Titel: | Die Kunst des Baumwoll- und Leinengarn-Färbens. Von Hrn. Professor Laugier. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XXVII., S. 123 |
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XXVII.
Die Kunst des Baumwoll- und
Leinengarn-Faͤrbens. Von Hrn. Professor Laugier.
Aus dem Dictionnaire technologique. Bd. XX. S.
325.
Laugier, die Kunst des Baumwoll- und
Leinengarn-Faͤrbens.
Einleitung.
Wir verbinden in dieser Abhandlung die Baumwollfaͤrberei mit der
Leinenfaͤrberei, obschon die Baumwolle wesentlich von dem Flachse oder Hanfe
verschieden ist, und verstehen unter dem Worte Faden (fil) nicht die gesponnene Baumwolle, sondern den
Flachs- oder Hanf-Faden. Die verschiedenen Methoden, deren man sich
zum Faͤrben des Baumwollgarnes bedient, finden im Allgemeinen auch in der
Faͤrberei des Flachs- oder Hanf-Garnes ihre Anwendung, so daß
wir daher im Laufe dieser Abhandlung unter dem Namen Baumwolle immer diese selbst,
den Flachs und den Hanf verstehen, und nur da einen Unterschied machen werden, wo
diese Substanzen eine Abweichung in den Manipulationen erfordern.
Das Baumwollgarn, und besonders das Flachs- und Hanfgarn, haben im Allgemeinen
nur eine schwache Verwandtschaft zu den Faͤrbestoffen; ja einige dieser Stoffe, welche
der Wolle und der Seide ohne alle vorlaͤufige Zubereitung eine haltbare Farbe
mittheilen, geben den Substanzen, von denen hier die Rede ist, beinahe gar keine
Farbe, so daß man es oft nur durch allerlei Manipulationen und durch oͤfter
wiederholte Beizen dahin bringt, diese oder jene Farbe auf eine haltbare Weise auf
denselben anzubringen.
Die Baumwollfaͤrbereien unterscheiden sich daher auch in ihrer Einrichtung
wesentlich von den Wollen- und Seiden-Faͤrbereien. Man findet
zwar auch in ersteren immer Kessel, Pfannen, Oefen, Kuͤpen etc.; allein nicht
nur ihre Form, sondern auch die Art und Weise sich derselben zu bedienen, ist oft
ganz anders, als in lezteren. Die Faͤrbenmethode selbst ist ferner in beiden
meistens verschieden, obschon es sich gewoͤhnlich von denselben Farbestoffen
und denselben chemischen Agentien handelt.
Ich habe mehrere Jahre lang eine Baumwollfaͤrberei dirigirt ich bin allen
deren Manipulationen genau gefolgt, und habe mir dabei den Plan zu einer
Beschreibung dieser Kunst, so wie ich sie hier beschreiben werde, ausgedacht. Mein
vortrefflicher Freund Vitalis, der leider zu fruͤh
fuͤr die Faͤrbekunst verstarb, stimmte mir vollkommen darin bei, daß
dieser Plan fuͤr den Arbeiter, der gern schnell bei der Hand hat, was er
braucht, und der sich nicht mit langen, zeitraubenden Studien und Nachforschungen
abgeben kann, von großem Nuzen seyn duͤrfte, und diese Zustimmung eines
Mannes, wie Vitalis, laͤßt mich auch mit Vertrauen
hoffen, daß meine Arbeit ihren Zwek nicht verfehlen werde.
Diesem Plane gemaͤß wird man nun im lezten Kapitel ein alphabetisches
Verzeichniß der Farben und ihrer Schattirungen finden, welche nicht bereits im Laufe
der Abhandlung vorkamen; waͤhrend die fruͤheren Kapitel eigentlich nur
Beispiele enthalten sollen, aus welchen saͤmmtliche Manipulationen deutlich
erhellen werden. Ich werde daher auch jeder im Laufe der Beschreibung vorkommenden
Vorschrift fuͤr gewisse Farben oder Schattirungen in Parenthesen eine Zahl
beisezen, auf welche ich mich dann in der Tabelle beziehen kann. Die
Erklaͤrung einzelner Worte oder Substanzen wird man gleichfalls im 9ten
Kapitel finden.
Die klassischen Werke eines Le Pileur d'Appligny, Chaptal,
Berthollet, Vitalis etc. haben mir viele der vorzuͤglichsten
Materialien geliefert; ich habe sie in jene Ordnung gebracht, die mir zur
Foͤrderung der Kunst am zutraͤglichsten scheint.
Erstes Kapitel.Beschreibung einer Baumwoll- und
Leinen-Faͤrberei.
Die Baumwolle ist mit einer fettigen Substanz impraͤgnirt, von welcher
spaͤter die Rede seyn wird, und welche bewirkt, daß die Baumwolle, wenn man
sie in Wasser taucht, diese Fluͤssigkeit nicht einsaugen, und folglich auch
die Faͤrbestoffe, mit denen man sie in Beruͤhrung bringt, nicht an
sich ziehen kann. Die Baumwolle maß daher nothwendig vor Allem dieser Art von Oehl
entledigt werden: dieß bewirke der Faͤrber durch die sogenannte Entschaͤlung, eine Operation, deren genaue
Kenntniß von Wichtigkeit ist.
Am haͤufigsten unterwirft man die Baumwolle dem Bleich-Processe, wodurch sie weißer, und auch zur Aufnahme der
zarten und glaͤnzenden Farben geeigneter wird, indem sie nach der bloßen
einfachen Entschaͤlung doch noch immer eine mehr oder weniger gelbliche
Faͤrbung behaͤlt.
Der Vorstand einer Faͤrberei muß ein guter Chemiker seyn, denn die
Baumwollfaͤrberei erfordert noch mehr Umsicht und tiefere chemische
Kenntnisse, als irgend ein anderer Zweig der Faͤrberei. Daher muß er neben
seinen Werkstaͤtten auch noch ein kleines Laboratorium besizen, welches so zu
sagen ein Modell fuͤr seine groͤßere Fabrik seyn soll.
Die Baumwollfaͤrberei erfordert eine große Menge Wasser, und zwar gutes
Wasser; daher sey es uns erlaubt, vorlaͤufig einige Worte uͤber diesen
wichtigen Gegenstand zu sprechen.
§. 1. Von dem zur
Faͤrberei tauglichen Wasser.
Eines der unumgaͤnglich nothwendigsten Dinge fuͤr eine
Faͤrberei ist eine große Menge Wasser, dessen man theils zum Zurichten
der Zeuge vor dem Faͤrben, theils zum Auswaschen derselben nach dem
Faͤrben bedarf. Wenn nun dieses Wasser nicht ganz rein ist, so wird es
nothwendig Unreinigkeiten in den Zeugen zuruͤklassen, welche der
Schoͤnheit der aufzutragenden oder bereits aufgetragenen Farben mehr oder
weniger schaden muͤssen. Das Wasser muß ferner eine starke
Stroͤmung haben; denn ist dieß nicht der Fall, so wird die
uͤberschuͤssige Farbe, die man nach dem Faͤrben
auswaͤscht, das Wasser so stark faͤrben, daß man nicht mehr
unterscheiden kann, ob der Zeug schon hinlaͤnglich ausgewaschen ist oder
nicht, und daß man dann durch ein zu lange fortgeseztes Auswaschen an der
kostbaren Zeit und an Arbeit ersparen kann.
Am besten ist es daher, wenn sich die Faͤrberei an einem Flusse oder Bache
befindet, und wenn man von diesem aus eine kurze Streke uͤber einen Graben
oder einen Canal ableitet, dem man einen starken Fall gibt, und der ein eigenes,
fuͤr die Faͤrberei bestimmtes Waschbeken bildet.
Das Wasser braucht weder zum Behufe der vorbereitenden Arbeiten, d.h. zum Behufe
der Entschaͤlung und des Bleichens, noch zum Behufe der
End-Operationen, d.h. des Auswaschens und Abspuͤlens, vollkommen
und absolut rein und klar zu seyn; in den meisten Faͤllen genuͤgt
es, wenn es nur nicht truͤb ist. Sollte das Wasser nicht klar genug seyn,
so fand ich folgende Vorrichtung sehr zutraͤglich. Wir ließen
naͤmlich in unserer Faͤrberei einige Meter unter dem Eintritte des
Wassers aus dem Flusse ein Wasserbeken von 4 Kubikfuß ausgraben, und an seinen 5
Flaͤchen mit stark gebrannten Baksteinen und hydraulischem Moͤrtel
auskleiden. An der vorderen, d.h. an der der Eintrittsstelle des Wassers
entgegengesezten Seite dieser Cisterne oder dieses Bekens ließen wir einen Canal
von 2 Quadratfuß anbringen, welcher gleichfalls aus Baksteinen und hydraulischem
Moͤrtel erbaut wurde, und welches am Grunde durch eine Oeffnung von 2 Fuß
Breite und Hoͤhe, die mittelst eines Schuzbrettes nach Belieben
verschlossen oder geoͤffnet werden konnte, in Verbindung stand. An der
dem Ufer des Flusses gegenuͤberliegenden Seite des Bekens ließen wir
ferner in der Hoͤhe des Bodens eine Oeffnung von 2 Fuß Breite und 2 Fuß
Hoͤhe anbringen, welche gleichfalls mittelst eines Schuzbrettes
geschlossen werden konnte. Die auf diese Weise gebaute Cisterne ließen wir dann
einen Fuß hoch mit großen Kieselsteinen, und dann mit grobem, gut ausgewaschenen
Kies, der weder mit Erde, noch mit Staub vermengt war, fuͤllen. Wurde nun
das vordere Schuzbrett aufgezogen, so mußte das in die Cisterne gelangende
Wasser durch saͤmmtliche Kieselsteine dringen, daselbst seinen Schlamm
absezen, dann in den Canal emporsteigen, und zulezt so klar, als es
noͤthig war, in die Faͤrberei fließen. Alle Abende oder auch bloß
alle Samstage wurde das vor dem Canale befindliche Schuzbrett geschlossen, und
dafuͤr das gegen das Ufer des Flusses gerichtete geoͤffnet, so daß
das Wasser die Nacht uͤber allen den Schlamm wegschwemmte, der sich den
Tag hindurch zwischen den Steinen angesammelt hatte. Diese Cisterne oder dieses
Wasserbeken ist nun 40 Jahre alt, wurde fast nie ausgebessert, und liefert immer
gutes Wasser.
Das Wasser, dessen wir uns im Inneren der Faͤrberei, d.h. zu den
Farbbaͤdern bedienten, enthielt gewoͤhnlich viele Kalksalze und
gab daher den Farben oft einen falschen Stich. Um dieser Unannehmlichkeit
abzuhelfen, brachte ich Lowitz's Entdekung in
Anwendung. Ich ließ naͤmlich in einiger Entfernung von dem eben
beschriebenen Wasserbeken ein zweites aͤhnliches erbauen, welches ich mit
Holzkohlen und
zerschlagenen, gut ausgewaschenen Kalksteinen von der Groͤße einer
Haselnuß fuͤllte. In dieses Beken trat das Wasser durch den Boden, um
durch die Masse zu dringen, und dann aufsteigend in bleierne Roͤhren zu
gelangen, durch die es in alle Theile der Faͤrberei geleitet wurde.
Dieses Filtrum wurde auf dieselbe Weise, wie das fruͤher beschriebene,
von Zeit zu Zeit ausgewaschen, indem ich das Wasser oben auf dasselbe eintreten,
und dafuͤr unten abfließen ließ. Die ganze Zeit hindurch, welche ich die
Faͤrberei leitete, wurde dieses Filtrum nie geaͤndert, und wir
hatten immer gutes reines Wasser; so viel ich weiß, besteht es sogar jezt noch
unveraͤndert.
Ich habe nicht noͤthig, hier auch auf eine Untersuchung der Substanzen,
welche das Wasser unrein machen, einzugehen, indem dieselben bereits unter dem
Artikel Eau abgehandelt wurden.Die Verfahrungsarten zur Pruͤfung des Wassers auf seine Reinheit
findet man in allen Lehrbuͤchern der Chemie und der
Faͤrberei angegeben. A. d. R.
§. 2. Beschreibung einer
vollkommen eingerichteten Baumwoll-Faͤrberei.
Die Einrichtung einer Baumwoll-Faͤrberei weicht in mehreren Punkten
von jener der Wolle- und Seiden-Faͤrbereien ab. Es
muͤssen mehrere Saͤle neben einander vorhanden seyn, damit die
Operationen, welche mehrere Manipulationen erfordern, leichter verrichtet werden
koͤnnen; und diese einzelnen Saͤle oder Arbeitsgemaͤcher
muͤssen theils zur Erleichterung der Arbeit, theils damit die eine
Operation der anderen nicht schade, und damit die Arbeiter einander nicht
geniren, geschieden seyn.
Alle Farben, welche man der Baumwolle und dem Leine gibt, zerfallen in drei
Classen, in falschfaͤrbige (teinture petit teint), gutfaͤrbige (teinture bon teint)
und aͤchtfaͤrbige (teinture grand teint). Die beiden ersten Farben
erfordern eine gemischte Faͤrbestaͤtte in welcher sich
aͤhnliche Kessel, wie man sie zur Wollenfaͤrberei braucht, nur
etwas kleiner, befinden; und ferner ovale Kessel und Barken (barques), dergleichen man in der
Seidenfaͤrberei hat. Es ist nicht durchaus nothwendig, hier so wie es bei
der Wollenfaͤrberei seyn muß, auch noch eine
Waidfaͤrbestaͤtte anzubringen, indem die blauen Schattirungen auf
Baumwolle mit dieser Kuͤpe nicht so reich und glaͤnzend werden,
wie mit den kalten Kuͤpen.
Unter aͤchtfaͤrbiger Faͤrberei
versteht man jene, bei welcher solche Methoden, wie beim Adrianopel- oder
Indischroth, oder aͤhnliche Processe befolgt werden. Zu dieser
Faͤrberei allein sind nun mehrere Gebaͤude oder Theile von
Gebaͤuden noͤthig. Abgesehen von den verschiedenen Faͤrbestaͤtten, welche ich spaͤter einzeln und im Detail
beschreiben werde, muß sich naͤmlich vor diesen verschiedenen
Faͤrbestaͤtten ein weiter und geraͤumiger Waschplaz
befinden, indem die Baumwolle nach jeder Operation wieder ausgewaschen werden
muß, um den Ueberschuß der Praͤparate, in denen sie gebadet wurde, wieder
zu entfernen.
Eben so nothwendig ist auch eine Trokenstube, weil die Baumwolle nur dann eine
weitere Operation erleiden kann und darf, wenn sie nach jedesmaligem Auswaschen
wieder vollkommen getroknet worden.
Je nach der Groͤße der Anstalt sind ferner auch groͤßere oder
kleinere Magazine zur Aufbewahrung der Faͤrbestoffe etc. noͤthig,
und eben so wenig soll eine Muͤhle zum Mahlen und Stoßen derselben,
besonders des Krapps, fehlen.
In der Faͤrbestaͤtte einer gemischten
Faͤrberei braucht man nun nach der Groͤße der Anstalt
eine groͤßere oder geringere Anzahl runder
Kessel, die sich uͤber Oefen befinden, welche nach denselben
Grundsaͤzen erbaut sind, wie die zur Wollenfaͤrberei dienenden
Oefen. Die Kessel brauchen jedoch nicht ganz so groß zu seyn, als man sie zu
lezterem Behufe hat; ihre Groͤße muß uͤbrigens dem Zweke
angemessen seyn, zu welchem sie dienen sollen. Kessel, in welchen 200 Pfund
Baumwolle durchgenommen werden sollen, muͤssen 30 Zoll im Durchmesser und
32 Zoll Tiefe haben; fuͤr 400 Pfund Baumwolle hingegen sollen sie auf 32
Zoll Tiefe 40 Zoll im Durchmesser haben.
Die ovalen Kessel haben nicht nur dieselbe Form,
sondern auch dieselbe Groͤße, wie die ovalen Kessel, deren man sich in
der Seidenfaͤrberei bedient. In diesen Kesseln laͤßt man die
Baumwollstraͤhne durchlaufen (liser).
Die Barken sind wie jene in der Seidenfaͤrberei
und dienen auch ganz zu denselben Zweken.
Die Kuͤpenstaͤtte muß aus zwei Abtheilungen bestehen: 1) aus der
Statte fuͤr die Waidkuͤpen, welche auf
dieselbe Weise zugerichtet und gefuͤhrt werden, wie dieß in den
Wollenfaͤrbereien geschieht, und 2) aus der Staͤtte fuͤr
die kalten Kuͤpen. Die kalte Kuͤpe muß
deßwegen von der Waidkuͤpe abgeschieden seyn, weil leztere (die
sogenannte Blaͤuerei) auf einer gewissen Waͤrme erhalten werden
muß, die den kalten Kuͤpen nachtheilig seyn wuͤrde. Von diesen
Kuͤpen, die man auch mit dem Namen Vitriolkuͤpen bezeichnet, im fuͤnften Kapitel.
In eine und dieselbe Staͤtte mit den kalten Kuͤpen bringt man
gewoͤhnlich auch jene Farbebaͤder, welche man im Voraus bereitet,
wie z.B. das Bad aus Brasilienholz, aus essigsaurem Eisen oder die
Eisenbruͤhe, das Bad aus brenzelig-holzsaurem Eisen, die Alaunbruͤhe etc. Die
Zubereitung aller dieser Farbebaͤder findet man im 9ten Kapitel.
Die Einrichtung der Beizsaͤle hat Niemand besser als Graf Chaptal in seinem Werke uͤber das
Rothfaͤrben der Baumwolle beschrieben. Die Gefaͤße, in denen man
die Baumwolle in den Beizen durchnimmt, sind von zweierlei Art: die einen nennt
man Kruͤge (jarres), die anderen hingegen Beken (terrines). Alle diese Gefaͤße bestehen aus
gebranntem Thone, sind innen glasirt, und werden in das Mauerwerk eingesezt,
welches auf den drei an einander stoßenden Waͤnden des Saales 2 1/2 Fuß
hoch und breit angebracht ist. Ueber jedem Beken ist ein starker, gut polirter,
hoͤlzerner Pflok, an welchem die Baumwollstraͤhne gewunden werden,
eingetrieben. In der Mitte dieses Saales, der sehr hell seyn muß, befinden sich
mehrere feste Tische, an denen die Weiber die Baumwolle oͤffnen und
frisiren. Am besten ist es, wenn die Platten dieser Tische aus Marmor oder sehr
glattem Sandsteine bestehen, damit man dieselben leicht reinigen kann, und damit
die bereits zugerichtete Baumwolle nicht allenfalls eine Farbe darauf
annehme.
Das Wasser des Waschplazes muß fließendes Wasser seyn, damit die Unreinigkeiten
und jene Theile der Faͤrbestoffe, die sich nicht auf der Baumwolle fixirt
haben, schnell weggeschwemmt werden. Am besten eignet sich daher ein kleiner
Bach mit starkem Gefaͤlle zu diesem Zweke. Der Waschplaz soll
uͤbrigens 18 bis 20 Fuß lang seyn, und seine beiden entgegengesezten Ufer
sollen aus behauenen Steinen gemauert seyn, in welche von 4 zu 4 oder von 5 zu 5
Fuß und in einer Hoͤhe von 1 1/5 Fuß sehr glatte hoͤlzerne
Pfloͤke eingelassen seyn sollen, an denen man die Baumwolle ausringen
kann, wenn dieselbe gehoͤrig ausgewaschen worden. Jedes Mal soll am Ende
des Waschplazes ein Rechen angebracht werden, damit die Baumwolle nicht verloren
gehen kann, wenn sie allenfalls in Folge der starken Stroͤmung manchmal
entwischen sollte.
Die Trokenplaͤze, welche man auch Aufhaͤngeplaͤze nennt, werden in suͤdlicheren
Gegenden in freier Luft angebracht; im Norden hat man eigene Trokenstuben, welche unter dem Artikel Sechoir bekannt sind. Einen Trokenplaz in freier
Luft, wie man sie im suͤdlichen Frankreich hat, beschreibt Graf Chaptal auf folgende Weise. Man richtet neben der
Faͤrbestaͤtte und dem Waschplaze einen Raum von solcher
Groͤße zu, als ihn die Ausdehnung der Anstalt erfordert. Um die
Groͤße dieses Raumes beilaͤufig zu berechnen, braucht man nur so
viel zu wissen, daß ein Flaͤchenraum von beilaͤufig 30,000
Quadratfuß hinreicht, um 5000 Pfund Baumwolle auf ein Mal aufzuhaͤngen
und zu troknen, wobei jedoch vorausgesezt ist, daß sich ein Drittheil der
Baumwolle in der Faͤrberei befindet, und Operationen erleidet, welche
kein Troknen erfordern.
„Der Boden, den man zu einem Aufhaͤngeplaze bestimmt, darf
weder feucht, noch von Baͤumen umgeben seyn; in beiden Faͤllen
wuͤrde das Troknen zu langsam von Statten gehen. Er muß ferner so
viel als moͤglich dem Zutritt der Luft und der Sonne von allen Seiten
ausgesezt seyn, und in der Naͤhe der Werkstaͤtten, in denen
die Baumwolle bearbeitet wird, liegen.
„Wenn nun ein solcher Plaz ausgewaͤhlt worden, so verzeichnet
man auf den Boden, den man gehoͤrig ebnen und stampfen lassen muß,
ein Parallelogramm, dessen eine Seite 150, die andere hingegen 200 Fuß lang
ist, so zwar, daß diese leztere laͤngere Seite von Suͤden
gegen Osten laͤuft. Dann zieht man in Entfernungen von je 10 Fuß
Linien, welche mit den angegebenen Seiten parallel laufen; in diesen Linien
rammt man dann von 6 zu 6 Fuß vierekige Steine fest ein, um in diese Steine
gut gearbeitete und vollkommen glatte eichene Pfosten von 4 Zollen im
Gevierte einzulassen. Diese Pfosten muͤssen beilaͤufig 3 1/2
Fuß hoch, und oben mit einem Zapfen versehen seyn, und diese Zapfen werden
in aͤhnliche und gleich gearbeitete Balken eingezapft, so daß jedes
horizontale Stuͤk Holz von drei senkrechten Pfosten getragen wird,
und daß das Ganze wie mehrere neben einander gestellte Boͤke
aussieht, zwischen denen ein freier Gang gelassen ist, damit man leicht
uͤberall hin gelangen kann. – In den oberen Theil eines jeden
der horizontalen Balken werden dann eiserne Spizen eingesezt, welche 3 Zoll
weit hervorragen, und welche als Haͤlter fuͤr die leichten und
vollkommen glatten Stangen aus weichem Holze, auf welche die
Baumwollstraͤhne gehangen werden, dienen. Diese Stangen, welche 12
Fuß lang sind, haben an dem einen ihrer Enden ein Loch, durch welches die
eisernen Spizen gehen. Jede der Stangen muß ungefaͤhr 4 Pfund
Baumwolle fassen koͤnnen.
„Noͤrdlich von dem Aufhaͤnge- oder Trokenplaze
muß uͤbrigens ein Aufhaͤngeboden von beilaͤufig 30 Fuß
Laͤnge auf 20 Fuß Breite angebracht werden, in welchen man die
Baumwolle schnell bringen kann, wenn ein Ungewitter droht, oder wenn sie den
Tag uͤber nicht vollkommen ausgetroknet seyn sollte.“
Die Magazine muͤssen so geraͤumig seyn, daß man alle Substanzen,
deren man in der Faͤrberei bedarf, bequem darin unterbringen kann. Die
einzelnen Substanzen muͤssen uͤbrigens in diesen Magazinen je nach
ihren Eigenschaften oder der Groͤße des Vorrathes, den man noͤthig
hat, gehoͤrig geschieden werden. Der Sumach und die Gallaͤpfel
z.B., welche von ziemlich gleicher Natur sind, koͤnnen in einem und
demselben Magazine aufbewahrt werden.
Die Soda muß ihr eigenes Magazin haben; Oehl und Seife koͤnnen in Ein
Magazin gebracht werden. Der Krapp, wovon man immer eine große Menge braucht,
soll sein eigenes Magazin haben, und dieses Magazin soll sehr geraͤumig,
sehr luftig und in der Naͤhe der Krappmuͤhle gelegen seyn.
Die Muͤhle, deren man sich zum Mahlen des Krapps, des Sumachs, der
Gallaͤpfel, der Soda etc. bedient, kommt in ihrer Einrichtung einer
gewoͤhnlichen Lohmuͤhle gleich.
Endlich muß sich in der Faͤrberei auch noch ein Gemach befinden, in
welchem man 6 bis 10 zum Auslaugen der Soda dienende Zuber in eine Reihe bringen
kann. Diese Zuber, welche an ihrem Boden eine Rinne haben muͤssen, werden
auf hoͤlzerne oder gemauerte Ganter, die nur wenig uͤber den Boden
erhaben sind, gebracht, so zwar, daß alle Rinnen nach Vorne gerichtet sind.
Unter diesen Rinnen wird dann eine gemeinschaftliche Hauptrinne angebracht,
welche die Lauge in ein im Boden vergrabenes Faß leitet, aus welchem sie nach
Bedarf geschoͤpft wird.
§. 3. Vom Entschaͤlen
und Bleichen der Baumwolle, des Flachses und des Hanfes.
Der Baumwoll-, Hanf- und Leinfaden ist von Natur aus mit einer
fettigen, im Wasser nur sehr wenig aufloͤslichen Substanz durchdrungen,
welche das Eindringen des Wassers in denselben und folglich auch die Aufnahme
und Fixirung der Faͤrbetheilchen durch denselben hindert. Am deutlichsten
erkennt man das Daseyn und die Eigenschaft dieser Substanz aus der Langsamkeit,
mit welcher die rohe Baumwolle das Wasser einsaugt, und aus der Schnelligkeit
und Gierde, mit welcher sie sich dieser Fluͤssigkeit nach der
Entschaͤlung bemaͤchtigt; sie wird uͤbrigens durch die
Entschaͤlung auch durchsichtig, waͤhrend sie fruͤher
undurchsichtig war. Dieß gilt nicht bloß von der Baumwolle, sondern auch von
allen uͤbrigen vegetabilischen Faserstoffen, wie dem Hanfe und
Flachse.
Die vegetabilischen Faserstoffe, deren fettige Substanz oder deren Oehl von der
Salpetersaͤure ganz zerstoͤrt wird, koͤnnen in eine
Aufloͤsung von Aezkali gebracht werden, ohne dadurch eine
Veraͤnderung zu erleiden. Auf dieser wichtigen Entdekung beruhen die
Mittel, deren man sich zur Entschaͤlung der Baumwolle, des Flachses und
des Hanfes bedient; sie legte den Grund zu der Kunst des Entschaͤlens der
Baumwolle und des Bleichens des Flachses und Hanfes, welche bereits unter dem
Artikel Blanchiment von dem gelehrten Robiquet abgehandelt worden.
Zweites Kapitel.Von den Hauptoperationen in der Baumwoll- und
Leinenfaͤrberei.
Wenn die Baumwolle und der Flachs oder Hanf auch den hoͤchsten Grad von Weiße
erlangt haben, so sind sie deßhalb doch noch nicht faͤhig jede Farbe
aufzunehmen und auf eine mehr oder weniger dauerhafte Weise zuruͤkzuhalten.
Man muß sie daher, ehe man sie in das Farbbad bringt, so zubereiten, daß sie sich
nicht nur mit den Faͤrbestoffen saͤttigen koͤnnen, sondern daß
sie in Folge der chemischen Eigenschaften, die man ihnen mittheilt, diese
Faͤrbestoffe auch so fest halten, daß sie dieselben, welchen Agentien man sie
auch aussezen mag, nie mehr fahren lassen. Leider besizen nicht alle Farben, mit
welchen wir uns hier beschaͤftigen werden, diese Festigkeit und
Dauerhaftigkeit; die Chemiker und Gelehrten, welche sich mit der Faͤrbekunst
beschaͤftigen, suchen daher fortwaͤhrend Verfahren auszumitteln, durch
welche solche nicht haltbare Farben in haltbare umgeschaffen werden
koͤnnten.
Alle Zeuge, welche aus Baumwolle, Flachs oder Hanf verfertigt werden, sind zum
Waschen bestimmt; sie muͤssen daher, wenn sie dauerhaft seyn sollen, so
beschaffen seyn, daß sie laͤngere Zeit uͤber der Einwirkung der Laugen
zu widerstehen im Stande sind. Da man es jedoch bisher noch nicht zu einem so hohen
Grade von Dauerhaftigkeit gebracht hat, so ersezte man die Wirkung der Lauge durch
jene des Einseifens, und betrachtet daher jene Arten von Farben, die einem
vielmaligen Einseifen zu widerstehen vermoͤgen, als die dauerhaftesten. Der
Erste, der diesen Unterschied in Vorschlag brachte, war Vitalis, und auch wir huldigen demselben, als mit der Theorie in
Uebereinstimmung stehend:Grundriß der Faͤrberei auf Wolle, Seide, Leinen, Hanf und Baumwolle
nebst einem Anhange uͤber die Drukerkunst von J. B. Vitalis, mit Anmerkungen, Zusaͤzen und
einem Anhange von Dingler und Kurrer. Mit 2 Kupfertafeln. Stuttgart in der J.
G. Cotta'schen Buchhandlung 1824. (Pr. 2 fl. 42
kr.) A. d. R. Wir verstehen daher mit Vitalis unter dem Namen
falschfaͤrbig (faux
teint oder petit teint) alle jene Farben,
welche durch ein- oder zweimaliges Einseifen ihre Schattirung
veraͤndern, oder ihre Farbe ganz verlieren; unter dem Namen gutfaͤrbig (bon teint)
jene, welche einem 5 bis 6maligen gewoͤhnlichen Einseifen widerstehen, und
unter dem Namen aͤchtfarbig (grand teint) endlich jene, welche am dauerhaftesten
sind. So gehoͤren z.B. die mit Brasilien- und Campeschenholz, Orlean,
Safran etc. gefaͤrbten Farben zu den falschfaͤrbigen; die mit Krapp
ohne Oehlbaͤder gefaͤrbten zu den gutfaͤrbigen, und die mit
Krapp gefaͤrbten und durch Oehlbaͤder befestigten zu den
aͤchtfaͤrbigen. Uebrigens werden wir spaͤter noch ein einfaches, von einem
gewandten, deutschen Chemiker vor einigen Jahren entdektes Verfahren, nach welchem
man allen diesen Farben einen groͤßeren Grad von Dauerhaftigkeit zu geben im
Stande ist, mittheilen.
Nach Vorausschikung dieser Einleitung werden wir nun in diesem Kapitel folgende
fuͤnf Paragraphen abhandeln: die Gallirung, die Alaunung, die Beizen, die
Farbbaͤder und das Auswaschen der Baumwolle und des Fadens nach dem
Faͤrben.
§. 1. Von der
Gallirung.
Die Zubereitung, welche man unter dem Namen Gallirung
versteht, gibt man der Baumwolle manchmal mittelst der Gallaͤpfel allein,
manchmal mittelst des Sumachs allein, manchmal mit beiden zugleich. Das
Verfahren dabei ist Folgendes.
Man nimmt auf 1 Pfund Baumwolle 3 bis 4 Unzen (6 bis 8 Loth) grob gestoßene
Gallaͤpfel, und siedet diese Gallaͤpfel in einem kupfernen Kessel
(in den man auf 100 Pfund Baumwolle 140 Liter (280 Pfund) Wasser gegossen hat)
so lange, bis sich die groͤßeren Gallaͤpfelstuͤke leicht
und vollkommen zwischen den Fingern zerdruͤken lassen. Dann unterbricht
man das Feuer, und seiht das auf diese Weise erzeugte Bad, nachdem es
gehoͤrig abgekuͤhlt ist, durch ein Haarsieb, welches einzig und
allein zu diesem Zweke angewendet werden darf. Sollte das Bad waͤhrend
dieser Operation zu stark abkuͤhlen, so muͤßte man dasselbe wieder
so weit erhizen, daß man die Hand kaum darin zu halten vermag. Einen Theil
dieses Bades bringt man dann in ein anderes Gefaͤß, in eine Barke, in
welcher man die Baumwolle so lange abarbeitet, bis sie ganz von dem
Gallaͤpfelabsude durchdrungen ist. Ist dieß der Fall, so nimmt man sie
heraus, windet sie an dem Carvilirstoke aus, und haͤngt sie dann, wenn es
schoͤn ist, in freier Luft, wenn es regnerisch und feucht seyn sollte,
hingegen auf einem Trokenboden auf. Auf den Ruͤkstand des Bades gießt man
hierauf eine neue Quantitaͤt Gallaͤpfelabsud, wo man dann
neuerdings gallt u.s.f. bis alle Baumwolle den Proceß der Gallirung durchgemacht
hat.Man sehe Kap. IV. §. 3. die Zubereitung, welche Bancrofft zum Gelbfaͤrben mit
Quercitronrinde empfiehlt. A. d. O.
Das Verfahren mit dem Sumach ist ganz dasselbe, doch nimmt man zur Bereitung des
Bades zwei Mal so viel Sumach, als oben Gallaͤpfel angegeben wurden, auch
laͤßt man das Bad nicht sieden, sondern man uͤbergießt den Sumach
nur mit siedendem Wasser. Wendet man Gallaͤpfel und Sumach zugleich an,
so muͤssen beide Baͤder einzeln fuͤr sich zubereitet, und dann erst mit
einander vermischt werden. Das weitere Verfahren ist uͤbrigens ganz
dasselbe.
§. 2. Von der
Alaunung.
Der Alaun ist ein Salz, dessen man sich bedient, um
die Baum wolle zur Aufnahme einer außerordentlichen Zahl von Farben
vorzubereiten. Die Bereitungsart des Alaunbades ist folgende.
Man bringt auf 100 Pfund entschaͤlte Baumwolle beilaͤufig 140 Liter
(280 Pfund) Wasser in einen Kessel und erhizt dieß bis auf 40° R. In
dieses Wasser wirft man dann auf je 1 Pfund Baumwolle 4 Unzen (8 Loth) grob
gestoßenen Alaun, der sich schnell darin aufloͤsen wird. Ist nun dieses
Bad nur mehr lauwarm, so nimmt man die Baumwolle partienweise darin durch, bis
sie vollkommen damit gesaͤttigt ist, worauf man sie herausnimmt, am
Carvilirstoke auswindet, und dann wo moͤglich im Schatten troknet.
Da die Alaunbruͤhe sehr oft in der Faͤrberei in Anwendung kommt,
und da dieselbe nicht verdirbt, so bereitet man sich dieselbe in großer Menge
und bringt sie in ein Faß, welches man die Alauntonne nennt. Bedarf man etwas
von dieser Alaunbruͤhe, so laͤßt man sie bei dem Zapfen
ausfließen, um sie dann ganz gelinde zu erwaͤrmen. Dieses Verfahren ist
weit weniger zeitraubend, als wenn man sich die Alaunaufloͤsung immer
erst dann bereitet, wenn man derselben bedarf.
Es gibt einige Farben, fuͤr welche man dem Alaune einen Theil der
uͤberschuͤssigen Saͤure, welche er immer enthaͤlt,
benehmen muß. Um dieß zu bewirken, sezt man der erwaͤhnten
Alaunbruͤhe auf 1 Pfd. Alaun 1 Unze (2 Loth) Soda zu; dieses
Verhaͤltniß des Sodazusazes darf jedoch nicht uͤberschritten
werden, weil man sonst Gefahr liefe, den Alaun zu zersezen, und einen Theil der
Thonerde in weißen Floken zu faͤllen. Die Folge hievon waͤre
naͤmlich, daß dieser Theil der Beize verloren waͤre, und daß man
folglich nur eine magere Farbe erhalten wuͤrde.
Der auf diese Weise behandelte Alaun ist unter dem Namen des gesaͤttigten Alaunes bekannt. Man darf jedoch
keineswegs glauben, daß dieser Alaun ein neutrales Salz sey; denn er
roͤthet das Lakmuspapier. Uebrigens krystallisirt er anders als der
gewoͤhnliche Alaun.
Nicht selten nimmt die Baumwolle bei der ersten Alaunung keine hinreichende Menge
Alaun auf; in diesem Falle gibt man ihr dann eine zweite, und manchmal sogar
eine dritte Alaunung. In jedem Falle muß die Baumwolle nach der ersten Alaunung,
und bevor man sie zum zweiten Male alaunen kann, gut getroknet werden. Man soll
daher zwischen
der ersten und zweiten Alaunung immer 3–4 Tage verstreichen lassen; es
wird sogar von Vortheil seyn, wenn man die Baumwolle 10–12 Stunden mit
Alaun befeuchtet laͤßt, ehe man sie auf den Trokenplaz bringt.
Wenn die Baumwolle nach der Alaunung gehoͤrig getroknet worden, so muß
sie, bevor man sie in das Farbbad bringt, gehoͤrig ausgewaschen werden.
Ohne diese Vorsicht wuͤrde sich naͤmlich jener Theil des Alaunes,
der sich nicht wirklich mit der Baumwolle verbunden hat, sondern der bloß daran
haͤngen blieb, in dem Farbbade aufloͤsen, dessen Farbe
veraͤndern, und mit einem Theile des Faͤrbestoffes zu reinem
Verluste des Faͤrbers als Lak zu Boden fallen.
Das Krapproth, das Waugelb und einige andere Farben erhalten einen
hoͤheren Glanz und werden dauerhafter, wenn man statt des
gewoͤhnlichen Alaunes die essigsaure Thonerde (welche man durch Zersezung
des Alaunes mit Bleizuker erhaͤlt) anwendet. Die Bereitungsart dieser
Beize, die man kalt und von 4° am Araͤometer anwendet, findet man
im neunten Kapitel.
§. 3. Von den
Beizen.
Wir muͤssen hier mit Berthollet bemerken, daß
die Substanzen, welche man im Allgemeinen unter dem Namen Beizen begreift,
zweierlei verschiedene Wirkungen in der Faͤrberei hervorbringen, so daß
in dieser Hinsicht dieser Namen eigentlich nicht allen derselben zukommt.
Mehrere dieser Substanzen dienen dazu, die Farbe zu befestigen, indem man
zwischen dem Garne oder dem Zeuge und den Faͤrbestoffen eine
Verwandtschaft erzeugt, welche ohne Dazwischenkunft derselben nicht zwischen
ihnen bestehen wuͤrde. In diesem Falle gebuͤhrt ihnen der Namen
Beizmittel vollkommen. Manchmal dienen diese
Substanzen aber nur dazu, den Farben mehr Glanz zu geben oder deren
Schattirungen zu modificiren, wo sie dann die Stelle sogenannter veraͤndernder Mittel (Altérans) vertreten, deren Namen sie auch tragen sollten. Wir
wollen jedoch hier nicht von dem alten Gebrauche abweichen, und werden uns daher
fuͤr alle Faͤlle des Namens Beizmittel
bedienen.
Im lezten Kapitel dieser Abhandlung wird man nicht bloß die Verschiedenen, in der
Baumwollfaͤrberei gebraͤuchlichen Beizen, sondern auch die
Bereitungsarten derselben angegeben finden, welche leztere gleichfalls
verschieden sind und oft eigene Manipulationen erfordern, die ein fuͤr
alle Mal mit einigen Details beschrieben werden muͤssen. Wir haben diese
Ordnung befolgt, weil die meisten dieser Beizen zur Erzielung mehrerer
verschiedener Farben angewendet werden, und weil wir sie, wenn wir sie
saͤmmtlich unter einem Kapitel vereinigen und denselben eine Zahl
beisezen, am leichtesten so bezeichnen und angeben koͤnnen, daß der Leser
nicht wohl irre werden kann.
Mehrere dieser Beizmittel sind in den Faͤrbereien unter den Namen
verschiedener Saͤuren, Salze und Baͤder bekannt, deren Recepte und Behandlung
man kennen muß. Auch diese werden wir in demselben Kapitel abhandeln.
In demselben Kapitel wird man endlich auch die Beschreibung einiger Substanzen
finden, deren Kenntniß uns unumgaͤnglich nothwendig scheint, und die wir
nicht in den uͤbrigen Text bringen wollen, um denselben so einfach als
moͤglich zu machen. Wuͤrden wir einen anderen Gang befolgen, so
wuͤrden diese Episoden, die sich oft wiederholt haͤtten, den Leser
von dem Hauptzweke abgeleitet, und daher mehr geschadet, als genuzt haben. Der
Sachkundige wird bei diesem Gange beim Durchlesen dieser Abhandlung nicht
unterbrochen werden, und der minder Kundige wird sich aus dem lezten Kapitel
alle nur immer noͤthigen Aufschluͤsse verschaffen
koͤnnen.
Man wird jeden Artikel alphabetisch geordnet finden, und nach der ihm vorgesezten
Zahl wird man ihn dann zu finden im Stande seyn, so oft sich in einem der
fruͤheren Kapitel darauf bezogen wird.
§. 4. Von den
Farbbaͤdern.
Man unterscheidet in der Faͤrbekunst zweierlei Arten von Baͤdern,
welche man wohl unterscheiden muß: naͤmlich das faͤrbende Bad (bain colorant) und
das Farbbad (bain de
teinture). Ein faͤrbendes Bad ist ein
solches, durch welches die Faͤrbestoffe aus den Faͤrbemitteln
ausgezogen werden.
Diese Baͤder werden fuͤr alle Hoͤlzer, Kraͤuter und
Wurzeln fast immer in der Siedhize des Wassers erzeugt, nur der Krapp gibt kein
so schoͤnes Roth, wenn man die Hize bis zum Sieden treibt. In allen
diesen Faͤllen laͤßt man, wenn die Farbe ausgezogen ist, d.h. wenn
man das faͤrbende Bad durch das Aussieden oder bei jenem Hizgrade,
welcher jeder einzelnen Substanz zukommt (denn es gibt deren, bei welchen die
Farbe in der Kaͤlte oder bei einer Temperatur von 30 bis 40°
ausgezogen wird), das Bad bis zu dem gehoͤrigen Grade abkuͤhlen,
worauf man die Baumwolle darin abarbeitet, damit sie die Farbe annehme, die man
ihr geben will. Dieses leztere Bad nennt man dann ein Farbbad.
Mehrere faͤrbende Baͤder werden, wie
gesagt worden, kalt bereitet; man faͤrbt dann in einem solchen Falle auch
kalt aus einem auf diese Weise bereiteten Bade, welches dann den Namen eines
Farbbades erhaͤlt. Die meisten Farbbaͤder erfordern eine
Temperatur von 20 bis 30°; es gibt deren aber auch, welche eine
hoͤhere Temperatur noͤthig haben. Wir werden daher, wenn es
noͤthig seyn sollte, jedes Mal den gehoͤrigen Hizgrad angeben.
Wir wollen uns hier nicht laͤnger bei den faͤrbenden Baͤdern
aufhalten, sondern werden die Vorschriften zu denselben, da wo sich Gelegenheit
hiezu ergibt, angeben; eben so werden wir auch jene Baͤder bemerken, die
man in den Faͤrbereien in groͤßerem Vorrathe aufbewahrt.
§. 5. Von dem Auswaschen nach
dem Faͤrben.
Das Auswaschen der gefaͤrbten Stoffe ist eine der wichtigsten Operationen
der Faͤrbekunst; geschieht es nicht mit gehoͤriger Vorsicht, so
bleibt die uͤberschuͤssige Farbe, welche sich nicht mit der
Baumwolle oder dem Faden verbinden konnte, mechanisch an den Fasern
haͤngen, und beschmuzt dann Alles, was damit in Beruͤhrung kommt.
Dieser Nachtheil waͤre noch so groß nicht, wenn die Farbe dann
uͤberall an allen Stellen gleichmaͤßig abgerieben wuͤrde;
allein dieß ist nicht der Fall, sondern die Farbe wird gewoͤhnlich an
einer Stelle abgerieben und an der anderen nicht, so daß die Farbe ungleich
erscheint, wenn die Faͤrbung an und fuͤr sich auch vollkommen
gleichfoͤrmig ist. Ein sorgfaͤltiger Faͤrber, der sich
seiner Arbeit ruͤhmt, wird daher auch diesen wesentlichen Theil derselben
nie vernachlaͤssigen.
Wir haben bereits in §. 2. des ersten Kapitels den Waschplaz einer
Faͤrberei beschrieben, und haben daher hier nur mehr die Art und Weise
denselben zu benuzen, genauer anzugeben.
Wie man aus der erwaͤhnten Beschreibung ersehen hat, sind auf jeder Seite
des Waschplazes hoͤlzerne, etwas kegelfoͤrmig geformte, 1 1/2 Fuß
hohe Pfloͤke, welche an der Basis 3, an der Spize hingegen nur 1 1/2 Zoll
im Durchmesser haben, angebracht. Diese Pfloͤke muͤssen senkrecht
und beilaͤufig einen Meter uͤber dem Grunde des Waschbekens
eingelassen seyn, damit sich der Arbeiter mit Bequemlichkeit derselben bedienen
kann.
Wenn nun die Baumwolle gefaͤrbt ist, oder wenn sie im Laufe einer
Operation aus einem Farbbade oder einer Beize kommt, und ein Auswaschen
noͤthig ist, so wirft der Arbeiter die Baumwolle ins Wasser, steigt dann
selbst in das Waschbeken und tritt sie darin so lang mit bloßen Fuͤßen,
bis sie ganz von Wasser durchdrungen ist, worauf er sie noch eine oder zwei
Stunden lang im Wasser liegen laͤßt. Waͤhrend dieses Tretens der
Baumwolle entweicht der groͤßte Theil des uͤberschuͤssigen
Faͤrbestoffes; es soll daher auch so lange fortgesezt werden, bis das
Wasser farblos abfließt. Das spaͤtere Maceriren oder Liegenlassen im
Wasser ist deßwegen noͤthig, um auch alle noch uͤbrigen, bloß
durch die Adhaͤsionskraft an der Baumwolle haͤngenden, und nicht
durch chemische Verwandtschaft damit verbundenen, faͤrbenden Theilchen zu
entfernen.
Wenn der Arbeiter meint, daß die Baumwolle in hinreichendem Grade macerirt
worden, so steigt er wieder in das Waschbeken, und schafft sie auf den Rand des
Waschbekens, um die Buͤnde dann einzeln vollkommen auszuwaschen. Er nimmt
zu diesem Behufe in jede Hand einen Bund, schwemmt beide im Wasser hin und her,
windet sie leicht aus, taucht sie dann wieder in das Wasser, schuͤttelt
sie hierauf in der Luft, und wirft sie einige Male mit Kraft auf einen ebenen,
glatten Stein, der eigens zu diesem Behufe am Rande des Waschbekens angebracht
seyn muß. Bei diesem Niederwerfen muß der Arbeiter den Bund jedes Mal an einer
anderen Stelle mit seiner Hand fassen, damit auch jene Stellen, welche
fruͤher von der Hand zusammengedruͤkt waren, aufgelokert und
vollkommen ausgewaschen werden, was sonst kaum geschehen wuͤrde. Wenn nun
diese Manipulation 5 bis 6 Mal vorgenommen, und die Baumwolle jedes Mal
inzwischen in das Wasser eingetaucht worden, so wird sie endlich an dem Pfloke
ausgewunden und dann getroknet.
Diese Operation ist nun jedes Mal unumgaͤnglich nothwendig, so oft die
Baumwolle nach einer Operation, die zwischen dem Entschaͤlen und dem
Ausfaͤrben zu geschehen hat, ausgewaschen werden muß. Nach der Alaunung
z.B. kann dieselbe nicht sorgfaͤltig genug geschehen; denn beobachtet man
die Baumwolle vor diesem Auswaschen, so wird man an deren Faͤden eine
Unzahl kleiner Alaunkrystalle entdeken, zum Beweise, daß die Verbindung, welche
der Gerbestoff der Gallaͤpfel mit der Thonerde des Alaunes einging, den
Alaun nicht vollkommen zersezte. Dieser der Baumwolle nur anhaͤngende
Alaun muß durchaus entfernt werden, weil er nicht mit ihr verbunden ist, und
weil er dem Farbbade auf Kosten der Beize, die sich mit der Baumwolle verband,
eine große Menge Faͤrbestoff entziehen wuͤrde.
Chaptal macht in dieser Hinsicht eine wichtige
Beobachtung, welche Niemandem, der den praktischen Theil der Faͤrbekunst
mit eben so philosophischem Blike, wie er beobachtet, entgangen seyn wird. Wenn
man unter das Krappbad Alaun mengt, sagt dieser unsterbliche Mann
naͤmlich, so bleibt das Bad roth und die Baumwolle nimmt weniger
Faͤrbestoff auf; wurde die Baumwolle hingegen gut ausgewaschen, und
enthaͤlt sie nur so viel Gallaͤpfelbruͤhe und Alaun, als
wirklich mit ihr verbunden werden konnte, so wird das Krappbad beinahe
vollkommen von der Baumwolle entfaͤrbt. Hieraus allein erhellt schon, wie
nothwendig ein sorgfaͤltiges und vollkommenes Auswaschen der Baumwolle
ist.
Wenn das Auswaschen nach der Alaunung in warmem Wasser geschaͤhe, so
wuͤrden sich die kleinen Alaunkrystalle, von welchen wir oben sprachen,
sehr leicht aufloͤsen. Man hat daher aus diesem Grunde und aus Furcht,
daß die Baumwolle durch die zu oft wiederholten Manipulationen und
Erschuͤtterungen doch leiden moͤchte, das Auswaschen in warmem
Wasser versucht, hat es aber schon nach den ersten Versuchen wieder aufgegeben,
weil sich dieses Verfahren nicht nur viel kostspieliger zeigte, sondern auch
weil die Farben dabei minder schoͤn ausfielen. Die Erfahrung hat
uͤbrigens gelehrt, daß die Baumwolle durch die vielen
Erschuͤtterungen durchaus nicht leidet, besonders wenn der Arbeiter
gewandt und in seiner Arbeit erfahren ist. Da sich die Alaunkrystalle jedoch in
kaltem Wasser nicht leicht von der Baumwolle losloͤsen wuͤrden, so
ist zur Entfernung derselben das oben beschriebene Niederwerfen der
Straͤhne durchaus noͤthig.
In einigen Fabriken bedient man sich uͤbrigens zu demselben Zweke, und
auch um die Baumwolle von aller uͤberschuͤssiger Farbe zu
entledigen, eines hoͤlzernen Blaͤuels, gleichwie man ihn auf den
Bleichen in Anwendung bringt.
Die hier beschriebenen Manipulationen eignen sich ganz oder zum Theil fuͤr
alle Farben, die wir hier abhandeln werden. Sollte fuͤr eine oder die
andere Farbe eine Abaͤnderung noͤthig seyn, so werden wir dieß
angeben.
Nachdem wir nun diese allgemeinen, fuͤr die Baumwoll- und
Leinengarn-Faͤrberei unentbehrlichen Angaben vorausgeschikt,
wollen wir jezt zu den verschiedenen Methoden diese vegetabilischen Stoffe zu
faͤrben uͤbergehen, und dabei von den einfachen Farben, welche der
Faͤrber Grundfarben nennt, ausgehen. Diese
Farben sind: Roth, Gelb, Blau, wozu wir noch das Fahle und das Schwarze
fuͤgen wollen, die der Faͤrber gleichfalls als Grundfarben
betrachtet. Was die zusammengesezten Farben betrifft, so verweisen wir in dieser
Hinsicht auf die alphabetische Tabelle.
(Die Fortsezung folgt im naͤchsten
Hefte.)