
Getriebe, Charniere u.s.w., wie sie aus der Fabrik von Brevillier und Comp. kamen, anziehen. Unter den Messingwaaren fiel mir
wegen ihrer großen Genauigkeit und Zartheit des Stiches eine hohle vom Mechaniker
Dingler in Wien gegossene Kattundrukwalze besonders
auf. Dieser Walze war zugleich eine Probe des durch sie bedrukten Kattuns
beigefuͤgt.
Das Messingblech, so wie der Messingdraht, welcher von mehreren Fabriken eingesendet
worden war, schien mir mit dem Nuͤrnberger und Augsburger, welche noch immer
die besten sind, nicht in Concurrenz treten zu koͤnnen.
Das Gewerbe der Schlosser hatte sich meistens auf die Verfertigung eiserner
Cassetruhen beschraͤnkt, von denen man in der That sehr schoͤn
gearbeitete und mit kuͤnstlichen Schloͤssern versehene Exemplare sehen
konnte. Eine Ausnahme davon machte ein eiserner Schrank von Jak. Schmidt in Wien, der aͤußerlich so angestrichen
und lakirt war, daß man ihn recht wohl fuͤr einen aus Mahagonyholz
verfertigten haͤtte halten koͤnnen.
Die gepreßten Bleiroͤhren aus der Compressionsbleiroͤhren- und
Plattenfabrik des C. Ritter von Bohr zu Kottingbronn
waren um so beachtenswerther, als unter ihnen Proben von 2'' bis 1 1/2' innerer Durchmesser vorkamen. Zu
Wasserleitungsroͤhren moͤchten aber in mancher Hinsicht die steinernen
Wasserleitungsroͤhren, wie sie die Fabrik von Giovanini und Natti in Arco geliefert hatte,
den Vorzug verdienen.
Die Graphitwaarenfabrik des Grafen von Franken-Sierstorf in Marbach, von welcher Oefen und Schmelztiegel
hier gesehen werden konnten, scheint das Bestreben zu haben, in Oestreich die
beruͤhmten Passauer Schmelztiegel entbehrlich machen zu wollen.
Verschiedene Ledergattungen lagen von zehn Fabriken eingesendet vor. Sehr
preiswuͤrdig kam mir das Sohlen- und Kalbleder und vorzuͤglich
ausgezeichnet das Handschuhleder vor.
Eben so waren von sechs verschiedenen Einsendern auf einem Tische Kinderspielsachen
ausgebreitet. Wer jemals den Nuͤrnberger Christmarkt, dieses Paradies der
Kinder, besucht hat, dem konnten alle diese Puͤppchen und Waͤgelchen
sammt Pferdchen weder neu noch ausgezeichnet vorkommen.
Einige Merkwuͤrdigkeiten, welche sich noch in dieser unteren Abtheilung
befanden, glaube ich besonders anfuͤhren zu muͤssen: Zuerst mit Luft
gefuͤllte Polster, welche aus mit einer Aufloͤsung von Kautschuk
luftdicht gemachten Zeugen verfertigt worden waren. Daneben befand sich eine Pumpe,
mit der man diese Polster jeden Augenblik wieder mit Luft fuͤllen konnte.
Diesen Luftpolstern waren mehrere wasserdichte Fußbekleidungen beigefuͤgt. Sehr alt ist die
Anwendung der Luft zur Fuͤllung der Polster, welche schon von Vitruv beschrieben wird. Bei der Leichtigkeit aber, mit
welcher man sich jezt mit Huͤlfe des aufgeloͤsten Kautschuks
wasserdichte Polster verfertigen kann, duͤrste die Anwendung derselben, wegen
der vielen Vortheile, die sie besonders auf Reisen gewaͤhren, bald
allgemeiner werden, und es duͤrfte gar bald die Luft die Roßhaare und
Bettfedern eben so verdraͤngen, als der mit ihr verwandte Wasserdampf schon
hie und da die Pferdekraft verdraͤngt hat.
Eine zweite Merkwuͤrdigkeit war eine Schuzkleidung gegen das Feuer von Asbest
von Ant. Vanossi aus Giovenna.
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Die zweite untere Abtheilung enthielt nicht allein Modelle von Maschinen, sondern
auch viele Maschinen selbst, und zwar in der Groͤße, in der sie bei den
Gewerben angewendet werden; ferner sehr schoͤne Kutschen in verschiedenen
Formen und zu verschiedenen Zweken.
Von Joh. Voͤlkl aus Wien sah man das Modell einer
Kettenbruͤke und einer Feuersprize; von Wenz. Back
aus Prag das einer Walzwerkmaschine; von Val. Dietz das
Modell einer Seidenfilirmaschine. Das Modell einer Flachsspinnmaschine von J. Brunner erregte bei mir von der wirklichen Maschine keine
großen Erwartungen.
Ant. Burg, Inhaber einer Maschinenfabrik in Wien, hatte
eine Folge von 250 Modellen, worunter sich allerlei Hebmaschinen, Rammmaschinen,
Wasserhebungsmaschinen, Wasserraͤder, Dreschmaschinen u.s.w. befanden, hier
zur Schau aufgestellt, die alle recht sauber und niedlich gearbeitet, aber einzeln
betrachtet, nicht sonderlich merkwuͤrdig waren.
Eine Thaler- und Guldenpraͤgmaschine von Samuel Bollinger in Wien war vollkommen denjenigen Praͤgmaschinen
aͤhnlich, die ich schon in der Muͤnchner Muͤnze getroffen
hatte.
Sehr fleißig und genau gearbeitet schien mir das Modell einer Dampfmaschine aus der
Maschinenfabrik des J. Sartori zu Neuhirtenberg. Sehr
schoͤn und dauerhaft waren ferner die Bruͤkenwaagen von Rollé und Schwilgue in
Wien. Es befand sich darunter eine große ansehnliche Waage, mit welcher man bis 100
Cntr. wiegen konnte. Die Construction dieser Bruͤkenwaagen bestand aus der
bekannten Hebelverbindung, wie sie bereits in sehr vielen Handbuͤchern der
Maschinenlehre beschrieben worden ist.
Nicht weit von diesen Bruͤkenwaagen stand ungefaͤhr ein Duzend
landwirthschaftlicher Maschinen. Sie stimmten meistens mit denjenigen
uͤberein, wie sie in den landwirthschaftlichen Heften von Thaer abgebildet und beschrieben worden sind.
Eine Puz-, Strek- und Spinnmaschine aus der Metallwaaren- und
Maschinenfabrik des Melch. Steiner zu Pottenstein gab ein
ehrenvolles Zeugniß, wie weit es diese Fabrik in der Anfertigung solcher Maschinen
gebracht hat; denn sie war eben so fleißig als solid gearbeitet.
Adam Smith hat in seinem trefflichen Werk:
„Untersuchungen uͤber die Natur und die Ursachen des
Wohlstandes der Voͤlker,“ den Saz aufgestellt, daß durch die
Einfuͤhrung der Maschinen der Arbeiter, welcher mit ihnen umgehe, selbst zur
Maschine herabsinke, und daß es keine den Geist des Menschen so erschlaffende und
toͤdtende Arbeit als diese gaͤbe. In mancher Beziehung mochte wohl der Vorwurf dieses
scharfsinnigen Mannes zu seiner Zeit, wo Dampf-, Spinn- und
Webmaschinen zum Theil noch wenig bekannt oder wenigstens noch wenig benuzt waren,
nicht ganz ohne allen Grund gewesen seyn; hingegen fuͤr die neuere Zeit
wuͤrde er nur noch in wenigen Faͤllen gelten koͤnnen. Das Wesen
der neueren Mechanik besteht gerade darin, den Menschen aller anstrengenden,
fortwaͤhrenden mechanischen Thaͤtigkeit zu uͤberheben und ihm
nur die Aufsicht uͤber jene automatischen Maschinen zu uͤbertragen,
die jezt statt seiner die Arbeit uͤbernommen haben. Auf solche Weise wird
gerade durch das Maschinenwesen den Fabrikarbeitern eine wuͤrdigere und dem
menschlichen Geiste angemessenere Beschaͤftigung zugetheilt.
Der noch uͤbrige Raum war mit den Erzeugnissen des Wagner- und
Sattlerhandwerks angefuͤllt. Es befanden sich darunter mehrere Raͤder,
deren Felgen aus einem Stuͤk gemacht waren, eine Verfertigungsart, die wir
seit dem lezten franzoͤsischen Kriege den Russen abgelernt haben, welche
bereits auch von einem Nuͤrnberger Wagner angewandt wurde. Die Staatswagen,
Reisewagen, Troschken und Kaleschen, welche von mehreren Wiener Sattlern aufgestellt
waren, zeichneten sich durch Eleganz der Form und Reichthum der Verzierung aus;
jedoch waren sie nicht denen vorzuziehen, welche ich einige Wochen spaͤter
bei der Muͤnchner Industrieausstellung fand.
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Die meiste Pracht und der meiste Reichthum der verschiedenartigsten
Gegenstaͤnde war in dem großen Redoutensaale der Reitschule entfaltet,
welcher sich eine Treppe hoch in dem daranstoßenden Fluͤgelgebaͤude
befand. Hieher mußte man kommen, wenn man sich den wuͤrdigsten Begriff von
der ganzen Ausstellung machen wollte. Dieser Saal umfaßte alle Baumwollen-,
Leinen-, Schafwollen- und Seidenwaaren, eben so die Arbeiten der
Gold- und Silberarbeiter, der Kupferstecher, die Producte der
Porcellan- und Steingutfabriken, so wie der Glashuͤtten und noch
mancher anderer Gewerbe und Kuͤnste.
Ein ungeheurer Saal war an den Waͤnden von oben bis unten mit den reichsten
und schoͤnsten Stoffen behaͤngt, die auf das geschmakvollste und
sinnigste aneinander gereiht und bald zu schoͤn geschlungenen
Vorhaͤngen, bald zu faͤcherartigen Zweigen drappirt waren. Eine
duͤnne Wand eben so verziert, theilte den Saal der Laͤnge nach in zwei
gleiche Haͤlften. So reich geschmuͤkt erschienen die Waͤnde.
Aber diese Pracht wurde noch uͤberboten durch alle die auf den Tafeln, welche
laͤngs den vier Waͤnden und auf beiden Seiten der Mittelwand
aufgestellt waren, befindlichen Stoffe und Geraͤthe aller Art, wo der
brennende Farbenschimmer der Seidenzeuge mit den Farben des Porcellans, der
Diamantschimmer des Glases mit dem Glanz des Silbers und Goldes wetteiferte. So das
Ganze. Beim Eingang war ein reiches Lager von Papiertapeten, bunten Papieren,
Puppenkoͤpfen von der Groͤße einer Nuß bis zur natuͤrlichen
Groͤße eines erwachsenen Menschen ausgebreitet. Nebenbei befanden sich
Goldborduͤren und Goldrahmen aus Papiermaché; eine sehr nette
Erfindung neuerer Zeit, wodurch man den Papparbeiten mit Leichtigkeit das Ansehen
von Silber- und Goldwaaren geben kann. Sehr schoͤn waren besonders die
Tapeten mit Irisdruk, so wie diejenigen mit sammtartig erhoͤhten Mustern.
Alle diese Waaren kamen aus der Papier-, Tapeten- und Buntpapierfabrik
von Spoͤrlin und Rahn,
der groͤßten und vorzuͤglichsten Fabrik dieser Art, welche sich in der
ganzen oͤstreichischen Monarchie befindet. Die Schoͤnheit der hier
vorliegenden Erzeugnisse
dieser Fabrik rechtfertigt vollkommen den hohen Rang, welchen sie einnimmt.
So preiswuͤrdig aber auch die Erzeugnisse dieser Art von Papierfabrication
waren, so wenig lobenswerth fand ich die Muster von Schreib- und Drukpapier.
Selbst die neuerrichtete Papierfabrik bei Fiume von Smith
und Meynier hatte kein Fabricat geliefert, welches mit
dem unserer besseren Fabriken, z.B. Bauer und Koͤnig, einen Vergleich haͤtte aushalten
koͤnnen, obschon auch die Papiere dieser Fabrik noch Manches zu
wuͤnschen uͤbrig lassen. Mit dem Mangel des Papiers versoͤhnten
wieder die vielen saubern und praͤchtigen Buchbinderarbeiten, welche aus den
kunstreichen Haͤnden mehrerer Wiener und italienischer Buchbindermeister
kamen. Unter allen gefiel mir besonders ein praͤchtiger Quartband in blauen
Sammt gebunden, Dekel und Ruͤken mit silbernen Blumenguirlanden und Arabesken
von Filigranarbeit reich verziert.
Auf der Tafel rechts von dem Eingang fielen mir zuerst die mathematischen und
optischen Instrumente des G. Ploͤßl in die Augen.
Am ausgezeichnetsten sind die Fernrohre dieses Kuͤnstlers, durch welche er
sich schon im Ausland beruͤhmt gemacht hat. Mit diesem Kuͤnstler
concurrirte Voigtlaͤnder mit einer Linirmaschine
fuͤr Kupferstecher und Lithographen. Auch von ihm waren mehrere
Fernroͤhre aufgestellt. Es ist derselbe Voigtlaͤnder, der einen Wollmesser erfunden hat, um mit dessen
Huͤlfe die Feinheit der Wolle genau in Zahlen angeben zu koͤnnen. Sein
Wollmesser wird aber gewiß eben so wenig als der von Dollond und Reichenbach in der Praxis eine
allgemeine Anwendung finden, nicht allein, weil diese Instrumente sehr
zusammengesezt und daher sehr kostbar sind, sondern auch, weil die Procedur mit
ihnen fuͤr den Fabrikanten und Wollhaͤndler viel zu weitlaͤufig
ist.
Die Kunstwerke dieser beiden Kuͤnstler wurden von den zahlreichen kostbaren
Silberwaaren, und mit Silber plattirten Waaren uͤberstrahlt, welche aus der
Fabrik des St. Mayerhofer in Wien hervorgegangen waren.
Was nur irgend fuͤr Gegenstaͤnde theils zum Schmuk, theils als
Utensilien zur Bequemlichkeit und zum taͤglichen Gebrauch ausgesonnen werden
koͤnnen, das sah man hier vielfaͤltig in Silber ausgefuͤhrt
oder wenigstens mit Silber plattirt in der elegantesten Form dargestellt. Welche
bedeutende Geschaͤfte Mayerhofer macht, kann man
daraus erkennen, daß er in seiner Plattirfabrik an 80 Arbeiter
beschaͤftigt.
Nicht so zahlreich, aber nicht minder sehenswerth, in mancher Hinsicht sogar mit mehr
Kunst ausgefuͤhrt, waren die Arbeiten des Jak. Weiß in Wien. Vorzuͤglich gelungen erschien mir ein Spiegel mit
silbernem Nahmen, der auf beiden Seiten von zwei Maͤnnern zu Pferde gehalten
wurde. Diese Figuren waren von 12loͤthigem Silber und bestanden aus
getriebener Arbeit. Sie waren ungefaͤhr anderthalb Fuß hoch. Es gab noch
mehrere Arbeiten von anderen Silberarbeitern, die mir aber in Beziehung auf die eben
erwaͤhnten nicht besonders auffielen.
Wen der bescheidene Glanz der Perlmutterwaaren mehr ansprach, als der des Goldes und
Silbers, der hatte reichliche Gelegenheit seine Augen an der großen Menge
ausgezeichnet schoͤner und geschmakvoller Perlmutterarbeiten zu weiden, wie
sie von der Perlmutterwaarenfabrik des Jak. Schwarz
geliefert worden waren. Hundert Kleinigkeiten, wie sie nur immer der ausgesuchteste
Luxus anwenden kann, sah man hier in bunter Menge vereinigt.
Darunter befanden sich Dosen, Kaͤstchen, allerlei Buͤchschen, sogar
Schreibzeuge, Lichtschirme, Brillen mit Perlmutter eingefaßt, ja sogar ein
Thermometer war vorhanden, welcher eine Perlmutterscala hatte.
Diesen Perlmutterarbeiten folgten Producte der Hutmacherkunst. Die Wiener Hutfabriken
sind beruͤhmt wegen ihrer feinen, leichten, glaͤnzenden,
gutgefaͤrbten, dauerhaften und zugleich wohlfeilen Huͤte; lauter
Vorzuͤge, welche ihnen nicht allein einen Absaz uͤber die ganze
oͤstreichische Monarchie, sondern auch nach Bayern, Sachsen, Preußen
verschafft haben.
Da in Wien allein uͤber 50 Hutfabriken sich befinden, so mußte es auffallen,
daß nur zwei Fabrikanten aus Wien und einer aus Siebenbuͤrgen Proben ihrer
Kunst eingesendet hatten. Die Huͤte hatten alle die Vorzuͤge, die ich
so eben von den Wiener Huͤten angegeben habe. Aehnlich dem feinsten Tuche
waren die Filzstoffe, welche zu Kleidungsstuͤken bestimmt waren. Unter diesen
zeichnete sich besonders ein Stuͤk Filz von 20 Ellen Laͤnge und 1 1/2
Ellen Breite aus. Wer weiß, wie sehr sich der Filz beim Filzen und Walken
zusammenzieht, kann ermessen, welche Geschiklichkeit und welche geraͤumige
Vorrichtungen dazu gehoͤrten, um ein so großes Stuͤk Filz zu Stande zu
bringen.
Was ich von Wiener Hutmachern, sowohl durch eigenen Augenschein, als auch durch
genaue Erkundigungen erfahren konnte, besteht in Folgendem:
Der erste Grund zu einem guten Hut, vorausgesezt, daß schon das Material dazu gut
ist, wird schon beim Fachen der Haare gelegt. Beim Fachen muͤssen diejenigen
Stellen, welche am Hut eine groͤßere Staͤrke besizen sollen, auch
schon am Fache staͤrker gemacht werden. Auch hat der Hutmacher darauf zu
achten, daß er die Randstellen, wo die Fache aneinandergestoßen werden,
duͤnner macht. Ein Hut wird um so besser, je weiter er ausgefilzt und je
enger er zusammengewalkt wird. Auch hier wird das Walken, wie es auch jezt schon in
Erlangen gebraͤuchlich ist, bei den feinern Huͤten mit Huͤlfe
einer Buͤrste vorgenommen. Das Faͤrben des Hutes dauert 16 Stunden.
Die neuern Vortheile dabei, wie man sie in England bereits ausuͤbt, sind hier
noch nicht eingefuͤhrt. Zum Steifen der Huͤte wird hier allgemein eine
Schelllakaufloͤsung genommen. Indem man die Huͤte in dem Keller
Feuchtigkeit anziehen laͤßt, und sie heiß buͤgelt und dieses mehrmals
wiederholt, erhalten sie den schoͤnen Glanz. Man sieht hieraus, daß der Glanz
den Huͤten auf aͤhnliche Weise gegeben wird, wie den Tuͤchern
durch das Decatiren.
Haͤtte mit mir ein Jaͤger oder Militaͤr unerkannt die
Ausstellung besehen, er wuͤrde sich wie Achilles gewiß bei dem Anblike der
schoͤnen Waffen, wie sie aus den Werkstaͤtten des Schwertfegers Hausmann in Wien und der Buͤchsenmeister Nowack und Mayer in Wien, Ridler aus Oberoͤstreich und Colombo aus Mayland hervorgegangen sind,
verrathen haben. Es bestanden diese Waffen aus sehr schoͤnen Saͤbeln
und Degen und bruͤnirten und damascirten Percussionsgewehren, sowohl einfach
als Zwillinge, so wie auch aus sehr schoͤn gearbeiteten Pistolen mit
Percussionsschloͤssern.
Neben diesen Gewehren sah man die Waaren der Messerschmiede Roͤsler in Nixdorf in Boͤhmen und Gruner in Wien ausgebreitet. Der erstere hatte eine große Auswahl von
Federmessern und Taschenmessern geliefert, die sich nicht allein durch hohe Politur
der Klingen, sondern auch durch neue sehr passende compendioͤse Vereinigung
sehr vieler Klingen und anderer Gegenstaͤnde des gewoͤhnlichen
Gebrauchs unter Einer Schaale auszeichneten. Als eine Curiositaͤt
verdient von diesem Meister noch ein Duzend Messer und Gabeln mit Perlmuttergriffen
erwaͤhnt zu werden, die so klein und zierlich gearbeitet waren, daß sie
vollkommen in einer Nußschaale untergebracht werden konnten.
Ich komme nun zu einem Industriezweige, der in dem oͤstreichischen Staate
außerordentlich an Umfang zugenommen hat, dem ein gleiches Gedeihen auch in unserm
Vaterlande zu wuͤnschen waͤre. Ich meine die Baumwollenspinnereien. In
der ganzen oͤstreichischen Monarchie moͤgen wohl jezt uͤber 150
große Spinnfabriken verbreitet seyn, wobei Boͤhmen allen uͤbrigen
Theilen der Monarchie hinsichtlich der Zahl und der Ausdehnung seiner Fabriken
vorangeht. Oestreich unter der Enns, Tyrol, so wie die Lombardei haben nicht so viel
Baumwollenspinnfabriken, als dieses Koͤnigreich allein.
Von 21 Baumwollenspinnfabriken aus Boͤhmen, Oestreich unter der Enns, Tyrol,
Mayland waren Gespinnste eingegangen. Es befanden sich darunter Gespinnste von Nr.
48 bis Nr. 104. In Oestreich, so wie auch in England und Frankreich etc. ist die
Numerirung abhaͤngig von der Anzahl Straͤhne, welche auf ein Pfund
Garn gehen.
Ein Garn von Nr. 100 will so viel sagen: von diesem Garn gehen 100 Straͤhne,
deren jedes 7 Gebinde und jedes Gebinde 100 Faden hat, aus ein Pfund. Dabei wird
aber allemal ein Haspel von bestimmter Groͤße, in Oestreich von 2 1/8 Wiener
Ellen vorausgesezt.
Unter den tuͤrkisch roth gefaͤrbten Garnen zeichneten sich
hauptsaͤchlich durch Lebhaftigkeit der Farben diejenigen Proben aus, welche
aus zwei Fabriken von Pludenz und Hard in Vorarlberg kamen.
So viele und große Spinnereien koͤnnten nicht bestehen, wenn nicht die große
Masse von Baumwollengarnen, welche durch sie hervorgebracht wird, in den vielen
Baumwollenwebereien wieder einen guten Absaz faͤnde. Auch mit
Baumwollenzeugen war diese Ausstellung reichlich versehen, da 22 Fabrikanten ihre
Beitraͤge dazu geliefert hatten. Auch hier schienen Boͤhmen, die
oͤstreichichischen Erblande, so wie Italien einander den Vorrang streitig
machen zu wollen. Unter der großen Menge von Stoffen fiel mir besonders ein
damastartig gewebtes baumwollenes Caffeetuch aus der Baumwollenfabrik des J. Bayreuther zu Asch in Boͤhmen, wegen seiner
ausgezeichneten Schoͤnheit auf. Der Barchent von H. Todesko in Wien war um so beachtenswerther, weil er auf durch das Wasser
bewegten Webstuͤhlen gewebt worden war. J. Pacher
aus Oberoͤstreich hatte eine ausgewaͤhlte Folge uͤber 100
Stuͤk Baumwollendrill, welcher in der neuesten Zeit sehr haͤufig zu
Sommerhosen verwendet wird, von den gefaͤlligsten Mustern und Farben
eingesendet. Zu gleichem Zwek sehr dienlich und eben so preiswuͤrdig
erschienen mir die Wollencortzeuge, welche von den Webermeistern zu Prosnitz in
Maͤhren waren eingeliefert worden.
Als ein seltenes Stuͤk der Webekunst verdient ein Nankinbeinkleid ohne Nath,
in welches sogar die Taschen eingewebt waren, eine besondere Erwaͤhnung. Es
war von dem boͤhmischen Webermeister Liebal
gewebt. Diese Hosen sind auf dieselbe Art gewebt worden, als die hanfenen
Sprizenschlaͤuche, welche man neuerdings hie und da anstatt der ledernen,
denen sie bei weitem vorzuziehen sind, eingefuͤhrt hat.
Auch von den zu Kattunen veredelten Baumwollenzeugen hatten 24 Fabriken eine große
Auswahl von allerlei Mustern und Farben eingesendet. Es war hier sehr erfreulich die
großen Fortschritte zu bemerken, welche dieser Industriezweig in der neuesten Zeit vorzuͤglich
dadurch gemacht hat, daß er jede neue chemische Entdekung, welche nur irgend mit der
Faͤrberei in Beziehung stand, sich anzueignen wußte.
In Hinsicht auf geschmakvolle Muster und Schoͤnheit der Faͤrbung
verdienten die erste Erwaͤhnung sehr viele Kattune aus der Fabrik Porges in Prag. Dieses ist wohl jezt unstreitig die
groͤßte Kattunfabrik in der ganzen oͤstreichischen Monarchie. Dirigent
derselben ist gegenwaͤrtig Hr. Dr. von Kurrer, als ausuͤbender Chemiker der Druk-
und Farbekunst und Schriftsteller in diesem Fache gleich ausgezeichnet. Unter ihren
Mustern befanden sich auch einige Stuͤke Kattun mit Gold- und
Silberdruk, welche aͤhnlichen Kattunen von Schoͤppler und Hartmann in Augsburg, die
ich in der Muͤnchner Ausstellung sah, an Guͤte vollkommen
gleichkamen.
Unter den uͤbrigen Kattunen zeichneten sich die Kattune aus den Fabriken der
beiden Leitenberger in Cosmanos und in Reichstadt in
Boͤhmen, von du Pasquier in Neunkirchen, von Steiner in Sechshaus, von Koͤchlin und Singer in Jungbunzlau aus.
Leztere Fabrik hatte neben ihren Kattunen zugleich drei nette und instructive
Modelle von einer Scheermaschine und einer Schlichtmaschine, so wie eines Dandylooms
(eines Webstuhls, der bloß mit Huͤlfe einer Kurbel bewegt wird)
aufgestellt.
Die Gebruͤder Erxleben in Landskron in
Boͤhmen hatten unter ihren Kattunen ein großes Sortiment Trauerkattune zur
Ausstellung gebracht, welche in einem wegen der Einfoͤrmigkeit der Farbe so
undankbaren Zweige der Kattundrukerei, doch durch schiklich gewaͤhlte Muster,
so wie durch gluͤklich berechnete Abstufungen der grauen und schwarzen Farbe
eine hoͤchst gefaͤllige Wirkung hervorbrachten.
Eines der wichtigsten Producte der Landwirthschaft ist die Schafwolle. Die Menge und
Guͤte, in welcher sie in den verschiedenen Theilen der oͤstreichischen
Monarchie erzeugt wird, traͤgt nicht wenig zum Flor der vielen
Wollenmanufacturen bei, welche in jenem Staate sich befinden. Es mußte bei den
vielen Schaͤfereien, welche schon seit einer langen Reihe von Jahren Schafe
von den edelsten Racen besizen, auffallen, daß nur von vier derselben Wollmuster zur
Ausstellung gelangt waren. Alle Muster bestanden aus sehr feiner
preiswuͤrdiger Wolle; zwei Muster kamen aus Ungarn, eines sogar aus der
Bukowina. Das schoͤnste Vließ unter diesen stammte aus einer fuͤrstl.
Metternich'schen Schaͤferei, und zeichnete
sich sowohl durch Feinheit, als auch durch seinen dichten Stapel aus.
Von sechs Kammgarnspinnereien, fuͤnf boͤhmischen und einer
lombardischen, war eine große Menge Kammgarn vorhanden. Wenn man die Feinheit,
Gleichheit und den schoͤnen Glanz derselben betrachtete, so wurde es erst
recht erklaͤrlich, wie daraus so schoͤne wollene Stoffe, als man in
diesem Saale erblikte, gewebt werden konnten.
Man konnte hier von mehr als vierzig Fabriken die verschiedenartigsten Wollengewebe
vereinigt sehen: feine und mittelfeine Tuͤcher, Casimirs, Merinos, Thibets,
Shawls, Maͤntelstoffe, gedrukte und ungedrukte und sogenanntes Tartantuch,
ein sehr feiner koͤstlicher Stoff. Es moͤchte sehr schwer seyn, zu
bestimmen, welchem von den verschiedenen Stoffen man in Hinsicht auf Feinheit,
Glanz, Farbe den Vorzug einraͤumen sollte. So weit man nach dem bloßen
Ansehen urtheilen kann, moͤchte ich unter den feinen Tuͤchern und
Casimiren denen, welche aus der Fabrik der Gebruͤder
Moro in Klagenfurt kamen, den Vorzug einraͤumen.
So wie durch Feinheit, so zeichneten sich ihre Stoffe auch durch das Brennende ihrer
Farben aus, und unter den vielen verschiedenen Farben, welche hier vorkamen,
gefielen mir hauptsaͤchlich die gruͤnen, scharlach- so wie
carmoisinroth gefaͤrbten Casimire. Es ist diese Fabrik eine der
ansehnlichsten in der ganzen oͤstreichischen Monarchie. Ihren Erzeugnissen am
naͤchsten kamen die Casimire und Tuͤcher der Namister Feintuch-Manufactur, dann der des Offermann in Brunn, der des Popper aus
Putschowitz, alle drei aus Maͤhren; so wie uͤberhaupt Maͤhren
und Boͤhmen die meisten vorzuͤglichen Fabriken dieser Art besizen, und
diese Artikel in großer Menge und vorzuͤglicher Guͤte liefern. Einer
besondern Auszeichnung noch werth erschienen mir die schoͤnen Thibets aus der
Kammgarnspinnerei und Wollzeugfabrik des Franz Wuͤnsche und Comp. in Hirschberg in Boͤhmen.
Ein Industriezweig, der schon seit geraumer Zeit vor so vielen Staͤdten in
Deutschland in und um Wien mit dem gluͤklichsten Erfolg, besonders seit
Einfuͤhrung der Jacquardstuͤhle betrieben wurde, sind die
Shawl-Manufacturen. Aus ihnen waren die ausgesuchtesten und kostbarsten
Shawls zur Ausstellung gelangt, woran man recht augenscheinlich die große
Vollkommenheit, bis zu welcher es diese Manufacturen gebracht haben, erkennen
konnte. Unter den Shawls von sieben Einsendern moͤchte ich denjenigen von
Joh. Burde in Wien, die ganz aus Schafwolle waren, und
deren saͤmmtliche Dessins, wie ausdruͤklich bemerkt ward, nicht nach
franzoͤsischen Mustern copirt, sondern nach eigenen Originalzeichnungen
angefertigt waren, schon deßhalb den Vorzug einraͤumen. Ein himmelblauer
Shawl zeichnete sich hier unter allen uͤbrigen besonders aus.
Aehnlich den Shawls sind die feinen Damenmaͤntelstoffe. Vorzuͤgliche
Waaren dieser Art hatten drei Manufacturen aus Wien geliefert, unter welchen sich
die von Hornbostel und Comp. schon dadurch von den
uͤbrigen unterschied, daß mehrere ihrer Gewebe auf durch Wasser bewegten
selbstwebenden Stuͤhlen waren gewebt worden.
Eine große Auswahl der ausgesuchtesten und kostbarsten Modezeuge zum Theil aus
Kammgarn allein, zum Theil aus Kammwolle und Seide mit gedrukten und gewebten
Mustern, darunter sogenanntes Tartantuch, lag aus der Manufactur des Jos. Winter aus Wien vor. Es befanden sich darunter sehr viele
von den feinen gedrukten Kammwollstoffen, wie sie durch die Mode in der neuesten
Zeit zu Westen und Kleidern so beliebt geworden sind. Aehnliche Stoffe, besonders
sehr schoͤn borduͤrte Halstuͤcher lagen noch von mehreren
andern Fabrikanten, meistens Seidenfabrikanten, vor. Wahrscheinlich haben mehrere
dieser Fabrikanten, deren Geschaͤft durch den Aufschlag, welchen der Preis
der Seide erlitten hat, sehr gedruͤkt ist, ihre Thaͤtigkeit mehr
diesen Woll- und Halbseidenstoffen zugewendet.
Ein Fabricat, das in der neuesten Zeit wieder Mode geworden ist, verdient schon
deßhalb eine besondere Erwaͤhnung. Es ist dieses der Schafwollenfelpel, von
dem hier sehr schoͤne Muster von Carlo Boselli aus
Mayland zu sehen waren.
Einen Umstand, der sowohl fuͤr die Schafzucht, als auch fuͤr die
Tuchfabrication von der groͤßten Wichtigkeit ist, und dessen genaue Beachtung
gewiß große Vortheile beiden Gewerbszweigen in unserem Vaterlande bringen
wuͤrde, kann ich hier um so weniger verschweigen, je weniger er den
bayerischen Tuchfabrikanten bisher bekannt zu seyn scheint. Auch wurde er in dem
ausfuͤhrlichen und umfassenden Berichte uͤber die lezte
Muͤnchner Industrieausstellung nicht erwaͤhnt.
Es laͤßt sich leicht beweisen, daß je feiner und kuͤrzer der Stapel der
Wolle ist, sie auch um so mehr zu einem feinen, weichen, glaͤnzenden,
sammtartig anzufuͤhlenden und sich gut tragenden Tuche eignet. Die
Guͤte und das schoͤne Aussehen des Tuches haͤngt
naͤmlich vorzuͤglich davon ab, daß moͤglichst viele seine
Spizchen der Haare in einem gegebenen Raum sich zeigen, die auch je naͤher
sie an einander liegen, desto geneigter sind, beim Walken sich unter einander zu
verschlingen. Diese vielen Spizchen sind es auch, welche bei der nachfolgenden
Appretur des Tuches dasjenige bewirken, was man die Dekung desselben nennt, deren
Vollkommenheit eben mit der Menge dieser Haarspizchen im Verhaͤltniß steht.
Ein Tuch, welches schlecht gedekt ist, traͤgt sich schlecht, oder wird, was
dasselbe ist, bald fadenscheinig. Nach diesen Vorerinnerungen muß es auffallen, daß
nicht allein in Bayern, sondern auch noch in anderen Laͤndern zur
Tuchfabrication immer noch einschuͤrige Wolle genommen wird, aus der zwar
leichter ein Faden gesponnen werden kann, der aber wegen der groͤßeren
Laͤnge der Wollhaͤrchen, aus denen er zusammengesezt ist, eine
geringere Anzahl derselben zu seiner Bildung noͤthig hat, und daher seiner
Laͤnge nach viel weniger herausstehende Haarspizen enthaͤlt, die sich
beim Walken des Tuches in einander schlingen. Ein aus solchen Faͤden von
einschuͤriger Wolle gewebtes Tuch muß, wenn es durch die Appretur ein
schoͤnes Ansehen und die gehoͤrige Dekung erhalten soll, sehr oft
gerauhet und geschoren werden, bis die zu einem Faden geschlungenen
Wollhaͤrchen groͤßten Theils in mehrere Theile zerrissen und durch das
Buͤrsten ihre Spizen nach der Außenseite des Tuches gedruͤkt werden.
Dadurch wird aber der Kern des Tuches auf Kosten der Haltbarkeit sehr
beschaͤdigt, und eine Dekung, die auf solche Weise kuͤnstlich durch
oft wiederholtes Aufrauhen und darauffolgendes Scheeren erlangt worden, hat bei
weitem nicht die Dauer, wie diejenige, welche wegen der Kuͤrze der einzelnen
Wollhaͤrchen jenem Tuche eigenthuͤmlich ist.
Aus allem diesem geht hervor, daß die zweischuͤrige Wolle bei der
Tuchfabrication der einschuͤrigen vorzuziehen ist, indem sie ein viel
schoͤneres und besser dekendes Tuch als die einschuͤrige Wolle gibt,
welches auch zur aͤußeren Schoͤnheit bei weitem nicht so viel Appretur
als ein Tuch aus einschuͤriger Wolle noͤthig hat.
Die feinsten und schoͤnsten Tuͤcher aus der beruͤhmten vorhin
erwaͤhnten Fabrik der Gebruͤder Moro in
Klagenfurt sind aus solcher zweischuͤrigen Wolle bereitet worden, und die
zwei-, ja sogar die dreischuͤrige Wolle ist jezt von dieser Fabrik
viel gesuchter als die einschuͤrige.
Fuͤr die Schafzuͤchter ist diese Notiz deßhalb sehr wichtig, weil die
zweifache Schur der Schafe zugleich ein gutes Mittel zur Veredlung der Wolle an den
Schafen selbst ist.
Da die oͤstreichische Monarchie mehrere Provinzen in sich schließt, in welchen
wegen ihres milden Himmelsstrichs die Seidencultur einen sehr wichtigen Erwerbszweig
ausmacht, so ließ sich erwarten, daß sich auch von diesem Stoffe Proben bei der
Ausstellung vorfinden wuͤrden.
Von 15 Einsendern waren meistens aus Italien, Tyrol und dem Banate Proben von roher, filirter und
gezwirnter Seide, sowohl von weißer als auch von gelber Farbe eingesendet
worden.
Nur eine einzige Probe war aus den deutschen Erbstaaten von der Akerbaugesellschaft
in Klagenfurt eingegangen.
Ausgezeichnet war die gefaͤrbte Seide von dem Seidenweber Schaldt in Wien.
In viel groͤßerer Menge, als die rohe und zubereitete Seide, sah man hier die
aus ihr gewebten Stoffe.
Es gibt aber gewiß keine Stadt in Deutschland, welche so viel Seidenstuͤhle im
Gange hat, als Wien. Vor einigen Jahren zaͤhlte man in der Stadt uͤber
8000 derselben. Es gibt aber auch keinen Faserstoff als die Seide, der zu so
verschiedenartigen glatten, croisirten, façonnirten und brochirten und mit
Leinen, Baumwolle oder Schafwolle vermengten Zeugen verarbeitet wird, die zugleich
mehr als alle anderen Zeuge den Launen der Mode unterworfen sind. Eben deßhalb ist
es auch sehr schwer, die verschiedenen Namen derselben alle angeben zu wollen, die
oft durch kleine Veraͤnderungen in der Bearbeitung derselben hervorgerufen
werden. Vierundzwanzig der ansehnlichsten Fabriken wetteiferten hier um den Vorrang
ihrer ausgesucht schoͤnen Waaren.
Zu den kostbaren Stoffen verdienen besonders die brochirten schweren Kirchenstoffe
des J. Lehmann und Fr. Kargel,
beide aus Wien, gezaͤhlt zu werden, die sich durch prachtvolle Muster, deren
Glanz manchmal noch durch eingewebte Gold- und Silberfaͤden
erhoͤht wurde, so wie durch ihre Breite und Schwere auszeichneten. An diese
Kirchenstoffe reihten sich wuͤrdig diejenigen Stoffe an, welche zu Tapeten
bestimmt waren, von so ausgesuchter Pracht, wie man sie selten in
fuͤrstlichen Zimmern erbliken wird.
Andere façonnirte Stoffe, wie sie zu Damenmaͤnteln, Westenzeugen,
Halstuͤchern etc. verbraucht werden, waren in der groͤßten Menge und
sorgfaͤltigsten Auswahl vorhanden. Der leztere Zweig der Seidenfabrication
wird besonders durch die vielen in Wien befindlichen Jacquardstuͤhle
unterstuͤzt, welche in der neuesten Zeit von den Wienern dadurch verbessert
worden sind, daß man sie jezt viel compendioͤser und einfacher vorgerichtet
hat. Gleich ausgezeichnet, wie die Menge von Seidenzeugen waren auch die vielen
Seidenbaͤnder. Es befanden sich hier deren von allen Gattungen, sowohl ganz
einfache, schmale, glatte, als auch deren mit den schoͤnsten eingewebten
Borduͤren. Sammt, in so großen Quantitaͤten er auch in Oestreich
erzeugt wird, war nur in einigen wenigen Mustern vorhanden.
Unter den vielen glatten und gekoͤperten Seidenzeugen der Fabrik Ch. G. Hornbostel und Comp. in Wien verdienen mehrere schon
deßhalb ausdruͤklich erwaͤhnt zu werden, weil sie auf selbstwebenden
Stuͤhlen, welche von Wasser getrieben werden, waren gewebt worden.
Obgleich man anerkennen muß, daß die Seidenweberei, hauptsaͤchlich der
façonnirten Stoffe in Vergleich fruͤherer Zeiten sich sehr
vervollkommnet hat, so haben doch neuere Untersuchungen der Franzosen dargethan, daß
die chinesische Seidenweberei in ihrer Art noch vorzuͤglicher, die Farben
glaͤnzender, und die Preise dabei bedeutend geringer, als von eben derselben
Waare in Lyon sind. Die chinesischen Seidenzeuge wuͤrden auch schon die
franzoͤsischen von dem amerikanischen Markt verdraͤngt haben, wenn sie
nicht den doppelten Zoll der franzoͤsischen Waaren zu bezahlen
haͤtten. In dieser Beziehung ist folgende Thatsache hoͤchst merkwuͤrdig. Das
franz. Handelsministerium hatte verschiedene Baͤnder, welche in Frankreich
verfertigt worden waren, nach China geschikt, um sie dort nachweben zu lassen; man
waͤhlte dazu die schwierigsten Muster mit Blumen aller Farben, die so nur auf
dem Jacquardstuhle hervorgebracht werden koͤnnen. Die Muster kamen mit den
Nachahmungen bald zuruͤk und waren zu Aller Erstaunen den
franzoͤsischen Mustern taͤuschend nachgeahmt, und noch dazu bedeutend
wohlfeiler als diese. Die Chinesen muͤssen also schon fruͤher eine dem
Jacquardstuhle aͤhnliche oder eine vollkommenere Maschine besessen haben.
Vielleicht wenden sie noch manche andere Maschinen an, deren Gebrauch ihnen bei der
Verfertigung der Seidenzeuge ein so großes Uebergewicht vor den europaͤischen
Fabriken verschafft.
Im Vergleich mit der großen Menge roher Selbe und den vielen vorhandenen Seidenzeugen
mußte der geringe Vorrath von Flachs und leinenen Zeugen, die man hier fand,
auffallen.
Sehr schoͤner raffinirter Flachs war bloß aus drei verschiedenen Provinzen
eingesendet worden, aus der Lombardei, Boͤhmen und aus Oestreich.
Von Zwirn lagen nur zwei verschiedene Einsendungen vor, wovon eine aus Crema kam, und
in Hinsicht auf Feinheit, Gleichheit und Weiße von ausgezeichneter Qualitaͤt
war.
Von acht boͤhmischen Fabriken befand sich Leinendamast vor, der den
schoͤnen saͤchsischen Damasten, wie sie in der Gegend von Chemnitz
erzeugt werden, nichts nachgab. Durch Groͤßte, so wie durch Schoͤnheit
der eingewebten Figuren zog ein 8 Ellen breites Stuͤk Damast aus der
Damastweberei der Gebruͤder Errleben in
Boͤhmen die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Aus der Damastweberei des
Franz Stolle in Warnsdorf in Boͤhmen konnte man
hier sehr schoͤnes Tischzeug sehen, welches auf von Wasser getriebenen
Stuͤhlen gewebt worden war. Neben dem Leinendamast befand sich auch sehr
schoͤner Leinendrill, vorzuͤglich gut zu Sommerhosenzeugen geeignet,
von Ant. Jar aus Oberoͤstreich.
Leinwand sah man hier nur von sechs verschiedenen Einsendern aus Boͤhmen,
Oberoͤstreich und der Lombardei. Fast alle Stuͤke zeichneten sich
durch Feinheit und Gleichheit des Fadens, so wie durch schoͤne Bleiche
aus.
So wie das Leinengewebe noch jezt in Deutschland besteht, laͤßt sich
voraussehen, daß ihm in kurzer Zeit eine große Umwandlung bevorsteht. Der Impuls,
welcher von dem Baumwollengewerbe ausgegangen ist, kann unmoͤglich lange ohne
weiteren Einfluß auf die Leinenwebereien bleiben. Schon jezt hat man in
Großbritannien und vornehmlich in Irland Flachsspinnereien mit Maschinen errichtet,
und die Schoͤnheit und Wohlfeilheit ihrer Producte droht die schlesischen
Leinwande von den auswaͤrtigen Maͤrkten zu verdraͤngen. Wollte
man auf dem Continente diese Thatsache ganz unbeachtet lassen, so wuͤrden die
Englaͤnder bald in dieser Industrie einen so großen Vorsprung vor allen
uͤbrigen Laͤndern gewinnen, wie sie ihn eine geraume Zeit hindurch in
dem Baumwollengewerbe errungen hatten, der ihnen noch jezt in einzelnen Zweigen
desselben nicht streitig gemacht werden kann.
Nicht unerwaͤhnt darf ich die schoͤnen kunstreichen Frauen eingesendet
worden waren. Das Schoͤnste davon war ein gestiktes Portrait des Kaisers Franz. Bei dem Gesicht, welches von Kreppfaͤden
gebildet war, konnte man unmoͤglich einzelne Faͤden oder Stiche mit
bloßen Augen
unterscheiden. Das Ganze erschien als ein sehr schoͤnes Gemaͤlde.
Es ließ sich erwarten, daß ein Artikel, wie lederne Handschuhe, welcher von der
eleganten Welt in so großer Menge verbraucht wird, auch bei dieser Ausstellung in
vorzuͤglicher Auswahl und Schoͤnheit angetroffen wuͤrde. Von
sechs verschiedenen Wiener Fabrikanten lagen Proben vor, so wie auch von sehr
schoͤnem Handschuhleder. In Wien werden diese Handschuhe fast allgemein mit
Huͤlfe sogenannter Naͤhmaschinen genaͤht. Statt der
gewoͤhnlichen Stikereien auf ihrer Oberflaͤche waren die meisten
dieser Handschuhe mit schmalen, kleinen farbigen Guirlanden nach der Laͤnge
der Hand bedrukt. Es waͤre zu wuͤnschen, daß die Erlanger
Handschuhfabrikanten, die in der Regel sehr gute Waare liefern, sich oͤfters
Muster von Wiener Handschuhen zur Nachahmung kommen ließen.
Auch Mannskleider, von mehreren Schneidern Wiens verfertigt, prangten neben den
Handschuhen; sie schienen mir von der Art zu seyn, daß sie auch den eigensinnigsten
Wiener Dandy befriedigen konnten.
Einen praͤchtigen Anblik gewaͤhrten die auf langen Tafeln schoͤn
geordneten Glaswaaren, welche von fuͤnfzehn Glashuͤtten, meistens aus
Boͤhmen herstammten. Man konnte darunter wahre Meisterstuͤke der
Glasmacherkunst antreffen. Wollte man das reinste Krystallglas, dessen Glanz noch
durch den Schliff erhoͤht wurde, in großen Massen angewendet erbliken, so
durfte man nur auf die kostbaren Kronleuchter, auf die großen Vasen und auf die
reichen Aufsaze sehen, die unter einer Menge von Pokalen, Bier- und
Weinglaͤsern, Schalen, Schuͤsseln, Koͤrben u.s.w. hervorragten.
Aber nicht von weißem Krystallglase allein gab es manche schoͤne
Stuͤke zu bewundern, sehr viele Glaͤser, Pokale sah man auch aus dem
dunkleren Rubinglas, oder die einzelnen Theile aus verschiedenfarbigem Glase
zusammengesezt. Nicht durch den Schliff allein, sondern auch noch auf andere Weise
hatte man eine große Mannigfaltigkeit und Abwechslung dem Glase zu geben gewußt, und
dadurch oͤfters eine uͤberraschende Wirkung hervorgebracht. Manche
rubinrothe Glaͤser oder Pokale waren mit weißen Arabesken und
Blumenguirlanden eingefaßt. Dieses hatte man dadurch zu bewerkstelligen gewußt, daß
man das Glas aus zweierlei Glas geblasen hatte, so daß man uͤber das
anfaͤnglich weiße Glas ein rothes farbiges Umfangglas angebracht hatte, das
dann, so weit es die Verzierungen erforderten, abgeschliffen wurde, so daß diese mit
weißem Glase erschienen. Eine andere Art der Verzierung bestand darin, daß man auf
weißem Glase farbige, erhabene Figuren, Medaillons, Guirlanden u.s.w. vermittelst
der sogenannten Incrustirung anbrachte, ein Verfahren, das man hier mit vielem
Gluͤk und Geschmak ausgefuͤhrt sehen konnte. Zu den
praͤchtigsten Glasstuͤken gehoͤrte unstreitig ein Pokal mit der
Madonna del Sedia und zwei Blumenvasen mit eingeschnittenen Abbildungen jener
Blumen, welche die Namen der kaiserl. Familie fuͤhren.
Unter den Glashuͤtten, deren Erzeugnisse hier aufgestellt waren, muß ich
hauptsaͤchlich die auch im Auslande beruͤhmte Glasfabrik des F. Steigerwald zu Hayda in Boͤhmen
erwaͤhnen.
Die durch Formen gepreßten Glaswaaren scheinen mir noch nicht ganz die
franzoͤsischen, von denen ich schon mehrere Proben sah, zu erreichen.
Wahrscheinlich haͤngt das bessere Gelingen bei den Franzosen von der
groͤßeren Leichtfluͤssigkeit der Glasmasse ab, welche bei ihnen
vielleicht durch einen groͤßeren Zusaz von Blei bewirkt wird. Sehr zu bedauern ist, daß viele
boͤhmische Krystallglaͤser eine Zeit lang der Einwirkung des
Tageslichtes ausgesezt, einen Stich ins Braͤunliche erhalten, wie ich mich
bei den Glaswaaren uͤberzeugen konnte, welche ich in den Sammlungen des
Wiener polytechnischen Instituts dem Lichte ausgesezt fand. Dieser Fehler des Glases
mag vielleicht von einem kleinen Zusaz von Manganoxyd, welches oͤfters zur
Entfaͤrbung der Glasmasse als sogenannte Glasseife beigemengt wird, oder
vielleicht von einem Zusaz von Kohle herruͤhren, wodurch man das Glaubersalz
zu zersezen sucht, welches in neuerer Zeit hauptsaͤchlich zur Glasmasse
anstatt der Potasche verwendet wird.
Mit zwei besonderen Gattungen von Glaswaaren, naͤmlich boͤhmischen
Glasfluͤssen oder sogenannten unaͤchten Edelsteinen, so wie mit
venezianischen Perlen war die Ausstellung reichlich versehen. In der Erzeugung
dieser falschen Edelsteine hat man es in der That in der neuesten Zeit so weit
gebracht, daß ein Kennerauge dazu gehoͤrt, um die unaͤchten Edelsteine
von den aͤchten durch das bloße aͤußere Ansehen zu unterscheiden.
Anders verhalten sich diese boͤhmischen Steine freilich in Bezug auf
Haͤrte, spec. Gewicht u.s.w. Auch vielerlei Schmuksachen, mit solchen
unaͤchten Edelsteinen verziert, konnte man neben denselben erbliken. Solche
Gegenstaͤnde waren besonders in großer Menge und Schoͤnheit von den
beiden Fabrikanten Unger und Goͤble, beide aus Boͤhmen, vorhanden. Mit eben so viel Kunst
verfertigt waren die Glasperlen und Perlengehaͤnge, so wie die mit ihnen
geschmuͤkten Ringe, Kreuze, Ohrenringe etc. von Ant. Polacco aus Venedig.
In der Naͤhe der Glaswaaren befand sich das Porcellan und die mit ihm mehr
oder weniger verwandten Thongeschirre, als: Steingut, Fayence, Wedgwood. Hier konnte
man die kostbarsten und vollstaͤndigsten Tafelservice erbliken. Es war sehr
interessant, alle die Abstufungen von der aͤußersten Pracht bis zu der
groͤßten Einfachheit zu uͤberbliken. Hier sah man reich vergoldete und
kuͤnstlich gemahlte Gefaͤße, dort dieselben ganz weiß oder nur mit
einem schmalen Blaͤtter- oder Blumenrand verziert, welche bestimmt
sind, das Beduͤrfniß des schlichten Buͤrgers zu befriedigen. In der
Darstellung von halberhabenen Figuren, mit denen verschiedene Gefaͤße
geschmuͤkt waren, schien wirklich die plastische Kunst sich
uͤberbieten zu wollen, indem man kleine Rosenbouquets an einigen Tassen sehen
konnte, an denen die Blaͤtter so duͤnn hervortraten, daß sie eher aus
Seide als aus Porcellan zu bestehen schienen. Daß dieser Industriezweig vornehmlich
auch in Boͤhmen bluͤhe, hatten vier boͤhmische Fabriken durch
ihre Einsendungen bewiesen. Das von diesen Fabriken eingesendete Porcellan war auch
in den geringeren Sorten glatt, rein und weiß. Daß in Hinsicht auf Schoͤnheit
der Form und der Mahlerei die von der kaiserl. Porcellanfabrik eingegangenen
Sendungen vor allen anderen sich auszeichneten, ließ der wohl begruͤndete Ruf
dieser Fabrik erwarten.
Vieles Steingut und Fayence, welches von boͤhmischen Fabriken eben so wohlfeil
als schoͤn geliefert wird, konnte man neben dem Porcellan antreffen.
Ausfuͤhrlichere Erwaͤhnung verdienen aber die Wedgwoodgeschirre aus
der Fabrik des Grafen Mnischek in Frain in
Maͤhren. Es haben diese Geschirre das Eigenthuͤmliche, daß sie neben
großer Dauerhaftigkeit genau verschiedene Steinarten, als Porphyr, Basalt, Serpentin
nachahmen, so daß sie wie aus jenen Steinen bearbeitet aussehen. Es befanden sich
hier ganze Service von verschiedenen Farben, worunter sich besonders eine hellgelbe
Masse durch ihr feines
Korn und ihren schoͤnen Glanz bemerkbar machte. Die Geschirre, welche aus
einer weißen Masse gebrannt waren, hatten eine Haͤrte, die der des Achats
gleichkam, so daß passend diese Masse zu sehr schoͤnen Reibschaalen verwendet
wird.
Ein seltenes Kunstwerk von gebrannter Steingutmasse muß ich hier zulezt noch
erwaͤhnen. Es bestand dieses in einer gothischen Kirche, die bis in das
kleinste Detail sehr genau und zierlich von H. Welsch,
einem Arbeiter der Geschirrfabrik der Gebruͤder Hartmuth in Wien, verfertigt worden war. Erst bei genauerer Betrachtung
konnte man den großen Fleiß und die Kunstfertigkeit erkennen, welche an dieses
Modell, welches 3 Fuß hoch seyn konnte, verwendet worden waren. Dieses Kunstwerk
gehoͤrte zu dem technischen Cabinet Sr. Majestaͤt des Kaisers. Aus
demselben Cabinet lagen auch sehr instructive Muster vor von Strohflechtarbeiten zu
Strohhuͤten, von der ersten Zubereitung des Strohes an bis weiter zu dem
Flechten der einzelnen schmalen Baͤnder, deren Zusammenfuͤgung zu
breiteren Baͤndern, und endlich bis zur Vereinigung dieser breiteren
Baͤnder zu ganzen Strohhuͤten selbst. Außerdem konnte man hier noch
sehr schoͤne Strohhuͤte von einer Wiener Strohhutfabrik, die aus
Wiesenrispengras (Poa pratensis), welches auf unseren
Wiesen in Menge waͤchst, geflochten worden waren.
Ich komme nun zu einem Kunstgegenstand, der in seiner Ausfuͤhrung so
raͤthselhaft erscheint, daß er, um seine Entstehung genuͤgend
erklaͤren zu koͤnnen, lange Zeit den Scharfsinn der Kuͤnstler
und Technologen beschaͤftigte. Der Professor der
Militaͤr-Akademie zu Wienerisch Neustadt, Blasius Hoͤfel, hatte Abdruͤke von Holzschnitten mit veraͤnderten Dimensionen
vorgelegt, denen eine und dieselbe Platte zu Grunde lag. Es konnte kein
Puͤnktchen entdekt werden, was nicht auch an der entsprechenden Stelle an dem
am meisten verkleinerten Abdruk dieses Holzschnittes zu erkennen gewesen
waͤre. Der Abdruk mit veraͤnderten Dimensionen wurde zuerst in Paris
von einem Kuͤnstler, Namens Gonord, erfunden, der
haͤufig Proben seiner Kunst lieferte, aber das Geheimniß derselben nur
fuͤr einen sehr hohen Preis, den man ihm nicht geben wollte, zu offenbaren
Willens war. Nach England kamen auch solche Abdruͤke und dort waren mehrere
Hypothesen im Umlauf, nach welchen man sich die Entstehungsart dieser
Abdruͤke zu erklaͤren suchte. Sie sind angegeben in Babbage's Werk „uͤber das
Maschinen- und Fabrikwesen,“ uͤbersezt von Friedenberg.Auch im polytechnischen Journal Bd. XLVI.
S. 74. Gonord's patentirtes Verfahren
findet man im polytechnischen Journal Bd.
LIV. S. 336.A. d. R.
Eben so merkwuͤrdig, wenn gleich das dabei beobachtete Verfahren viel
bekannter ist, waren von demselben Professor Hoͤfel die Kupferstiche, welche nach plastischen
Gegenstaͤnden, als Medaillen, Bas- und Hautreliefs, vermittelst einer
neu erfundenen Maschine ausgefuͤhrt worden waren. Entweder muß Hoͤfels Maschine viel zwekmaͤßiger als die
von Babbage angegebene und in Berlin schon in
Ausuͤbung gebrachte Maschine seyn, oder von Hoͤfel mit weit groͤßerer Sorgfalt und Kunst gehandhabt
werden; denn die von Hoͤfel auf solche Weise
dargestellten Kupferstiche uͤbertrafen um Vieles dasjenige, was ich von
Berliner Arbeiten in dieser Art gesehen habe. Ich gestehe, daß ich noch nie
plastische Gegenstaͤnde taͤuschender durch den Kupferstich dargestellt
gesehen habe, wie
hier. Waͤre es moͤglich, auf diese Art Landkarten darzustellen, so
haͤtte man eine Art der Situationszeichnung gefunden, welche die
vortreffliche Methode Lehmanns noch
uͤbertraͤfe. Ich bekenne es gerne, daß, so oft ich diesen Saal betrat,
ich es nie versaͤumte, von Neuem diese interessanten Arbeiten des Professor
Hoͤfel zu betrachten.
Unstreitig das kostbarste Stuͤk der ganzen Ausstellung und wuͤrdig des
kaiserl. Kunstcabinets, von welchem es einen Bestandtheil ausmachte, war ein
einfaches niedriges, mit einem Glasdekel versehenes Kaͤstchen, welches neben
den Hoͤfel'schen Kupferstichen stand. In diesem
Kaͤstchen befanden sich auf hervorstehenden Stiften befestigte Diamanten,
ungefaͤhr zwischen der Groͤße einer Erbse und der eines Kirschkerns
und daruͤber. Man sollte aus ihnen die verschiedenen Arbeiten des
Diamantschneidens, so wie alle Arten des Steinschnitts, wie sie bei den Edelsteinen
vorkommen, als Brillant- und Rosettenschnitte, Tafelsteine, Spizsteine u.s.w.
kennen lernen.
––––––––––
Das an den Saal stoßende kleine Zimmer war meistens mit Luxusgegenstaͤnden
angefuͤllt. Gleich am Eingange sah man schoͤn vergoldete
Halbbroncearbeiten von J. Ederle, Vergolder in Wien. Es
befanden sich darunter viele sehr schoͤne Bilderrahmen, dann ein großes
hoͤlzernes Tabernakel, welches durchaus vergoldet war.
Eine ganze Wand und eine daranstoßende Tafel waren mir den lakirten und gemahlten
Blechwaaren des Aug. Becker in Wien bedekt. Besonders
schoͤn und geschmakvoll gemahlt waren mehrere Praͤsentirteller, wahre
Kunstwerke, welche recht gut den gemahlten und lakirten Blechwaaren jener alten
beruͤhmten Stobwasserischen Fabrik in
Braunschweig, welche ich einstens auf der Leipziger Messe sah, an die Seite gestellt
werden konnten.
Neben diesen Blechwaaren befanden sich sehr schoͤne Tafellampen, sowohl von
lakirtem Blech, als auch von vergoldeter Bronce von Giov. Rosari in Venedig.
Unaͤchte Edelsteine zu Verzierungen, zu allerlei Gold- und Silberwaaren
verwendet, sah man auch von dem Juwelier Brenner. Neben
diesem Schmuk standen ganz bescheiden in sehr vielen Flaschen allerlei Essenzen und
wohlriechende Wasser.
Von einem benachbarten Tische winkten die schoͤnsten Reiherbuͤsche und
anderer Federschmuk, welcher von vier Federschmuͤkern Wiens herkam.
Ehe ich dieses Zimmer verlasse, muß ich noch auf eine Curiositaͤt aufmerksam
machen, die sich gleich beim Fenster am Eingange befand, und ein Beispiel abgibt,
auf welche sonderbare Gegenstaͤnde menschlicher Fleiß und Geschiklichkeit oft
verfaͤllt. Es befand sich naͤmlich ein vollstaͤndiges
Naͤhzeug in einem Kirschkern, welches von einem Uhrmacher, Loͤffler in Wien, verfertigt worden war.
Natuͤrlich waren die meisten Gegenstaͤnde, welche sich in diesem
Kirschkern befanden, so klein, daß man sie mit bloßem Auge nicht erkennen konnte,
und daher hatte man auch eine Loupe angebracht, durch deren Vergroͤßerung man
erst im Stande war, die muͤhsame Arbeit genauer zu betrachten.
Das zweite an den Saal stoßende Zimmer enthielt gleichfalls meistens nur
Gegenstaͤnde des Luxus. Es befanden sich da besonders jene durchsichtigen
Stoffe, die weder Kaͤlte noch Waͤrme abhalten, welche man unter den
Namen: Spizengrund, Bobinnet, Tuͤll anglais begreift. Sowohl von Seide als
auch von Baumwolle
konnte man diesen Stoff in großer Menge, zum Theil in zierlichen Festons an den
Waͤnden verschlungen, zum Theil mit kunstreichen Stikereien verziert, auf den
Tafeln ausgebreitet liegen sehen. In groͤßter Menge und Schoͤnheit
hatte die Fabrik von Damboͤck und Faber in Lettwitz in Maͤhren, so wie von demselben
Besizer eine Fabrik in Fribus in Boͤhmen, diese leichte Waare hier zur Schau
gestellt. Die Bobbinnets von Damboͤck in Wien
hatten noch das Merkwuͤrdige, daß sie mit Huͤlfe der Wasserkraft auf
selbstwebenden Stuͤhlen erzeugt worden waren.
Bei der kalten Witterung, welche gerade zu dieser Zeit Statt fand, mußte ein sehr
kostbarer Muff und Mantel mit edlem Pelzwerk um so mehr Interesse erregen.
Nur von einer einzigen Wachsleinwand und Wachstaffetfabrik des Leopold Schedel in Breitensee bei Wien konnte man Wachstaffet und
gedrukte Wachsleinwand sehen.
Auch in diesem zweiten Zimmer hatte man Gelegenheit wieder mehrere Tafeln, mit
Maylaͤnder vergoldeten Broncewaaren bedekt, zu bewundern, worunter sich
besonders sehr geschmakvolle Gehaͤuse zu Stokuhren auszeichneten.
Sehr uͤberrascht wurde ich hier, neben den Broncewaaren ein zahlreiches
Sortiment von Galanterie-Eisengußwaaren, Ringen, Ohrenringen, Petschaften,
Ketten, Medaillons von einer Schaͤrfe, Vollkommenheit und Reinheit des Gusses
zu finden, wie ich Aehnliches nur von den Berliner Eisengießereien erwartet hatte.
Diese Eisengußwaaren hatte die Fabrik des Jos. Glanz in
Wien geliefert.
In wissenschaftlicher Hinsicht waren noch die von Karl Pruͤfer sehr genau gearbeiteten Krystallmodelle aus Holz
merkwuͤrdig.
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Ein drittes Zimmer war hauptsaͤchlich mit den Kunstwerken der Uhrmacher
geschmuͤkt. An einer Tafel zunaͤchst dem Fenster befanden sich goldene
und silberne Taschenuhren in großer Menge, worunter hauptsaͤchlich einige
ganz platte Uhren meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Es befand sich darunter
eine Uhr von Jos. Dorner in
Wien, die vollkommen ihrer aͤußeren Gestalt und Groͤße, so wie auch
dem Gepraͤge nach, einem preuß. Thaler gleichkam. Bei einer anderen
merkwuͤrdigen Taschenuhr von Pechan in Wien war
das Getriebe von Kokusnußschaale; sie war innen geoͤffnet und aufgezogen, so
daß man sich von der Wahrheit der Angabe, so wie von ihrem Gange uͤberzeugen
konnte. Die Menge der hier befindlichen Taschenuhren wurde noch bei weitem durch die
vielen Wiener Stokuhren uͤberboten.
Bei diesen Uhren war es meistens das aͤußere Beiwerk, welches durch
geschmakvolle Verzierung und reiche Vergoldung das Auge auf sich zog. Zu den Uhren,
welche durch ihre aͤußere Eleganz und Anordnung besonders gefielen,
gehoͤrte vorzuͤglich eine Uhr mit einem Wasserfall, wobei nicht allein
das von dem Felsen stuͤrzende Wasser, sondern auch das Geraͤusch des
Wassers taͤuschend nachgeahmt war. Das Zifferblatt dieser Uhr war in dem Rad
eines mit goldenen Blumen gefuͤllten Schubkarrens, der von einem Amor
geschoben wurde, angebracht. Diese lezteren Gegenstaͤnde bestanden aus Bronce
und waren reich vergoldet. Eine andere Uhr stellte ganz natuͤrlich eine
Sonnenblume, wieder eine andere einen Blumenstrauß vor, und die Stunden wurden durch bunte
glaͤnzende Kaͤser, welche als Zeiger dienten, angezeigt. Doch waren
auch Uhren darunter, welche auch den Kenner, der nicht bloß auf das Aeußerliche
sieht, befriedigen konnten. Darunter rechne ich ein Chronoglobium mit verschiedenen
astronomischen Bestimmungen von Matth. Zielmayer in Wien,
ferner zwei astronomische und geographische Pendeluhren von J. Bender in Wien.
Auf einer Tafel prangte ein ungefaͤhr zwei Schuh hoher Tempel mit einer
Kuppel, die von schlanken korinthischen Saͤulen getragen wurde, nicht etwa
von Stein, Holz, Elfenbein oder Metall von den Haͤnden irgend eines
geschikten Bildhauers oder Gießers verfertigt, sondern aus Seife von einem
Seifensieder, Chiozza in Triest, von dem, so wie von
einem anderen dortigen Seifensieder, Finzi, uͤber
hundert Sorten wohlriechender Oehlseifen neben dem Seifentempel aufgeschlichtet
waren.
Neben diesen Kunstwerken der Seifensiederei befanden sich sehr viele
Parfuͤmeriegegenstaͤnde und allerlei Seifenkugeln von der
Toiletteseifenfabrik des Preis und Nuglich in Wien.
Den Kerzen aus Wallrath aͤhnlich waren die Stearine-Tafelkerzen von
Seifensieder Schreder in Wien. Nicht allein in der Seife,
sondern auch in allerlei Zukerwaaren hatte sich die plastische Kunst versucht und
man konnte hier neben den Seifenwaaren Bauern und Baͤuerinnen in den
verschiedenen oͤstreichischen Landestrachten von dem Zukerbaͤker Dehme erbliken. In Hinsicht auf Kunst standen sie auf
derselben Stufe, wie die Berchtesgadner Holzschnizereien. Die Sonnen- und
Regenschirme von Fr. Winter in Wien waren besonders wegen
ihrer compendioͤsen Einrichtung lobenswerth. Seidene Tuͤcher aus Como,
gedrukte und gestreifte baumwollene Zeuge aus Vorarlberg, ein großer Shawl von Reinhold aus Wien, nebst einem großen Teppich dienten
theilweise zur Ausschmuͤkung der Waͤnde.
Von diesem Zimmer gelangte man in den daranstoßenden kleinen Redoutensaal. In diesem
Saal waren der Laͤnge nach die verschiedenen Tischlerwaaren, wie sie von
sechs Wiener Meistern geliefert worden waren, aufgestellt. Die Arbeiten dieser
Tischler zeichneten sich meistens mehr durch kostbare Hoͤlzer und reiche
Vergoldung, die man hie und da verwendet sah, als durch geschmakvolle
Ausfuͤhrung aus.
Mit mehr Kunst gearbeitet waren die fuͤnfzehn Fortepiano's und Claviere, bei
welchen zehn Meister um den Preis des Vorzugs mit einander rangen. Was die
aͤußere Pracht betrifft, so verdiente ein Fortepiano von Saccadacholz von
Conrad Graf in Wien den Vorzug. Durch vollen runden Ton,
sogar in den hoͤhern Toͤnen, so wie durch ihre innere Construction
zeichneten sich drei Fortepiano's von dem beruͤhmten Meister J. B. Streicher aus. Sie waren mit eiserner
Roͤhrenverspreizung und hoͤlzerner, mit Eisenblech uͤberzogener
Anhaͤngplate ohne innere Corpusverbauung.
Violinen, Harfen, Guitarren und andere musikalische Instrumente von Mart. Stoß, Ant. Stauffer und Joh.
Enzenberger in Wien waren am anderen Ende des Saales
in so großer Menge aufgestellt, daß man ein ganzes Orchester damit haͤtte
versehen koͤnnen. An der den Fenstern des Saales gegenuͤberliegenden
Wand befand sich eine lange Reihe von Spiegeln, aus gegossenem und geblasenem Glase,
meistens mit sehr prachtvollen vergoldeten Rahmen eingefaßt, angelehnt. Diese
Spiegel kamen fast alle aus boͤhmischen Glashuͤtten. Der
groͤßte dieser Spiegel kam aus der Glashuͤtte des G. C. Abele in Neuhurkenthal und Deffernik in Boͤhmen; er hatte eine
Breite von 28'' und eine Hoͤhe von 47 Zoll
oͤstreich. Maaß.
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Das an den kleinen Redoutensaal stoßende Zimmer enthielt die lezte Abtheilung der
ganzen Ausstellung, welche meistens aus chemischen Producten bestand.
Man konnte hier auf einem großen runden Tisch unter den vielen Flaschen finden:
ungarischen Champagner und andere Weine, Liqueure aller Art, zum Theil aus Italien
und Boͤhmen, Bier, Tinte, Knoppernextract, Wagenschmiere u.s.w.
Unter allen Farbstoffen fiel mir besonders der Krapplak, welcher von der
oͤkonomischen Gesellschaft in Wien geliefert worden war, auf. Auch noch
andere Farbstoffe befanden sich in Menge hier, und kamen meistens aus den chemischen
Fabriken des Joh. Stark und Fr. Brosche in Prag.
Sehr zahlreiche Proben von Alaun aus Steyermark, von Eisen- und Kupfervitriol
aus der fuͤrstl. Auerberg'schen
Bergwerkproducten-Fabrik zu Lukowitz in Boͤhmen zeichneten sich
besonders durch die Groͤße und Schoͤnheit ihrer Krystalle aus.
Neben diesen und manchen andern chemischen Producten, die in vielen Glaͤsern,
Kaͤstchen und Schachteln aufgestellt waren, konnte man auch sehr viele Proben
von Runkelruͤbenzuker bemerken, welcher meistens von mehrern fuͤrstl.
und graͤfl. Herrschaften in Boͤhmen und Oberoͤstreich waren
eingesendet worden; ein Zeichen, daß dieser neue Industriezweig in der
oͤstreichischen Monarchie Theilnahme findet. Unter den Fabriken, die solchen
Runkelruͤbenzuker geliefert hatten, befand sich die des Fuͤrsten Oettingen Wallerstein, in Koͤnigssaal in
Boͤhmen, die des Fuͤrsten von Thurn und
Taxis in Dobrawitz in Boͤhmen, des Grafen Czernin in Chotomischl, die des Grasen von Colloredo-Mansfeld in Stats in Niederoͤstreich. Außer dem
Runkelruͤbenzuker konnte man auch Kartoffelzuker unter dem einladenden Namen
des Wiener Gesundheitzukers aus der Fabrik des H. Ludwig
in der Gegend von Wien finden.
Zu dieser Zusammenstellung chemischer Producte paßten sehr gut die chemischen und
pharmaceutischen Geraͤthschaften aus der Fabrik des W. Batka in Prag.
Endlich hatte noch ein Zahnarzt aus Mayland, C. Rigamonti,
durch kuͤnstliche Zaͤhne, welche hier vorlagen, fuͤr die
Zahnlosen gesorgt.
In diesem Zimmer sah man auch noch verschiedene Stuͤke sehr schoͤner
Roßhaarzeuge.
Es fiel mir auf, daß die Wiener Ausstellung verhaͤltnißmaͤßig viel
weniger von Einheimischen und Fremden besucht wurde, als die Muͤnchner. Als
ich daruͤber mehreren Wienern mein Befremden zu erkennen gab, sagten sie:
„Sie koͤnnten taͤglich Jahr aus Jahr ein eine viel
groͤßere Ausstellung sehen, sie brauchten nur in der Stadt auf und ab zu
gehen, und die reichen Ausstellungen in den langen Reihen von
Kaufmannsgewoͤlben, die in vielen Straßen der Stadt dicht neben einander
stehen, zu betrachten.“ In der That hatten sie nicht Unrecht. Es
hatte, wie schon der Katalog der Ausstellung auswies, fast jede auswaͤrtige
oder in den Vorstaͤdten befindliche Fabrik ihre Commissionsniederlage in
irgend einem Gewoͤlbe der Stadt, und wie viele kostbare auslaͤndische
Waaren wurden nicht
außerdem noch in den Gewoͤlben der Kaufleute feil geboten? Wer es mit eigenen
Augen angesehen, wie die Wiener Handelsleute einander in der prachtvollen
Ausstellung ihrer Waaren zu uͤberbieten suchen, wie nicht allein die
Ladenthuͤren, sondern oft die ganzen unteren Stokwerke groͤßen Theils
mit Glaskaͤsten voll der ausgesuchtesten Waaren gleichsam tapeziert sind, um
die Aufmerksamkeit der Voruͤbergehenden zu fesseln und zum Einkaufen
anzulocken, eine Ausstellungsart, wie man sie so schoͤn und einladend in
Leipzig und Frankfurt am Mayn, selbst waͤhrend der Meßzeit nicht findet, der
wird jene Entgegnung der Wahrheit gemaͤß finden. Betrachtet man erst vollends
diese reichen Gewoͤlbe waͤhrend des Abends glaͤnzend
erleuchtet, wo der vielfaͤltige Schimmer der Lichter und Gaslampen den Waaren
noch einen besondern Reiz beifuͤgt, so mußte gegen so prachtvoll erleuchtete
Reihen von Waarenlagern die Ausstellung, so glaͤnzend und eines großen
Kaiserstaates wuͤrdig sie auch an sich war, doch in den Hintergrund
treten.