Titel: | Die Kunst des Baumwoll- und Leinengarn-Färbens. Von Hrn. Professor Laugier. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XL., S. 207 |
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XL.
Die Kunst des Baumwoll- und
Leinengarn-Faͤrbens. Von Hrn. Professor Laugier.
Aus dem Dictionnaire technologique. Bd. XX. S.
325.
Laugier, die Kunst des Baumwoll- und
Leinengarn-Faͤrbens.
Fortsezung von S. 138 des vorigen
Heftes.Drittes Kapitel.Von den rothen Farben.
Wir haben schon fruͤher gesagt, daß wir alle Farben in falschfaͤrbige,
gutfaͤrbige und aͤchtfaͤrbige theilen; diese Eintheilung
wiederholt sich nun auch wieder bei den rothen Farben. Wir wollen hier von jedem
dieser verschiedenen Roth ein Beispiel geben und die verschiedenen Manipulationen
dabei beschreiben. Alle uͤbrigen guten Methoden, deren man sich fuͤr
verschiedene Schattirungen bedient, sey es, daß man andere Faͤrbestoffe oder
andere Beizen dazu anwendet, oder daß man andere Manipulationen befolgt, werden wir
in der Tabelle angeben.
§. 1. Von dem
falschfaͤrbigen Roth mit Brasilienholz.
Das Brasilienholz gibt vergaͤngliche Farben, die etwas mehr Festigkeit
erhalten, wenn man die Baumwolle gallirt und alaunt, und wenn man
salpeter-salzsaures Zinn als Beize anwendet, besonders aber mit der Beize
N. 6. Kap. IX.
Noch groͤßere Festigkeit erhaͤlt diese Farbe, wenn man, wie es Dambourney bei der Wolle that, gepulverte Birkenrinde
anwendet. Man nimmt auf jede Unze (2 Loth) Brasilienholz 2 Pfund trokene, grob
gestoßene Birkenrinde: ein Verhaͤltniß, welches auch uns vollkommen gute
Resultate gab. Die Birkenrinde laͤßt man eine halbe Stunde lang sieden;
dann laͤßt man das Bad auf 30 bis 40° abkuͤhlen, worauf man
das Brasilienholz hineinwirft, und so sieden laͤßt, wie es im neunten
Kapitel bei der Bereitung der faͤrbenden Baͤder angegeben ist. Nur
diese geringe Abaͤnderung bringt man an allen den Vorschriften, die wir
in diesem Paragraphen geben werden, an.
(1)Die
in Parenthesen beigefuͤgten Zahlen entsprechen jenen der
alphabetischen Tabelle, und dienen zum Auffinden der Methoden, auf
welche wir zur Vermeidung von Wiederholungen in dieser Tabelle
verweisen. A. d. O.
Fleischfarb (Rouge
incarnat). Man taucht die gegallirte, alaunte und ausgewaschene
Baumwolle in ein auf die angegebene Weise bereitetes Brasilienholzbad von
40° R., und laͤßt sie darin, so wie dieß in der
Seidenfaͤrberei geschieht, um die Farbe gleichmaͤßig zu
machen, durchlaufen. Dann taucht man sie ganz unter, und laͤßt sie so
lange untergetaucht, bis man merkt, daß sie keine hoͤhere Farbe mehr
annimmt, worauf man sie herausnimmt und am Carvilirstoke auswindet, um zu
sehen, ob sie die wahre Schattirung hat. Findet man die Farbe zu schwach, so
taucht man die Baumwolle in ein zweites Bad, zu welchem man etwas weniger
Brasilienbruͤhe nimmt, als das erste Mal, und wiederholt die eben
beschriebene Manipulation so lange, bis die Farbe gehoͤrig
gesaͤttigt ist, und die Baumwolle die verlangte Schattirung erreicht
hat.
Wenn die Baumwolle aus dem lezten Bade kommt, so windet man sie aus, und
haͤngt sie eine Viertelstunde lang an einer Stange auf, damit die
Farbe etwas abtroknen und gleichmaͤßig werden kann. Dann erst
waͤscht man sie leicht aus, um sie zulezt an der Luft und im Schatten
zu troknen.
Andere Methoden um mit Brasilienholz, Safflor, Orlean verschiedene Roth zu
faͤrben, und die Veraͤnderungen, welche diese Farben, die
saͤmmtlich falschfaͤrbig sind,
durch verschiedene Reagentien erleiden, sehe man in der alphabetischen
Tabelle nach. Das hier gegebene Beispiel reicht hin, um alle in dieser Art
von Faͤrberei gebraͤuchlichen Manipulationen
verstaͤndlich zu machen.
§. 2. Von dem
gutfaͤrbigen Roth mit Krapp.
(2) Nach dem Entschaͤlen und nach dem Gallen mit 4 Unzen (8 Loth)
Gallaͤpfel in Sorten auf 1 Pfund Baumwolle alaunt man zwei Mal mit
gesaͤttigtem Alaune. Nach der ersten Alaunung, zu welcher man 4 Unzen
gesaͤttigten AlaunDen gesaͤttigten (neutralisirten) Alaun erhaͤlt man im
Handel, wo man ihn nicht haben kann, stellt man sich denselben auf
folgende Weise her: Man loͤst in 2 Pfunden Wasser durchs Kochen 1
Pfund gewoͤhnlichen Alaun auf und sezt der Aufloͤsung nach
und nach 3 Loth Potasche oder 4 Loth krystallisirtes kohlensaures Natron
(Soda) hinzu, und seiht dann diese Aufloͤsung durch ein reines
Baumwollentuch. A. d. R. auf jedes Pfund Baumwolle nimmt, troknet man, und laͤßt die
Baumwolle 3 oder 4 Tage mit ihrem Alaune ruhen. Dann alaunt man ein zweites Mal
mit 2 Unzen (4 Loth) gesaͤttigten Alaunes auf ein Pfund Baumwolle,
troknet hierauf neuerdings, laͤßt wieder 3 bis 4 Tage lang liegen, und
waͤscht endlich mit all der empfohlenen Sorgfalt aus.
Nach dem Auswaschen bereitet man in einem ovalen Kessel ein erstes Bad aus
Provencer Krapp, der hiezu den Vorzug verdient. Wenn das Wasser des Bades eine
Temperatur von 25 bis 30° erreicht hat, so ruͤhrt man das
Krapppulver hinein, und zwar im Verhaͤltnisse von drei Viertelpfund auf
jedes Pfund Baumwolle, worauf man das Bad einige Minuten lang umruͤhrt.
In dieses Bad bringt man nun die Straͤhne auf Durchlaͤufern, um
sie durchlaufen zu lassen, wobei man jene Theile derselben, die sich außer dem Bade befanden,
von Zeit zu Zeit wechselt, damit alle Stellen gleichfoͤrmig eingetaucht
werden. Waͤhrend dieser Zeit, welche ungefaͤhr eine Stunde dauern
muß, erhoͤht man die Temperatur allmaͤhlich bis zur Siedhize; dann
taucht man die Straͤhne ganz unter, um sie 10–12 Minuten lang
sieden zu lassen, wohl darauf achtend, daß Alles gleichmaͤßig
untergetaucht ist. Hierauf laͤßt man die Baumwolle eine Stunde lang
abkuͤhlen, um sie dann herauszunehmen, abtropfen zu lassen, auszuringen,
auszuwaschen, am Carvilirstoke auszuringen, und endlich in einem zweiten
aͤhnlichen Bade noch ein Mal zu krappen. Nach dieser zweiten Krappung,
welche auf dieselbe Weise, wie die erste vorgenommen wird, wird die Baumwolle
wieder herausgenommen, nach dem Abtropfen ausgedruͤkt, ausgewaschen, am
Carvilirstoke ausgerungen, und endlich unter den angegebenen Vorsichtsmaßregeln
getroknet.
Es bleibt nun nichts weiter mehr uͤbrig, als die Farbe des Rothes zu
schoͤnen oder zu erhoͤhen, was dadurch geschieht, daß man in einen
Kessel so viel lauwarmen Wassers bringt, als zum Traͤnken der Baumwolle
noͤthig ist. Dieses Wasser muß auf jedes Pfund Baumwolle 2 oder 3 Unzen
(4 bis 6 Loth) Seife aufgeloͤst enthalten; man weicht Bund fuͤr
Bund in dasselbe, arbeitet sie einen Augenblik darin ab, nimmt sie dann heraus,
ringt sie aus und troknet sie.
Hieraus ersieht man nun die Hauptmanipulationen fuͤr diese Art, von Roth;
in der alphabetischen Tabelle findet man die Methoden, nach welchen man die
verschiedenen Schattirungen erhaͤlt, und die Modificationen, welche man
in verschiedenen Faͤrbereien daran anbringt. Bei allen uͤbrigen
Farben wird derselbe Gang befolgt werden.
§. 3. Von dem achtfarbigen
Roth: Tuͤrkisch- oder Adrianopelroth.
(3) Auch dieses schoͤne und hoͤchst dauerhafte Roth, welches von
den Laͤndern, in deren es erfunden wurde, den Namen
Tuͤrkisch- oder Adrianopelroth erhielt, wird mit Krapp
gefaͤrbt. Die Adrianopelroth-Faͤrberei ist eine der
complicirtesten Faͤrbemethoden, oder vielmehr sie besteht aus einer Reihe
von Manipulationen, von denen alle unerlaͤßlich sind, wenn man zu der
bekannten gesaͤttigten, glaͤnzenden und dauerhaften Farbe gelangen
will.
Man hat das Verfahren, welches hiezu noͤthig ist, sehr lange geheim
gehalten; endlich kam man aber doch darauf, und das Adrianopelroth, welches
gegenwaͤrtig in Frankreich gefaͤrbt wird, ist schoͤner und
glaͤnzender, als das griechische, und wenigstens eben so haltbar, als
dieses. Einige Abweichungen findet man jedoch auch hier in einigen Faͤrbereien;
besonders gibt man der Baumwolle in einigen Faͤrbereien einige
Zubereitungen mehr, als in anderen.
Wir halten uns hier an das von Vitalis angegebene
Verfahren, weil es uns das beste und am meisten methodische scheint, und weil
man zu Rouen allgemein mit dem besten Erfolge darnach arbeitet. Einige andere
Methoden wird man in der alphabetischen Tabelle finden. Um unsere Beschreibung
jedoch genau zu verstehen, muß man die in §. 2. Kap. I. gegebene
Beschreibung der Einrichtung des Beizsaales wohl inne haben.
Erste Operation. Entschaͤlung. Wie
§. 3. Kap. I. Man siedet die Baumwolle 5 bis 6 Stunden lang in einer
Sodalauge, welche 1° am Araͤometer zeigt; dann laͤßt
man sie uͤber dem Kessel abtropfen, um sie hierauf in fließendem
Wasser auszuschwemmen und an der Luft zu troknen.
In den Tuͤrkischroth-Faͤrbereien wendet man statt der
Sodalauge die Entfettungsbruͤhe, auf
welche wir bei der fuͤnften Operation zuruͤkkommen werden, an;
man kann die Baumwolle auf diese Weise mit Vortheil und einiger Ersparniß
entschalen.
Zweite Operation. Mistbad oder schwarzes Bad (bain de fiente oder bain
bis). Der Zwek dieser Operation ist, die Baumwolle einiger Maßen zu
animalisiren, und ihr dadurch so viel als thunlich, eine der
vorzuͤglichsten Eigenschaften der thierischen Substanzen
mitzutheilen, naͤmlich: mit den Faͤrbestoffen leichter
Verbindungen einzugehen und festere und dauerhaftere Verbindungen damit zu
bilden.
Man bedient sich zu diesem Zweke des Schaafmistes, der eine gewisse Menge
Eiweißstoff und auch eine eigene thierische Substanz enthaͤlt. Auf
100 Pfund Baumwolle nimmt man gewoͤhnlich 25 bis 30 Pfund Schaafmist.
Man beginnt damit, daß man ihn einige Tage in eine Sodalauge von 8 oder
10° weicht, und dann diese Lauge mit beilaͤufig 500 Pinten
(300 Pfund) schwaͤcherer Lauge verduͤnnt, wobei man den Mist
zugleich in einem kupfernen Kessel mit durchloͤchertem Boden mit der
Hand zerdruͤkt. Diese Fluͤssigkeit gießt man nun in einen
Kuͤbel, in welchen man vorher 5 bis 6 Pfd. fettes Oehl gebracht hat,
und wenn dieß geschehen, so mengt man das Ganze durch oͤfteres
Umruͤhren gut unter einander, d.h. man ruͤhrt so lang, bis die
Fluͤssigkeit ganz gleichartig, und in allen ihren Theilen
gleichmaͤßig gefaͤrbt ist.
Mit dem auf diese Weise bereiteten Bade impraͤgnirt man hierauf die
Baumwolle gehoͤrig, indem man sie Bund fuͤr Bund gut darin
durcharbeitet, wie dieß beim Galliren und Alaunen geschieht. Hierauf ringt
man sie an dem Carvilirstoke aus, und legt sie auf einen Tisch, auf welchem
man sie 10 bis 12 Stunden lang liegen laͤßt; jedoch mit der Vorsicht,
daß nicht mehr als zwei oder drei Gebinde auf einander zu liegen kommen,
damit die eigene Schwere das Bad nicht wieder auspresse. Nach Ablauf dieser
Zeit traͤgt man die Baumwolle auf Stangen aus weichem Holze auf den
Trokenplaz, wo die Gebinde von Zeit zu Zeit geschuͤttelt und
umgekehrt werden muͤssen, damit das Troknen so gleichmaͤßig
als moͤglich erfolge. Wenn nun die Baumwolle an der Luft einen
gewissen Grad von Trokenheit erlangt hat, so bringt man sie in eine auf
50° R. erhizte Trokenstube, damit sie hier jene Feuchtigkeit
verliere, die sie sonst hindern wuͤrde, sich mit den spaͤter
noͤthigen Beizen zu verbinden. Was von dem Bade uͤbrig bleibt,
nennt man den Vorschuß (avance), den man dem naͤchsten Bade zusezt.
Solcher Mistbaͤder gibt man der Baumwolle zwei und manchmal sogar
drei, wenn man will, daß die Farbe sehr gesaͤttigt werde. Wenn die
Baumwolle ein Mal die Mistbaͤder erhalten hat, so muß man sich
uͤbrigens wohl huͤten, sie laͤngere Zeit uͤber
aufgehaͤuft zu lassen, indem es schon einige Mal geschah, daß sie
sich in Folge der hiebei eintretenden Gaͤhrung
entzuͤndete.
Dritte Operation. Oehlbad oder weißes Bad. Dieses
Bad bereitet man, indem man auf 6 Pfund fettes Oehl 50 Pinten (75 Pfund)
Soda-Aufloͤsung von 1°, oder zuweilen auch etwas
weniger, gießt, je nachdem man sich durch einen vorhergehenden Versuch von
der Guͤte des Oehles uͤberzeugt hat. Dieses Gemisch vermengt
man sorgfaͤltig mittelst einer Kruͤke, oder indem man es
mehrere Male aus einem Zuber in einen anderen gießt. Das Bad ist so, wie es
seyn soll, wenn die Sodalauge 4 oder 5 Stunden lang und daruͤber mit
dem Oehle verbunden bleibt, und wenn sich dieses nicht wieder auf der
Oberflaͤche zeigt. In diesem Bade nimmt man dann die Baumwolle wie in
dem Mistbade durch, um sie dann 10 bis 12 Stunden lang auf dem Tische liegen
zu lassen, und hierauf aufzuhaͤngen und zu troknen. – Dieses
weiße Bad muß zwei, drei Mal und selbst oͤfter wiederholt werden, je
nachdem man der Farbe mehr oder weniger Koͤrper geben will.
Vierte Operation. Salze. Dem Ruͤkstande von
den weißen Baͤdern, den mait gleichfalls Vorschuß (avance) nennt, werden
ungefaͤhr 100 Pinten Sodalauge von 2 oder 3° zugesezt, und in
dieser Fluͤssigkeit nimmt man, wenn sie gut umgeruͤhrt worden,
die Baumwolle so wie in den vorhergehenden Baͤdern durch. Ehemals
pflegte man 2, 3 und selbst noch mehrere solche Salze zu geben: eines oder
zwei reichen jedoch hin. Der Ruͤkstand dieser Baͤder wird Sikiou genannt, und dient zum
Schoͤnen.
Fuͤnfte Operation. Entfettung. Man weicht
die Baumwolle 5–6 Stunden lang in eine lauwarme
Soda-Aufloͤsung, welche am Araͤometer hoͤchstens
1° zeigt, laͤßt sie dann auf einem Trageboke ablausen, und
wirft zu wiederholten Malen Wasser auf dieselbe, so daß sie ganz davon
durchdrungen wird. Nach einer Stunde waͤscht man sie hierauf Gebind
fuͤr Gebind gut aus, damit sie von allem nicht damit verbundenem,
sondern bloß an der Oberflaͤche haͤngendem Oehle gereinigt
werde. Dieß ist deßhalb noͤthig, weil dieses bloß anhaͤngende
Oehl die Baumwolle hindern wuͤrde die Gallirung anzunehmen. Nach dem
Auswaschen ringt man am Carvilirstoke aus und troknet.
Die entfettete Baumwolle muß schoͤn weiß seyn. Was von der
Entfettungsbruͤhe uͤbrig bleibt, dient zum Entschaͤlen
der Baumwolle.
Sechste Operation. Gallirung. Auf 100 Pfd.
Baumwolle laͤßt man 20–25 Pfd. gestoßene Gallaͤpfel in
Sorten in beilaͤufig 100 Pinten (150 Pfd.) Wasser sieden. Die
Bereitungsart des Bades siehe uͤbrigens §. 1 Kap. II. Die
Manipulation ist uͤbrigens ganz so, wie bei den Oehlbaͤdern;
man traͤgt die Baumwolle sogleich zum Aufhaͤngen in freier
Luft, wenn das Wetter dieß gestattet, oder auf einen Haͤngeboden,
wenn das Wetter feucht und regnerisch ist. Man muß hiebei die schon
fruͤher angegebene Vorsichtsmaßregel anwenden, weil, wenn das Troknen
ungleich erfolgen wuͤrde, auch beim Krappen Ungleichheiten in der
Farbe entstehen wuͤrden.
Die Gallirung kann auch, obgleich mit derselben Menge Gallaͤpfel, auf
zwei Mal geschehen, wo man die Baumwolle dann zwischen den beiden
Gallirungen troknen laͤßt. Bei diesem Verfahren wird die Farbe
meistens mehr gesaͤttigt und gleichfoͤrmiger. –
Zuweilen ersezt man einen Theil der Gallaͤpfel durch Sumach; man
erhaͤlt dadurch einige Schattirungen, die sehr geschaͤzt
werden.
Siebente Operation. Alaunung. Auf 100 Pfd.
Baumwolle sind 25–30 Pfd. reiner, von
allen Eisensalzen freier Alaun noͤthig. Man soll daher zu dieser
Operation nur roͤmischen Alaun oder Alaun von erster Guͤte,
wie ihn gegenwaͤrtig auch unsere Fabriken liefern, anwenden. Die
Gegenwart der geringsten Menge eines Eisensalzes im Alaune wuͤrde dem
Roth des Krapps einen Strich in's Weinhefenfarbige (couleur lie de vin)
geben, und folglich den ganzen Zwek vereiteln. Man muß sich deßhalb vor
Allem von der Reinheit des Alaunes uͤberzeugen, indem man eine
geringe Menge desselben in Wasser aufloͤst, und dieser
Aufloͤsung dann einige Tropfen blausaures Kali zusezt. Erzeugt dieser
Zusaz naͤmlich auch nach einigen Stunden keinen blauen Niederschlag,
so darf man den Alaun ungescheut anwenden; erzeugt er hingegen
fruͤher oder spaͤter einen solchen Niederschlag, so
ist der Alaun unrein, und unbrauchbar, außer man reinigt ihn auf die im IX.
Kap. angegebene Weise.
Es ist aber nicht genug, daß der Alaun vollkommen rein ist, sondern man muß
demselben auch noch seine uͤberschuͤssige Saͤure
nehmen, und ihn in sogenannten gesaͤttigten Alaun verwandeln. Das
Verfahren hiezu, so wie jenes bei der Alaunung selbst, findet man §.
2. Kap. II.
Achte Operation. Auswaschen des Alaunes. Um die
Baumwolle von dem Alaune zu befreien, welcher nicht wirklich mit ihr
verbunden ist, weicht man sie einige Stunden lang in Wasser, um sie hierauf,
wenn sie gut abgetropft ist, bundweise 3–4 Mal in fließendem Wasser
auszuwaschen, und zulezt am Carvilirstoke auszuringen und zu troknen.
Neunte Operation. Krappung (garançage) oder Ausfaͤrben. Diese Operation erfordert die groͤßte
Sorgfalt, wenn man eine Farbe erhalten will, welche moͤglichst
gleichfoͤrmig ist.
Man faͤrbt hoͤchstens 50 Pfund Baumwolle auf ein Mal, meistens
nimmt man gar nur 25 Pfund, und unter dieser Voraussezung wollen auch wir
diese Operation beschreiben. Man gießt in einen Kessel von laͤnglich
vierekiger Gestalt beilaͤufig 400 Pinten (600 Pfund) Wasser, und
vermengt damit 25 Pinten (38 Pfund) Ochsen- oder Schaafblut. So wie
nun dieses Wasser lauwarm zu werden beginnt, sezt man 50 Pfund Krapp zu,
welchen man sorgfaͤltig im Bade verruͤhrt. Unmittelbar hierauf
taucht man dann die Baumwolle, auf Durchlaͤufer gebracht, in dieses
Bad, in welchem man die Buͤnde von Zeit zu Zeit von End zu End
umkehrt, damit sich die Farbe uͤberall gleichmaͤßig verbinden
kann. Mit dieser Manipulation faͤhrt man eine Stunde oder 3/4 Stunden
lang fort, waͤhrend welcher Zeit man das Feuer so leitet, daß das Bad
nach Ablauf derselben zum Sieden kommt. Man nimmt nun die Gebinde von den
Durchlaͤufern, welche man durch die Bindfadenringe, mit denen die
Gebinde vereinigt sind, stekt, und unterhaͤlt das Sieden noch 3/4
Stunden oder hoͤchstens 1 Stunde lang. Nach dieser Zeit nimmt man die
Baumwolle aus dem Kessel, um sie waͤhrend des Abtropfens
abkuͤhlen zu lassen, und um sie hierauf im Flusse so lang
auszuwaschen, bis das Wasser ganz klar ablaͤuft. Ist dieß der Fall,
so troknet man sie zulezt.
Man faͤrbt sehr haͤufig auch auf zwei Mal aus, wo man dann die
angegebene Menge Krapp auch in zwei Theile theilt. Man erzielt auf diese
Weise eine gleichfoͤrmigere Farbe. Es ist nicht noͤthig
zwischen den beiden Operationen zu troknen; es genuͤgt, wenn man die
Baumwolle gut auswaͤscht.
Das Ausfaͤrben geschieht gewoͤhnlich mit
Provencer-Krapp: um aberfeine oder mehr oder weniger rosenrothe
Schattirungen zu erhalten, vermengt man den Provencer-Krapp zuweilen
mit Smyrner-Krapp, cyprischem Krapp etc., und zwar entweder zu
gleichen Theilen oder im Verhaͤltnisse von 2 Theilen des ersteren zu
1 Theile des zweiten oder dritten.
Zehnte Operation. Aviviren oder Schoͤnung. Die Schoͤnung geschieht
nach verschiedenen Methoden.
1) ließ man die Baumwolle, welche mit Krapp roth gefaͤrbt worden war,
ehemals bei kleinem Feuer in den Vorschuͤssen oder in der
Fluͤssigkeit, welche von dem lezten weißen Bade uͤbrig
geblieben war, sieden, indem man derselben noch 4 bis 5 Pfund
Marseiller-Seife, welche in so viel Wasser aufgeloͤst worden
war, daß das Ganze ungefaͤhr 600 Pinten (900 Pfund)
Fluͤssigkeit ausmachte, zusezte. Dabei wurde der Kessel gut zugedekt,
jedoch so, daß der Dampf entweichen konnte, indem man zu diesem Behufe
entweder grobe Tuͤcher zwischen den Rand des Kessels und dessen Dekel
brachte, oder indem man an dem Dekel selbst eine Klappe anbringen ließ. Heut
zu Tage scheint diese Methode jedoch gaͤnzlich aufgegeben worden zu
seyn.
2) bereitet man, wenn die Baumwolle gefaͤrbt ist, ein
gewoͤhnliches weißes Bad, welches Sikiou
genannt wird. In diesem Bade nimmt man die ausgewaschene, gekrappte
Baumwolle durch, um sie dann zu troknen. Man nennt dieses Verfahren auch das
Sikioutiren (sikiouter). Wenn die Baumwolle getroknet worden, siedet man sie
endlich noch auf die angegebene Weise in einem Bade von 6 bis 8 Pfd.
Seife.
3) endlich bereitet man sich das Schoͤnungs- oder
Avivir-Bad jedes Mal auf 100 Pfd. Baumwolle aus 4–5 Pfd.
fettem Oehle, 6 Pfd. weißer Marseiller-Seife und 600 Liter (1200
Pfund) Sodaaufloͤsung von 2°. Uebrigens verfaͤhrt man
dann, wie bei der ersten Methode.
Wenn man sich nach einem aus dem Kessel genommenen Muster uͤberzeugt
hat, daß die fruͤher braͤunliche und dunkle Farbe der
Baumwolle in ein helles Roth (gros rouge) verwandelt worden, und daß das Roth
ganz geoͤffnet ist, so hoͤrt man zu feuern auf und
laͤßt die Baumwolle im Kessel abkuͤhlen. Darauf druͤkt
man sie aus, waͤscht sie am Flusse gut ab, ringt sie am Carvilirstoke
aus, und schreitet dann sogleich, ohne sie zu troknen, zum Rosiren.
Eilfte Operation. Rosiren. Der Zwek dieser
Operation ist, der Farbe Feuer, d.h. Lebhaftigkeit und Glanz zu geben.
Man bedient sich zu derselben eines aͤhnlichen Kessels wie zum
Schoͤnen oder Aviviren, und gießt in diesen beilaͤufig 600
Pinten (800 Pfund) Wasser, worin man, je nach der Staͤrke der Farbe
16 bis 18 Pfund weiße Seife aufloͤst. Wenn die Seife vollkommen
aufgeloͤst ist, und das Bad einige Waller gemacht hat, so gießt man
nach und nach eine Aufloͤsung von beilaͤufig 1 1/2, Pfd.
oxydirtsalzsaurem ZinnDie Chemiker nennen dieses Salz salpeter-salzsaures Zinn. Wir haben mehrere
Vorschriften zur Bereitung desselben angegeben, welche
saͤmmtlich zum Behufe des Rosirens
gut sind; da man jedoch nach jeder Vorschrift eine andere
Schattirung erhaͤlt, so muß sich der Faͤrber Muster
davon machen, und diese, gegen Licht geschuͤzt, aufbewahren,
um sich nach Umstaͤnden jenes Salzes bedienen zu
koͤnnen, welches diese oder jene Schattirung gibt. A. d.
O. in 2 Pinten lauwarmen mit 6–8 Unzen (12 bis 16 Loth)
Salpetersaͤure von 20° gesaͤuerten Wassers zu.
Waͤhrend dieses Zugießens muß ein Arbeiter das Bad
fortwaͤhrend mit einem Stoke umruͤhren, damit sich die
Zinnsalzaufloͤsung gehoͤrig mit dem Seifenbade vermenge. Ist
dieß geschehen, so wirft man die Baumwolle, aus welcher man mehrere große
Paͤke gebildet hat, in das Bad, um sie darin, bei gelindem Feuer und
wie dieß beim Schoͤnen geschieht, so lange zu sieden, bis ein Muster,
nachdem man es ausgedruͤkt hat, ein schoͤnes lebhaftes Roth
zeigt. Hierauf nimmt man die Baumwolle aus dem Kessel, waͤscht sie
noch heiß aus, und troknet sie, womit die Baumwolle fertig ist.
Nach eben dieser Methode und eben demselben Verfahren kann man auch
Flachs- und Hanfgarn sehr schoͤn tuͤrkischroth
faͤrben; nur muͤssen diese Garne, ehe man sie den
oͤhligen Zubereitungen unterwirft, wenigstens halbweiß gebleicht
seyn.
Bemerkungen. Das Faͤrbesystem, welches wir
hier so eben entwikelt haben, ist jedoch nicht das einzige, welches sich
befolgen laͤßt; es gibt noch ein zweites, welchem man in vielen
Werkstaͤtten den Vorzug gibt, und welches Berthollet in seinen Élémens
de l'art de la Teinture 2 edit. T. II.
S. 137 beschrieben hat. Man wendet diese beiden Systeme zu Rouen
unter dem Namen von Gaͤngen (marches) an; Ersteres nennt man den grauen Gang (marche en
gris), weil die Baumwolle bei demselben unmittelbar nachdem sie die
oͤhligen Zubereitungen erlitten, und die Gallaͤpfel-
und Alaun-Beize erhalten hat, die ihr eine graue Farbe geben,
gekrappt wird. Das zweite System hingegen nennt man den gelben Gang, weil hier die Baumwolle, nachdem sie
die oͤhligen Zubereitungen, die Gallaͤpfel- und die
Alaun-Beize erhalten hat, noch ein Mal geoͤhlt, gegallt und
alaunt wird, ehe sie die Krappung erhaͤlt, und weil die Baumwolle
hiebei vor der Krappung eine gelbe Farbe erhaͤlt. Diese zweite
Methode Tuͤrkischroth zu faͤrben, nennt man auch das Aufsezen auf Gallaͤpfel (remonter sur galle). Den gelben Gang findet man
im IX. Kap. angegeben.
Das hier beschriebene Verfahren gehoͤrt, wie bereits gesagt, Hrn. Vitalis an, der dasselbe mehrere Jahre hindurch
zu Rouen mit dem besten Erfolge anwenden ließ. Wir muͤssen
uͤbrigens mit diesem gelehrten Chemiker bemerken, daß eine gute
Vorschrift noch nicht Alles ist, was man braucht, sondern daß die einzelnen
Operationen auch mit einer Sorgfalt und Aufmerksamkeit ausgefuͤhrt
werden muͤssen, welche nie zu weit getrieben seyn kann. Jede der
beschriebenen Manipulationen erfordert auch noch eine Gewandtheit in der
Ausfuͤhrung, welche einen besonderen, theoretisch
unerklaͤrlichen Einfluß auf das endliche Resultat hat. Man muß daher
diese Operationen nicht nur selbst in den Faͤrbereien betrieben
gesehen, sondern man muß selbst mit eigener Hand gearbeitet haben.
Unter allen Faͤrbern arbeiten diejenigen mit dem besten Erfolge,
welche sich Muͤhe geben, die Ingredienzien, deren sie sich bedienen,
genau kennen zu lernen, und welche dieselben im richtigen
Verhaͤltnisse anwenden, ohne aus falscher Sparsamkeit
bestaͤndig die Menge der Farbestoffe, deren sie sich zu ihren
Baͤdern bedienen, zu vermindern zu streben. Nichts ist in dieser
ganzen Methode ohne Belang; saͤmmtliche Operationen stehen in innigem
Zusammenhange mit einander, und alle muͤssen sie zusammentreffen,
wenn das Resultat vollkommen gelungen seyn soll. Die Baumwolle ist sehr
schwer zu faͤrben; nur indem man die Beizen vervielfaͤltigt,
und indem man ihnen Zeit laͤßt, die Baumwolle gehoͤrig zu
durchdringen, gelingt es deren Natur einiger Maßen zu veraͤndern, und
sie geneigt zu machen die Faͤrbestoffe aufzunehmen und fest zu
halten.
Wir muͤssen, ehe wir diesen Artikel schließen, noch mit Vitalis bemerken:
1) daß das Troknen eine der wichtigsten Operationen ist, und daß sie am Ende
immer in einer Trokenstube zu geschehen hat, deren Temperatur man zulezt bis
auf 55° R. erhoͤhen soll.
2) daß das Adrianopelroth viel schoͤner wird, wenn man die Baumwolle
nach Beendigung der Faͤrberei einen oder zwei Monate lang in
Saͤke aus einem etwas dichten Zeuge bringt, und wenn man diese
Saͤke durch mehrere, sehr nahe an einander gelegte, aber etwas lokere
Buͤnde oder Ligaturen zusammenpreßt. Eine lange Erfahrung hat diese
Beobachtung bestaͤttigt, und es ist dieß ein neuer Beweis, daß man
die Operationen nicht zu sehr beschleunigen, sondern zwischen jeder
derselben einen gehoͤrigen Zeitraum verstreichen lassen soll, damit
die Beizen Zeit haben, ihre volle Wirkung zu aͤußern, und die groͤßte
Verwandtschaftskraft zwischen der Baumwolle und dem Faͤrbestoffe
hervorzurufen.
3) geschieht es zuweilen, daß die Baumwolle aus Mangel an den
gehoͤrigen Vorbereitungen nur mit einer mageren und durchschlagenden
Farbe aus der Krappung kommt. Solcher Baumwolle muß man, ehe man sie
schoͤnt, neue Oehlbaͤder geben, und dann weiter damit
verfahren, als waͤre sie noch nicht gefaͤrbt worden. Die
Schoͤnung und die Roͤthung werden in solchen Faͤllen
etwas weniger Kraft haben, als in den gewoͤhnlichen Faͤllen.
Man wird naͤmlich von selbst einsehen, daß, wenn die Farbe nicht so
gesaͤttigt und dunkel ist, als sie geworden waͤre, wenn die
vorbereitenden Operationen gehoͤrig geschehen waͤren, man auch
keine so große Menge uͤberschuͤssiger Farbe wegzuschaffen hat,
um ihr das Lebhafte zu geben, was sie haben soll.
4) ist die tuͤrkischroth gefaͤrbte Baumwolle zuweilen zu stark
mit Oehl uͤberladen, so daß das Oehl manchmal mit der Zeit auf die
Oberflaͤche des Garnes oder der daraus verfertigten Zeuge steigt. In
diesem Falle bemerkt man auf der Oberflaͤche des Garnes oder der
Zeuge eine große Menge kleiner weißer Punkte, welche der Schoͤnheit
der Farbe großen Eintrag thun. Diesem Uebelstande ist leicht abgeholfen:
denn man braucht solche Baumwolle oder die daraus verfertigten Zeuge nur in
ein heißes Seifenbad zu bringen. 10 bis 12 Pfd. Seife reichen auf 100 Pfd.
Baumwolle hin.
5) das allenfalls im Alaun enthaltene schwefelsaure Eisen faͤrbt die
von dem Krapp erzeugte Farbe mehr oder weniger braun; vergebens
wuͤrde man in einem solchen Falle die reine rothe Farbe durch
wiederholtes Schoͤnen und Rosiren wieder herzustellen suchen. Es
bleibt in einem solchen Falle durchaus nichts Anderes mehr uͤbrig,
als der Baumwolle eine andere Farbe zu geben, und sie z.B. Violet oder
Palliacat zu faͤrben.
6) wie sorgfaͤltig man auch bei saͤmmtlichen Operationen zu
Werke gegangen seyn mag, so gelingt es doch fast nie, daß saͤmmtliche
Buͤnde einer ganzen Fracht Baumwolle von 125 bis 200 Pfd. durchaus
eine vollkommen gleiche Schattirung haben; sondern die Gebinde wechseln oft
im Tone und in dem groͤßeren oder geringeren Reichthume der Farbe.
Dieß scheint von einigen leichten Unregelmaͤßigkeiten
herzuruͤhren, welche auch der sorgfaͤltigste Arbeiter nicht
immer zu vermeiden im Stande ist. Um diesem Uebelstande, der bisher zu den
unvermeidlichen gehoͤrt, so gut als moͤglich abzuhelfen,
sortirt man die Gebinde nach dem Faͤrben nach ihren verschiedenen
Schattirungen.
7) endlich, ist wohl zu beruͤcksichtigen, daß die fuͤr die
Kette gesponnene Baumwolle die Farbe viel schwerer annimmt, als die
fuͤr den
Eintrag gesponnene Baumwolle; was davon herruͤhrt, daß erstere
staͤrker gedreht ist, als leztere, und daß die Beizen und die
Faͤrbestoffe folglich in erstere weit schwerer eindringen, als in
leztere. Es erhellt daher schon hieraus allein, daß die Kettenbaumwolle
etwas laͤnger in den Oehlbaͤdern und den
Gallaͤpfel- und Alaun-Bruͤhen verbleiben muß,
daß man die Kraft und die Zahl dieser Baͤder etwas zu
erhoͤhen, und auch die Einwirkung des Farbbades laͤnger
andauern zu lassen hat.
Wir haben uns hier bei der Adrianopelroth-Faͤrberei in viele
Details eingelassen, uͤberdenkt man dieselben aber mit etwas mehr
Aufmerksamkeit, so wird man finden, daß keines derselben ohne wesentlichen
Nuzen ist.Wer sich mit der Tuͤrkischroth-Faͤrberei noch
naͤher bekannt machen will, den verweisen wir auf die im
vorigen Hefte S. 131 angefuͤhrte deutsche Uebersezung des
Vitalischen Faͤrbebuchs, so wie auch auf Bancroft's
Faͤrbebuch, aus dem Englischen mit Anmerkungen und
Zusaͤzen von Dingler und Kurrer; Nuͤrnberg bei Schrag.
Bd. II. S. 350 bis 468. A. d. Red.
Viertes Kapitel.Von den gelben Farben.
Es gibt eine außerordentliche Menge vegetabilischer und anderer Substanzen, welche
einen gelben Faͤrbestoff liefern, der sich mit Huͤlfe gewisser Beizen
auf eine mehr oder weniger haltbare Weise auf Wolle befestigen laͤßt. Nicht
so verhaͤlt es sich mit der Baumwolle, denn diese laͤßt sich nur durch
einige wenige Faͤrbestoffe haltbar gelb faͤrben. Am besten eignen sich
noch der Wau, die italiaͤnische Pappel und auch das Eisen.
Einige Faͤrber faͤrben auch mit Curcuma,
Sumach oder Gelbholz gelb: allein alle diese
Faͤrbestoffe geben nur vergaͤngliche Farben, wenigstens gelang es
bisher noch nicht, dieselben auf eine dauerhafte Weise auf der Baumwolle zu fixiren.
Wir werden jedoch auch fuͤr diese falschfaͤrbigen Farben die besten
Faͤrbemethoden angeben.
Die Quercitronrinde, welche erst in den lezten Jahren mehr
in Anwendung kam, gibt aͤußerst haltbare gelbe Farben, woruͤber wir
die schoͤnen Versuche Bancroft's anfuͤhren
werden.
§. 1. Von dem
gutfaͤrbigen Gelb mit Wau.
(4) Die in ganz Europa allgemein eingefuͤhrte Methode mit Wau gelb zu
faͤrben besteht darin, daß man die Zeuge oder das Garn in eine
Fluͤssigkeit einweicht, zu deren Bildung der 4te Theil ihres Gewichtes
gesaͤttigten (neutralisirten) Alaunes in einer hinreichenden Menge Wassers
aufgeloͤst wurde. Ist die Baumwolle in dieser Fluͤssigkeit
gehoͤrig durchweicht, so nimmt man sie heraus und troknet sie vollkommen,
worauf man sie ausspuͤlt und in einem Waubade ausfaͤrbt, welches
man sich dadurch bereitete, daß man fuͤr jedes Pfund Baumwolle oder Faden
1 1/4 Pfund Wau in Wasser aussott. Hat die Baumwolle die gehoͤrige
Schattirung erlangt, so nimmt man sie aus dem Bade, und weicht sie
hoͤchstens eine Stunde lang in eine Aufloͤsung von schwefelsaurem
Kupfer, welche man sich aus 3–4 Unzen dieses Salzes auf jedes Pfund
Baumwolle bereitete. Aus dieser Aufloͤsung bringt man die Baumwolle dann,
ohne sie auszuwaschen, in siedendes Seifenwasser, in welchem auf jedes Pfund
Garn 3–4 Unzen Seife enthalten sind. In diesem Seifenwasser haͤlt
man sie hoͤchstens 3/4 Stunden gut untergetaucht, worauf man sie
auswaͤscht und troknet. – Man hat sich aus vielfach wiederholten
Erfahrungen uͤberzeugt, daß diese Methode das Kupferoxyd auf das mit Wau
und Alaun hervorgebrachte Gelb niederzuschlagen, dieses Gelb viel dauerhafter
macht, daß der Ton der Farbe dadurch aber etwas dunkler wird.
Die Vorschrift zur Verfertigung des Waubades findet man im IX. Kapitel.
§. 2. Vom
aͤchtfaͤrbigen Gelb mit Wau und essigsaurer
Thonerde.
(5) Durch Anwendung der essigsauren Thonerde als Beize erhaͤlt man eine
schoͤnere und dauerhaftere Schattirung von Gelb, bei welcher man
uͤberdieß die Kosten der Seife und des schwefelsauren Kupfers erspart.
(Die Bereitung der essigsauren Thonerde siehe IX. Kapitel.)
Die beste Methode das ebengenannte Beizmittel anzuwenden, um auf diese Weise
lebhafte und dauerhafte gelbe Farben zu erhalten, besteht darin, daß man der
essigsauren Thonerde eine gleiche Menge heißes Wasser zusezt, daß man dann die
Baumwolle oder den Faden, welche bereits entschaͤlt und gebleicht seyn
muͤssen, in diesem Gemenge gut einweicht, und daß man Lezteres 2 Stunden
lang auf einer solchen Temperatur erhaͤlt, daß man die Hand darin
untergetaucht lassen kann. Nach dieser Zeit nimmt man die Baumwolle oder den
Faden heraus, um sie uͤber dem Bade gut abtropfen zu lassen, worauf man
sie dann auspreßt oder leicht ausringt, um die uͤberschuͤssige
Fluͤssigkeit daraus zu entfernen. Nach dieser Behandlung troknet man die
Baumwolle in der Trokenstube, um hierauf diese Operation in der essigsauren
Thonerde auf dieselbe Methode noch ein Mal zu wiederholen, und nach dieser die
Baumwolle auszuspuͤlen, in Kalkwasser zu weichen und zulezt zu
troknen. Will man eine solide und sehr dauerhafte gelbe Farbe erhalten, so ist
es gut, die Baumwolle selbst noch ein drittes Mal in essigsaure Thonerde
einzuweichen, sie wieder zu troknen, ein zweites Mal mit Kalkwasser zu benezen,
und endlich wieder zu troknen. Man mag nun diese Operation 2 oder 3 Mal
vornehmen, so muß die Baumwolle und der Faden nach der lezten Eintauchung sehr
gut in reinem Wasser ausgewaschen werden, damit alle nicht verbundenen, sondern
bloß anhaͤngenden Theilchen der Beize, welche dem zunaͤchst
folgenden Faͤrbebade nur schaden wuͤrden, dadurch vollkommen
weggeschafft werden. Das Kalkwasser, dessen man sich bei diesem Verfahren
bedient, bezwekt einen haͤufigeren Niederschlag von Thonerde in der
Baumwolle und dem Faden, und gewaͤhrt uͤberdieß noch den Vortheil,
daß es die Thonerdebasis mit etwas Kalkerde vermischt, was bei der folgenden
Operation von großem Nuzen ist.
Man muß wohl bemerken, daß wenn man die thonerdehaltige Fluͤssigkeit
siedend anwendet, die Farbe nie so schoͤn wird, als wenn die
Fluͤssigkeit bloß die Temperatur des Blutes hat.
Wenn nun die Baumwolle auf diese Weise zubereitet worden, so gibt man ein kleines
Feuer unter den Faͤrbekessel, und bringt auf 100 Pfund Baumwolle 125
Pfund Wau in das Wasser: doch erleidet dieses Verhaͤltniß nach der
Schattirung, welche man erhalten will, einige Abaͤnderungen. Man bringt
die Gebinde, so lange das Wasser noch kalt ist, auf Durchlaͤufern in
dasselbe, und laͤßt sie 1 1/2 Stunden lang darin durchlaufen.
Waͤhrend dieser Zeit soll die Temperatur fortwaͤhrend
hoͤher werden, ohne jedoch je so hoch zu steigen, daß man die Hand nicht
mehr im Faͤrbebade zu halten vermag. Erst nach dieser Zeit
verstaͤrke man das Feuer nach und nach so sehr, daß die Temperatur des
Bades auf 70°, und endlich bis zur Siedehize steigt. Wenn die Siedehize
ein Mal eingetreten, so darf man die Baumwolle nur mehr einige Minuten darin
lassen, und selbst dieß nur dann, wenn man eine sehr lebhafte Farbe erhalten
will, indem ein laͤngeres Verweilen der Baumwolle im siedenden Bade
derselben eine in's Braͤunliche ziehende Farbe gibt. Wenn nun die
Baumwolle die verlangte Schattirung erreicht hat, so nimmt man sie aus dem Bade
und troknet sie auf die gewoͤhnliche Weise.
Wenn die gelbe Farbe langsam, bei maͤßiger Hize, nach der beschriebenen
Methode erzielt worden, so scheinen sich die Molecule des Faͤrbestoffes
genauer und inniger mit den Moleculen der Basis zu verbinden, und auf diese
Weise eine festere und dauerhaftere Farbe zu geben, als man sie erhaͤlt,
wenn man die Operation uͤbereilt, und die Faͤllung des
Faͤrbestoffes in der Siedehize bewirkt. Vielleicht erfolgt in diesem
lezteren Falle die Verbindung des Faͤrbestoffes mit der Basis nur auf der
Oberflaͤche der gefaͤrbten Zeuge, und keineswegs bis in das Innere
der Fasern.
Wir verdanken dieses Verfahren, welches sehr glaͤnzende und sehr
dauerhafte Schattirungen von Gelb gibt, Hrn. Bancroft.
§. 3. Von dem gutfarbigen
Gelb mit italiaͤnischer oder virginischer Pappelrinde.
Vitalis hat die Versuche, welche Dambourney uͤber die Anwendung der Rinde und
der jungen Zweige des Pappelbaumes in der Wollenfaͤrberei anstellte,
wieder aufgenommen, und es gelang ihm auch die gelbe Farbe dieser Substanz mit
Huͤlfe gehoͤriger Beizen auf der Baumwolle und dem Flachse zu
fixiren. Sein Verfahren hiezu, welches sehr einfach ist, ist folgendes:
(6) Man gallirt mit zwei Unzen weißer Gallaͤpfel auf ein Pfund Baumwolle,
und nimmt das Garn in salzsaurem Zinne von 5° am Araͤometer durch.
Diese Beize allein gibt schon ein sehr schoͤnes Gelb, wenn man die
Baumwolle beilaͤufig 1/4 Stunde lang in einen Pappelrindenabsud bringt,
der durch ein Sieb geseiht worden. Im Nothfalle kann man die Baͤder auch
wiederholen.
Das Pappelgelb ist viel glaͤnzender, als das Waugelb, und widersteht dem
Einfluͤsse der Luft, des Lichtes und der Seife eben so gut wie
dieses.
§. 4. Von dem
aͤchtfaͤrbigen Gelb mit Quercitronrinde.
(7) Dasselbe Verfahren, welches wir im 1sten §. dieses Kapitels No. (4) zum Gelbfaͤrben mit Wau beschrieben
haben, findet auch seine Anwendung, wenn man mit Quercitronrinde gelb
faͤrben will; nur mit dem einzigen Unterschiede, daß man diese Rinde in
einem anderen Verhaͤltnisse anwendet, und daß der Faͤrbestoff auf
eine andere Weise daraus ausgezogen wird. Man bringt naͤmlich das
Quercitronpulver, in einen Sak eingebunden, in einen mit einer hinreichenden
Menge Wasser gefuͤllten Kessel, und zwar in einem solchen
Verhaͤltnisse, daß je nach der Intensitaͤt des gewuͤnschten
Gelb 12–18 Pfund Quercitronrinde auf 100 Pfund Baumwolle oder Flachs
kommen. Das ganze uͤbrige Verfahren ist ganz so, wie wir es fuͤr
das Gelbfaͤrben mit Wau beschrieben haben.
Man kann mit der Quercitronrinde alle Schattirungen von Gelb erzielen. Wenn man
dieselbe sparsam anwendet, wenn man die Hize nur auf eine geringe Hoͤhe
treibt, und wenn man die Operation nur eine halbe Stunde lang fortsezt, so
erhaͤlt man ein blasses Gelb; nimmt man hingegen eine groͤßere
Menge davon, und laͤßt man die Operation laͤnger dauern, so wird
die Farbe viel gesaͤttigter werden, so daß man sie am Ende durch Erhoͤhung
der Quantitaͤt der Rinde, durch Erhoͤhung der Temperatur und
Verlaͤngerung der Operation bis zum Braͤunlichen bringen kann. Bei
einiger Erfahrung wird jeder Faͤrber leicht lernen, wie weit er in dieser
Hinsicht zu gehen hat.
Bancroft, dem wir auch die Faͤrberei mit der
Quercitronrinde verdanken, hat eine wichtige Beobachtung gemacht, welche wir
hier gleichfalls mittheilen wollen. Er saͤttigte zwei gleiche
Stuͤke Baumwollzeug mit essigsaurer Thonerde und Kalkwasser,
faͤrbte hierauf das eine mit Quercitronrinde, das andere mit Wau aus, und
schnitt dann von beiden, so wie sie aus dem Bade kamen, ein Muster ab. Dann
brachte er dieselben Stuͤke wieder in dieselben Baͤder, in denen
er unterdessen 1 Unze schwefelsaures Kupfer auf 5 Pfunde Baumwolle hatte
aufloͤsen lassen, und deren Temperatur er nun beinahe bis zur Siedehize,
die er 10 Minuten lang unterhielt, erhoͤhte. Das Resultat dieser
Behandlung war, daß beide Zeuge eine braͤunliche Schattirung erhielten;
allein nachdem er diese Zeuge zugleich mit den Mustern, die vor dem Zusaze des
schwefelsauren Kupfers abgeschnitten worden waren, der Sonne und der Luft
ausgesezt hatte, bemerkte er, daß die braͤunliche Faͤrbung
verschwand, und daß nach einem vierwoͤchentlichen Einflusse der Sonne und
der Luft die Farbe der Zeuge weit schoͤner war, als jene der
abgeschnittenen Muster, welche ohne Zusaz von schwefelsaurem Kupfer
gefaͤrbt worden waren. Hierdurch waͤre also bewiesen, daß die
maͤßige Anwendung des schwefelsauren Kupfers, nach der Anwendung der
essigsauren Thonerde und des Kalbwassers die Dauerhaftigkeit, und vielleicht
auch die Schoͤnheit der gelben Farben auf Baumwolle und Flachs
erhoͤhe.
Wenn man die thonerdige Beize ohne Zusaz von Wasser anwendet, so braucht man die
Baumwolle nur Ein Mal einzuweichen, und sie dann auch nur ein einziges Mal in
Kalkwasser einzutauchen, um sie hierauf auf die beschriebene Weise zu troknen,
auszuspuͤlen und auszufaͤrben. Doch scheint es, daß die Resultate
besser werden, wenn man die Beize mit Wasser verduͤnnt, und sie
dafuͤr lieber zwei Mal einwirken laͤßt. Wenn es die Kosten
zulassen, sollte man die Baumwolle sogar lieber noch oͤfter abwechselnd
in verduͤnnte thonerdige Beizen und in Kalkwasser eintauchen, und sie
nach jedesmaligem Eintauchen troknen. Die Erfahrung hat naͤmlich gelehrt,
daß jede Eintauchung der Farbe mehr Koͤrper und eine groͤßere
Dauerhaftigkeit gibt.
Bancroft gibt noch ein anderes Verfahren an, nach
welchem man oͤfters auf eine vortheilhafte Weise mit Quercitronrinde sehr
dauerhafte gelbe Farben erhalten kann. Er wendet naͤmlich
Gallaͤpfel und eine Thon- und Kalkerde-Aufloͤsung
als Beize an, und beobachtet dabei folgendes Verfahren.
Die beste Methode die Aleppogallaͤpfel anzuwenden, besteht, wie Bancroft sagt, darin, daß man beilaͤufig 1
Pfund solcher grobgestoßener Gallaͤpfel eine Stunde lang in 8 oder 12
Pinten weichem Wasser mit einem halben Pfunde Soda sieden laͤßt, daß man
dann den Absud filtrirt, und die Baumwolle eine oder zwei Stunden lang darin
weichen laͤßt. Die Soda befoͤrdert nicht nur die Ausziehung des
Gerbestoffes aus den Gallaͤpfeln, sondern veranlaßt, da sie von der
Baumwolle eingesogen wird, auch einen haͤufigeren Niederschlag von
Thonerde, wenn die Baumwolle spaͤter in die Alaunaufloͤsung
getaucht wird, die man sich dadurch bereitet, daß man 8 Pfund Alaun und 1 Pfund
Kreide in 24 Pinten (36 Pfund) Wasser bringt.
Wenn die Baumwolle aus dem Gallaͤpfelabsude kommt, so wird sie getroknet,
dann zwei Stunden lang in die thon- und kalkerdehaltige Aufloͤsung
eingeweicht, hierauf neuerdings getroknet, und dann wieder einige Minuten lang
in Kalkwasser getaucht. Nach dieser Behandlung wird sie wieder getroknet, zum
zweiten Mal in die thon- und kalkerdehaltige Aufloͤsung
eingeweicht, neuerdings getroknet und vollkommen ausgewaschen. Zum Schlusse wird
dann die Baumwolle in das Quercitronbad gebracht, und in diesem langsam und mit
ebendenselben Vorsichtsmaßregeln behandelt, welche wir bei der vorhergehenden
Methode beschrieben haben. Man erhaͤlt auf diese Weise sehr dauerhafte
und sehr lebhafte Farben, welche dem wiederholten Waschen mit Seifenwasser, dem
Einflusse der Sonne und der Luft, so wie der Einwirkung des staͤrksten
Essiges und selbst des Chlors sehr gut widerstehen.
Wenn man die Baumwolle in eine Aufloͤsung von 1/2 Pfund Soda und 1 1/2
Pfund Gallaͤpfel und Sumach taucht, dann troknet, hierauf in die
thon- und kalkerdehaltige Aufloͤsung bringt, und dabei die eben
vorher angegebenen Operationen befolgt, so erhaͤlt man dann mit
Quercitronrinde eine Farbe, welche beinahe eben so dauerhaft ist, wie jene, zu
der man sich nur des Gallaͤpfelabsudes allein bediente, wobei man noch
uͤberdieß den Vortheil hat, daß man nicht befuͤrchten darf, daß
die Farbe dunkel wird.
§. 5. Von dem
gutfaͤrbigen Gelb mit Eisen.
(8) Die Chemiker haben sich bereits sehr vielfach mit dieser Art von
Faͤrberei beschaͤftigt. Chaptal hat in
den Annales de Chimie T. XXVI. S. 271 ein sicheres
und vortheilhaftes Verfahren angegeben, indem er sagt: man erhaͤlt diese
Arten von Gelb, wenn man die Baumwolle abwechselnd aus einer Aufloͤsung
von Eisenvitriol zu 3° in eine Potaschenaufloͤsung von 2°
bringt, welche man bis zur Saͤttigung mit Alaunaufloͤsung versezt.
In diesem Bade laͤßt man die Baumwolle 4–5 Stunden lang, um sie dann
herauszunehmen, auszudruͤken, auszuwaschen und zu troknen.
Vitalis beschreibt ein anderes Verfahren mit
folgenden Worten:
(9) Man nimmt die Baumwolle, nachdem sie mit heißem Wasser getraͤnkt
worden, kalt in einem frisch bereiteten und vollkommen klaren Eisenvitriolbade
von 3° durch, wobei einige Minuten hinreichen, um die Baumwolle
gehoͤrig damit zu saͤttigen. Nach Verlauf dieser Zeit nimmt man
sie heraus, windet sie mit der Hand aus, und taucht sie dann in ein kaltes
Potaschenbad, welches gleichfalls 3° am Araͤometer zeigt. In
diesem lezteren Bade nimmt die Baumwolle eine schmuzig gruͤne Farbe an,
welche an der Luft dann mehr oder minder schnell in's Rostgelbe
uͤbergeht.
Diese beiden Operationen reichen hin, wenn es sich bloß um lichte Schattirungen
handelt; bezwekt man hingegen dunklere Schattirungen, so muß man die
Eisenvitriol- und Potaschenbaͤder abwechselnd so oft wiederholen,
bis das Gelb hinreichend gesaͤttigt ist, was man an einem kleinen Muster
erkennt, welches man, da sich die Farbe erst dann offenbart, wenn man die
Baumwolle eine halbe Stunde lang frei der Einwirkung der Luft ausgesezt hat,
vorher ausfaͤrbt. So wie die Baumwolle nun aus dem lezten Potaschenbade
kommt, ringt und waͤscht man sie aus, um sie hierauf zu troknen. Wenn die
Baumwolle rostgelb bleiben soll, so gibt man ihr 2–3 Minuten lang ein
leichtes Seifenbad, ohne sie jedoch darin sieden zu lassen. Soll das Rostgelb
aber nur als Grund fuͤr eine andere Farbe, z.B. fuͤr Blau mit
Berlinerblau, dienen, so braucht man nicht mit Seife aufzufrischen.
Um alle die verschiedenen Schattirungen auf diese Weise zu erhalten, braucht man
nur staͤrkere oder schwaͤchere Baͤder anzuwenden, und diese
mehr oder minder oft zu wiederholen. Die Schattirung haͤngt
uͤbrigens auch noch von der hoͤheren oder niedrigeren
Oxydationsstufe des Metalles ab. So gibt naͤmlich das schwefelsaure
Eisenoxydul (Eisenvitriol) eine hellere Schattirung, als das schwefelsaure
Eisenoxyd, und dieses wieder hellere, als die Aufloͤsung, welche aus
Oxydul- und Oxydsalz gemischt ist. Die hellen Schattirungen verlangen
außerdem auch ein schwaͤcheres alkalisches Bad, so daß man in diesen
Faͤllen statt des Potaschenbades auch ein Kalkbad anwenden kann.
Die Theorie dieses Verfahrens zum Rostgelbfaͤrben ist sehr leicht zu
begreifen. Das schwefelsaure Eisen, womit die Baumwolle zuerst gesaͤttigt
worden, wird durch die Potasche oder das Kalkwasser zersezt, indem sich diese
Alkalien der Schwefelsaͤure bemaͤchtigen, waͤhrend das
Eisenoxyd, welches eine große Verwandtschaft zur Baumwolle hat, auf derselben
zuruͤkbleibt. Daher die Haltbarkeit dieser Farbe.
(10) Unter allen Schattirungen von Rostgelb ist die Nankinfarbe diejenige, welche
fruͤher am beliebtesten war, welche sich auch jezt noch in großer Gunst
erhaͤlt, und welche ungeachtet des Eigensinnes der Moden noch
laͤnger gefallen zu wollen scheint.
Es ist mir, sagt Hr. Vitalis, gelungen der Baumwolle
auf eine eben so einfache als haltbare Weise die Nankinfarbe ohne Anwendung des
Eisens zu geben, und zwar zugleich auch den Ton des ostindischen Nankins
beizubehalten. Mein Verfahren ist folgendes: Ich gebe der Baumwolle zuerst ein
halbes Weiß, und lasse sie dann eine halbe Stunde lang in einem Bade kochen,
welches ich mir dadurch bereite, daß ich auf 1 Pfund Baumwolle 8–10 Unzen
in einen Sak eingebundene Lohe oder gemahlene Eichenrinde nehme. In diesem Bade
nimmt die Baumwolle eine sehr dunkle falbe Farbe an. Hierauf laͤßt man
die Baumwolle abkuͤhlen, waͤscht sie gut aus, und frischt die
Farbe endlich durch ein leichtes mittelmaͤßig heißes Seifenbad auf. Um
der Nankinfarbe den kleinen Stich in's Roͤthliche zu geben, welcher dem
ostindischen Nankin eigen ist, seze ich dem Lohbade 1/100 Krapp, im
Verhaͤltnisse zum Gewichte der Baumwolle, zu.
In Betreff der uͤbrigen Schattirungen von Gelb sehe man das alphabetische
Farbenregister.
Fuͤnftes Kapitel.Von den blauen Farben.
Man wendete anfangs zum Blaufaͤrben der Baumwolle die Waidkuͤpe an,
deren man sich zum Blaufaͤrben der Wolle bediente; da diese Kuͤpe
jedoch keine schoͤnen Schattirungen gab, so nahm man zu anderen Methoden, hie
wir nun hier angeben wollen, seine Zuflucht.
§. 1. Von der warmen
Indigokuͤpe.
(11) Diese Kuͤpe ist ganz dieselbe, deren sich der Seidenfaͤrber
bedient; sie wird auf eben dieselbe Weise bereitet und geleitet.Man fuͤllt naͤmlich einen gewoͤhnlichen Kessel, der
2–2 1/2 Muid (576 bis 726 Pinten) faßt, mit Wasser, wirft 6 Pfd.
gute kaͤufliche Potasche, 2 Pfd. Kleie und eben so viel Provencer
Krapp hinein, und erwaͤrmt dieß nach und nach bis auf 75°
Réaumur. Wenn das Bad diese Temperatur erreicht hat, laͤßt
man dasselbe mit dem Bodensaze in eine kupferne Kuͤpe fließen,
die eben so vorgerichtet ist wie eine Waidkuͤpe, damit man rund
um sie herum heizen kann. In diese Kuͤpe, welche ungefaͤhr
3 1/2–4 Muid (1008 bis 1152 Pinten) zu fassen vermag, wirft man
sogleich 5 oder 6 Pfd. fein geriebenen Indigo; die Kuͤpe
fuͤllt man bis auf 6 Finger breit von ihrem Rande mit heißem
Wasser an, ruͤhrt eine halbe Stunde lang gut um, dekt sie zu und
macht ein hinlaͤnglich starkes Feuer, um das Bad in einer
Temperatur zwischen 30 und 35° zu halten. Zwoͤlf Stunden
darauf ruͤhrt man neuerdings um und so fort alle zwoͤlf
Stunden, bis die Kuͤpe gut geworden ist, d.h. bis das Bad der
Kuͤpe eine gruͤnlichgelbe Farbe bekommen hat, und sich
auf der Oberflaͤche desselben kupfrige Fleke, blaue Adern und
eine sehr schoͤn blaue Blume gebildet haben, was
gewoͤhnlich nach Verlauf von 48 Stunden geschieht.Diese Kuͤpe muß, wenn man aus derselben zu faͤrben
aufhoͤrt, umgeruͤhrt und fortwaͤhrend warm erhalten
werden.Wenn das Bad schwach wird, so erhizt man 4 1/2 Pfd. Potasche, 1/2 Pfd.
Kleie und 1/2 Pfd. Krapp mit 3 oder 6 Schoͤpfeimern Wasser bis
aus 75°, gießt das Ganze in die Kuͤpe und ruͤhrt
sie um.Von Zeit zu Zeit sezt man auch einige Pfunde Indigo zu, um denjenigen zu
ersezen, welcher zum Faͤrben verwendet wurde. Die Kleie und der
Krapp sind hier die Substanzen, welche zur Desoxydation des Indigos
dienen und die Potasche loͤst denselben dann auf. A. d. R.
Die Baumwolle wird aus dieser Kuͤpe ganz so gefaͤrbt, wie man die
Seide ausfaͤrbt: man traͤnkt die Baumwolle zuerst mit lauwarmem
Wasser und druͤkt dann dieses durch starkes Ausringen aus. Hierauf bringt
man die Straͤhne auf Durchlaͤufer, die man quer uͤber die
Kuͤpe legt, und mit welchen man genau dieselben Operationen unternimmt,
wie bei der Seidenfaͤrberei. Zulezt ringt man die Baumwolle aus, und
luͤftet sie einige Minuten lang, um sie gut vergruͤnen zu
lassen.
In gut eingerichteten Faͤrbereien hat man mehrere solcher Kuͤpen,
welche verschiedene Quantitaͤten Indigo, 2–4 Pfund, enthalten.
Die Manipulationen, die man bei der Faͤrberei mit der warmen Kuͤpe
befolgt, sind dieselben, wie jene, deren man sich zur Faͤrberei mit der
Vitriolkuͤpe bedient.
§. 2. Von der kalten
Indigokuͤpe oder der Vitriolkuͤpe.
(12) Diese Kuͤpe, welche hauptsaͤchlich nur zum Blaufaͤrben
des Flachses und der Baumwolle bestimmt ist, wird auf folgende Weise
bereitet:
Man fuͤllt ein Faß, welches ungefaͤhr 500 Liter (1000 Pfund) Wasser
zu fassen im Stande ist, zur Haͤlfte mit Wasser, und sezt dann 3 Pfund
geloͤschten Kalk, 1 Pfd. kaͤufliche Soda oder Potasche, 6 Pfd.
gruͤnen Eisenvitriol, und 4–5 Pfd. gemahlenen Indigo zu. Alles
dieses ruͤhrt man eine Viertelstunde lang um, um es dann 2–3
Stunden lang ruhig stehen zu lassen. Wenn das Bad gelblichgruͤn geworden,
und wenn sich auf dessen Oberflaͤche blaue Adern, kupfrige Fleke und eine
schoͤne Blume zeigen, so fuͤllt man die Kuͤpe vollends mit
Wasser, ruͤhrt sie gut um, und faͤrbt aus derselben aus, nachdem
man sie vorher 5–6 Stunden stehen ließ.
Wenn man statt des kalten Wassers Wasser von 35 bis 40° Waͤrme
anwendet, so kann man sich der Kuͤpen um einige Stunden fruͤher
bedienen.
Das Verfahren, dessen man sich zu Rouen bedient, um mit diesen Kuͤpen zu
faͤrben, ist nach Vitalis folgendes:
„Die Zahl der kalten Kuͤpen muß mit der Arbeit, die man zu
verlichten hat, im Verhaͤltnisse stehen. Man kann dieselben auch in
einfachen Faͤssern, an deren einer Seite man den Boden herausgenommen
hat, zubereiten; man stellt diese Faͤsser naͤmlich nach
einander in zwei, drei oder vier parallelen Reihen auf Ganter, welche so
weit von einander entfernt sind, daß man bequem um die Kuͤpen
herumgehen kann. In allen diesen Kuͤpen nun vertheilt man den Indigo
so, daß, von der schwaͤchsten angefangen, die uͤbrigen immer
staͤrker und staͤrker werden, damit man, wenn man beim
Ausfaͤrben von einer Kuͤpe zur anderen fortgeht, leicht die
staͤrksten Schattirungen erhalten kann. Die hellen Schattirungen von
Blau faͤrbt man bloß in den schwaͤchsten Kuͤpen aus,
und laͤßt dabei die Baumwolle auch nur kuͤrzere Zeit hindurch
darin, als man sie fuͤr die dunkleren Schattirungen darin
laͤßt.
„Nachdem die Baumwolle vorher in reinem Wasser, oder hoͤchstens
in einer schwachen Soda- oder Potaschenlange, von 1/4 Grad z.B.,
abgekocht, hierauf gut ausgewaschen, getroknet, und dann wieder in laues
Wasser eingeweicht worden, bringt man die Gebinde auf Stoͤke, welche
quer uͤber die Kuͤpe gelegt worden, und taucht sie dann in das
Bad, von welchem man die Blume vorher sorgfaͤltig abgenommen hat. Man
fuͤhrt nun die Gebinde 2 bis 3 Minuten lang von einem Ende der
Kuͤpe zum anderen, mit der Vorsicht, daß auch jener Theil der
Baumwolle, welcher fruͤher außen war, in die Kuͤpe gebracht
wird, und daß jede der beiden Haͤlften so gleichmaͤßig als
moͤglich durchgenommen werde, indem man sie gleichlange Zeit, d.h.
2–3 Minuten lang in der Kuͤpe eingetaucht haͤlt. Nach
Ablauf dieser Zeit nimmt man die Gebinde heraus und ringt sie uͤber
einer Wanne, welche sich neben der Kuͤpe befindet, an dem
Carvilirstoke aus, um das Bad selbst dadurch nicht zu truͤben. Man
luͤftet die Baumwolle nun einige Minuten um sie gut vergruͤnen
zu lassen, und haͤngt sie dann auf.
„Was die sehr dunklen Schattirungen von Blau betrifft, welche man in
den Werkstaͤtten Violblau (bleus viols)
und Sattblau (bleus violens) nennt, so gibt man
denselben zuerst einen starken Grund von Blau, indem man dieselben in drei
oder vier Kuͤpen von immer groͤßerer und groͤßerer
Staͤrke durchnimmt. – Hierauf erst nimmt man sie dann in einer
neuen und sehr stark mit Indigo beladenen Kuͤpe durch, um sie dann
auszuringen, zu luͤften und zu troknen.
„In jedem Falle darf man es nie vernachlaͤssigen die getroknete
und gut vergruͤnte Baumwolle in einem Bade durchzunehmen, welches mit
1/50 oder 1/60 seines Gewichtes concentrirter Schwefelsaͤure, welche
man gut mit dem Wasser vermischt, gesaͤuert worden. Dieses Bad nimmt
naͤmlich den Kalk weg, welcher der Baumwolle immer anhaͤngt,
und welcher das Blau matt macht. So wie die Baumwolle aus diesem
gesaͤuerten Bade kommt, waͤscht man sie alsogleich in
fließendem Wasser aus, um sie hierauf auszuringen, und bei gutem Wetter an
der Luft, oder noch besser in einer Trokenstube zu troknen, indem deren
Waͤrme das Blau erhoͤht und die Schattirung desselben
verstaͤrkt. Wenn man zu faͤrben aufhoͤrt, ruͤhrt
man die Kuͤpen auf, und laͤßt sie sich sezen.
„Wenn das Bad schwaͤcher zu werden anfaͤngt, so speist
man die Kuͤpe, indem man ihr 2–3 Pfund gruͤnen
Eisenvitriol und 2 Pfund geloͤschten Kalk zusezt, damit jene
Quantitaͤt Indigo, die sich dadurch, daß sie mit der Luft in
Beruͤhrung kam, unter der Form der sogenannten Blume, oxydirte,
wieder aufgeloͤst werde, indem man diese Blume vor dem
Aufruͤhren wieder in die Kuͤpe zuruͤkwirft. Eben so muß
man von Zeit zu Zeit auch neuen Indigo zusezen, um jenen zu ersezen, der
durch das Ausfaͤrben verschwand. Wir wiederholen uͤbrigens
hier noch ein Mal, daß sich die kalte blaue Kuͤpe viel besser eignet,
als die warmen Kuͤpen, um der Baumwolle ein lebhafteres und helleres
Blau zu geben, und daß das kalte Blau mit dem Gelben ein viel
glaͤnzenderes Gruͤn gibt, als das heiße.“
Die vorzuͤglichsten Schattirungen von Blau sind das Weißlichblau (bleu blanchi), welches das
schwaͤchste von allen ist, das Himmelblau, das
Koͤnigsblau, das Dunkelblau, das Violblau oder Sattblau. Zwischen diesen Schattirungen gibt es aber
noch eine Unzahl anderer, die man in den Faͤrbereien mit den Namen Blau
von 10, 15, 20, 25 etc. Sous bezeichnet.
Baumwolle in Fladen (en nappes) laͤßt sich
sehr gut in der kalten Kuͤpe faͤrben. Wenn man sie dann mit weißer
Baumwolle oder Wolle kardaͤtscht, und dieses Gemisch hierauf spinnt, so
kann man Zeuge daraus verfertigen, welche gegenwaͤrtig sehr gesucht
sind.
In der kalten blauen Kuͤpe faͤrbt man ferner auch die leinenen,
hanfenen und baumwollenen Zeuge. Die Kuͤpen hiezu sind aber aus
Kieselsteinen mit Kalk und Moͤrtel erbaut. Ihre Waͤnde
muͤssen wenigstens 6 Zoll dik seyn; auch muß der Moͤrtel oder Kitt
von guter Beschaffenheit und durch ein Sieb getrieben seyn. Der Aezkalk muß mit
einer gewissen Menge an der Luft geloͤschten Kalkes gemengt werden; auch
muß man diese Kuͤpen vollkommen troken werden lassen, ehe man dieselben
anwendet.
Die Form dieser Kuͤpen ist ein Vierek von 3–4 Fuß im Gevierte; ihre
Tiefe betraͤgt gewoͤhnlich 5–6 Fuß, wobei sie jedoch nur so
weit uͤber die Erde emporragen duͤrfen, daß man sich darauf lehnen
kann. Man muß eine gewisse Anzahl solcher Kuͤpen von verschiedener
Staͤrke haben, die man am besten in parallele Linien bringt, und von
denen eine jede beilaͤufig 6 Muid (1728 Piten) zu fassen im Stande ist. Mittelst
Querstangen, welche sich um ihre Achse bewegen lassen, und die in
gehoͤrigen Zwischenraͤumen von einander angebracht sind
(sogenannte Haͤspel), kann man die Zeuge in die Kuͤpen hinablassen
und dann wieder herausnehmen, um sie hierauf wieder in eine andere zu
tauchen.
Man befestigt die Zeuge an den Raͤndern auf Rahmen (Haͤspeln),
welche mit kleinen Haͤkchen versehen sind, indem man bei einem Ende
anfaͤngt, und beim anderen aufhoͤrt. Die Stangen des oberen
Theiles dieser Rahmen bewegen sich in Falzen, damit sie je nach der Breite der
Zeuge befestigt und gespannt werden koͤnnen. Mittelst dieser Vorrichtung
werden die Falten der Zeuge durch Zwischenraͤume von beilaͤufig
einem Zoll von einander getrennt, so daß die Farbe ohne Hinderniß auf beide
Seiten des Zeuges wirken kann, wenn man die Zeuge senkrecht in das Bad
untertaucht. Diese Rahmen sind uͤbrigens in allen Faͤrbereien so
bekannt, daß es keiner weiteren Beschreibung bedarf. An diesen Rahmen wird ein
Strik befestigt, mit welchem man sie mit Beihuͤlfe der beschriebenen
Querstangen und einer Rolle in die Hoͤhe ziehen oder herablassen, oder
von einer Kuͤpe in die andere bringen kann. Eine Eintauchung von
7–8 Minuten reicht hin, weil die Zeuge innerhalb dieses Zeitraumes all
das Blau aufnehmen, welches sie aufzunehmen im Stande sind. Wenn man die
verlangte Schattirung erreicht hat, so hebt man den Rahmen aus der Kuͤpe,
und laͤßt den Zeug uͤber derselben abtropfen; dann nimmt man den
Zeug vom Rahmen ab, und bringt ihn sogleich in ein schwaches, mit
Schwefelsaͤure gesaͤuertes Bad, um ihn von allen den Kalktheilchen
zu befreien, welche demselben anhaͤngen. So wie der Zeug aus diesem Bade
kommt, waͤscht man ihn in fließendem Wasser aus und haͤngt ihn
auf.
Eine Kuͤpe von der oben angegebenen Groͤße richtet man mit 20 Pfund
Aezkalk, 36 Pfund gruͤnem Eisenvitriol und 18–20 Pfund Indigo zu.
Der gestoßene Indigo muß vorher 8–10 Tage lang in eine aͤzende
Sodalauge von 20 bis 25° nach dem Araͤometer eingeweicht werden,
nachdem er in einer kupfernen Schale mit eisernen Kugeln gemahlen worden, und
durch ein Sieb in die Kuͤpe gebracht werden. Man ruͤhrt die
Kuͤpe sieben bis acht Mal des Tages auf und laͤßt sie dann
beilaͤufig 36 Stunden lang ruhen, nach welcher Zeit man damit
faͤrben kann.
Diese Kuͤpe wird eben so gespeist, wie wir oben gesagt haben. Wenn man
bemerkt, daß sie keine blauen Adern mehr gibt, oder daß sie schwarz wird, so
sezt man derselben 4 Pfund Eisenvitriol und 2 Pfund Kalk zu, und ruͤhrt
sie zwei Mal auf. Man vermindert diese Speise gradweise und in dem Maße, als die
Kuͤpe schwaͤcher wird. Sobald das Bad truͤb zu werden
anfaͤngt, muß man aus der kalten Kuͤpe zu faͤrben
aufhoͤren, und erst dann wieder damit beginnen, wenn das Bad wieder klar
geworden. Man kann auf diese Weise eine Kuͤpe ganz erschoͤpfen
oder ihr allen Faͤrbestoff entziehen. Die Nuͤancen, welche immer
schwaͤcher werden, dienen dazu, um gewisse Schattirungen zu bekommen oder
um fuͤr andere hoͤhere Schattirungen einen Grund zu bilden.
Das Garn und die Zeuge haben, so wie sie aus der Kuͤpe kommen, eine
gelbliche Farbe, gleich jener des Bades. Diese Farbe geht jedoch durch die
Vermischung des Gelben und des Blauen bald in's Gruͤne, und endlich in
ein reines Blau uͤber, indem sich der Indigo auf Kosten des Sauerstoffes
der Luft wieder oxydirt.
Beinahe dieser ganze Artikel uͤber die blauen Farben gehoͤrt dem
sel. Vitalis an, welcher mit einer sehr gelehrten
Theorie eine vollendete praktische Kenntniß verband, und der meine Arbeiten
immer mit der ihm eigenen Gefaͤlligkeit leitete, so daß ich mich auch
hier wieder verpflichtet fuͤhle, den Dank, den ich ihm schulde,
oͤffentlich zu bekennen.
(13) Scheffer und Bergmann
haben eine Kuͤpe beschrieben, mit welcher man die Baumwolle haltbar blau
faͤrben kann. Sie wenden in dieser Kuͤpe das Operment oder den
gelben Schwefelarsenik zur Desoxydation des Indigos an. Bancroft ersezt den Schwefelarsenik, der der Kuͤpe einen
unangenehmen Geruch gibt, und dessen Anwendung nicht ohne Gefahren ist, durch
raffinirten Zuker oder braune Cassonade.
§. 3. Von dem
Blaufaͤrben mit Berlinerblau:
(14) Die gluͤkliche Anwendung, welche Raymond
in der Seidenfaͤrberei vom Berlinerblau machte, brachte Vitalis auf die Idee, die aͤußerst feinen und
zarten Schattirungen von Blau, welche man mittelst dieses Faͤrbestoffes
auf Seide erhaͤlt, und welche man durch kein anderes Mittel zu erreichen
im Stande ist, auch auf die Baumwolle zu uͤbertragen. Die Versuche, die
er in dieser Hinsicht anstellte, ergaben zweierlei Methoden, die wir hier
angeben wollen: bei der ersten Methode wird das Berlinerblau direct angewendet,
bei der zweiten hingegen wird es nach Raymond's
Methode gebildet.
Erstes Verfahren. Man ruͤhre gepulvertes
Berlinerblau von feinster Qualitaͤt mit 3–4 Gewichtstheilen
Salzsaͤure an, und lasse es 24 Stunden lang in der Kaͤlte
damit digeriren, waͤhrend welcher Zeit man jedoch fuͤnf bis
sechs Mal umruͤhrt. Das auf diese Weise behandelte Berlinerblau gibt
eine Composition von herrlichem Blau, die Vitalis
auf folgende Weise anwendet.
Er nimmt die gut gebleichte Baumwolle in einer lauwarmen Beize von
essigsaurer Thonerde von 5–6 Grad durch, und laͤßt sie dann
troknen, um hierauf die uͤberschuͤssige Beize wieder
abzuwaschen. Dann mengt er eine hinlaͤngliche Menge der oben
angegebenen Composition unter 20 bis 25 Gewichtstheile heißes Wasser,
welches man mit der Hand gut umruͤhrt. Wenn nun ein Tropfen der
Fluͤssigkeit, auf der Spize des Fingers gegen das Licht gehalten, die
gehoͤrige Schattirung zu haben scheint, so taucht er die Baumwolle,
die er, um die Farbe gleichmaͤßig zu machen, vorher gut durchlaufen
ließ, in dieselbe. Nach dem Durchlaufen nimmt er die Baumwolle ab, und
laͤßt sie so lange untergetaucht, bis sie keine Farbe mehr aufnimmt,
worauf er sie herausnimmt, ausringt, 1/4 Stunde lang luͤftet, und
dann auswaͤscht und troknet. Hierauf bringt er sie in ein Bad,
welches mit 1/60 Schwefelsaͤure gesaͤuert ist, und wie sie aus
diesem Bade kommt, wird sie ausgerungen, sorgfaͤltig ausgewaschen und
getroknet.
Das zweite Verfahren ist folgendes. 1) Man gibt
der Baumwolle einen mehr oder weniger starken Grund von Rostgelb (Kap. IV.
§. 5), indem man sie abwechselnd und 2 bis 3 Male in einer
Aufloͤsung von schwefelsaurem Eisen von 3–4° und in
einer Potaschenlauge von 2° durchnimmt, und hierauf ausdruͤkt,
troknet und auswaͤscht.
2) Man loͤst 1/10 (in Bezug auf das Gewicht der Baumwolle)
eisenblausaures Kali in warmem Wasser auf, sezt dem Bade 1/60 concentrirte
Schwefelsaͤure zu, mengt dieß gut unter einander, und nimmt dann die
Baumwolle mit rostgelbem Grunde in diesem Bade durch, wobei man noch
eisenblausaures Kali und Saͤure zusezt, wenn das Blau langsam steigt.
Die Baumwolle laͤßt man so lange untergetaucht, bis deren Farbe nicht
mehr steigt.
3) endlich, luͤftet man die Baumwolle 1/4 Stunde lang, um sie dann
auszuwaschen und zu troknen.
Bei diesem Verfahren bildet sich offenbar eisenblausaures Eisen
(Berlinerblau), welches sich auf die Baumwolle niederschlaͤgt, und
derselben ihre schoͤne Farbe gibt. Die Baumwolle erhaͤlt auf
diese Weise so schoͤne und so glaͤnzende Farben, daß die
schoͤnsten Kuͤpenblau keinen Vergleich damit aushalten
koͤnnen. Allein leider entspricht die Dauerhaftigkeit nicht dem
Glanze dieser Farbe; sie wird naͤmlich durch Alkalien
gaͤnzlich zerstoͤrt, ohne daß auch nur eine Spur davon
zuruͤkbliebe. Wir wuͤrden aus diesem Grunde dieser
Faͤrberei gar nicht erwaͤhnt haben, wenn hie Schoͤnheit
der Schattirungen, die man dadurch erhaͤlt, nicht so auffallend
waͤre, und wenn wir nicht hoffen wuͤrden, daß es doch
vielleicht noch einem gewandten Chemiker gelingt, diesen
schoͤnen Farben auch Haltbarkeit zu geben: ein Dienst, der nicht
genug gelohnt werden koͤnnte.Es ist uns unbegreiflich, daß ein so ausgezeichneter Chemiker wie Hr.
Laugier eine solche Hoffnung hegen
kann; das Berlinerblau mag auf den Faserstoffen auf was immer
fuͤr eine Art befestigt werden, so kann es doch nie
aufhoͤren durch Alkalien zersezt zu werden, ohne seine
chemische Constitution zu veraͤndern, oder mit anderen Worten
ein ganz anderer Koͤrper zu werden. A. d. R.
Sechstes Kapitel.Von den falben Farben.
Das Falbe, welches auf Wolle und Seide so geschaͤzt
ist, ist auf Baumwolle beinahe gar nicht gebraͤuchlich; denn man wendet diese
Farbe, die man aus den Nußschalen, den Gallaͤpfeln, der Nußwurzel, der
Erlenrinde, dem rothen Sandelholze, dem Sumach, dem Ruße und einer Menge anderer
Substanzen gewinnt, in der Baumwollfaͤrberei beinahe nur zu
Braͤunungen an.
Das Falbe dient dazu, gewissen Farben je nach der Art und Menge des
Faͤrbestoffes, den man hiezu anwendet, eine mehr oder weniger
braͤunliche Schattirung zu geben. Diese Braͤunung muß mit Vorsicht
angewendet werden. Die leichteste und sicherste Methode hiezu besteht darin, daß man
ein Braͤunungsbad zurichtet, und in diesem die Gebinde oder Straͤhne
so lange durchnimmt, bis sie die gehoͤrige Schattirung erlangt haben. Auf
diese Weise ist man vollkommen Herr seiner Sache und kann man die Braͤunung
jedes Mal auf den gehoͤrigen Grad bringen, was nicht der Fall ist, wenn man
die Substanzen, welche das Falbe erzeugen sollen, gleich unter das Faͤrbebad
mischt: denn hier laͤuft man Gefahr die Farbe zu stark zu braͤunen
oder jedenfalls nur durch Zufall zu einer bestimmten Schattirung zu gelangen.
Die verschiedenen adstringirenden oder zusammenziehenden Mittel, deren man sich in
diesem Falle bedient, wirken nur als einfache Huͤlfsmittel, die man zur
Bestimmung einer gewissen Schattirung anwendet, welche man mittelst eines anderen
Mittels nur mit großer Schwierigkeit und oft nicht mit solcher Dauerhaftigkeit zu
erhalten im Stande waͤre.
Wir beschraͤnken uns hier auf diese wenigen Bemerkungen; alles was der Leser
zu seiner Aufklaͤrung uͤber diese Farben zu wissen wuͤnscht,
wird er in der Seidenfaͤrberei finden. Die Faͤrbebaͤder und die
Manipulationen sind hier naͤmlich ganz dieselben, wie dort.
Siebentes Kapitel.Von dem aͤchtfaͤrbigen Schwarz.
Ein schoͤnes Schwarz auf Baumwolle ist, wenn es dauerhaft seyn soll, sehr
schwer zu faͤrben, und dieß ist wohl auch der Grund, daß es so viele
Vorschriften dafuͤr gibt, daß wir gar kein Ende finden wuͤrden, wenn
wir sie saͤmmtlich angeben wollten. Wir werden mehrere dieser Vorschriften in
dem alphabetischen Farbenregister angeben, weil vielleicht doch einige derselben dem
Leser nuͤzlich werden koͤnnten, und damit er wenigstens den
Unterschied zwischen diesen Methoden und jener sehe, welche die beste ist, welche
wir hier beschreiben wollen, und welche wir gleichfalls wieder dem vortrefflichen
Vitalis verdanken.
Wer nur einiger Maßen mit der Faͤrbekunst vertraut ist, wird bemerkt haben,
daß die Baumwolle, welche nach einer der gewoͤhnlichen Methoden schwarz zu
faͤrben, behandelt wurde, troken, bruͤchig und rauh anzufuͤhlen
ist, und daß dieselbe an der Luft allmaͤhlich einen sehr unangenehmen Stich
in's Rothe bekommt, und endlich wohl gar in ein Flohbraun uͤbergeht. Es war
daher von hoͤchstem Belange ein Verfahren auszumitteln, nach welchem man
durch eben so einfache, als leicht anwendbare Mittel ohne große Kosten auf Flachs,
Hanf und Baumwolle ein dauerhaftes und glaͤnzendes Schwarz fuͤr
Trauerzeuge, fuͤr welche wir fruͤher besonders den Hollaͤndern
zinsbar waren, faͤrben koͤnnte. Vitalis hat
ein solches Verfahren gefunden, und man bedient sich desselben gegenwaͤrtig
in allen guten Faͤrbereien, und besonders zu Rouen. Obschon dieses Verfahren
schon im J. 1807 bekannt gemacht wurde, so wendet man dasselbe doch erst seit
2–3 Jahren in Paris an, und nur bei wenigen Fabrikanten findet man noch
baumwollene Struͤmpfe, welche haltbar schwarz gefaͤrbt sind, und
fuͤr deren Farbe gutgestanden wird. Wir haben uns durch sehr gelungene
Versuche von der Guͤte dieser Methode, nach welcher man auf folgende Weise
verfaͤhrt, uͤberzeugt.
(15) Man beginnt damit, daß man die Baumwolle, die vorher bloß entschaͤlt
worden, mit dem vierten Theile ihres Gewichtes guten schwarzen Gallaͤpfeln
oder wenigstens mit Gallaͤpfeln in Sorten gallirt. Eine Gallirung mit
Gallaͤpfeln, Sumach und Campeschenholz ist noch besser, und vermindert
uͤberdieß auch noch die Kosten, indem man dann eine geringere Menge
Gallaͤpfel noͤthig hat. Man nimmt die Baumwolle sorgfaͤltig in
diesem Absude, der so weit erhizt seyn muß, daß man die Hand kaum darin zu halten im
Stande ist, durch, und laͤßt sie sogar einige Stunden lang darin eingeweicht;
dann nimmt man sie heraus, ringt sie leicht aus, und troknet sie bei gutem Wetter an der freien
Luft, bei feuchtem regnerischem Wetter hingegen auf einem Haͤngeboden. Wenn
nun die Baumwolle vollkommen troken geworden, bringt man sie in ein laues Wasserbad,
in welches man 1/10 ihres Gewichtes kaͤufliches holzsaures Eisen gegossen und
gut damit vermengt hat. In diesem Bade arbeitet man die Baumwolle beinahe eine halbe
Stunde lang gut ab, waͤhrend welcher Zeit man sie mehrere Male herausnimmt,
einige Minuten an der Luft luͤftet und dann wieder eintaucht. Ist dieß
geschehen, so nimmt man sie heraus und luͤftet sie 10–12 Minuten
lang.
Nach dieser Behandlung gallirt man die Baumwolle zum zweiten Male, und gibt ihr
hierauf, ohne sie zu troknen, ein zweites Bad mit holzsaurem Eisen. Das Verfahren
hiebei ist ganz dasselbe, wie das erste Mal, nur ist die Gallirung und das Bad etwas
schwaͤcher. Diese beiden Operationen werden hierauf noch ein drittes Mal
wiederholt, und zwar ohne zu troknen; nach ihnen nimmt man die Baumwolle heraus,
luͤftet sie eine Viertelstunde, waͤscht sie aus und troknet sie
endlich.
Wenn die Baumwolle auf diese Weise schwarz gefaͤrbt worden, macht man sie
dadurch milder und die Farbe glaͤnzender, daß man sie kalt in einem weißen
Bade durchnimmt, aͤhnlich jenem, dessen man sich auch bei der
Tuͤrkischroth-Faͤrberei bedient, und welches man sich dadurch
bereitet, daß man 36–40 Gewichtstheile Sodawasser von 1° mit Einem
Theile fetten Oehle vermischt, so daß kaum 1 Unze Oehl auf 1 Pfund Baumwolle kommt.
So wie die Baumwolle aus diesem Bade kommt, ringt man sie aus, um sie dann zu
troknen und endlich im Flusse auszuwaschen. Die auf diese Weise behandelte Baumwolle
hat dann ein Schwarz, welches so dauerhaft und so vollkommen ist, als man es
wuͤnschen kann.
Die Société d'encouragement faͤllte
uͤber diese wichtige Erfindung ein sehr guͤnstiges Urtheil, und
druͤkte sich folgender Maßen aus: „diese Farbe haͤlt sich
sehr lange und wird nicht roth, wie dieß mit den gewoͤhnlichen Arten von
Schwarz der Fall ist.“ Die Akademie zu Lyon und zu Caen, das Athénée des Arts zu Paris, die Société libre d'émulation zu Rouen,
haben Hrn. Vitalis gleichfalls die groͤßten
Lobes-Erhebungen fuͤr seine Erfindung ertheilt.
(Der Beschluß folgt im naͤchsten
Hefte.)