Titel: Ueber das Luftschiff „der Adler“ (l'Aigle) des Hrn. Grafen Lennox. Von Hrn. William Baddeley.
Fundstelle: Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XIV., S. 87
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XIV. Ueber das Luftschiff „der Adler“ (l'Aigle) des Hrn. Grafen Lennox. Von Hrn. William Baddeley.15) Aus dem Mechanics' Magazine, No. 623. Mit Abbildungen auf Tab. II. Ueber Lennox's Luftschiff. Ich gebe hiemit eine leicht hingeworfene Skizze von dem Luftschiffe l'Aigle,“ welches gegenwaͤrtig in England das Wunder des Tages ist. Dieses Monstrum von einer Maschine ist das Erzeugniß einiger Individuen in Paris, welche sich im vorigen Jahre daselbst zu einer Gesellschaft verbunden, um eine Luftcommunication zwischen Paris und London zu bewerkstelligen. Nach mehreren Versuchen hielten sich die Theilnehmer so sehr von dem Gelingen ihrer Unternehmung versichert, daß sie wirklich Tag und Stande ihrer ersten Reise ankuͤndigten, wie man sich aus den damaligen Pariser Blaͤttern zu erinnern wissen wird. Ganz Paris stroͤmte am bestimmten Tage an den zur Abfahrt bestimmten Ort, um Zeuge der Abreise der kuͤhnen Luftschiffer zu seyn; allein sowohl die Erwartungen der Zuschauer, als die Zuversicht der Unternehmer wurde getaͤuscht; denn der Ballon barst wegen Ueberfuͤllung mit Gas ploͤzlich, und mit lautem Knalle in dem Augenblike, wo er das feste Land verlassen sollte. Dieselben Individuen haben sich nun in neuester Zeit unter dem Titel: „Europaͤische Luftschifffahrts-Gesellschaft (European Aëronautical Society)“ mit dem Grafen Lennox als Praͤsidenten an der Spize, zu London in Kensington niedergelassen, wo sie folgende Ankuͤndigung ergehen ließen: „Das erste Luftschiff „der Adler“ (the Eagle) 160 Fuß lang, 50 Fuß hoch und 40 Fuß breit, mit einer Bemannung von 17 Personen, ist zur Herstellung einer directen Communication zwischen den verschiedenen Hauptstaͤdten Europas bestimmt. Die erste Fahrt wird von London nach Paris und zuruͤk Statt finden.“ In der in Fig. 19 beigegebenen rohen Zeichnung dieses Luftschiffes ist A, A der Ballon oder Gashaͤlter, welcher aus 2400 Yards Baumwollzeug, der mittelst eines Firnisses luftdicht gemacht worden, besteht. Er hat die Gestalt eines Cylinders, welcher sich zu beiden Seiten kegelfoͤrmig endigt, und der beilaͤufig 7000 Kubikfuß Gas fassen soll. Das Schiff oder das sogenannte Paketboot B, B ist 75 Fuß lang und 7 Fuß hoch; das Gestell besteht aus Holz, und ist ringsum mit starkem Nezwerke umgeben, damit Niemand von der Bemannung oder von den Passagieren hinausfallen kann. C ist eine in der Mitte des Schiffes angebrachte Cajuͤte von 6 Fuß Breite. D, E, F, G sind vier Fluͤgel, womit das Fahrzeug getrieben wird. Jeder dieser 4 Fluͤgel besteht aus 80 beweglichen Laschen uͤberfirnißten Baumwollzeuges von 2 Fuß 6 Zoll Laͤnge und 9 Zoll Breite, welche uͤber ein Gestell aus Bambus gespannt sind. An der einen Seite der Fluͤgel befindet sich ein starkes Nezwerk, welches den Laschen als Stuͤzpunkt dient, wenn sich dieselben zum Behufe des Treibens des Fahrzeuges gegen die Luft bewegen. D und F ist das Nezwerk; E und G sind die Laschen. Der Mechanismus, womit die Fluͤgel in Bewegung gesezt werden sollen, befindet sich innerhalb der Cajuͤte C. H ist ein am Ende des Luftschiffes angebrachtes Ruder, womit die Unternehmer das Fahrzeug steuern zu koͤnnen hoffen. Die Unternehmer haben bei manchen der von ihnen getroffenen Anordnungen großen Scharfsinn beurkundet; auch duͤrften sie viel dazu beigetragen haben, die Ballons besser lenkbar zu machen, als dieß bisher der Fall war. Dessen ungeachtet glaube ich aber, daß es besser gewesen waͤre, wenn die Gesellschaft noch auf der Bahn der Versuche fortgefahren waͤre, und getrachtet haͤtte den Beweis fuͤr das Richtige ihrer Theorie vorher in einem kleineren Maaßstabe zu fuͤhren. Der Ballon wird seiner Form gemaͤß in der Richtung des Windes liegen. Wenn die Luftstroͤmung der verlangten Richtung nur wenig entgegen ist, und die Fluͤgel in Bewegung gesezt werden koͤnnen, so duͤrfte es wohl wenig Zweifel unterliegen, daß mit dem Ruder H die Bahn eingehalten werden kann. Ist der Wind hingegen sehr entgegen, so bleibt den Luftschiffern nichts Anderes uͤbrig, als das Fahrzeug in eine etwas tiefere Luftschichte zu bringen, indem in verschiedenen Luftschichten bekanntlich oft verschiedene Luftstroͤmungen herrschen. Um im Nothfalle ein solches Senken zu bewirken, wird in einen kleinen Ballon, der sich in dem aͤußeren großen befindet, einer Fischblase nicht unaͤhnlich ist, und auf sehr einfache Weise gefuͤllt oder entleert werden kann, atmosphaͤrische Luft getrieben. Wenn naͤmlich dieser kleine Ballon mit atmosphaͤrischer Luft gefuͤllt wird, so wird das in dem großen befindliche Gas so zusammengedruͤkt, daß die ganze Maschine specifisch schwerer wird als die atmosphaͤrische Luft und folglich herabsinkt. Gelangt man in einen guͤnstigeren Luftstrom, so wird die Luft aus dem kleineren Ballon wieder entfernt, wo sich dann das Gas in dem großen Ballon wieder ausdehnt, und dadurch die Schwimmkraft der Maschine herstellt. Diese Methode mag zwar allerdings ihrem Zweke entsprechen; allein es scheint mir, daß große Gefahr des Berstens entstehen duͤrfte, wenn man das Gas in den Ballons so comprimiren wollte, daß dadurch eine merkliche Verminderung in der Schwimmkraft des Apparates entstuͤnde. Weit besser scheint mir jener Plan, den Hr. G. C. Atkinson von Newcastle-upon-Tyne vor einigen Jahren zu demselben Zweke vorschlug. Nach diesem Plane soll naͤmlich dem Ballon eine hinlaͤngliche Quantitaͤt Gas entzogen und in einem geeigneten kupfernen Gefaͤße verdichtet werden, um es dann je nach Bedarf wieder in den Ballon zuruͤktreten lassen zu koͤnnen. Was die von der Gesellschaft befolgte Methode ihr Luftschiff fortzutreiben betrifft, so muß ich gestehen, daß ich dieselbe nichts weniger, als fuͤr die beste halte. Entsprechender scheint mir jene Methode, welche ich von Hrn. Tatum vor einigen Jahren in seinen Vortraͤgen uͤber Luftschifffahrt empfehlen hoͤrte. Tatum wollte naͤmlich die Luftballons mittelst zweier kreisender Windfaͤnge und einem Ruder getrieben und gesteuert wissen; und solchen. Windfaͤngen kann auch wirklich mit weit geringerem Verluste an Kraft eine groͤßere Geschwindigkeit mitgetheilt werden, als dieß bei Anwendung der Fluͤgel der Fall ist. Man hat die Luftballons seit langer Zeit mehr als Spielzeuge betrachtet, und ich muß sagen, daß ich mich freue die Luftschifffahrt wieder von einer mehr wissenschaftlichen Seite in Anregung gebracht zu sehen; denn wenn deren Nuzen auch ein sehr beschraͤnkter ist, so kann denn doch durch sie wahrscheinlich noch weit mehr geleistet werden, als viele Personen gegenwaͤrtig zuzugeben geneigt sind. Anhang. Wir erlauben uns hier im Auszuge auch noch jene Bemerkungen beizufuͤgen, welche Hr. William Pearson von Bishop Aukland im Mechanics' Magazine, No. 628, daruͤber niederlegte. Es scheint, daß das gewoͤhnliche Gewicht der atmosphaͤrischen Luft in der Naͤhe der Erde 1 1/4 Unzen per Kubikfuß betraͤgt, oder 800 Mal geringer ist, als das Gewicht des Wassers. Um daher einen Apparat und einen Menschen, welche zusammen 14 Steine wiegen, in der Luft emporsteigen zu machen, ist ein Vacuum von 2000 Fuß erforderlich. Da nun aber ein Vacuum specifisch noch leichter ist, als ein mit Gas erfuͤllter Ballon, so muß ein Ballon, der jene 14 Steine heben soll, noch groͤßer seyn, als ein Vacuum von 2000 Fuß. Ich glaube hienach, daß sich die Luftschifffahrts-Compagnie in ihren Berechnungen geirrt habe, indem ihr Ballon nicht nur nicht die 17 Mann Bemannung tragen, sondern im Ganzen mit Einschluß der Schwere des Schiffes kaum 500 Pfd. heben duͤrfte. Ja das Mißverhaͤltnis zwischen der Maschine (welche 7000 Fuß haͤlt), und der Last, die in die Luͤfte erhoben werden soll, ist so groß, daß ich glauben muß, die Unternehmer haben entweder die Sache gar nicht verstanden, oder es war gar nicht ihre Absicht das Luftschiff „der Adler“ wirklich steigen zu lassen. Das Bersten des Ballons in dem Augenblike, wo das Ganze haͤtte emporsteigen sollen, spricht fuͤr Lezteres. Der Adler scheint mir ferner, was den Steuerungsapparat betrifft, nach demselben irrigen Principe, wie saͤmmtliche bisherige aëronautische Maschinen, gebaut zu seyn; man sieht hieraus deutlich, daß sich bisher kein Mann von wahrhaft mechanischen Talenten mit dieser Sache befaßt habe. Man will ein Luftschiff steuern, und bringt das Ruder oder die sonstigen Apparate, deren man sich zu diesem Zweke bedienen will, an dem Schiffe, und nicht an dem Ballon an, der doch um so viel groͤßer ist, als ersteres, daß hiedurch keine andere Wirkung, als hoͤchstens die erfolgen kann, daß das Fahrzeug im Falle eines heftigen Windstoßes zum Umschlagen bekommt: besonders da das Fahrzeug nicht fest, sondern bloß durch Seile, welche lediglich durch das Gewicht der Luftsegler gespannt erhalten werden, mit dem Ballon verbunden ist. Es kommt mir dieß eben so vor, als wollte man einen Wagen durch irgend einen an den vorderen Raͤdern angebrachten Apparat steuern, waͤhrend er von den Pferden in gerader Richtung fortgezogen wuͤrde. Nach meiner Ansicht sollte man dem Ballon die Gestalt einer doppelt convexen Linse geben, wovon dann die eine Convexitaͤt nach Oben, die andere nach Abwaͤrts gegen die Erde gerichtet waͤre, so daß das Schiff genau unter dem mittleren oder kugelfoͤrmigen Theile hinge. Um den Rand dieser Linse herum sollte ein Reifen angebracht seyn, an welchem nicht nur das Schiff aufgehaͤngt werden muͤßte, sondern an dem auch einige leichte Stangen mit Segeln anzubringen waͤren: und zwar auf solche Weise, daß sie ohne Stoͤrung des Gleichgewichts vom Schiffe aus gehandhabt werden koͤnnten. Zwischen den Segeln sollten sich nach Hinten die Ruder befinden, die auf gleiche Art unter der Direction des Steuermannes stehen muͤßten. Die Last muß nothwendig mit der Schwimmkraft des Ballons im Verhaͤltnisse stehen, indem sonst die Reisenden eben so herumgeschaukelt werden wuͤrden, wie dieß mit dem Schwanze eines papiernen Drachen zu geschehen pflegt, wenn er zu leicht oder zu kurz ist. Anstatt aller Apparate zum Treiben des Ballons wuͤrde ich lieber Luftstroͤmungen aufsuchen, die der verlangten Richtung so viel als moͤglich entsprechen, und durch Laviren an den verlangten Ort zu gelangen trachten. Da das Gas hoch zu stehen kommt, und nicht immer zu haben ist, so wuͤrde ich die Luft in den Ballons lieber durch Anwendung von Waͤrme verduͤnnen. Man koͤnnte zu diesem Behufe leicht einen kleinen leichten Ofen in dem Schiffe anbringen, und die erhizte Luft oder den Rauch in einer biegsamen Roͤhre und auf solche Weise in den Ballon leiten, daß nicht leicht durch Feuer ein Ungluͤk geschehen kann. Der Zufluß an heißer Luft ließe sich durch einen Daͤmpfer so reguliren, daß der Ballon nach Belieben gesenkt oder hoͤher getrieben werden koͤnnte. Montgolfier stieg auf diese Weise bekanntlich mehrere Male auf. Vielleicht koͤnnte man uͤbrigens noch wohlfeiler aufsteigen, wenn man dem Ballon ein Gestell aus duͤnnen Stahlstaͤben gaͤbe, daruͤber ein Nez zoͤge, welches einen Druk von 12 bis 14 Pfund per Zoll aushalten koͤnnte, das Ganze dann mit luftdicht gemachtem Seidenzeuge uͤberzoͤge, und endlich die Luft in dem Ballon mit einer Luftpumpe auspumpte (?). Ich hielt diese Idee anfangs fuͤr ganz neu, fand jedoch bei reiflichem Nachforschen, daß bereits der heruͤhmte Bacon denselben Vorschlag gemacht hatte. Ich halte diese Methode wirklich fuͤr die beste, sicherste und wohlfeilste, so daß sie allerdings eines Versuches werth seyn duͤrfte. Um einen derlei Ballon allmaͤhlich herabsinken zu machen, brauchte man, wie sich von selbst versteht, nur nach und nach atmosphaͤrische Luft in denselben eintreten zu lassen.

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