Titel: | Ueber die Runkelrübenzukerfabrikation mittelst Maceration. Schreiben des Hrn. Matthieu de Dombasles. |
Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. LXIV., S. 364 |
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LXIV.
Ueber die Runkelruͤbenzukerfabrikation
mittelst Maceration. Schreiben des Hrn. Matthieu de Dombasles.Dieses Schreiben des Hrn. de Dombasles bezieht sich
auf den Apparat des Hrn. de Beaujeu, welchen wir im
Polytechnischen Journal Bd. LV. S. 286 und S. 367 bekannt machten. Wir bitten zur
vollkommenen Verstaͤndigung sowohl diesen, als auch die Bemerkungen des
Herrn Clémandot
Bd. LV. S. 131 zu vergleichen. A. d.
R.
Aus dem Journal des connaissances usuelles.
Maͤrz 1835, S. 122.
Ueber die Runkelruͤbenzukerfabrikation mittelst
Maceration.
Ich habe mit vielem Interesse, aber mit großem Bedauern gelesen, welche Resultate Sie
mit dem Apparate des Hrn. Beaujeu
erzielten. Ueberrascht
war ich uͤbrigens keineswegs hiedurch, denn man mußte sich wahrhaftig Gewalt
anthun, wenn man glauben konnte, daß die continuirliche oder fortwaͤhrende
Filtration, wie sie in diesem Apparate Statt haben soll, zu Resultaten
fuͤhren koͤnne, die sich mit jenen der allmaͤhlichen Behandlung
durch Maceration vergleichen lassen. Bei lezterer Methode ist man naͤmlich,
wenn die Maceration in einem Bottiche eine bestimmte Zeit uͤber gedauert hat,
gewiß, daß zwischen allen Theilen der Fluͤssigkeit und allen Theilen der
Runkelruͤben eine vollstaͤndige Ausgleichung des Zukerstoffes
erfolgte. Es scheint mir, daß es unmoͤglich vermieden werden koͤnne,
daß diese Regelmaͤßigkeit bei der Verbindung der Maceration mit der
continuirlichen Filtration nicht unter vielen Umstaͤnden Schaden leide;
obschon die Verbindung dieser beiden Methoden allerdings Viele von denjenigen
verfuͤhren duͤrfte, die uͤber die wesentlichen Bedingungen des
Macerationsprocesses nicht gehoͤrig nachgedacht haben. Die Folge einer jeden
solchen Unregelmaͤßigkeit ist aber einerseits eine unvollkommene Ausziehung
der Runkelruͤbenschnitte, und andererseits eine Verminderung des Gehaltes
oder des specifischen Gewichtes der Fluͤssigkeit.
In diesem Falle waren auch Sie; denn, wenn ich die Ziffern Ihrer Resultate in
Erwaͤgung ziehe, so finde ich in denselben etwas Jaͤmmerliches, und
etwas, was von den durch gehoͤrig vollbrachte Maceration erzielbaren
Resultaten gar keine Idee gibt. Im Allgemeinen laͤßt sich naͤmlich
behaupten, daß die Maceration unvollkommen war, wenn man es nur zu einer Masse
Fluͤssigkeit brachte, welche nicht uͤber 6 bis 7 Proc. des Gewichtes
der Runkelruͤben betraͤgt, und welche dabei nur um einen Grad
schwaͤcher ist, als der aus denselben Runkelruͤben ausgepreßte Saft.
Dieß Resultat erlangt man gewiß, wenn man eine Batterie von 6 bis 7 Bottichen,
welche in auf einander folgenden Operationen arbeiten, anwendet.
Ein anderer Nachtheil des Beaujeu'schen Apparates, dessen
Sie sich bedienten, ruͤhrt vielleicht davon her, daß sich die
Fluͤssigkeit beim Uebergange von einem Bottiche zum anderen nicht vollkommen
erwaͤrmt. Dieser Nachtheil muß sich hauptsaͤchlich an dem ersten
Bottiche beurkunden; denn da die Runkelruͤben kalt oder vielleicht mit einer
Temperatur von 10° in denselben gebracht werden, so wird, wenn auch die
Fluͤssigkeit mit einer Temperatur von 60 bis 70° hinein gelangt, die
Masse doch nur eine Temperatur von 35 bis 40° erlangen; und diese Temperatur wird nicht
nur nicht zur Zerstoͤrung des Lebensprincipes der Ruͤben
genuͤgen, sondern sie wird der Veraͤnderung der in der
Fluͤssigkeit bereits enthaltenen Substanzen hauptsaͤchlich
guͤnstig seyn. Gerade auf dieser Veraͤnderung beruhen aber alle die
Schwierigkeiten, die Sie beim Troknen und beim Versieden erlitten, so wie auch die
schlechte Qualitaͤt der Producte, die Sie erzielten.
An meinem Macerationsapparate ist dieser Nachtheil nicht so fuͤhlbar; denn
hier wirkt das zur Erhizung des Bottiches dienende Mittel eben so gut auf die
Runkelruͤbenschnitte, als wie auf die Fluͤssigkeit, so daß es
moͤglich ist, beide schnell auf die verlangte Temperatur zu bringen. An dem
Apparate des Hrn. Beaujeu hingegen ist dieß
gaͤnzlich unmoͤglich, weil hier die Temperatur dieses Bottiches
nothwendig zwischen der Temperatur der Fluͤssigkeit und jener der
Runkelruͤbenschnitte in der Mitte steht. Schon aus meinen ersten Abhandlungen
wird man ersehen haben, welche Wichtigkeit ich den Schwierigkeiten beimaß, womit die
schnelle Erhizung des ersten Bottiches verbunden ist, und ich wuͤrde es daher
fuͤr eine sehr große Verbesserung aller Macerationsprocesse halten, wenn die
Runkelruͤbenschnitte vor dem Eintragen derselben in diesen Bottich erhizt
werden koͤnnten, um auf diese Weise unmittelbar nach deren Vermengung mit der
Fluͤssigkeit den gehoͤrigen Temperaturgrad zu erlangen. Ich habe diese
Ansicht schon fruͤher ausgesprochen, und halte dieses Verfahren
gegenwaͤrtig fuͤr eine der hauptsaͤchlichsten Bedingungen bei
der Maceration; gewiß wuͤrde sich hiedurch der Apparat bedeutend vereinfachen
lassen, und gewiß wuͤrde die Anwendung des vermengten Dampfes zum Heizen
saͤmmtlicher Bottiche moͤglich werden. Ich habe in der That schon in
meiner ersten Abhandlung gezeigt, wie sich diese einfache und wohlfeile
Erhizungsmethode auf alle Bottiche, mit alleiniger Ausnahme desjenigen, in welchen
man die frischen kalten Schnitte bringt, anwenden ließe; die ganze Schwierigkeit
waͤre gehoben, wenn man auch in diesen Bottich schon erwaͤrmte
Runkelruͤben braͤchte; denn die geringe Quantitaͤt Wasser, die
sich dann waͤhrend der Operation verdichten wuͤrde, koͤnnte in
dem Gehalte der Fluͤssigkeit nur einen unbedeutenden Unterschied
bewirken.
Ich habe schon im vorigen Jahre einigen Fabrikanten einen sehr einfachen Apparat
angegeben, mit welchem sich die Runkelruͤbenschnitte sehr wohlfeil durch
Wasserdampf erhizen lassen, ohne daß sie mit diesem selbst in Beruͤhrung
kommen. Ich will diesem Apparate im Wesentlichen folgende Einrichtung gegeben
wissen. Der zum Zerschneiden der Ruͤben dienende Apparat muß sich in einem
uͤber den Macerationsbottichen angebrachten Stokwerke befinden, und in dem Maaße als die
Schnitte geschnitten werden, muͤßten sie durch eine kupferne Roͤhre,
von der ich sogleich ausfuͤhrlicher sprechen will, in einen der
Macerationsbottiche gelangen. Diese Roͤhre muͤßte auf drei Fuß
Laͤnge einen Fuß im Durchmesser haben, und gegen jene Seite hin, bei welcher
die Runkelruͤben austreten, eine geringe Neigung haben; um sie muͤßte
eine Roͤhre von etwas groͤßerem Durchmesser laufen, und der zwischen
beiden befindliche Raum muͤßte mit Dampf geheizt werden, so daß also die
Waͤnde der inneren Roͤhre solchermaßen bestaͤndig heiß erhalten
wuͤrden. In der Mitte dieser fixen Roͤhre muͤßte sich eine
Spindel befinden, welche durch dieselbe Triebkraft, die den Schneidapparat in
Bewegung sezt, langsam umgetrieben werden, und ihrer ganzen Laͤnge nach mit
Schaufeln oder Fluͤgeln besezt seyn muͤßte, wodurch die
Ruͤbenschnitte bestaͤndig bis an den oberen Theil der Roͤhre
emporgehoben werden wuͤrden, um sie hierauf wieder herabfallen zu lassen. Der
Grad der Neigung der Roͤhre wuͤrde die Geschwindigkeit, mit der die
Ruͤben durch sie hindurch gelangen, bestimmen; auch muͤßte die
Einrichtung getroffen seyn, daß diese Neigung beliebig abgeaͤndert werden
koͤnnte. Eben so ließe sich der Roͤhre auch eine horizontale Richtung
geben, wenn man den Fluͤgeln oder Schaufeln der Spindel dagegen eine schiefe
Form gaͤbe; doch scheint mir erstere Einrichtung den Vorzug zu verdienen.
Ein Apparat dieser Art, oder irgend eine andere denselben Zwek erfuͤllende
Vorrichtung wuͤrde meiner Ansicht nach alle Macerationsapparate wesentlich
vervollkommnen; und da Sie darauf beharren, mit jenem Apparate, den Sie bereits
besizen, noch weitere Versuche anzustellen, so glaube ich Ihnen diesen meinen Zusaz,
der unmoͤglich große Ausgaben verursachen kann, sehr empfehlen zu
muͤssen. Ich fuͤr meinen Theil bin der Ueberzeugung, daß die Zukunft
der Runkelruͤbenzukerfabrikation ganz in dem Macerationsverfahren gelegen
ist; und wenn ich auch weit entfernt bin zu glauben, daß sich mein Apparat mit auf
einander folgenden Operationen nicht mit anderen Methoden vereinbaren laͤßt,
so bin ich doch auch der Ansicht, daß dieser Apparat wegen der Sicherheit der
Resultate, die er gibt, endlich vor allen anderen den Vorzug erringen wird. Man
erschrak uͤber die Schwierigkeiten, die er darbot, und die absichtlich von
mehreren Seiten uͤbertrieben worden zu seyn scheinen; allein diese
Schwierigkeiten werden verschwinden, wenn man sie beim Lichte betrachtet. Die
Erfinder anderer Apparate wiederholten bestaͤndig den Tadel, daß der mit auf
einander folgenden Operationen arbeitende Apparat nicht fabrikmaͤßig arbeite;
allein, wenn man seine Arbeit vorurtheilsfrei mit jener der Reiben und Pressen vergleicht, so wird man
finden, daß sie weit einfacher und wohlfeiler, und folglich auch mehr
fabrikmaͤßig ist. Ich glaube, daß die Einrichtung, welche ich hier angegeben
habe, wesentlich dazu beitragen wird, die Fabrikanten zur Annahme dieses Apparates
zu bestimmen, indem nun die Haupteinwendung gegen denselben, naͤmlich die
Erhizungsweise der Bottiche, wegfaͤllt. Wenn man diese einmal durch
vermischten Dampf erhizen kann, so gibt es nichts Einfacheres und Wohlfeileres, als
die Errichtung einer Macerationsbatterie; und wenn man an dem einen Ende der
Batterie das warme Wasser eintreten laͤßt, waͤhrend an dem anderen die
Runkelruͤben eben so warm in dieselbe gelangen, so sind alle Veranlassungen
und Ursachen zu Veraͤnderungen des Saftes so wie die hieraus folgenden Fehler
in der Qualitaͤt der Producte beseitigt. Der groͤßte Feind, den man
naͤmlich bei diesem Verfahren zu befuͤrchten haͤtte,
waͤre ein Sinken der Temperatur waͤhrend der Dauer der Operation; und
wie lange diese Dauer auch immer seyn mag, so wird man doch immer Producte von
schoͤner Qualitaͤt erhalten, wenn die Fluͤssigkeit von dem
Augenblike an, wo sie mit den Runkelruͤben in Beruͤhrung kam, bis zum
Troknen (dessication) bestaͤndig auf einer dem
Siedepunkte nahe kommenden Temperatur erhalten wurde.