Titel: | Ueber die thierische Kohle, ihre Fabrikation, Anwendung und Wiederbelebung. Von Herrn G. Clémandot, Runkelrübenzuker-Fabrikanten und Mitgliede mehrerer gelehrten Gesellschaften. |
Fundstelle: | Band 51, Jahrgang 1834, Nr. IX., S. 36 |
Download: | XML |
IX.
Ueber die thierische Kohle, ihre Fabrikation,
Anwendung und Wiederbelebung. Von Herrn G. Clémandot,
Runkelruͤbenzuker-Fabrikanten und Mitgliede mehrerer gelehrten
Gesellschaften.
Aus dem Journal des connaissances usuelles. October
und November 1833, S. 192.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Fabrikation, Anwendung und Wiederbelebung der thierischen
Kohle.
Die thierische Kohle oder die Knochenkohle spielt eine sehr wichtige Rolle in der
Zukerfabrikation und Raffination. Dieß veranlaßte mich alles das Wesentliche, was
uͤber dieselbe gesagt worden, zu sammeln, und es im Interesse der
Runkelruͤbenzuker-Fabrikation in gegenwaͤrtiger Abhandlung
zusammenzustellen. Mein Zwek hierbei ist bloß der den Fabrikanten nuͤzlich zu
werden, und daher beschraͤnke ich mich auch bloß auf die Anfuͤhrung
dessen, was zu wissen unumgaͤnglich nothwendig oder nuͤzlich ist.
Technologische Schriften sollen immer so kurz als moͤglich seyn, und nicht
mehr Worte enthalten, als noͤthig sind, um sich allgemein
verstaͤndlich zu machen.
Die Betrachtung und Untersuchung der vegetabilischen Kohle als
Entfaͤrbungsmittel ist jener der thierischen Kohle um mehrere Jahre
vorausgegangen. Lowitz, ein Chemiker zu Petersburg,
zeigte im Jahre 1791 zuerst, daß die vegetabilische Kohle nicht nur die Eigenschaft
besizt, thierischen, in Faͤulniß gerathenen Koͤrpern den uͤblen
Geruch zu benehmen, sondern daß dieselbe auch auf die Farbe der
Fluͤssigkeiten, die man mit ihr behandelt, einen bedeutenden Einfluß
ausuͤbe. Die Angaben Lowitz's zogen bald die
Aufmerksamkeit der Chemiker auf sich; man wiederholte seine Versuche, fand deren
Resultate bestaͤtigt, erkannte deren Wichtigkeit, und veranlaßte die
Gewerbsmaͤnner dieselben im Großen zu benuzen. Die Erfolge waren bald
sichtbar; mehrere Gewerbe, und vorzuͤglich die Zukerraffination machten in
Folge der Anwendung der vegetabilischen Kohle maͤchtige Fortschritte.
Im Jahre 1810 machte Hr. Figuier, Apotheker zu
Montpellier, vergleichsweise Versuche uͤber die entfaͤrbende
Eigenschaft der vegetabilischen und thierischen Kohle, aus denen unbestreitbar die
groͤßere Wirksamkeit der lezteren hervorging. Er machte seine Arbeiten
bekannt, und von diesem Augenblike an verdraͤngte die thierische Kohle die
vegetabilische. Hr. Derosne war der erste, der die
Anwendung der thierischen Kohle speciell bei der Fabrikation und Raffination des
Runkelruͤbenzukers in Vorschlag brachte, und der sich durch die
Einfuͤhrung dieser Substanz bei diesem Fabrikationszweige außerordentliche
Verdienste erwarb. Die HH. Bussy und Payen
Polyt. Journal Bd. IX. S. 206. gaben in den von der Société de
Pharmacie zu Paris gekroͤnten Preisschriften eine vollkommene
Theorie uͤber die Wirkung der thierischen Kohle, auf welche ich
spaͤter zuruͤkkommen werde. Endlich darf ich die Verdienste des Hrn.
Dumont, der die Anwendung der thierischen Kohle nach
mehr rationellen Principien regelte, nicht uͤbergehen.
Von der Fabrikation der thierischen Kohle.
Obschon auch die Muskeln, die Sehnen, Haͤute etc. der Thiere bei der
Calcination in verschlossenen Gefaͤßen gleichfalls eine kohlige Substanz geben, so ist es doch
nicht diese Kohle, die man in der Zukerfabrikation anwendet. Diese Kohle ist
naͤmlich wohl leicht und glaͤnzend schwarz; allein ihre Molecule oder
Theilchen besizen eine solche Aggregation oder Dichtheit, daß sie sich nicht leicht
mit den Faͤrbestoffen, auf welche man sie einwirken laͤßt, verbinden.
Die im Handel vorkommende thierische Kohle wird aus den Knochen der Thiere bereitet,
wobei man auf folgende Weise verfaͤhrt.
Man reinigt die Knochen sorgfaͤltig von allem Fleische, allen daran
haͤngenden faserigen Theilen, und zerschlaͤgt sie in kleine,
1–2 Decimeter lange Stuͤke. Mit diesen Knochenstuͤken
fuͤllt man gußeiserne Gefaͤße bis oben voll, worauf man sie dann mit
einem Dekel verschließt, gut verkittet, und so viel davon in einen Ofen bringt, als
darin Plaz haben. Nach diesen Vorbereitungen wird Feuer gegeben. Die in den Knochen
enthaltenen, fetten und organischen Substanzen, wie das Mark und die Gallerte,
erhizen sich hierbei bald; einige ihrer Bestandtheile verwandeln sich in
Daͤmpfe und entweichen durch die Risse, welche in dem Beschlage entstehen.
Diese Daͤmpfe entzuͤnden sich schnell, erhoͤhen dadurch die
Hize und beschleunigen auf diese Weise die Operation, die gewoͤhnlich nach 12
bis 15 Stunden beendigt ist. Matt erkennt dieß an dem Aufhoͤren der Flamme,
wo man dann die Thuͤre des Ofens oͤffnet.
Wenn die Temperatur des Ofens so weit gesunken ist, daß man sie zu ertragen vermag,
so nimmt man die Gefaͤße oder Toͤpfe heraus, um die verkohlten Knochen
auszuleeren. Sollten einige der Knochen zum Theil der Einwirkung des Feuers
entgangen seyn, was man leicht an ihrer weißlich-roͤthlichen Farbe
erkennt, so muͤßte man diese ausscheiden, um sie neuerdings wieder zu
calciniren. Manchmal geschieht es wohl auch, daß einige Knochen ganz weiß gebrannt
werden. Dieß ereignet sich, wenn Luft in die Brenngefaͤße eindringt; denn der
Sauerstoff der Luft verbindet sich mit dem Kohlenstoffe und der Knochengallerte,
wodurch diese Substanzen in Kohlensaͤure verwandelt werden und vollkommen
verschwinden. Die weißgebrannten Knochen muͤssen sorgfaͤltig entfernt
werden, denn sie sind zur Entfaͤrbung ganz untauglich.
Bei dieser Umwandlung der Knochen in thierische Kohle geht nun Folgendes vor. Die
Knochen bestehen hauptsaͤchlich aus zwei Substanzen, 1) aus einer erdigen
salzigen Masse (phosphorsaurem und kohlensaurem Kalke), der im Feuer beinahe keine
Veraͤnderung erleidet, und 2) aus einer organischen thierischen Substanz
(Gallerte), welche die erdige Substanz umgibt, und die Knochen in der ihnen eigenen
Form erhaͤlt. Bei der hoͤheren Temperatur wirken die Bestandtheile der
Gallerte auf einander ein, und hierdurch entstehen einerseits fluͤchtige
Stoffe, welche durch die
Fugen der Gefaͤße entweichen und verbrennen, andererseits ein fester
Koͤrper, der Kohlenstoff, welcher innig mit den erdigen Substanzen vermengt
bleibt, und dieses Gemenge ist es, welches die kaͤufliche thierische Kohle
bildet.
Die Fabrikation der thierischen Kohle gewaͤhrt, wenn man den Fabrikanten, die
sich mit ihr beschaͤftigen, glauben darf, geringe Vortheile; auch
muͤssen bei ihr alle Producte, die die Knochen geben, auf das
Sorgfaͤltigste benuzt werden. So sucht man jene Knochen, die etwas mehr Fett
und Mark enthalten, vor dem Calciniren aus, zerschlaͤgt sie, siedet sie
einige Stunden lang mit Wasser aus, und nimmt dann nach dem Erkalten das auf der
Oberflaͤche angesammelte Fett ab. Dieses Fett, welches ziemlich fest ist,
eignet sich zu verschiedenen Zweken; so dient es, wenn es mit Mohn- oder
Repsoͤhl halb fluͤssig gemacht worden, sehr gut zum Einfetten von
Maschinen, Raͤderwerken, indem es wohlfeiler zu stehen kommt, als das
Klauenfett. Eben so laͤßt sich dieses ausgekochte Fett zur Fabrikation von
Seife, Kerzen u. dergl. benuzen.
In der Gegend von Lille, wo man nichts von dem, was als Duͤnger verwendet
werden kann, unbenuzt verloren gehen laͤßt, verwendet man die
Knochenbruͤhe als Duͤngmittel, wozu sie sehr gute Dienste leisten
soll. Ein Fabrikant thierischer Kohle versicherte mich, daß der Ertrag der
Knochenbruͤhe, welche er verkaufte, die Kosten der Kohlen und des zur
Gewinnung des Fettes noͤthigen Arbeitslohnes vollkommen ersezt, so daß ihm
das Fett auf diese Weise nichts kostet, obschon er 5 Procent davon gewinnt. Das
Kilogramm dieses Fettes verkauft er zu 80 Cent., wodurch die Anschaffungskosten der
Knochen merklich vermindert werden.
Die Knochen verlieren bei der Calcination oder bei der Umwandlung in thierische Kohle
beilaͤufig 40 Procent ihres Gewichtes. Am meisten werden die Knochen aus den
Kuͤchen geschaͤzt. Die Roͤhrenknochen und die compacten Knochen
uͤberhaupt, wie z.B. die Schenkel- und Unterschenkelknochen, gelten
mehr als die Kopfknochen, und als die Knochen der uͤbrigen Theile, die
gewoͤhnlich mehr oder minder große schwammige Hoͤhlen enthalten, und
daher bei der Calcination auch einen großen Gewichtsverlust erleiden.
Alte Knochen, die lange Zeit uͤber der Luft ausgesezt, oder in der Erde
vergraben waren, taugen nicht zur thierischen Kohle, indem sie bereits den
groͤßten Theil der in ihnen enthaltenen Gallerte verloren haben. Knochen
dieser Art erkennt man sehr leicht an ihrem matten und rauhen Aussehen, so wie an
ihrer groͤßeren Leichtigkeit. Die Zaͤhne der Thiere endlich geben, da
sie nur wenig Gallerte enthalten, gleichfalls keine thierische Kohle; sie sind es,
die die weißen matten Theilchen bilden, die man in dem kaͤuflichen Fabrikate
bemerkt; denn obschon die
Fabrikanten die Untauglichkeit der Zaͤhne sehr wohl wissen, so scheuen sie
doch die Ausscheidung derselben wegen des Gewichtsverlustes, den sie sonst erleiden
wuͤrden.
Wir haben schon oben bemerkt, daß man alle fleischigen und faserigen Theile
sorgfaͤltig von den Knochen trennen muß, und koͤnnen den Fabrikanten
diese Vorsichtsmaßregel nicht genug empfehlen; vernachlaͤssigt man sie, so
erhaͤlt man eine thierische Kohle, welche mit einer bedeutenden Menge
glaͤnzender, gar nicht entfaͤrbender und vollkommen unnuͤzer
Kohle vermengt ist.
Die thierische Kohle muß, wenn sie gut bereitet ist, eine schwarze, matte, sehr
dunkle Farbe haben; hat die Farbe einen Stich ins Roͤthliche, so ist dieß ein
Zeichen, daß die Calcination nicht vollkommen genug geschehen. Findet man weiße
Punkte in ihr, so ruͤhren dieselben entweder davon her, daß die Zaͤhne
nicht ausgesucht worden, oder daß man einige weiß gebrannte Knochen unter den
uͤbrigen ließ.
Ich hatte mir, um diesem Aufsaze mehr Vollkommenheit zu geben, vorgenommen auch den
Preis anzugeben, auf welchen diese entfaͤrbende Substanz zu stehen kommt; ich
erkundigte mich daher zur Ergaͤnzung meines eigenen Wissens in dieser
Hinsicht bei mehreren Fabrikanten, muß aber gestehen, daß ich nicht im Stande war,
mir die gehoͤrige Aufklaͤrung hieruͤber zu verschaffen. Bei
allen Fabrikanten, bei denen ich anklopfte, fand ich Mund und Thuͤre
verschlossen. Sie behaupten zwar saͤmmtlich, daß ihre Fabrikation ihnen nur
einen sehr geringen Gewinn abwerfe; allein aus der Geheimnißkraͤmerei, mit
der sie alle ihre Operationen umgeben, laͤßt sich gerade das Gegentheil
vermuthen. Ich glaube daher, daß dieß ein Grund mehr seyn duͤrfte, der die
Runkelruͤbenzuker-Fabrikanten zur eigenen Bereitung ihres Bedarfes an
thierischer Kohle bestimmen sollte. Sie werden ganz gewiß ihren Vortheil dabei
finden; die Kohle wird ihnen wohlfeiler zu stehen kommen; sie werden die oft nicht
unbedeutenden Transportkosten ersparen, und immer von der Guͤte und
Beschaffenheit ihres Fabrikates uͤberzeugt seyn. Die ganze Fabrikation ist
zuverlaͤssig nicht so schwierig, als man es allgemein glauben machen
moͤchte; einige wenig kostspielige Versuche werden, ich bin es
uͤberzeugt, schnell zur wuͤnschenswerthen Vollkommenheit
fuͤhren.
Von dem Pulverisiren der gebrannten Knochen.
Die Knochen haben, wenn sie aus den Calcinirgefaͤßen kommen, noch dieselbe
Form, die sie vor der Calcination hatten; man muß sie daher, um sich ihrer bedienen
zu koͤnnen, mahlen oder auf andere Weise zerkleinern. Die Methoden, deren man
sich hierzu bedient, sind folgende.
Die Knochen haben vor dem Calciniren eine bedeutende Haͤrte, und lassen sich
nur schwer zerkleinern; durch die Einwirkung des Feuers werden sie aber sehr
bruͤchig und zerreiblich. Dessen ungeachtet sind ziemlich starke Maschinen
noͤthig, um die gebrannten Knochen so zu zermalmen, wie man sie zur
Zukerfabrikation braucht. Die geeignetste dieser Maschinen scheint mir eine Art von
Muͤhle, in welcher man einen senkrechten Muͤhlstein mittelst eines
gehoͤrigen Triebwerkes in einem Beken aus Stein umtreibt. Man bringt die
gebrannten Knochen unter den Muͤhlstein, und sammelt von Zeit zu Zeit die auf
diese Weise gemahlene Kohle. Die Stuͤke, welche zu groß bleiben, werden mit
der Hand ausgesucht und noch ein Mal in die Muͤhle gebracht; die kleineren
Stuͤke hingegen wirft man auf ein Sieb aus Metalldraht, dessen Maschen der
Feinheit der Koͤrner, die man bezwekt, angemessen sind.Eine Kohle, die zu fein gemahlen ist, macht bisweilen beim Filtriren
Schwierigkeiten, besonders wenn sie in großer Menge unter die
Kohlenkoͤrner gemengt ist, und wenn man mit sehr truͤben
Syrupen zu thun hat. Diesen Unannehmlichkeiten laͤßt sich jedoch
abhelfen, wenn man auf den Boden der Filter eine Kohle bringt, die nur sehr
wenig Kohlenstaub enthaͤlt, und wenn man die zunaͤchst darauf
folgende Kohle nicht eindruͤkt, sondern loker laͤßt. A. d.
O. Statt der Siebe kann man auch eine Beutelvorrichtung anbringen, deren
Cylinder in seiner Breite mit einem Drahtgewebe von verschiedener Weite ausgestattet
ist. Zum Umdrehen dieser Beutelvorrichtung kann man sich, wenn man will, desselben
Triebwerkes bedienen, welches den Muͤhlstein in Bewegung sezt.
Einige Fabrikanten, denen der eben beschriebene Apparat zu kostspielig und zu
complicirt vorkommt, wenden eine Muͤhle an, die in ihrem Baue den
gewoͤhnlichen Kaffeemuͤhlen aͤhnlich, aber weit staͤrker
ist. Man hat bemerkt, daß die Knochen die Theile, gegen welche sie gerieben werden,
bald abnuͤzen; dessen ungeachtet sieht man aber diese Art von Muͤhle
in vielen Fabriken, obschon jede Zukerfabrik ein Triebwerk besizt, dessen sie sich
nach Beendigung der Zukerfabrikation zum Zerkleinern der Knochen bedienen
koͤnnte.
Die thierische Kohle, die ihrem Zweke am besten entspricht, soll ein grobes, dem
Schießpulver aͤhnliches Pulver bilden; es darf weder mit zu feinem Staube,
noch mit zu groben Theilen vermengt seyn.
Von der Behandlung der thierischen Kohle zur
Verstaͤrkung ihrer entfaͤrbenden Kraft.
Ich habe bereits oben bemerkt, daß die Knochenkohle die Eigenschaft zu
entfaͤrben im hoͤchsten Grade besizt; man muß mit den Ursachen hiervon
bekannt seyn, um die Operation, die ich weiter unten beschreiben werde,
gehoͤrig verstehen zu koͤnnen.
Die weichen thierischen Theile geben eine Kohle, welche reiner ist als die
Knochenkohle, und doch wirkt dieselbe weniger entfaͤrbend, weil deren
einzelne Theilchen nicht getrennt oder aufgeschlossen sind, und durch nichts
veranlaßt werden sich mit dem Faͤrbestoffe zu verbinden oder ihn anzuziehen.
Es scheint, daß diese kohligen, dicht an einander gedraͤngten Theilchen wegen
ihrer gegenseitigen Anziehungs, kraft alle Wirkung auf die sie umgebenden Substanzen
hemmen.Die thierische Kohle ist unter den entfaͤrbenden Reagentien nicht das
einzige, bei welchem der festere Aggregationszustand der Entfaͤrbung
hinderlich ist. Die Thonerde, deren große Neigung mit den
Faͤrbestoffen Verbindungen einzugehen allgemein bekannt ist, besizt
diese Eigenschaft nur im Zustande der feinsten Zertheilung, in der
Gallerteform, in welcher ihre Theilchen durch eine große Menge Wassers so
vertheilt sind, daß dadurch deren Wirkung zum Vorschein kommt. Wenn die
Thonerde nicht mehr so fein vertheilt ist, so wird sie, wie fein
gepuͤlvert sie auch seyn mag, doch keine Verbindung mit den
Faͤrbestoffen eingehen; ja ihre Eigenschaft sich mit den
Faͤrbestoffen zu verbinden, wird unter diesen Umstaͤnden ganz
null und nichtig werden. A. d. O.
Bei der Knochenkohle hingegen verhaͤlt sich dieß ganz anders, hier ist die
Kohle, welche von der Verkohlung der Gallerte herruͤhrt, durch den
phosphorsauren Kalk vertheilt, und folglich zur Entfaͤrbung ganz geeignet,
indem die moleculaͤre Attractivkraft der Kohlentheilchen unter einander hier
nicht mehr Statt findet, und indem sich die Kohle unter Verhaͤltnissen
befindet, welche der Anziehung des Faͤrbestoffes und der Verbindung desselben
mit der Kohle guͤnstig sind. Betrachtet man jedoch das dichte Gewebe der
Knochen, so wird man finden, daß die durch die Calcination daraus gewonnene Kohle
gleichfalls sehr compact seyn muß, und daß dieselbe daher auch nicht alle die Kraft
auszuuͤben im Stande ist, die man von ihr wuͤnschen koͤnnte.
Dieß brachte mich auf die Idee die Kohle mit einem Mittel zu behandeln, wodurch
deren Poren mehr geoͤffnet, und sie selbst zur Entfaͤrbung tauglicher
wird. Das Verfahren hierbei ist folgendes.
Man gießt in eine hoͤlzerne Kufe, welche 3 Hectoliter fassen kann, einen
Hectoliter Wasser, und mengt unter dieses Wasser mittelst eines hoͤlzernen
Ruͤhrstokes 10 Kilogramme Salzsaͤure. Mit dieser sauren
Fluͤssigkeit vermengt man unter bestaͤndigem Umruͤhren 100
Kilogr. thierische Kohle. Man laͤßt die ganze Masse 48 Stunden lang welchen,
wobei man sie den Tag uͤber 4 bis 5 Mal umruͤhrt. Ist dieß geschehen,
so schuͤttet man die uͤber der Kohle stehende Fluͤssigkeit als
unbrauchbar weg, waͤhrend man die Kohle in die Dumont'schen Filter oder in andere aͤhnliche Vorrichtungen bringt,
und sie daselbst so lange mit reinem Wasser auswaͤscht, bis dieses ganz
geschmaklos durchlaͤuft. Zum Auswaschen von 100 Kil. Kohle sind 2
1/2–3 Hectoliter Wasser noͤthig. Wenn die Kohle gut ausgewaschen ist, so troknet
man sie, indem man sie an einem warmen luftigen Orte in duͤnnere Schichten
ausbreitet.
Die Salzsaͤure loͤst bei dieser Operation einen Theil des
phosphorsauren und kohlensauren Kalkes auf, erhoͤht die Porositaͤt der
Kohle, und verstaͤrkt dadurch deren entfaͤrbende Wirkung dergestalt,
daß man mit 100 Theilen der auf diese Weise zubereiteten Kohle wenigstens eben so
viel ausrichtet, als mit 200 Theilen Kohle, die nicht mit Salzsaͤure
behandelt wurden. Es ergibt sich also bei diesem, durchaus nicht
umstaͤndlichen Verfahren ein wesentlicher Vortheil, indem der Preis der
thierischen Kohle im Vergleiche mit den daraus erwachsenden Vortheilen nur
unbedeutend erhoͤht wird. Wenn naͤmlich 100 Kilogr.
gewoͤhnlicher thierischer Kohle 20 Franken kosten, so werden 90 Kilogr.
praͤparirte Kohle nur 23 Fr. oder 100 Kilogr. nur 25 Fr. 50 Cent. kosten.
100 Kilogr. gewoͤhnliche Kohle
kosten naͤmlich
20 Fr.
10 – Salzsaͤure
kosten
2 –
Der Arbeitslohn kostet
1 –
––––––
Summa
23 Fr.
Man erzielt aber hierbei auch noch einen anderen Vortheil, der den Fabrikanten gewiß
nicht entgehen wird; denn je weniger thierische Kohle man bei gleichen Resultaten
anwendet, um so besser faͤhrt man dabei, weil das Auswaschen der gebrauchten
Kohle weniger schwierig ist, und weil weit weniger Syrup verloren geht.
Ich habe die Berechnung der Kosten fuͤr 90 Kilogr. angestellt, weil sich, wenn
man mit den oben angegebenen Verhaͤltnissen arbeitet, durch die Behandlung
der Kohle mit Salzsaͤure ihr Gewicht um 10 Procent vermindert, indem die
Salzsaͤure dem Gewichte nach so viel phosphorsauren und kohlensauren Kalk
aufloͤst, als sie selbst wiegt. Will man sich von der Richtigkeit dieser
Angaben uͤberzeugen, so muß man die praͤparirte Kohle so weit
austroknen, als sie es vor der Behandlung mit Salzsaͤure war, denn sie kann,
wenn sie auch ganz troken aussieht, doch immer noch an 10 Proc. Wasser enthalten.
Man muß daher auch, wenn man thierische Kohle kauft, immer einen Versuch damit
anstellen, um zu sehen, wie viel Wasser in ihr enthalten ist.
Bei dem Untertauchen der Kohle in das gesaͤuerte Wasser blaͤht sich das
Gemenge auf, und es entwikelt sich ein unangenehmer Gestank, der in einem
eingeschlossenen Raume schaͤdlich werden koͤnnte; man muß diese Arbeit
daher in freier Luft oder wenigstens an einem Orte vornehmen, an welchem ein guter
Luftzug Statt findet. Die Gase, die sich waͤhrend der Operation entwikeln,
bestehen aus einem Gemenge von Kohlensaͤure und Schwefelwasserstoff.
Von der Wirkungsart der Kohle als
Entfaͤrbungsmittel.
Obschon der Gegenstand, dem dieser Paragraph gewidmet ist, mehr in das Gebiet der
Zukerfabrikation, als in jenes der Fabrikation der thierischen Kohle
einschlaͤgt, so wird der Nuzen, den vielleicht mancher daraus ziehen
duͤrfte, doch gewiß diesen Abstecher, den ich mir erlaube, entschuldigen.
Die Erfahrung hatte gelehrt, daß die Kohle, dieser vollkommen schwarze
Koͤrper, gewisse Substanzen entfaͤrbt. Man wußte dieß; lange Zeit aber
blieb es unbekannt, auf welche Weise die Kohle hierbei wirkt. Einige Chemiker
glaubten zwar, daß die Kohle gleich der Thonerde eine eigene Anziehungskraft
fuͤr die Faͤrbestoffe besize; allein diese Eigenschaft wurde erst in
neuerer Zeit von den HH. Bussy und Payen studirt und in ihren gediegenen Abhandlungen hieruͤber
beleuchtet.
Wenn man einen aus gefaͤrbtem Zuker und Wasser bestehenden Syrup unter den der
Entfaͤrbung guͤnstigen Umstaͤnden mit der thierischen Kohle in
Beruͤhrung bringt, so verbindet sich der Faͤrbestoff dieses Syrupes
sehr innig mit der thierischen Kohle, und eben so bleibt auch die gummige Substanz,
welche sich immer in Gesellschaft der gewoͤhnlichen Zukerarten befindet,
daran kleben. Der Geschmak des Syrupes wird dadurch angenehmer, und wenn die Kohle
in gehoͤriger Menge angewendet worden, so wird die Entfaͤrbung
vollkommen erreicht. Die Kohle ist hierbei eine wahre chemische Verbindung mit dem
Faͤrbestoffe eingegangen, und diese Verbindung kann nur durch
kraͤftige chemische Agentien oder durch die Einwirkung einer bis zur
Rothgluͤhhize gesteigerten Temperatur wieder aufgehoben werden. Die gummige
Substanz bleibt nur auf mechanische Weise an der Kohle haͤngen, und kann
daher auch durch wiederholtes Auswaschen wieder entfernt werden.
Hat man es nicht mit einem einfachen Syrupe zu thun, sondern handelt es sich um die
Entfaͤrbung von Runkelruͤbensyrup, der bloß mit Kalk geklaͤrt
worden, so befinden sich in dem Syrupe nicht bloß faͤrbende und gummige
Bestandtheile, sondern auch eine mehr oder minder große Menge KalkWenn man einen Strom kohlensaures Gas durch geklaͤrten
Runkelruͤbensaft stroͤmen laͤßt, so faͤllt
kohlensaurer Kalk nieder, aus dessen Gewicht sich ergibt, daß jeder
Hectoliter Saft noch 55 Grammen Kalk enthaͤlt. Wiederholt man diesen
Versuch aber mit geklaͤrtem und durch thierische Kohle filtrirten
Safte, so wird man nur mehr halb so viel Kalk erhalten, als bei der ersten
Operation; und dikt man den geklaͤrten und uͤber Kohle
filtrirten Saft zu Syrup ein, und filtrirt man den Syrup neuerdings durch
Kohle, so wird derselbe bei dem angegebenen Verfahren nur mehr Spuren von
Kalk andeuten. Hieraus erhellt also offenbar, daß die thierische Kohle nicht
nur die Eigenschaft besizt, den Fluͤssigkeiten, auf welche man sie
wirken laͤßt, den Kalk zu entziehen, wie dieß Payen
zuerst
bemerkte, sondern daß die Anwendung von Salzsaͤure
unumgaͤnglich nothwendig ist, wenn man der gebrauchten Kohle wieder
ihre entfaͤrbende Kraft geben will. A. d. O., wodurch der Syrup sehr deutliche alkalische Eigenschaften erhaͤlt.Ich glaubte lange, daß in dem Runkelruͤbensyrupe Potasche enthalten
seyn und erklaͤrte durch diesen Kaliachalt selbst mehrere
Erscheinungen, die bei der Fabrikation von Zuker aus demselben Statt finden;
bei genauerer Beobachtung fand ich jedoch, daß ich mich in dieser Hinsicht
getauscht hatte. A. d. O. Die Kohle zieht nun gluͤklicher Weise auch diese alkalische Substanz
an, und verbindet sich innig mit ihr. Diese Eigenschaft, in deren Folge ihre
Einwirkung auf den Zuker selbst aufgehoben wird, ist um so schaͤzenswerther,
als man deßhalb die Schwefelsaͤure entbehren kann, deren Anwendung der großen
damit verbundenen Nachtheile ungeachtet unvermeidlich war, so lange man die
thierische Kohle nicht in so großer Menge benuzte, als dieß heut zu Tage
geschieht.
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß die thierische Kohle drei aͤußerst
schaͤzenswerthe Eigenschaften besizt, die man in keiner anderen Substanz auf
solche Weise vereint findet; sie entzieht naͤmlich 1) den gefaͤrbten
Syrupen ihren Faͤrbestoff; sie benimmt den Syrupen 2) den Schleim oder den
gummigen Bestandtheil, der die Krystallisation des Zukers hemmt; und sie verbindet
sich 3) mit dem Kalke, welcher immer in dem Runkelruͤbensyrup enthalten ist,
und dessen Gegenwart bei dem Versieden des Syrupes so laͤstig ist. Diese
Vortheile, die den Zukerfabrikanten nun nicht mehr fremd sind, fuͤhrten
nothwendig zur Anwendung einer groͤßeren Menge thierischer Kohle, so zwar,
daß man bald nicht mehr im Stande gewesen waͤre, den Bedarf an Kohle zu
deken, wenn man nicht daran gedacht haͤtte, die gebrauchte Kohle
wiederzubeleben, d.h. ihr ihre fruͤheren Eigenschaften wiederzugeben. Diese
Wiederbelebung erfordert, wie man gleich sehen wird, ein verschiedenes Verfahren, je
nachdem man es mit Kohle, die bloß zur Entfaͤrbung einfacher, aus Zuker und
Wasser bestehender Syrupe, oder mit Kohle zu thun hat, die zur Entfaͤrbung
der alkalischen Runkelruͤben-Syrupe diente.
Von der Wiederbelebung der thierischen Kohle.Ueber die Wiederbelebung der thierischen Kohle wurden im polyt. Journal sehen
mehrere schaͤzbare Abhandlungen mitgetheilt; man vergl. besonders
Bd. XLI. S. 56 und 419, Bd. XLIII. S. 300, Bd. XLIV. S. 187. A. d. R.
Wenn man die Wirkungsweise der thierischen Kohle auf die gefaͤrbten Syrupe
gehoͤrig erwogen, so wird man von selbst zu dem Verfahren geleitet, welches
bei der Wiederbelebung der Kohle befolgt werden muß. Die gebrauchte Kohle
enthaͤlt naͤmlich immer einen Faͤrbestoff, einen schleimigen
Bestandtheil, und in gewissen, oben angefuͤhrten Faͤllen auch Kalk.
Das Wasser kann, in gehoͤriger Quantitaͤt angewendet, den Schleim
entfernen; der Faͤrbestoff kann durch ein starkes Ausgluͤhen
zerstoͤrt werden, der Kalk endlich, der sich mit der Kohle verband,
laͤßt sich dadurch beseitigen, daß man die Kohle in ein mit Salzsaͤure
gesaͤuertes Wasser bringt. Dieß sind die von der Theorie angedeuteten
Grundlagen des Verfahrens; je genauer man denselben folgt, zu um so besseren
Resultaten wird man gelangen.
Wenn man also gebrauchte thierische Kohle wiederbeleben will, so muß man dieselbe
zuerst und so lange mit viel Wasser auswaschen, bis das Wasser ganz
ungefaͤrbt von derselben abfließtDieses Auswaschen der Kohle muß in dem Maße geschehen, in welchem die
gebrauchte Kohle aus den Filtern herausgenommen wird. Man bedient sich zu
diesem Behufe alter Faͤsser, deren Dekel man herausgenommen und deren
Boden man durchloͤchert hat. Auf den durchloͤcherten Boden
breitet man ein nicht zu dichtes Tuch, welches mit Naͤgeln an den
Waͤnden des Fasses befestigt wird, und auf dieses Tuch
schuͤttet man die auszuwaschende Kohle, auf welche man endlich das
Wasser gießt. Gebrauchte Kohle, welche mehrere Monate lang liegen geblieben,
braucht nicht ausgewaschen zu werden; denn es entsteht dadurch eine
Gaͤhrung, durch welche alles Fremdartige, mit Ausnahme des
Faͤrbestoffes und des Kalkes, zerstoͤrt wird. A. d. O.; dann laͤßt man die Kohle abtropfen, und hierauf bringt man sie in
eine Trokenstube, in der man absolut alle Feuchtigkeit aus ihr austreibt. Hierdurch
werden der Kohle alle schleimigen und zukerigen Substanzen benommen, die in ihr
enthalten waren. Der Schleim und der Zuker koͤnnte zwar auch durch die
Calcination zerstoͤrt werden; allein dadurch wuͤrde auch eine nicht
unbedeutende Menge vegetabilischer, glaͤnzender und zur Entfaͤrbung
untauglicher Kohle erzeugt werden, so daß es weit besser ist die Kohle vor dem
Gluͤhen gehoͤrig auszuwaschen.
Wenn nun die Kohle ausgewaschen und getroknet worden, so muß man ihr den
Faͤrbestoff entziehen, und zu diesem Behufe muß man zu einer
kraͤftigen Einwirkung der Hize seine Zuflucht nehmen. Die Calcination allein
wuͤrde jedoch nicht hinreichen, wenn sie nicht noch durch andere
Umstaͤnde unterstuͤzt wuͤrde.
Die thierische Kohle ist ein ziemlich schwerer Koͤrper, dessen Theilchen also
schwer auf einander druͤken; sie ist ferner ein schlechter
Waͤrmeleiter, denn die erhizten Theilchen geben den Waͤrmestoff, womit
sie durchdrungen sind, nur schwer an die benachbarten Theilchen ab. Wenn man z.B.
einen mit Kohle gefuͤllten Tiegel von einiger Groͤße mitten in ein
ziemlich starkes Feuer bringt, so werden die mit den Waͤnden des Tiegels in
Beruͤhrung stehenden Schichten schon sehr heiß seyn, waͤhrend die Hize
der in der Mitte befindlichen Schichten noch nicht bedeutend ist. Diese
Betrachtungen mußten die Fabrikanten bei den ersten Versuchen zur Wiederbelebung der
Kohle leiten; wenigstens
laͤßt sich dieß aus den Methoden schließen, die sie zu diesem Behufe
befolgen.
Man verfaͤhrt nach zweierlei Methoden; bei der einen bedient man sich
verschiedener Instrumente, mit deren Huͤlfe man der Kohle waͤhrend des
Gluͤhens eine kreisende Bewegung mittheilt, so daß die erhizten
Oberflaͤchen oft veraͤndert werden, und daß der Waͤrmestoff
folglich saͤmmtliche Theile der Kohle erreichen kann. Dieses Verfahren ist
die Wiederbelebung in den Cylindern.
Nach der zweiten Methode bringt man gewisse fremde Koͤrper in die Kohle,
wodurch dieselbe ohne eine Veraͤnderung ihrer Natur zu erleiden, vertheilt
und gehoben wird, so daß die Hize selbst bis in die innersten Theilchen eindringen
kann. Dieß ist die Wiederbelebung in Tiegeln mit Dazwischenlegung von Knochen. Wir
wollen beide Methoden im Detail betrachten.
Von der Wiederbelebung der Kohle in den Cylindern.
Nach dieser Methode wird die gebrauchte Kohle in gußeiserne Cylinder gebracht, die
der Form nach den Cylindern, in denen man den Kaffee brennt, aͤhnlich sind.
Diese Cylinder werden in einem Ofen stark erhizt, nach 3–4 stuͤndigem
Gluͤhen herausgenommen, und durch neue ersezt. Waͤhrend der
Calcination oder des Gluͤhens muͤssen die Cylinder mehrere Male alle
20 bis 25 Minuten umgedreht werden, damit die Oberflaͤchen der Kohle mehr
veraͤndert werden.
Diese Methode hat mehrere Nachtheile; man verbraucht eine zu große Menge
Brennmaterial; die Cylinder zerspringen oft wegen des Wechsels von Hize und
Kaͤlte, Trokenheit und Feuchtigkeit, und dadurch werden die Kosten mehr
vermehrt. Ich selbst bediente mich sehr lange Zeit dieser Methode, und eben deßwegen
kann ich mit allem Rechte rathen dieselbe aufzugeben. Man koͤnnte statt der
gußeisernen Cylinder zwar Cylinder aus Eisenblech anwenden; allein diese kommen zu
hoch, und verursachen immer noch einen groͤßeren Verbrauch an Brennmaterial,
und mehr Arbeit.
Von der Wiederbelebung der Kohle mit Dazwischenlegung von
Knochen.
Man nimmt frische Knochen, und reinigt und zerkleinert sie, als wenn es sich um die
Fabrikation ganz frischer thierischer Kohle handelte. Von diesen Knochen wird auf
den Boden der Tiegel oder der eisernen Toͤpfe eine Schichte gelegt; auf diese
Schichte Knochen legt man eine ziemlich dike Schichte der wiederzubelebenden Kohle;
und auf diese Weise faͤhrt man mit abwechselnden Schichten Knochen und Kohle
fort, bis die Tiegel gefuͤllt sind: die lezte Schichte muß aus Kohle
bestehen. Die auf diese
Weise gefuͤllten Tiegel werden mit Thon verkittet und in einen Ofen gebracht,
in welchem man dann Feuer gibt. Wenn die Daͤmpfe zu brennen aufgehoͤrt
haben, wenn die Tiegel ganz gluͤhend geworden sind, so laͤßt man das
Feuer ausgehen, und nimmt die Tiegel heraus, wenn die Temperatur ertraͤglich
geworden. Dann werden die Tiegel ausgeleert, die groben Knochenstuͤke von den
feineren Koͤrnern gesondert, und in die Muͤhle gebracht.
Die Kohle erleidet unter diesen Umstaͤnden einen bedeutenden Grad von Hize,
bei welchem gewiß aller in ihr enthaltener Faͤrbestoff zerstoͤrt wird.
Fuͤr Fabrikanten thierischer Kohle, welche großen Absaz haben, ist diese
Methode nicht mit den geringsten Schwierigkeiten verbunden; ja sie verursacht ihnen
sogar, wie ich weiter unten zeigen werde, beinahe keine Auslagen.
Nicht so verhaͤlt sich dieß hingegen bei dem Zukerfabrikanten, fuͤr
welchen die Fabrikation und Wiederbelebung der thierischen Kohle nur Nebensachen
sind. Der Zukerfabrikant, der diese Methode befolgen wollte, wuͤrde durch das
Vermengen der gebrauchten Kohle mit frischen Knochen am Ende eine groͤßere
Menge Kohle erhalten, als er fuͤr seinen Bedarf noͤthig hat, so daß er
am Ende selbst Kohle verkaufen muͤßte. Dieser Fall ist aber nach meiner
Meinung zu vermeiden; denn der Zukerfabrikant soll, wie ich glaube, weder Kohle
kaufen, noch verkaufen, und sich mit der Fabrikation seines eigenen Bedarfes
begnuͤgen. Um aber zu diesem Resultate zu gelangen, soll der Fabrikant, der
mit einer hinreichenden Menge Kohle versehen ist, diese Kohle vollkommen
wiederbeleben koͤnnen, ohne daß deren Quantitaͤt dadurch vermehrt
wird, und ohne daß es mit vielen Kosten verbunden waͤre.
Wenn nun die Knochen selten werden und zu hoch im Preise steigen sollten,
waͤre es da nicht von großem Nuzen, wenn man dieselben bis zum Eintritte
guͤnstigerer Umstaͤnde entbehren koͤnnte? Ich glaube, daß
folgende Methode allen diesen Bedingungen entsprechen duͤrfte.
Von der Wiederbelebung der Kohle mit Dazwischenlegung von
Holz.
Man nimmt sehr trokenes Buchen-, Hagebuchen- oder Ulmenholz, und
saͤgt und spaltet es in Stuͤke von beilaͤufig 10 Zoll
Laͤnge und 2 Zoll Breite. Diese Stuͤke Holz legt man auf solche Weise
auf den Boden der Tiegel oder Gefaͤße, die zur Aufnahme der Kohle bestimmt
sind, daß so viel Zwischenraͤume als moͤglich zwischen ihnen bleiben.
Wenn in jeden Tiegel beilaͤufig ein Duzend solcher Stuͤke Holz gelegt
worden, so fuͤllt man sie mit Kohle und schreitet dann zur Calcination.
Die Details, in die ich nun in Bezug auf diese Operation eingehen will,
koͤnnen bis auf einige wenige Modificationen, die ich andeuten werde, bei
Allem, was bei aͤhnlichen Calcinationen zu beobachten ist, als Wegweiser
dienen.
Wir wollen annehmen, daß man sich eines Ofens bedient, wie man ihn in der
beigefuͤgten Zeichnung abgebildet sieht. Ein solcher Ofen kann
beilaͤufig 60 Tiegel von der aus der Abbildung ersichtlichen Form fassen. Die
Tiegel sind etwas uͤber 10 Zoll hoch; ihr Durchmesser betraͤgt an der
weitesten Stelle etwas uͤber 13 Zoll; ihre Muͤndung hat etwas
uͤber 10 Zoll im Durchmesser; sie fassen außer dem Holze 20 bis 22 Kilogramme
Kohle.
Wenn saͤmmtliche Tiegel mit Kohle gefuͤllt sind, so stellt man rings um
die Waͤnde des Ofens, ausgenommen dem Thuͤrchen gegenuͤber,
eine Reihe davon. Auf diese erste Reihe stellt man dann eine zweite Reihe, worauf
man alle Oeffnungen, welche an den Stellen, an welchen die Tiegel einander
beruͤhren, bestehen, mit Thon verkittet. Auf diese Weise faͤhrt man so
lange fort, bis der Ofen voll ist; die Toͤpfe der obersten Reihe
muͤssen sorgfaͤltig mit einem Dekel verschlossen und mit Thon
verkittet werden. Zwischen die Toͤpfe oder Tiegel muß ziemlich trokenes
Brennholz von verschiedener Dike und Laͤnge gebracht werden. Wenn der ganze
Ofen gefuͤllt ist, so verschließt man die Ofenthuͤre mit Ziegeln und
Thon, und gibt dann Feuer.
Beilaͤufig 5 Stunden nach dem Beginne der Feuerung faͤngt das Holz im
Ofen zwischen den Tiegeln zu brennen an; die Tiegel kommen zum Rothgluͤhen,
und man sieht aus deren Fugen ziemlich haͤufig lebhafte Flammen entweichen.
In diesem Zustande erhaͤlt man den Ofen beilaͤufig noch 5 Stunden,
indem man von Zeit zu Zeit Kohlen nachschuͤrt. 2–3 Stunden
spaͤter, d.h. 13 Stunden nach dem Beginne der Operation, oͤffnet man
die Thuͤre des Ofens, und wenn die Temperatur desselben nach 9–10
Stunden gehoͤrig herabgesunken ist, so nimmt man die Tiegel heraus, um sie
sogleich durch eine neue Tracht zu ersezen.
Die aus dem Ofen genommenen Tiegel laͤßt man noch einige Zeit uͤber
abkuͤhlen, bevor man deren Inhalt auf einen eisernen Durchschlag, dessen
Loͤcher ein Paar Centimeter im Durchmesser haben, leert. Die thierische Kohle
faͤllt hierbei durch die Loͤcher, waͤhrend das Holz, welches
man zugleich mit der zu belebenden Kohle in die Tiegel brachte, in ganzen verkohlten
Stuͤken zuruͤkbleibt. Die auf diese Weise erhaltene Holzkohle ist von
ausgezeichneter Guͤte, und kann zu allen Zweken, zu welchen die Holzkohle
dient, verwendet werden;
sie enthaͤlt gar keine Braͤnde, wenn die Calcination weit genug
getrieben worden.
Wenn man mit den oben angegebenen Verhaͤltnissen arbeitet, so wird man etwas
weniger als 2 Hectoliter Steinkohlen und beilaͤufig 14 Scheiter Holz von der
Dike eines Armes und 15 Zoll Hoͤhe, und außerdem beilaͤufig 2
Hectoliter kleines Holz, welches in die Tiegel gelegt wird, verbrauchen.Das zwischen die thierische Kohle gelegte Holz verliert, wenn es beinahe ganz
troken angewendet wurde, bei der vollkommenen Verbrennung beilaͤufig
4/5 seines Gewichtes; sein Volumen vermindert sich aber nur um 2/5. Wenn die
12 Stuͤke Holz, die man in einen Tiegel bringt, 1250 Grammen
(beilaͤufig 40 Unzen) wiegen, so werden diese 1250 Grammen genau die
Stelle von 1250 Grammen trokener Kohle vertreten. Die thierische Kohle
verliert bei der Wiederbelebung 6 Proc. ihres Gewichtes, ein Verlust, der
groͤßten Theils der Feuchtigkeit zugeschrieben werden muß, die in ihr
enthalten ist, wie troken sie auch scheinen mag. A. d. O. Ein Taglohn reicht fuͤr die ganze Arbeit hin.
Um vollkommen genau zu seyn, muͤssen hierzu noch die Kosten der Unterhaltung
und der Abnuͤzung des Ofens, so wie der Verlust, der durch das Zerspringen
der Tiegel entsteht, geschlagen werden. Ich kann zwar hieruͤber keine ganz
bestimmten Daten angeben; allein ich bin uͤberzeugt, daß die Operation, bei
welcher ich immer 1200 bis 1400 wiederbelebte Kohle erhalte, sehr vortheilhaft
ist.
Das in die Tiegel gelegte Holz spielt eine sehr wichtige Rolle; es hindert, daß sich
die Kohle nicht fest an einander legt; die Daͤmpfe, die sich in der Hize aus
dem Holze entwikeln, zertheilen die Kohle, durch welche sie sich einen Weg bahnen
muͤssen, und entzuͤnden sich, sobald sie in den Ofen gelangen, wo sie
dann die Hize des Feuers bedeutend erhoͤhen.
Das Holz hat einen Vortheil vor den Knochen voraus, den wir nicht umgehen
duͤrfen; es verbreitet naͤmlich beim Beginne der Operation keinen so
unangenehmen ammoniakalischen Geruch, so daß die Wiederbelebung aller Orten
geschehen kann, ohne daß Jemand dadurch belaͤstigt wuͤrde.
Wenn die Tiegel nur mit Knochen allein gefuͤllt sind, wie dieß bei der
Fabrikation der thierischen Kohle der Fall ist, so entwikeln diese Knochen offenbar
eine außerordentliche Menge brennbarer Gase oder Daͤmpfe. Die
Quantitaͤt Brennmaterial, welche noͤthig ist, um diese Daͤmpfe
zu entwikeln und deren Entzuͤndung zu bewirken, braucht in diesem Falle nicht
groß zu seyn, und daher braucht man auch zwischen die Tiegel im Ofen kein Holz zu
bringen. Dieses Holz ist hingegen unumgaͤnglich nothwendig, wenn die
Wiederbelebung mit Dazwischenlegung von Holz geschieht; denn in diesem Falle geben die Daͤmpfe,
die sich entwikeln, weniger Hize. Bei der Wiederbelebung der Kohle mit
Dazwischenlegung von Knochen muͤßte man nur dann Holz zwischen die Tiegel
legen, wenn die Knochen nur in geringer Menge angewendet wurden.
Um zu erfahren, ob die Kohle vollkommen calcinirt ist, muß man die Knochen oder die
Stuͤke Holz, die man dazwischen legte, untersuchen, und sehen, ob diese
gehoͤrig verkohlt sind. Faͤnde man mehrere Stuͤke, die sowohl
auf der Oberflaͤche, als auf dem Bruche keine vollkommen ausgesprochene
schwarze Farbe zeigten, so muͤßte man daraus schließen, daß nicht genug
Brennmaterial angewendet wurde, und daß dieses bei der naͤchsten Calcination
vermehrt werden muͤsse.
Man wird sich erinnern, daß wir bereits oben bemerkten, daß die durch die Calcination
wiederbelebte Kohle von zweierlei Art ist, je nachdem sie vorher zu einem Zweke
gedient hat. Hat man naͤmlich thierische Kohle ausgegluͤht, die bloß
zum Entfaͤrben einfacher Syrupe gedient hat, und ist die Calcination
vollkommen geschehen, so wird diese calcinirte oder ausgegluͤhte thierische
Kohle alle Eigenschaften einer frisch bereiteten Kohle besizen, und eben so
entfaͤrbend wirken, wie diese. Hat man hingegen Kohle ausgegluͤht,
uͤber welche alkalischer Runkelruͤbensyrup filtrirt worden, so wird
dieselbe nach dem Ausgluͤhen, wegen der Verbindung des Kalkes mit der
thierischen Kohle noch nicht zum Entfaͤrben taugen; sondern es ist nach
meiner Meinung unumgaͤnglich noͤthig, die Kohle dann auf dieselbe
Weise, die ich bereits oben angegeben habe, mit verduͤnnter Salzsaͤure
zu behandeln, um ihr wieder ihre entfaͤrbende Kraft zu geben. Der ganze
Unterschied besteht in diesem Falle darin, daß man hier nicht 10 Proc., sondern nur
3 Proc. Salzsaͤure anzuwenden hat, da diese Menge hinreicht, um der Kohle die
alkalische Substanz, die sie aufgenommen haben koͤnnte, wieder zu
entziehen.
Man kann die thierische Kohle so oft ausgluͤhen oder wiederbeleben, als man
will, und sie wird jedes Mal wieder gut seyn. Da die Calcination, deren man sich
hierzu bedient, jedoch wegen der dazu erforderlichen Apparate eine kostspielige
Operation ist, so trachtete man eine Methode ausfindig zu machen, nach welcher man
auf eine leichtere und wohlfeilere Weise zu demselben Zweke gelangen koͤnnte.
Man hat daher in dieser Absicht die Gaͤhrung in Vorschlag gebracht, indem,
wie man sagte, der Faͤrbestoff hierdurch zerstoͤrt werden
wuͤrde, so daß die Kohle sicher wieder ihre fruͤheren Eigenschaften
erlangen muͤßte. Wenn diese Methode aber auch im ersten Augenblike einige
guͤnstige Erfolge hoffen laͤßt, so wird man doch bei einigem
Nachdenken gleich finden, was man von ihr zu erwarten hat. Die Gaͤhrung wird
zwar den Zuker und den schleimigen Bestandtheil,Hr. Crespel, Sohn des Hrn. Crespel Dellisse, hat diese Eigenschaft der Gaͤhrung den
Schleim zu zerstoͤren zur Reinigung der Saͤke, in welchen der
Runkelruͤbensaft ausgezogen wird, und welche die Arbeiter fette Saͤke (sacs
gras) nennen, benuzt. Er taucht diese Saͤke naͤmlich
in eine Fluͤssigkeit, welche aus Melasse und Wasser besteht, und am
Araͤometer 8–10° zeigt, und laͤßt sie dann an
einem warmen Orte einige Tage lang gaͤhren. Der Schleim, das
sogenannte Fett, wird hierbei zerstoͤrt, so daß man die Saͤke
nur mehr mit Wasser auszuwaschen braucht, um sie vollkommen zu entfetten.
Hr. Crespel wird mich entschuldigen, daß ich
diese Notiz uͤber sein Verfahren, welches wahrscheinlich manchem
Fabrikanten wuͤnschenswerth und nuͤzlich seyn duͤrfte,
bekannt machte, ohne seine Ermaͤchtigung hierzu eingeholt zu haben.
A. d. O. die bloß auf der Oberflaͤche der Kohle haften blieben,
zerstoͤren, keineswegs aber den Faͤrbestoff; denn dieser ist eine
innige Verbindung mit der Kohle eingegangen, zu deren Zerstoͤrung die
Gaͤhrung nicht hinreicht, sondern die nur durch die kraͤftige
Einwirkung eines lebhaften Feuers wieder aufgehoben werden kann.
Ich dachte, daß sich die gebrauchte Kohle auch dadurch wieder beleben ließe, wenn man
sie abwechselnd mit Aezkali und Salzsaͤure behandelte, habe aber
spaͤter dieses Verfahren wieder aufgegeben. Man erhaͤlt auf diese
Weise zwar eine Kohle, die alle ihre entfaͤrbende Kraft wieder erhalten hat;
allein das ganze Verfahren ist muͤhsam und kostspielig.
Von den kuͤnstlichen Kohlen.
Man wußte die großen Dienste, welche die thierische Kohle bei der Zukerfabrikation
leistet, schon seit langer Zeit zu schaͤzen; man fuͤhlte, daß es
noͤthig sey, sie in großer Menge anzuwenden, fuͤrchtete aber zugleich
auch die Kosten, die daraus erwachsen konnten, und noch mehr den Mangel an Knochen,
der in Folge des groͤßeren Verbrauches eintreten koͤnnte. Man kam
daher auf die Idee eine kuͤnstliche Kohle zu bereiten, und fragte sich
hierbei: Was ist denn eigentlich die thierische Kohle? Die Antwort war: die
thierische Kohle ist nichts weiter, als Kohlenstoff, welcher durch die in den
Knochen enthaltenen salzig-erdigen Theile hoͤchst vertheilt ist; und
hieraus schloß man, daß sich die thierische Kohle leicht kuͤnstlich
nachmachen ließe. Man stellte verschiedene Versuche in dieser Hinsicht an; die einen
vermengten Thon so innig als moͤglich mit einer bestimmten Quantitaͤt
Repsoͤhl oder Melasse, und gluͤhten den hierdurch erhaltenen Brei, so
wie man es mit den Knochen zu thun pflegt, in verschlossenen Gefaͤßen. Die
Kohlen, die man auf diese Weise erhielt, gaben aber nichts weniger als jene
Resultate, die man sich davon versprach.
Andere hielten sich fuͤr kluͤger, und vermischten den Thon nicht mit
vegetabilischen Substanzen, sondern mit Blut, einer waͤsserigen
Gallerte- oder Leimaufloͤsung u. dgl. Ihre Bemuͤhungen hatten
aber keinen besseren Erfolg, und konnten ihn auch nicht haben. In den Knochen ist
naͤmlich die Gallerte, welche eigentlich allein die Kohle bildet,
aͤußerst fein in der erdigen Masse vertheilt; jedes Atom Gallerte ist so zu
sagen durch ein beinahe unfuͤhlbares Theilchen erdiger Substanz von dem
naͤchsten Atom geschieden, und eine solche Beschaffenheit ist, wie es
scheint, noͤthig, um eine entfaͤrbende Kohle zu erhalten. Bei der
kuͤnstlichen Masse, die man bereitete, ist das Gemenge zu grob; es entfernt
sich zu weit von jener innigen Aneinanderreihung der Bestandtheile in den Knochen.
Die Versuche, die man in dieser Hinsicht anstellte, blieben daher saͤmmtlich
erfolglos, und wurden aufgegeben, ohne daß man deßhalb aus den Augen verlor, wie
nothwendig es sey, ein Mittel ausfindig zu machen, welches eine groͤßere
Anwendung der thierischen Kohle moͤglich machte. Dieß fuͤhrte zur
Wiederbelebung der bereits gebrauchten Kohle, deren Wichtigkeit aus Obigem
hinreichend hervorgeht.
Mit Stillschweigen uͤbergehe ich jene Substanzen, denen einige Fabrikanten
faͤlschlich entfaͤrbende Eigenschaften zuschreiben, wie z.B. die
ausgeloͤschte Steinkohlengluth oder ausgeloͤschte Holzkohlen; alle
diese Substanzen sind zwar im Stande aus dem Syrupe verschiedene nicht darin
aufgeloͤste, sondern bloß darin schwebende Substanzen abzuscheiden, wenn man
ihn uͤber dieselben filtrirt; sie haben aber durchaus keine Wirkung auf
dessen Faͤrbestoff, und koͤnnen denselben daher auch nicht
beseitigen.
Bemerkungen uͤber die Ausmittelung der Guͤte der
thierischen Kohle.
Nicht selten beklagen sich die Zukerfabrikanten uͤber die schlechte
Beschaffenheit der Kohle, die ihnen geliefert wird; und machen sie den
Kohlenfabrikanten hieruͤber Vorwuͤrfe, so schieben diese die Schuld
auf die geringe Sorgfalt, mit der die Zukerfabrikanten verfahren, oder auf irgend
andere bei der Fabrikation begangene Fehler. Beide Theile koͤnnen hier Recht
haben.
Wenn die Kohle schlecht in die Filter eingerichtet wird; wenn die Syrupe, die man auf
die Hohle gießt, sehr viel Schleim enthalten oder sehr alkalisch sind, so wird die
Kohle, wenn sie auch noch so gut ist, doch nur schwach entfaͤrben, und dann
muß der Zukerfabrikant, wenn er gerecht ist, gestehen, daß die Schuld an ihm
liege.
Geschieht es aber nicht auch den Kohlenfabrikanten, daß sie wiederbelebte, mit
frischer Kohle vermengte Kohle verkaufen, und daß die gebrauchte Kohle nicht so
vollkommen gegluͤht wurde, als es noͤthig ist? Wir wollen nicht in
eine Untersuchung dieser Fragen eingehen, sondern uns mit der Angabe der Mittel,
deren sich die Fabrikanten zur Erforschung der Guͤte der thierischen Kohle
bedienen koͤnnen, begnuͤgen.
100 Theile thierische Kohle bestehen im Allgemeinen, wenn sie gut bereitet ist, aus
90 Theilen salzig-erdiger Substanzen und aus 10 Theilen eigentlicher Kohle.
Diese Verhaͤltnisse koͤnnen um nicht mehr als 2 Hunderttheile
wechseln, und um sich zu versichern, daß diese Verhaͤltnisse auch wirklich
bestehen, braucht man bloß folgendes Verfahren einzuschlagen.
Man gibt 10 Gramme sehr fein gepuͤlverte Kohle in eine Phiole,
uͤbergießt sie in dieser mit 30 Grammen Wasser und 10 Grammen
Salpetersaͤure, und sezt die Phiole dann auf einem eisernen Loͤffel
oder auf eine andere Weise auf eine duͤnne Schichte Sand. Diese ganze
Vorrichtung bringe man uͤber ein ziemlich lebhaftes Feuer, damit die
Fluͤssigkeit zum Sieden komme; nach viertelstuͤndigem Sieden nehme man
die Phiole vom Feuer und gieße deren Inhalt so wie auch das Wasser, womit man sie
auswaͤscht, auf ein Filter aus Fließpapier. Wenn das auf dem Filter
zuruͤkbleibende schwarze Pulver gehoͤrig ausgewaschen und getroknet
worden, so nimmt man es mit Huͤlfe eines Messers sorgfaͤltig von dem
Papiere ab, und behandelt es noch ein Mal auf dieselbe Weise. Das auf dem zweiten
Filter zuruͤkbleibende Pulver gibt, wenn es gehoͤrig getroknet worden,
das Gewicht des in der thierischen Kohle enthaltenen Kohlenstoffes,Die wiederbelebte thierische Kohle zeigt, obschon sie eine etwas
groͤßere Menge kohlige Theile enthalten zu muͤssen scheint,
als die frische Kohle, bei der Analyse doch keine groͤßere Menge
davon; es laͤßt sich daher hieraus schließen, daß schon eine sehr
geringe Menge Faͤrbestoff zur Saͤttigung oder Abstumpfung der
entfaͤrbenden Kraft der Kohle hinreichend sey. A. d. O. welches einen Gramm betragen muß. Waͤre das Gewicht des Kohlenpulvers
groͤßer, so koͤnnte man daraus schließen, daß Sand oder irgend eine
andere in Salpetersaͤure unaufloͤsliche Substanz unter die thierische
Kohle gemengt sey.
Ich empfehle noch folgenden Versuch. Man bringe einen kleinen Tiegel zwischen
brennende Kohlen, werfe 10 Gramme hoͤchst fein gepuͤlverte thierische
Kohle in denselben, und fahre dann, waͤhrend man die Masse von Zeit zu Zeit
mit einem eisernen Stabe umruͤhrt, so lange zu feuern fort, bis das in dem
Tiegel enthaltene Pulver ganz weiß wird. Dieses Pulver muß nun durch das Calciniren
ein Zehntel seines
Gewichtes verloren haben; ergaͤbe sich ein anderes Verhaͤltniß, so
koͤnnte man daraus schließen, daß die thierische Kohle verfaͤlscht
sey. Bei diesem Versuche werden naͤmlich alle kohligen Theile verbrannt,
waͤhrend die salzig-erdigen Substanzen, auf welche das Feuer keine
Wirkung aͤußert, unveraͤndert in dem Tiegel zuruͤkbleiben.
Einige Fabrikanten haben behauptet, daß man betruͤgerischer Weise auch
gebrauchte Kohle in den Handel bringe, die nicht wiederbelebt worden. Mir ist ein
solcher Betrug nie vorgekommen; geschaͤhe er aber wirklich, so ließe er sich
leicht auf folgende Weise erkennen.
Man bringe die verdaͤchtige Kohle, nachdem man sie drei oder vier Mal in
Wasser ausgekocht, neuerdings in ganz reines Wasser, seze ihr auf 10 Gramme Kohle 2
Gramme Aezkali (sogenannten Aezstein) zu, lasse das Gemenge eine Viertelstunde lang
sieden, und filtrire es durch Fließpapier, welches vorher mit heißem Wasser
ausgewaschen worden. Wenn die durch das Filter laufende Fluͤssigkeit
gefaͤrbt ist, so ist es gewiß, daß die fragliche Kohle bereits gebraucht, und
nicht wiederbelebt worden, oder daß die Wiederbelebung schlecht geschah, und daß die
Kohle folglich nicht zum Entfaͤrben tauge.
Ich glaube hiermit Alles beruͤhrt zu haben, was dem Fabrikanten zu wissen
noͤthig oder nuͤzlich ist, und will das Wesentliche nur noch ein Mal
in wenigen Worten zusammenfassen:
Die thierische Kohle wirkt unter allen Substanzen, welche die Eigenschaft zu
entfaͤrben haben, am kraͤftigsten auf die Syrupe, und kann daher weder
bei der Zukerraffination, noch bei der Runkelruͤbenzukerfabrikation auf
irgend eine andere Weise ersezt werden.
Die Knochen, aus denen die Kohle bereitet werden soll, muͤssen
sorgfaͤltig von allen mit ihnen vermengten Substanzen gereinigt werden. Das
Calciniren der Knochen muß in verschlossenen Gefaͤßen geschehen.
Durch gehoͤrige Behandlung der thierischen Kohle mit Salzsaͤure wird
deren entfaͤrbende Kraft bedeutend erhoͤht.
Die Wirkung der thierischen Kohle beruht darauf, daß sie sich innig mit dem
Faͤrbestoffe verbindet, und daß sie den Syrupen ihre alkalische, beim
Versieden so nachtheilige Eigenschaft benimmt.
Die Wiederbelebung der Kohle ist eine sehr vortheilhafte Operation, welche von den
Zukerfabrikanten selbst betrieben werden soll, und eine starke Calcination ist das
einzige Mittel, wodurch sich eine vollkommene Wiederbelebung erzielen
laͤßt.
Um die Wiederbelebung leicht und sicher zu machen, muß die gebrauchte Kohle mit Knochen
oder mit Holz vermengt werden; oder wenn man dieß nicht will, muß man sich
beweglicher Tiegel, d.h. Cylinder bedienen, bei denen die Arbeit jedoch
hoͤher zu stehen kommt.
Wenn man Kohle, die zum Entfaͤrben alkalischer Syrupe gedient hat,
wiederbeleben will, so reicht die Calcination allein nicht aus, sondern die
ausgegluͤhte Kohle muß auch noch mit einer geringen Menge Salzsaͤure
behandelt werden.
Die kuͤnstlichen Kohlen sowohl, als die vegetabilische Kohle ersezen die
thierische Kohle bei Weitem nicht, weil sich die Theilchen dieser Kohlen in einem zu
dichten Aggregatzustande befinden.
Geloͤschte Steinkohlen- oder Holzgluth wirkt nur filtrirend, aber nicht
entfaͤrbend.
Zur Ermittelung der Guͤte der thierischen Kohle muß man sie mit
Salpetersaͤure behandeln, oder in einem offenen Tiegel ausgluͤhen; und
bei der Behandlung der thierischen Kohle mit verduͤnnter
Salpetersaͤure muß dieselbe ein Zehntel unaufloͤslichen
Ruͤkstandes geben.
Gute Kohle verliert beim Calciniren den zehnten Theil ihres Gewichtes.
Wenn man frische oder wiederbelebte Kohle mit Aezkali siedet, so erhaͤlt man
beim Filtriren eine farblose Fluͤssigkeit; stellt man den Versuch aber mit
gebrauchter oder unvollkommen belebter Kohle an, so erhaͤlt man, wenn die
Kohle auch noch so gut ausgewaschen worden, immer eine gefaͤrbte
Fluͤssigkeit.
Bemerkungen uͤber den Bau des Ofens.
Die Deke des Ofens ist nicht gewoͤlbt, sondern sie besteht aus flachen
Eisenschienen, auf welche Baksteine zu liegen kommen, die dann mit Dachziegeln
belegt werden. Die flach gelegten Eisenschienen werden von Eisenstangen getragen,
welche auf die Kante gelegt sind, und von Schlaudern, welche an irgend einem fixen
Punkte unter dem Ofen befestigt sind.
Die Flamme und die Hize soll, wenn sie aus dem Ofen austritt, nicht gleich in den
senkrechten Rauchfang gelangen, sondern man soll sie in einen Feuerzug leiten,
welcher mit dem Ofen parallel laͤuft, und eben so breit ist, wie der Ofen
selbst. Dieser Feuerzug muß von Eisenstangen getragen werden; da die Hize in
demselben jedoch nicht so groß ist, so bedarf es hier keiner auf die Kanten gelegten
Stangen und keiner Schlaudern. Man erhaͤlt auf diese Weise eine
Flaͤche, auf der man die ausgewaschene Kohle troknen kann; und dieser
Trokenherd wird um so groͤßer werden, je weiter der Rauchfang von dem Ofen
entfernt ist.
Wenn man den Herd und das Aschenloch unter der Erde anbringt, so wird der Trokenherd
eine tiefere Stellung erhalten, so daß man die auf denselben gebrachte Kohle
leichter umruͤhren kann.
Die Thuͤre, bei welcher man die Toͤpfe oder die Tiegel in den Ofen
bringt, muß, wenn der Ofen gefuͤllt ist, mit Ziegeln und Thon verschlossen
werden. Gut ist es, wenn man in der Mitte dieses Mauerwerkes, welches bei jeder
Operation erneuert werden muß, einen schmiedeisernen Ring von einigen Zollen im
Durchmesser anbringt. Durch diesen Ring, welcher mit einem starken Eisenbleche
verschlossen werden muß, kann man naͤmlich in das Innere des Ofens sehen.
Manchmal wird auch die ganze Oeffnung mit einem Ofenthuͤrchen aus Eisenblech
verschlossen, wo jedoch mehr Hize verloren geht.
Damit der Ofen schneller auskuͤhlen kann, muß an der der eben beschriebenen
Thuͤre gegenuͤber liegenden Seite des Ofens eine zweite Thuͤre
angebracht seyn. Wenn man naͤmlich diese zweite Thuͤre gleichfalls
oͤffnet, so entsteht ein Luftzug im Ofen, in Folge dessen die Temperatur weit
schneller sinkt. Die in der Zeichnung dargestellten Toͤpfe oder Tiegel sind
etwas zu hoch; ihre Groͤße soll von der Art seyn, daß man vier solcher Tiegel
auf einander stellen kann.
Erklaͤrung der Abbildung.
Fig. 20 ist
ein Durchschnitt des Ofens nach der Linie AB.
Fig. 21 ist
ein Durchschnitt nach der Linie CD.
Fig. 22 ein
Grundriß in der Hoͤhe von EF.
Fig. 23 ein
Grundriß uͤber dem Ofen genommen.
a ist eine zum Feuerherde f
fuͤhrende Stiege.
b sind die Gewoͤlbe, auf denen die Toͤpfe
oder Tiegel ruhen.
c, die Raͤume, durch welche die Flamme und der
Rauch dringen.
d, der in den Rauchfang fuͤhrende Feuerzug.
e, die Thuͤre des Feuerherdes.
f, der Feuerherd.
g, gußeiserne Roststangen.
h, das Aschenloch.
i, ein freier Raum vor dem Ofen.
j, der Raum, in welchem die Tiegel untergebracht
werden.
k, die Thuͤre, bei welcher die Tiegel eingesezt
und herausgenommen werden.
l, der Trokenherd.
m, Canaͤle aus Eisenblech, bei welchen die
getroknete Kohle herausgeschafft wird.
n, eiserne Stangen, auf denen die Baksteine und
Dachziegel, die den Trokenherd bilden, ruhen.
o, eiserne, auf die Kante gelegte Stangen, auf denen die
Stangen n ruhen.
p, Schlaudern, welche mittelst Haken an den Stangen o befestigt sind.
q, eine der Thuͤre k
gegenuͤber angebrachte Thuͤre, welche zur Beschleunigung des Erkaltens
des Ofens geoͤffnet wird.
r, ein Pfropf, der zum Verschließen des Gukloches dient,
welches in dem Mauerwerke der Thuͤre gelassen ist.