Titel: | Ueber eine Vorrichtung, womit man Gegenstände, welche in rascher Umdrehung begriffen sind, vollkommen deutlich sehen kann. Von Herrn Richard Roberts in Manchester. |
Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. XIX., S. 87 |
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XIX.
Ueber eine Vorrichtung, womit man
Gegenstaͤnde, welche in rascher Umdrehung begriffen sind, vollkommen deutlich
sehen kann. Von Herrn Richard
Roberts in Manchester.
Aus dem London Journal of Arts. Februar 1835, S.
338.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Vorrichtung, Gegenstaͤnde, welche in rascher Umdrehung
begriffen sind, vollkommen deutlich zu sehen.
Es ist nicht leicht abzusehen, in wiefern physikalische Spielereien manchmal zur
Demonstration irgend eines noch unbekannten Naturgesezes oder zur Entwiklung irgend
einer fuͤr die Wissenschaft hoͤchst schaͤzbaren Thatsache
fuͤhren koͤnnen. Der Umstand, daß eine Papierscheibe mit
groͤßter Hartnaͤkigkeit an einer Oeffnung haͤngen bleibt, so
daß ein Luftstrom von bedeutender Kraft erforderlich ist, um dieselbe wegzublasen,
erregte lange Zeit viel Aufsehen, und doch blieb er immer nur eine Spielerei, bis
man die Entdekung machte, daß dasselbe Princip, welches hier zum Grunde lag, auch
auf die Scheibenventile der Hochdrukdampfmaschinen Anwendung finde. Man kam also
hiedurch auf eine hoͤchst wichtige Thatsache, und lernte eben dadurch sich
gegen deren Folgen schuͤzen.
Die optische Taͤuschung, welche hervorgebracht wird, wenn man eine Scheibe,
auf welche verschiedene Figuren in verschiedenen Stellungen gezeichnet sind, rasch
umdreht und dann auf eine eigene Art und Weise ansieht, erregte bei ihrer ersten Entdekung
große Ueberraschung, und veranlaßte sogar mehrere wissenschaftliche Untersuchungen,
um zur richtigen Erklaͤrung derselben zu gelangen. Wenn nun auch diese
Entdekung bisher nur zu einer Spielerei fuͤhrte, wer kann mit Bestimmtheit
behaupten, daß diese Spielerei nicht einst noch manches licht auf verschiedene
Gegenstaͤnde der Optik werfen koͤnnte?
Es duͤrfte demnach nicht ganz uninteressant seyn, wenn ich dem Publicum eine
kuͤrzlich von mir aufgefundene mechanische Methode vorlege, nach welcher man
Gegenstaͤnde, die sich mit großer Geschwindigkeit umdrehen, dennoch
vollkommen deutlich zu unterscheiden im Stande ist. Da ich es naͤmlich
fuͤr wahrscheinlich hielt, daß Figuren, welche sich unter rechten Winkeln mit
ihren Flaͤchen um Achsen drehen, deutlich sichtbar sind, so verfertigte ich
zur Bestimmung des wahren Punktes einen Apparat, dessen Beschreibung weiter unten
folgen soll.
Ich verzeichnete den Saturn mit seinem Guͤrtel von beilaͤufig 5 Zoll im
Durchmesser, und gab demselben eine Geschwindigkeit von 2500 Umdrehungen per Minute; dessen ungeachtet war die Figur mit meinem
Apparat eben so deutlich sichtbar, als wenn sie vollkommen ruhig gestanden
waͤre. Ich verzeichnete hierauf eine menschliche Figur; ich nahm ein Zahnrad,
die Zahl 1835, einzelne Buchstaben etc., und fand alle diese Theile bei der
angegebenen Geschwindigkeit vollkommen deutlich sichtbar. Es scheint mir sogar, daß
sich dasselbe Resultat ergeben wuͤrde, wenn man die Geschwindigkeit auf 10
und selbst 20,000 Umdrehungen per Minute erhoͤhen
wuͤrde. Ich beschaͤftige mich eben gegenwaͤrtig mit
Verfertigung eines Apparates, der auch diese leztere Behauptung außer Zweifel sezen
soll.
Fig. 13 ist
ein Endaufriß des Apparates; Fig. 14 zeigt einen
Durchschnitt nach derselben Richtung, und Fig. 15 ist ein nach der
Quere genommener Aufriß. a, a sind die zwei
hoͤlzernen Seitengestelle, welche in die Basis b
geschraubt, und unten von den Sparren c, c
gestuͤzt sind, waͤhrend sie oben durch das Stuͤk e mir einander verbunden werden. An der in diesen
Seitengestellen aufgezogenen Hauptwelle ist eine gußeiserne, von 12
hoͤlzernen Speichen g, g, g gestuͤzte
Scheibe angebracht, und an diese Speichen sind die aus duͤnnem Pappendekel
gebildeten Segmente h, h genagelt. In eines dieser
Segmente ist ein zolllanges und 1 1/4 Zoll breites Loch geschnitten, und demselben
gegenuͤber ist in dem Seitengestelle ein anderes Loch angebracht, an welches
der Beobachter sein Auge bringt. j ist eine kleine
Welle, welche theils von einem der Seitengestelle, theils von einem an d befindlichen Fortsaze getragen wird. k ist eine Rolle von 2 Zoll im Durchmesser, welche
mittelst eines Laufbandes von der an der Hauptwelle angebrachten Rolle von 12 Zoll im Durchmesser her in
Bewegung gesezt wird. m ist eine Laufbandrolle, mittelst
welcher die Scheiben durch irgend eine Triebkraft umgetrieben werden koͤnnen.
n ist eine Kurbel mit einem Radius von 7 Zoll, womit
man der kleinen, an der Welle j befindlichen Scheibe o, deren Mittelpunkt jenem des Sehloches in dem
Seitengestelle gegenuͤber liegt, 1000 bis 1200 Umdrehungen per Minute geben kann. Diese kleine Scheibe besteht aus
Holz, und an ihr werden die Gegenstaͤnde, welche man beobachten will,
angebracht. Es erhellt von selbst, daß, wenn die große Scheibe in Bewegung gesezt
wird, die kleine Scheibe sich mit beilaͤufig 6 Mal groͤßerer
Geschwindigkeit umdrehen wird; und da der Mittelpunkt des Sehloches
beilaͤufig 2 Fuß 2 Zoll weit von dem Mittelpunkte der Scheibe entfernt ist,
so wird die an der kleinen Scheibe befindliche Figur jedes Mal, so oft man sie zu
Gesicht bekommt, nur den 109ten Theil einer Umdrehung gemacht haben und folglich
still zu stehen scheinen.