Titel: | Sechster halbjähriger Bericht über den Ertrag der Liverpool-Manchester-Eisenbahn. Erstattet von den Directoren der Compagnie am 21. Januar 1835. |
Fundstelle: | Band 55, Jahrgang 1835, Nr. LXXII., S. 409 |
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LXXII.
Sechster halbjaͤhriger Bericht
uͤber den Ertrag der Liverpool-Manchester-Eisenbahn. Erstattet von
den Directoren der Compagnie am 21. Januar 1835.
Aus dem Mechanics'
Magazine, No. 600, S. 330.
Sechster halbjaͤhriger Bericht uͤber den Ertrag der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn.
Die Direktoren freuen sich, die Eigenthuͤmer in Kenntniß sezen zu
koͤnnen, daß die Geschaͤfte der Compagnie im Vergleiche mit den
entsprechenden sechsmonatlichen Zeitraͤumen der fruͤheren Jahre im
Zunehmen begriffen zu seyn scheinen. Man wird dieß aus folgender Zusammenstellung
der Ausgaben und Einnahmen in dem eben abgelaufenen Halbjahre ersehen.
Einnahmen in dem mit dem 31. December 1834 abgelaufenen
Halbjahre.
Pfd.
S.
D.
Passagier-Departement
60,292
7
4
Waaren-Departement
41,197
18
6
Steinkohlen-Departement
3,408
16
4
–––––––––––––––
Summa
104,899
2
2
Ausgaben.
Pfd.
S.
D.
Rechnung der schlechten Schulden
292
2
6
Ausgaben beim Passagier-Departement,
naͤmlich: an Lohn der Waͤchter und Traͤger 1205
Pfd. 3 S. 3 D.; an Lohn fuͤr Pakkarren, Pferde und Fuhrleute 365
Pfd. 10 S. 2 D.; an Material zu Reparaturen 1131 Pfd. 16 S. 11 D.;
an Arbeitslohn fuͤr die Reparaturen 1505 Pfd. 7 S. 5 D.; an
Gas, Oehl, Talg und Strikwerk etc. 155 Pfd. 11 S. 3 D.; an Zoll
fuͤr die Passagiere 3284 Pfd. 12 S.; fuͤr
Schreibmaterialien und verschiedene kleine
Pfd.
S.
D.
Transport
292
2
6
Ausgaben 308 Pfd. 19 S. 1 D.; fuͤr
Taxen, Assecuranzen etc. an Bureaux und Stationen 171 Pfd. 16 S. 1
D.
8,128
16
2
Ausgaben beim
Waarenversendungs-Departement, naͤmlich: an Gehalt
fuͤr Agenten und Schreiber 1804 Pfd. 12 S. 9 D.; an Lohn der
Traͤger und Lader 5028 Pfd. 14 S. 8 D.; an Gas, Oehl, Talg,
Strikwerk etc. 208 Pfd. 3 S. 5 D.; fuͤr Reparaturen an Karren,
Stationen etc. 581 Pfd. 4 S. 9 D.; fuͤr Schreibmaterialien und
verschiedene kleine Auslagen 487 Pfd. 15 S. 9 D.; fuͤr Taxen,
Assecuranzen etc. der Bureaux und Stationen 451 Pfd. 8 S. 8 D
8,562
0
0
Rechnung der Auslagen fuͤr
Steinkohlen
220
1
8
Fuhrlohn fuͤr die Zufuhr von
Materialien zu Manchester
3,247
2
3
Fuhrlohn fuͤr die Zufuhr von
Materialien zu Liverpool
59
16
8
Kosten der Direction
301
7
0
Rechnung der Verguͤtung fuͤr
Transport von Reisenden
43
1
11
Rechnung der Verguͤtung fuͤr
Transport von Waaren
222
19
8
Rechnung des Kutschenbureau's,
naͤmlich: an Gehalt der Agenten und Schreiber 601 Pfd. 15 S.; an
Miethzins und Taxen 74 Pfd. 10 S.
676
5
0
Rechnung des Departements der
Maschinisten
352
10
0
Rechnung der Interessen
6,725
14
5
Kosten der Dampfkraft, naͤmlich: an
Kohks und Fuhrlohn 3654 Pfd. 7 S. 5 D.; an Lohn der Kohks-
und Wasserfuͤller 349 Pfd. 15 S. 10 D.; an Gas, Oehl, Talg,
Hanf etc. 932 Pfd. 8 S. 10 D.; an Kupfer, Messing, Eisen, Holz etc. zu
Reparaturen 3295 Pfd. 19 S. 9 D.; an Arbeitslohn fuͤr
Reparaturen 4892 Pfd. 3 S. 2 D.; an Lohn der Maschinenwaͤrter
und Heizer 815 Pfd. 12 S. 7 D.; an Reparaturen der Maschinen in
fremden Werkstaͤtten 1320 Pfd. 3 S. 1 D.; fuͤr 3 neue
Maschinen 2880 Pfd. 13 S.; fuͤr einen neuen Kessel und eine
Huͤtte an einer Wasserstation 223 Pfd. 8 S. 11 D.
18,364
12
7
Gerichtskosten
100
0
0
––––––––––––––
47,296
9
10
Pfd.
S.
D.
Transport
47,296
9
10
Kosten der Unterhaltung der Eisenbahn,
naͤmlich: an Lohn und kleinen Materialien 4163 Pfd. 0 S. 10
D.; an steinernen Bloͤken, Querbalken etc. 1082 Pfd. 10 S.
4 D.; an neuen Schienen, Lagern, Kreuzwegen etc. 2500 Pfd. 11 S. 3 D.;
an Urbau etc. 217 Pfd. 6 S. 5 D.
7,963
8
10
Kosten der Bureaux, naͤmlich: an
Besoldung 767 Pfd.; an Miethzins und Taxen 70 Pfd. 10 S.; an
Schreibmaterialien etc. 49 Pfd. 11 S. 1 D.
887
1
1
Kosten der Polizei
1,033
4
4
Verschiedene kleine Ausgaben
40
0
0
Miethzinse
233
15
0
Ausbesserungen der Mauern und
Friedigungen
712
9
9
Ausgaben fuͤr stationaͤre
Maschinen, naͤmlich: anSteinkohlen 303 Pfd. 16 S. 3 D.; an Lohn
derMaschinenwaͤrter und Heizer 102 Pfd. 6 S.; an
Materialien und Reparaturen 63 Pfd. 9 S. 9 D.;an Gas, Oehl, Talg etc.
53 Pfd. 15 S. 5 D.; fuͤr Vertiefung von Brunnen 44 Pfd. 2 S. 6
D.
567
9
11
Kosten des neuen Tunnels, naͤmlich:
an Arbeitslohn 226 Pfd. 3 S.; an Gas und Reparaturen 91 Pfd. 19 S.
8 D.; an neuen Seilleitungsrollen, an Oehl, Strikwerk etc. 90 Pfd. 14
S. 4 D.
408
17
0
––––––––––––––
Summa
59,142
15
9
Zieht man hienach die Summe der Ausgaben von jener der Einnahmen ab, so ergibt sich
fuͤr die sechs abgelaufenen Monate ein Nettogewinn von 40,346 Pfd. Sterl. 6
Schill. 7 D.
Die Capitalsrechnung vom Beginne der Unternehmung bis zum 31. December 1834 gibt
folgende Zusammenstellung:
Soll.
Pfd.
S.
D.
An Gesammtcapital in Actien und
Anlehen
1,151,185
0
0
An nicht bezahlten Dividenden
1,426
17
5
An Reservefonds und Interessen
3,930
13
6
An Ueberschuß, der nach Bezahlung der
achten Dividende im August 1834 in Casse blieb
164
11
0
An Nettogewinn des mit dem 31. December
1834 abgelaufenen Halbjahres
40,346
6
7
–––––––––––––
Summa
1,197,053
8
6
Haben.
Pfd.
S.
D.
An Kosten der Eisenbahnen und der Wagen
sammt den im Werke befindlichen Tunnelausgrabungen
1,156,563
18
3
An Capital in Haͤnden der Banquiers
Moß u. C.
23,790
14
6
An Capital in Casse
117
4
8
An Ruͤkstaͤnden
18
8
6
Bilanz der Buchschulden der
Compagnie
16,563
8
6
––––––––––––
Summa
1,197,053
8
6
Die Direktoren erlauben sich bei Gelegenheit der Vorlage dieses bisher
gewoͤhnlich uͤblichen Berichtes den Vorschlag zu machen, von dieser
bis jezt befolgten oͤffentlichen Bekanntmachung saͤmmtlicher die
Details der Geschaͤfte der Gesellschaft betreffenden Documente abzugehen. Sie
fuͤhren zur Unterstuͤzung dieses Vorschlages folgende Gruͤnde
an.
Da die Liverpool-Manchester-Eisenbahn die erste große Unternehmung
dieser Art war, so waren die Directoren derselben der Ansicht, daß von dem Gelingen
dieses ersten großen Versuches die Wahrscheinlichkeit kuͤnftiger
aͤhnlicher Unternehmungen abhaͤngen duͤrfte. Jeder Schritt, er
mochte in Hinsicht auf Erweiterung des Verkehrs, oder in Hinsicht auf financielle
Verhaͤltnisse, oder in Hinsicht auf Verbesserungen im Gebiete der Mechanik
gemacht werden, war daher fuͤr das Publicum von eben so großer Wichtigkeit,
als fuͤr die Eigenthuͤmer. In dieser Ueberzeugung
veroͤffentlichten die Directoren deßhalb auch ihre bis in's Kleinliche
gehenden Berichte, die in den Blaͤttern aller Welt Aufnahme fanden.
Haͤtten die Eigenthuͤmer der großen Wasserverbindungen wenigstens in
Hinsicht auf die allmaͤhliche Zunahme der auf ihren Canaͤlen etc.
betriebenen Geschaͤfte aͤhnliche Mittheilungen gemacht, haͤtten
sie wenigstens angegeben, wie viele Rohstoffe sie aus den Seehaͤfen in die
Fabrikstaͤdte lieferten, oder wie viele Fabrikate sie umgekehrt aus den
lezteren nach ersteren verschifften, so wuͤrde sich hieraus ein Schaz von
statistischen Quellen und Notizen ergeben haben.
Die Directoren verfolgten vier Jahre lang diesen Plan einer ruͤkhaltslosen
Oeffentlichkeit; das Publicum erfuhr sowohl die Schwierigkeiten, die sich ihnen in
den Weg stellten, als die Mißgriffe, die sie machten, und den Erfolg, dessen sich
dessen ungeachtet die großartige Unternehmung erfreute. Die Sache ist nun durchaus
im Reinen und abgemacht, und das Publicum so wie die gesezgebende Gewalt sind mit
dem allgemeinen Resultate, zu welchem man gelangte, so sehr zufrieden, daß die
Errichtung von Eisenbahnen, welche in großen Linien von Norden bis Suͤden
durch unser Koͤnigreich laufen sollen, ein charakteristisches Zeichen unseres
Zeitalters wurden. Der Zwek, den wir durch die Oeffentlichkeit erlangen wollten, ist
demnach erreicht; das Land sowohl als die Regierung haben entschieden, daß die
Eisenbahnen fortschreiten sollen, und die Ausdehnung, die ihnen nun werden wird,
haͤngt nicht mehr von unserer Liverpool-Manchester-Eisenbahn,
sondern von jenen großen Unternehmungen ab, mit denen man sich gegenwaͤrtig
beschaͤftigt. Die Directoren sind daher der Ansicht, daß nun die Zeit
gekommen seyn duͤrfte, wo sich die Compagnie als eine große
Mercantil-Gesellschaft betrachten koͤnnte, von deren
Geschaͤften nur die Theilnehmer Einsicht zu haben brauchen; sie hegen um so
mehr diese Ansicht, als von den großen Nebenbuhlern der Eisenbahnen, naͤmlich
von den Schifffahrtscompagnien, doch keine Veroͤffentlichung ihrer
Geschaͤfte, und mithin keine neuen und vollkommenen statistischen
Aufschluͤsse zu erwarten sind. Auch die uͤbrigen bisher erstandenen
Eisenbahnen geben keine detaillirten Berichte, und so viel die Directoren wissen,
will man auch bei der nun in Ausfuͤhrung begriffenen, von Norden nach
Suͤden laufenden Eisenbahn nicht von diesem Systeme abgehen. Es darf auch
nicht ein Mal Wunder nehmen, wenn die Unterzeichner anderer Unternehmungen, indem
sie dieselben lediglich von der Geschaͤftssphaͤre und als eine den
Eigenthuͤmern Gewinn bringende commercielle Speculation betrachten, nicht
geneigt sind, den Charakter und die Ausdehnung ihrer Operation, die genaue
Zu- oder Abnahme ihres Geschaͤftes und den entsprechenden Gewinn oder
Verlust der Pruͤfung der mit ihnen rivalisirenden Anstalten zu
unterlegen.
Was die Dampfwagen betrifft, so muͤssen die Directoren bemerken, daß dieselben
in allmaͤhlich fortschreitender, jedoch sehr merklicher Verbesserung
begriffen sind. Die Mechaniker der Compagnie wußten in Folge ihrer lange
fortgesezten Erfahrung, ihrer unausgesezten Aufmerksamkeit und ihrer
unermuͤdeten Pruͤfung aller arbeitenden Theile saͤmmtliche
Maschinen, so wie sie durch ihre Haͤnde kamen, mit einer oder der anderen
Verbesserung auszustatten. Wir nehmen daher keinen Anstand, zu behaupten, daß die
Fahrten der Dampfwagen in den lezten 6 Monaten sowohl in Hinsicht auf
Geschwindigkeit, als in Hinsicht auf Regelmaͤßigkeit, Alles
uͤbertrafen, was in fruͤheren Zeitperioden geleistet wurde. Die
Ausgaben fuͤr die Dampfwagen waren zwar in den lezten 6 Monaten groß; allein
sie umfassen auch die Anschaffungskosten dreier neuen und kraͤftigen
Maschinen und die neue Ausruͤstung eines vierten Dampfwagens, von welchem nur
der cylindrische Kessel beibehalten blieb. Die Directoren sehen ungern, daß ihnen in
Folge der bestaͤndigen Verbesserungen eine große Menge unvollkommener Maschinen zur Last bleibt;
und doch sind sie bei ihrer gegenwaͤrtigen Erfahrung der Ansicht, daß es von
Vortheil seyn wird, den Vorrath an Dampfmaschinen fortwaͤhrend zu vermehren;
denn nur auf diese Weise ist es moͤglich, daß alle vorkommenden Reparaturen
gehoͤrig gemacht werden koͤnnen, ohne daß die Nacht uͤber daran
gearbeitet zu werden brauchte, und ohne daß man dieselben uͤbereilen muß, um
keine Stoͤrung in dem gewoͤhnlichen Verkehre eintreten zu lassen.
Mechaniker und Gelehrte aller Laͤnder besuchen haͤufig die
Werkstaͤtten der Compagnie, die ihnen zu jeder Zeit und zum allgemeinen
Besten offen stehen, sie moͤgen dieselben zu wissenschaftlichen Forschungen
oder zu praktischer Belehrung besuchen.
Die Ausgrabung des neuen Tunnels von Wavertree-lane bis Limestreet ist beinahe
ganz vollendet, so daß man demnaͤchst die Grundlagen und die Schienen der
Eisenbahn wird legen koͤnnen.
Die Directoren haben in ihren fruͤheren Berichten bemerkt, daß sie es
fuͤr zwekmaͤßig hielten, statt jener Schienen, die von Zeit zu Zeit
brachen oder durch Biegung unbrauchbar wurden, indem die Geschwindigkeit und die
Schwere der Maschinen eine weit groͤßere wurde, als man sie
urspruͤnglich in Anschlag gebracht hatte, schwerere und staͤrkere
Schienen anzubringen. Die Erfahrung, aus der sich eine entschiedene
Superioritaͤt der staͤrkeren Schienen ergab, veranlaßte daher die
Directoren auch an jenen Stellen, an denen die fruͤheren hoͤlzernen
Riegel nach und nach durch Steinbloͤke ersezt werden, gleichzeitig
staͤrkere Schienen zu legen; sie zweifeln nicht, daß die Eigenthuͤmer
diese Maßregel gut heißen werden.
Aus oben vorgelegter Rechnung ergibt sich fuͤr das abgelaufene Halbjahr ein
Nettogewinn von 40,346 Pfd. Sterl. 6 Sch. 7 D.; rechnet man hiezu noch den vom
lezten Halbjahre gebliebenen Ueberschuß mit 164 Pfd. 11 Sch. 0 D., so gibt dieß eine
Summe von 40,510 Pfd. 17 Sch. 7 D. Die Directoren schlagen vor, von dieser Summe den
Eigenthuͤmern eine Dividende von 4 Pfd. 10 Sch. per Actie von 100 Pfd. auszubezahlen, was einem Betrage von 35,859 Pfd.
Sterl. gleichkaͤme. 3000 Pfd. Sterl. sollten ihrer Ansicht nach auf das Legen
von staͤrkeren Schienen, und 1651 Pfd. 17 Sch. 7 D. als Generalbilanz auf das
naͤchste Halbjahr uͤbertragen werden.
(Unterz.) Charles
Lawrence, Vorsizer.
Anhang.
Wir fuͤgen obigem Berichte folgenden Artikel bei, den das Mechanics' Magazine in seiner neuesten Nummer
uͤber eine zweite Eisenbahn, welche zwischen Liverpool und Manchester
errichtet werden soll, bekannt machte.
„In dem hoͤchst interessanten Aufsaze, den Hr. Dr. Lardner im Oktoberhefte des Edinburgh Review mittheilte, findet sich folgende
Bemerkung: „Die Opposition, welche die Lords Derby und Sefton gegen die Bill zum Bau
der Liverpool-Manchester-Eisenbahn leisteten, zwang die
Compagnie von jener Linie abzuweichen, die sie zuerst in Vorschlag gebracht
hatte, und welche von ihrem Ingenieur, Hrn. Stephenson, als die beste erklaͤrt worden. Da diese Linie
jedoch durch einen Theil des Grundeigenthumes der genannten Lords gegangen
waͤre, und diese dieß nicht zugeben wollten, so mußte eine andere
Linie gewaͤhlt werden, welche nicht nur beim Baue groͤßere
Kosten verursachte, sondern die auch noch fortwaͤhrend einen
groͤßeren Kostenaufwand veranlaßt.“ Nachdem der Verfasser
hierauf zu zeigen gesucht, daß die Hoͤhe, welche die neue Bahnlinie zu
uͤbersteigen hatte, die Kosten beinahe vervierfachte, faͤhrt er
also fort: „Wenn es jedoch noch irgend eines Beweises fuͤr das
Unheilvolle dieses Verfahrens beduͤrfte, so wuͤrde dieß
vollends daraus erhellen, daß man den Vorschlag zu einer zweiten Eisenbahn
zwischen Liverpool und Manchester machte; daß dieser Vorschlag nun von
denselben Lords Derby und Sefton unterstuͤzt wird, und daß die neue Bahn durch deren
Laͤndereien laufen, und die naͤmliche Richtung nehmen soll,
welche von der gegenwaͤrtigen Compagnie zuerst in Vorschlag gebracht
worden.““
„Es scheint, daß die Plane dieser zweiten Eisenbahn, von der in oben
erwaͤhntem Aufsaze die Rede ist, bereits wirklich den betreffenden
Behoͤrden vorgelegt wurden, und daß man sich demnaͤchst an das
Parliament wenden wolle, um zu deren Erbauung eine Bill zu erhalten. In
Liverpool und Manchester ist die neue Bahn bereits unter dem Namen der
noͤrdlichen (the North Line) bekannt, indem
sie noͤrdlich von der gegenwaͤrtigen laufen soll. Hr. Lardner nimmt an, daß die neue Bahn dieselbe sey,
welche Stephenson fruͤher vorschlug, und der
sich die genannten Lords fruͤher widersezten; allein dieß ist entweder
ein Irrthum, oder Stephenson irrte sich in der
Ansicht, die er fruͤher von dieser Linie hatte. Denn aus einem Berichte,
den Hr. Vignoles den Directoren der
gegenwaͤrtigen Bahn uͤber die neue noͤrdliche Bahn
erstattete, geht hervor, daß deren Bau mit noch groͤßeren Kosten
verbunden, und das Terrain noch schwerer zu ebnen seyn wuͤrde. Auch Hr. Locke erstattete einen aͤhnlichen Bericht, und
beide Berichterstatter stimmen in folgenden Punkten mit einander
uͤberein:Beide Berichte wurden in einer Broschuͤre niedergelegt, die unter
folgendem Titel erschien: „Two Reports
addressed to the Liverpool and Manchester Railway Company on the
projected North Line of Railway from Liverpool to the
Manchester, Bolton and Bury Canal near Manchester, exhibiting
the Extent of its Cuttings and Embankments; with Estimates of
the Cost of completing the said Railway. By Charles
Vignoles
Esq. C. E., and Joseph
Locke
Esq. C. E. 8. Liverpool, by
Wales
and
Baines.“ Das Mechanics' Magazine erklaͤrt diese
Schrift fuͤr so interessant und gediegen, daß sie in den
Haͤnden von Jedermann, der sich mit Eisenbahnen
beschaͤftigt, seyn sollte.
1) Daß die Erdmasse, welche an der neuen Bahn weggeschafft werden muͤßte,
wenigstens 9 Mill. Kub. Yards betragen wuͤrde, waͤhrend sie an der
gegenwaͤrtigen nur 6 Mill. ausmachte.
2) Daß die kuͤrzeste hiezu noͤthige Zeit nicht weniger als sieben Jahre
betragen wuͤrde.
3) Daß sich die Kosten der Erdarbeiten auf nicht weniger als 550,000 bis 600,000 Pfd.
Sterl. belaufen wuͤrden.
4) Daß im Vergleiche mit anderen Eisenbahnen die Erdarbeiten an der neuen Bahn per Meile in folgenden Verhaͤltnissen stehen
wuͤrden: sie waͤren um 160 Proc. groͤßer an der
London-Birmingham-Eisenbahn; um 180 Proc. groͤßer als an der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn, und um 300 Proc. groͤßer als an
der großen Verbindungsbahn.
5) Daß, abgesehen von den enormen Kosten dieser Operationen, die neue Bahn
uͤberdieß noch in Hinsicht auf die Nivellirung schlechter seyn wuͤrde,
als die gegenwaͤrtige Liverpool-Manchester-Eisenbahn; so zwar,
daß ein Dampfwagen, der auf lezterer 168 Tonnen fortschafft, und dabei nur an der
schiefen Flaͤche von Whiston von einem anderen Dampfwagen unterstuͤzt
wird, auf der neuen Eisenbahn nur 108 Tonnen fortzuschaffen im Stande
waͤre.
6) Daß in der oben angegebenen ungeheuren Summe von 550,000 bis 600,000 Pfd. nur die
Kosten der vorbereitenden Erdarbeiten, keineswegs aber jene der Schienen selbst,
noch die Ankaufskosten des Grund und Bodens, noch die Baukosten der Bruͤken,
welche beinahe zwei Mal so viel als an der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn betragen wuͤrden, noch die
Kosten der Errichtung der Stationen und Magazine in Liverpool und Manchester, noch
endlich die Anschaffungskosten der Dampfwagen, Karren etc. begriffen sind.
Wir lassen aus den oben erwaͤhnten beiden Berichten noch Einiges folgen.
Sowohl Hr. Vignoles als Hr. Locke berechnen, daß an der neuen Eisenbahn die Durchschnitte 357,706 Kub.
Yards per engl. Meile betragen wuͤrden. Um wie
viel nun diese Erdarbeit groͤßer waͤre, als an allen uͤbrigen
bisher in Großbritannien erbauten Eisenbahnen erhellt aus folgender Zusammenstellung
derselben.
Textabbildung Bd. 55, S. 416
Kub. Yards Erdarbeit per Meile;
Liverpool-Manchester-Eisenbahn, entworfen v. Stephenson sen;
London-Birmingham-Eisenbahn, entworfen v. Stephenson jun;
Grand-Junction-Eisenbahn, entworfen v. Stephenson sen. u. Locke;
London-Southampton-Eisenbahn, entworfen v. Giles; St.
Helens-Eisenbahn, entworfen v. Vignoles,
North-Union-Eisenbahn, entworfen v. Vignoles;
London-Brighton-Eisenbahn, entworfen v. Vignoles;
Grand-Western-Branch-Eisenbahn, entworfen v. Brunei jun;
Die projectirte neue North-Line-Eisenbahn
Die Daͤmme, welche auf der neuen Bahn errichtet werden muͤßten,
berechnen sich auf 5,713,026 Kub. Yards, wobei 10 Proc. fuͤr die
Consolidation mit in Anschlag gebracht sind.
In Hinsicht auf die Zeit, welche zur Ausfuͤhrung dieser ungeheuren Erdarbeiten
erforderlich seyn wuͤrde, stellt Hr. Vignoles
folgende interessante Berechnungen an.
„Die Daͤmme werden aus den Materialien gebaut, welche die
Durchstiche liefern, und lange Erfahrung zeigte hiebei, daß taͤglich nur
eine beschraͤnkte Quantitaͤt Material von den Wagen abgeladen
werden kann. Bei der am besten geleiteten Arbeit wurden meines Wissens an einem
Ende eines Dammes des Tages noch nie uͤber 1000 Kub. Yards
aufgefuͤhrt, und selbst eine solche Quantitaͤt kann, wenn die
Distanz groß ist, nur mit einem großen Aufwande an Schienenwegen, Karren,
Pferden, Aufseherlohn etc. herbeigeschafft werden. Ueberdieß kann man selbst
fuͤr diese Quantitaͤt Arbeit woͤchentlich nur 5 Tage
annehmen, indem man einen Tag fuͤr schlechtes Wetter, Versaͤumniß
und Unordnung der Arbeiter und andere Zufaͤlle abrechnen muß. Es
koͤnnen daher an dem Ende eines Dammes jaͤhrlich nicht mehr als
200,000 Kub. Yards aufgefuͤhrt werden, und hienach sehe ich nicht ein,
wie diese Arbeit in weniger als sieben oder acht Jahren vollendet werden
koͤnnte.“
Hr. Locke machte hieruͤber folgende Bemerkungen:
„Die zur Ausfuͤhrung von Erdarbeiten dieser Art erforderliche
Zeit haͤngt von der Leichtigkeit ab, mit der die Arbeit uͤber
einer groͤßeren Streke Bodens zugleich betrieben werden kann; wo dieß der
Fall ist, laͤßt sich ein langer Durchstich eben so schnell zu Stande
bringen, als ein
kurzer. Eine Ausgrabung kann sowohl an den beiden Enden, als an vielen
Zwischenpunkten zugleich begonnen werden; die Auffuͤhrung eines Dammes
hingegen kann nur von den beiden Enden her geschehen, und folglich haͤngt
dessen Fortschreiten von der Leichtigkeit ab, mit welcher die Erde von den
benachbarten Durchstichen herbeigeschafft werden kann. Die an der neu
projectirten Eisenbahn aufzufuͤhrenden Daͤmme betragen kaum mehr
als die Haͤlfte der Aus- und Abgrabungen, und doch wird zum Bau
der ersteren mehr Zeit erforderlich seyn, als zu lezteren. Einer der
Daͤmme ist bei einer Hoͤhe von 15 bis 60 Fuß 7 engl. Meilen lang,
und erfordert beinahe 3 1/4 Mill. Kub. Yards; dieser kann nach meiner Berechnung
in nicht weniger als 7 Jahren vollendet werden. Ich rechne jaͤhrlich 250
Arbeitstage und 1000 Kub. Yards, welche taͤglich an jedem Ende des Dammes
vollendet werden; dieß 6 1/2 Jahre lang fortgesezt gibt 250 × 1000
× 2 × 6 1/2 = 3,250,000 Kub. Yards; dazu rechne ich dann noch 6
Monate zur Vorbereitung und zum Legen der Schienen.“
Wir schließen mit folgendem Auszuge aus Hrn. Vignoles's
Bericht:
„Die Dampfwagen werden an der neuen Eisenbahn an einer Stelle abfahren,
welche 29 Fuß hoch uͤber den Kai's der Doks liegt; die senkrechte
Hoͤhe, welche sie hinansteigen muͤssen, wird 151 Fuß betragen, so
daß also der hoͤchste Punkt 180 Fuß uͤber den Kai's von Liverpool
liegen wird. Auf einer gut unterhaltenen Eisenbahn, und wenn die Raͤder
der Wagen gehoͤrig in Ordnung sind, kann man auf einer vollkommen ebenen
Bahn die Reibung zu 9 Pfd. per Tonne annehmen; dazu
muß bei ansteigenden Flaͤchen noch die retardirende Kraft der Gravitation
gerechnet werden, die man leicht finden kann, wenn man die Zahl der Pfunde in
einer Tonne durch das Verhaͤltniß der Steigung theilt. Wendet man nun
diese Regeln auf die neu projectirte Bahn an, so wird man finden, daß dieselbe
so nivellirt ist, daß ein Dampfwagen an vielen Stellen kaum mehr als die
Haͤlfte seiner Ladung, und nur 3/5 von dem ziehen wird, was er auf der
gegenwaͤrtigen Liverpool-Manchester-Eisenbahn zieht, wenn
man an lezterer den zwanzigsten Theil derselben, naͤmlich die schiefe
Ebene von Whiston oder Sutton, ausnimmt.“
„An diesen beiden lezteren schiefen Flaͤchen werden die
Zuͤge bestaͤndig durch zwei Aushuͤlfsmaschinen
unterstuͤzt; und nimmt man auch an, daß zwei andere Maschinen
fortwaͤhrend in Ausbesserung befindlich sind, so beschraͤnken sich
die durch diese schiefen Flaͤchen verursachten Mehrkosten doch auf 4
Dampfwagen und auf ein deßhalb noͤthiges Etablissement, so daß diese Kosten
beilaͤufig 1/8 der Gesammtkosten betragen. – An der neuen Bahn
hingegen sind die schiefen Flaͤchen so lang, und die zwischen ihnen
befindlichen besseren Niveau's so gelegen, daß solche Aushuͤlfsmaschinen
nicht wohl mit Vortheil benuzt werden koͤnnen. Die Maschinen
koͤnnten, wie Jedermann vom Fache einsehen wird, auf der neuen Bahn kaum
die Haͤlfte von dem leisten, was sie zu leisten faͤhig sind;
abgesehen von den Verspaͤtungen, welche auf langen schiefen
Flaͤchen haͤufig durch kleine Unfaͤlle eintreten: durch
Unfaͤlle, welche auf der gegenwaͤrtigen Bahn gar nicht
fuͤhlbar werden; denn auf lezterer bewegt sich ein Dampfwagen gar oft nur
mit einem Cylinder, im Falle der eine zufaͤllig in Unordnung gerathen
ist.“
„Ich nehme keinen Anstand zu behaupten, daß, selbst die schiefen
Flaͤchen an der gegenwaͤrtigen Bahn in Anschlag gebracht, auf der
neuen Bahn eine um 1/5 und selbst um 1/4 groͤßere Locomotivkraft
erforderlich waͤre, um das zu leisten, was auf der alten Bahn geleistet
wird. Hiebei ist ganz abgesehen von den Verspaͤtungen, welche leicht
durch kleine Zufaͤlligkeiten entstehen koͤnnten, indem die
Maschinen bei einer Neigung von 14 bis 17 Fuß per
Meile mit ihrer ganzen Kraft arbeiten muͤßten, was auf der alten Bahn im
Allgemeinen nicht der Fall ist. Die Kosten eines Dampfwagenetablissements
belaufen sich an der alten Bahn, wenn mit schweren Zuͤgen und großen
Geschwindigkeiten gearbeitet wird, jaͤhrlich auf 1000 Pfd. per Maschine, wobei die Ausbesserungen und
Erneuerungen in Anschlag gebracht sind; an der neuen Bahn wuͤrde daher
der Mehrbetrag der noͤthigen Locomotivkraft jaͤhrlich um
7–8000 Pfd. mehr kosten, wobei noch gar nicht in Anschlag gebracht ist,
daß die Distanz eine um 3 engl. Meilen groͤßere ist.“
Das Mechanics' Magazine glaubt, daß wenn die beiden Lords
Derby und Sefton wirklich
diesen Plan einer zweiten Liverpool-Manchester-Eisenbahn in
Ausfuͤhrung bringen sollten, sie, um der Sache die Krone aufzusezen, nichts
weiter zu thun haͤtten, als noch Hrn. Cort, der
bekanntlich alle Eisenbahnen fuͤr groben, an dem Publicum begangenen Betrug
erklaͤrte, zum Director derselben zu ernennen.