Titel: | Ueber eine Methode zur Gewinnung des Rahmes aus der Milch. Von Hrn. Georg Carter Esq., von Mottingham Lodge, bei Eltham in Kent. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XVI., S. 55 |
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XVI.
Ueber eine Methode zur Gewinnung des Rahmes aus
der Milch. Von Hrn. Georg
Carter Esq., von Mottingham Lodge, bei Eltham in Kent.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. April
1833, S. 233.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Carter, uͤber die Gewinnung des Rahmes aus der
Milch.
Man befolgt in Devonshire bereits seit sehr langer Zeit ein eigenes Verfahren, um
eine groͤßere Menge besseren Rahmes aus der Milch zu gewinnen; das Product
der dortigen Malereien ist Jedermann in England unter dem Namen Clotted oder clouted cream
(geronnener oder Zukerrahm) bekannt. Da diese Rahm-Erzeugung durchaus nicht
von einer eigenen Beschaffenheit der Milch in jenen Gegenden herruͤhrt, so
wunderte man sich natuͤrlich wohl mit Recht, das in Devonshire befolgte
Verfahren nicht auch in anderen Gegenden Englands allgemein angewendet zu haben.
Die Gelegenheit landwirthschaftliche Versuche zu machen, welche mir zu Gebote steht,
veranlaßte mich meine Aufmerksamkeit auch auf die Producte der Schweizerei zu
richten, um dadurch vielleicht die Menge und die Guͤte des gewonnenen Rahmes
und der Butter zu erhoͤhen. Ich suchte mir daher einige Kenntniß von dem
Verfahren der Devonshirer Milchleute zu verschaffen, und fand hierbei, daß durch
dieses Verfahren nicht nur ein besserer Rahm, sondern auch eine groͤßere
Menge Butter erzielt wird. Ich nahm daher auch dieses System als die Basis meiner
Versuche an.
Die Erfahrung zeigte mir bald, daß dieses Verfahren mit verschiedenen Nachtheilen
verbunden ist. Die Art und Weise kuͤnstliche Waͤrme dabei anzuwenden
ist naͤmlich roh und unvollkommen, und deren Wirkung, indem sie ganz von dem
Gutduͤnken des Milchmannes abhaͤngt, unsicher. Daher kommt es dann
auch, daß die Producte sowohl durch den Einfluß der Witterung, als verschiedener
anderer Umstaͤnde, fuͤr welche der Milchmann keine Controle hat,
mannigfaltigem Wechsel ausgesezt sind.
Mein erstes Bestreben ging mithin dahin den Apparat so einzurichten, daß dessen Operationen so viel
als moͤglich unwandelbar wuͤrden, wobei ich mich bloß auf jenen Theil
des Devonshire'schen Verfahrens beschraͤnkte, nach welchem die Scheidung des
Rahmes von der Milch durch die Waͤrme unterstuͤzt wird. Nach
mehrfachen Versuchen uͤber die angewendete Temperatur, uͤber die Dauer
ihrer Anwendung und uͤber die Gestalt und das Material der dazu benuzten
Gefaͤße, erhielt ich endlich bei folgendem Verfahren die vorteilhaftesten
Resultate.
Ich ließ mir ein vierekiges Gefaͤß Fig. 33
aa aus 12 Zoll langen, 8 Zoll breiten und 6 Zoll
hohen Zinkplatten verfertigen, und dieses in der Haͤlfte seiner Tiefe bb mit einem falschen Boden versehen. In das
untere Fach dieses Gefaͤßes kann man nur durch den Schnabel c gelangen, durch welchen dasselbe gefuͤllt und
wieder ausgeleert werden kann.
Nachdem hierauf auf den Boden des oberen Faches zuerst eine durchloͤcherte
Zinkplatte dd gelegt worden, deren
Flaͤchenraum genau jenem des falschen Bodens gleich ist, wird ein Gallon oder
irgend eine bestimmte Quantitaͤt Milch, so wie dieselbe von der Kuh kommt, in
das Gefaͤß gegossen, um sie 12 Stunden lang ruhig darin stehen zu lassen.
Dann wird durch den Schnabel c eine gleiche Menge
siedendes Wasser in das untere Fach gegossen, womit man die Milch dann neuerdings 12
Stunden, also im Ganzen 24 Stunden, stehen laͤßt. Nach dieser Zeit wird man
allen Rahm abgeschieden finden, und zwar von solcher Consistenz, daß das Ganze mit
dem Daumen und Zeigefinger abgehoben werden kann. Dieses Abheben kann jedoch weit
leichter geschehen, indem man die durchloͤcherte Zinkplatte mittelst der
beiden Griffe langsam emporhebt, wo man dann die ganze Rahm-Schichte, ohne
alle Milch abgehoben erhaͤlt.
Ich habe mit diesem Apparate eine ganze Reihe von Versuchen angestellt, und erhielt
als das Mittel von 12 solchen Versuchen folgende Resultate: 4 Gallons Milch, nach
der eben beschriebenen Methode behandelt, gaben in 24 Stunden 4 1/2 Pinten
suͤßen Rahm, welcher nach 15 Minuten langem Ausruͤhren 40 Unzen Butter
gab.
4 Gallons Milch, nach der gewoͤhnlichen Methode behandelt, gaben nach
48stuͤndigem Stehen 4 Pinten Rahm, welcher nach 90stuͤndigem
Ausruͤhren nur 36 Unzen Butter gab.
Der Mehrertrag an Rahm betrug daher 12 1/2, jener an Butter hingegen 11 Procent. Der
ganze Vortheil bei der neuen Methode beschraͤnkt sich jedoch nicht auf diese
Zunahme an Ertrag allein, sondern er liegt hauptsaͤchlich auch in der
Ersparniß au Zeit und Arbeit, indem zum Ausruͤhren des nach der neuen Methode
gewonnenen Rahmes nur 15
Minuten erforderlich waren, waͤhrend man zum Ausruͤhren des
gewoͤhnlichen Rahmes 90 Minuten verwenden mußte. Die Resultate waren immer
dieselben, und an meiner Butter waren weder in Hinsicht auf Geruch, Farbe, noch
Consistenz die geringsten Verschiedenheiten bemerkbar, obschon meine Versuche unter
Umstaͤnden angestellt wurden, welche bei dem gewoͤhnlichen Verfahren
auf alle diese Eigenschaften der Butter gewiß nicht ohne Einfluß geblieben
waͤren.
Ich will nicht entscheiden, wie viel von den bei dieser Methode Statt findenden
Vortheilen auf Rechnung der mechanischen, und wie viel auf Rechnung der chemischen
Wirkung kommt. Es ist laͤngst bekannt, daß die Waͤrme die Abscheidung
des Rahmes aus der Milch beguͤnstigt, indem dieselbe wahrscheinlich eine nach
Aufwaͤrts gerichtete Stroͤmung in der Fluͤssigkeit erzeugt, und
indem die Abscheidung der schwebend erhaltenen Theilchen des Rahmes wahrscheinlich
in Folge der durch die Waͤrme erzeugten, groͤßeren Fluͤssigkeit
beguͤnstigt wird. Ich glaube aber gefunden zu haben, daß das Material, aus
welchem ich mein Gefaͤß bereitete, wesentlich zu diesen Resultaten
beitraͤgt; denn der Rahm scheidet sich in zinkenen Gefaͤßen um einige
Stunden schneller ab, als in irdenen. Ich erlaube mir hier die Vermuthung, daß dieß
von einer galvanischen Wirkung herruͤhren duͤrfte, welche durch die
Einwirkung der durch die Hize und Ruhe in der Milch erzeugten Milchsaͤure und
Essigsaͤure auf die Zinkplatten des Gefaͤßes entwikelt wird. Es sind
hier naͤmlich zwei Fluͤssigkeiten, welche auf ein und dasselbe Metall
wirken, vorhanden, und dieß ist bekanntlich eine galvanische Anordnung vom zweiten
Grade. Die Saͤuren, welche sonst die Milch zum Gerinnen bringen
wuͤrden, werden hier von dem Zinke aufgenommen, und die Milch gestattet,
indem sie duͤnnfluͤssiger bleibt, ein leichteres Emporsteigen des in
ihr schwebenden Rahmes. Ich habe, was meine Hypothese unterstuͤzt, in der
abgerahmten Milch auch wirklich essigsauren und milchsauren Zink gefunden.
Ich muß noch bemerken, daß meine Versuche in einer Gegend angestellt wurden, die
wegen ihres rauhen Klima's und ihres sandigen Bodens durchaus nicht besonders
guͤnstig fuͤr die Butter-Fabrikation ist; der sicherste Beweis
fuͤr die geringe Guͤte des Bodens im Kent ist naͤmlich der, daß
fast nirgendwo guter Kaͤs auf demselben erzeugt werden kann. Da meine
Versuche jedoch vergleichsweise angestellt wurden, so ist es wahrscheinlich, daß man
uͤberall zu aͤhnlichen Resultaten gelangen wird, das Land mag reicher
oder aͤrmer seyn.
Ich nehme nun von dem ganzen hier beschriebenen Verfahren nichts weiter als die
Anwendung des zinkenen Gefaͤßes, und die Art und Weise die Waͤrme
anzubringen, wodurch die Resultate sicherer und weniger veraͤnderlich gemacht werden, als meine
Erfindung in Anspruch. Ich behaupte uͤbrigens keineswegs, daß man nach meinem
Verfahren bereits das Maximum von Rahm erhaͤlt, und daß dasselbe keiner
weiteren Verbesserungen faͤhig ist. Der verstaͤndige Paͤchter
wird gleich auf den ersten Blik ersehen, welche Vortheile sich aus der Annahme
dieser Methode fuͤr ihn ergeben duͤrften, und seine Aufmerksamkeit auf
diesen Gegenstand wird ihn dann wahrscheinlich bald zu noch guͤnstigeren
Resultaten fuͤhren. Ich wuͤrde mich reichlich belohnt fuͤhlen,
wenn ich im Stande gewesen waͤre diese hoͤchst wichtige Sache in
Anregung gebracht zu haben, und wenn dadurch ein so wichtiges Nahrungsmittel, wie
der Rahm und die Butter, verbessert werden wuͤrde.Es erhellt aus den Angaben des Hrn. Carter, daß
die Milch, welche auf diese Weise behandelt worden, mehr oder weniger
aufloͤsliche Zinksalze enthaͤlt. Da nun diese Salze
bekanntlich sehr zusammenziehend und brechenerregend sind, so fragte die
Commission der Gesellschaft Hrn. Carter, wozu er
denn die Milch, von welcher der Rahm abgeschieden worden, verwende. Hr. Carter antwortete hierauf, daß er sie zur
Fuͤtterung der Schweine verwende, und daß er nie bemerkt habe, daß
die Gesundheit oder das Wachsthum dieser Thiere auch nur im Geringsten
Schaden leide. A. d. O. Wir muͤssen bemerken, daß die Abscheidung des
Rahmes durch Zink durchaus keine neue Erfindung ist, sondern daß dieselbe,
wie sich unsere Leser aus dem polyt. Journale erinnern werden, bereits vor
einigen Jahren von Amerika aus empfohlen wurde. Wir haben schon damals gegen
dieses Verfahren geeifert, und es als eine Giftmischerei dargestellt, und
koͤnnen nur wiederholt gegen dasselbe warnen. Unbegreiflich ist es,
wie eine Gesellschaft, wie die Society of Arts,
so leicht uͤber einen Gegenstand von solcher Wichtigkeit weggehen
konnte, ohne auch nur ein Woͤrtchen uͤber die Gefahren, denen
die Carter'sche Rahm- und Butter-Fabrikation den Menschen
aussezt, zu sagen. Wir geben unserer Seits diesen ganzen Artikel bloß, um zu
zeigen, welcher Mißbrauch in England mit der Bereitung der Nahrungsmittel
getrieben wird; und hoffen, daß dieses Verfahren um so weniger Eingang bei
uns finden wird, als wir die abgerahmte Milch noch besser zu verwenden im
Stande sind, als zum Schweinefutter.A. d. Ueb.