Titel: | Ueber das sogenannte Polirroth. Von Hrn. A. Chevallier. |
Fundstelle: | Band 46, Jahrgang 1832, Nr. XCVI., S. 369 |
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XCVI.
Ueber das sogenannte Polirroth. Von Hrn.
A.
Chevallier.
Aus dem Journal des connaissances usuelles. Februar
1832, S. 74.
Chevallier, uͤber das sogenannte Polirroth.
Unter dem Namen Polirroth, Indischroth, Englischroth,
Preußischroth, Colcothar findet man im Handel verschiedene Producte, deren
Basis aus rothem Eisenoxyde besteht, dasselbe mag schon gebildet in der Natur
vorgekommen, oder durch verschiedene chemische Processe erzeugt worden seyn. Man
braucht diese Substanzen hauptsaͤchlich zum Poliren des Stahles, der Metalle,
verschiedener harter Steine, der Spiegel etc. Ihr Werth ist verschieden, je nachdem
sie besser oder schlechter bereitet sind, und je nachdem sie bei einem
groͤßeren oder geringeren Grade von Feinheit ihre Haͤrte beibehalten
oder bewahrt haben. Den gehoͤrigen Grad von Feinheit gibt man ihnen
gewoͤhnlich dadurch, daß man sie mahlt, schlaͤmmt, siebt und zulezt
troknet.
Das im Handel vorkommende Polirroth ist nicht immer rein; ein Beweis hiefuͤr
ist folgende Thatsache, welche mich eigentlich zur Bekanntmachung dieser Notiz
veranlaßt.
Ein Kaufmann im Departement der Haute-Marne kaufte vor einiger Zeit eine
ziemlich bedeutende Partie Polirroth, welches in einer franzoͤsischen Fabrik
erzeugt worden war. Die Waare schien dem Aussehen und Anfuͤhlen nach alle zu
wuͤnschenden Eigenschaften zu besizen; allein bei der Anwendung derselben
zeigten sich alle metallenen Gegenstaͤnde, welche man damit behandelte, nicht
nur nicht polirt, sondern matt, und selbst bis in eine nicht unbedeutende Tiefe
angegriffen. Der Eigenthuͤmer der Waare glaubte ihr durch Waschen und
Schlaͤmmen diese nachtheilige Eigenschaft nehmen zu koͤnnen; allein es
war vergebens, so daß er sich bewegen fand, mich um Rath zu fragen. Ich wußte, daß
das Roth, um welches es sich handelte, von den Ruͤkstaͤnden einer
Fabrik herruͤhrte, in welcher man einen neuen Fabrikationszweig betrieb; ich
untersuchte dasselbe, und fand, daß es saure schwefelsaure Thonerde enthielt, und
daß dieses Salz eine eigene Verbindung mit dem Eisenoxyde eingegangen war, in Folge
deren es sich nicht durch Auswaschen davon abscheiden ließ. Ich wusch ein Pfund
dieser rothen Substanz 20 Mal aus, und erhielt dadurch 20 Mal eine saure
Fluͤssigkeit, obwohl das Oxyd dessen ungeachtet noch immer sauer und zum
Poliren der Metalle untauglich blieb. Ich brachte sie daher zum Versuche mit Wasser
in eine Schale, und sezte der Fluͤssigkeit eine Potaschenaufloͤsung
zu, mit welcher ich sie zum Kochen brachte. Da die Fluͤssigkeit noch immer
sauer war, so sezte ich
neuerdings Potaschenaufloͤsung zu, bis das Lakmuspapier weder von der
Fluͤssigkeit, noch von der rothen Substanz geroͤthet wurde. Dann ließ
ich die Fluͤssigkeit sich sezen, goß das Klare ab, ließ neuerdings kochen,
goß wieder ab, und brachte den Niederschlag oder Ruͤkstand endlich auf ein
Filtrum, auf welchem ich ihn gut auswusch, worauf ich ihn zulezt troknete. Das auf
diese Weise behandelte Roth zeigte sich dann von sehr guter Beschaffenheit und hatte
den Fehler, der ihm fruͤher eigen war, durchaus verloren.
Diese Behandlung des Polirrothes mit Alkalien duͤrfte in verschiedenen
Faͤllen von Nuzen seyn, und um dieß zu zeigen, wollen wir noch ein Paar Worte
uͤber die verschiedenen Methoden, nach welchen das im Handel vorkommende
Polirroth erzeugt wird, beifuͤgen.
Das erste dieser Verfahren besteht darin, daß man den Ruͤkstand, den man bei
der Bereitung der Nordhaͤuser Schwefelsaͤure aus dem schwefelsauren
Eisen erhaͤlt, pulvert, gut auswaͤscht und dann troknet.
Nach einem anderen Verfahren wird der Ruͤkstand, den man bei der Bereitung der
Salpetersaͤure aus Salpeter und Eisenvitriol erhaͤlt, auf gleiche
Weise behandelt. Das ausgewaschene Pulver, welches bei diesem Verfahren
zuruͤkbleibt, dient zum Poliren des Eisens und des Stahles, und ist in
England unter dem Namen Trip oder Brown-red (Braunroth) bekannt.
Das dritte Verfahren besteht darin, daß man Eisenvitriol unter dem Zutritte der Luft
in einem Tiegel ausgluͤht, und daß man den Ruͤkstand pulvert und gut
auswaͤscht.
Das vierte Verfahren, dessen man sich in England zur Erzeugung des sogenannten
Juwelirrothes (Jeweller's Rouge) bedient, ist in
Kuͤrze Folgendes:
Man loͤst Eisenvitriol in Wasser auf, filtrirt die Aufloͤsung und sezt
dieser Aufloͤsung dann so lange eine filtrirte Aufloͤsung von
Pellasche oder halbkohlensaurer Soda zu, bis kein Niederschlag mehr in derselben
entsteht. Dieser Ruͤkstand wird auf einem Filtrum gesammelt, gut
ausgewaschen, getroknet, und dann so lange calcinirt, bis er eine scharlachrothe
Farbe annimmt.
Die beste von allen diesen Bereitungsarten scheint uns jedoch jene zu seyn, welche
Hr. Friedrich Cuvier bekannt machte. Nach dieser Methode
bringt man in eine sehr weite Schale eine Schichte Eisenfeilspaͤne, auf
welche man eine duͤnne Schichte Wasser gießt, mit der man dieselbe in
Beruͤhrung laͤßt. Hiebei wird das Wasser zersezt, das Eisen hingegen
oxydirt. Wenn das Wasser verdampft, so gießt man neuerdings so viel Wasser nach, daß
das Eisen weder zu stark, noch zu wenig befeuchtet ist. Dadurch verwandelt sich das
Eisen schnell in
schwarzes Eisenoxyd, welches man durch wiederholtes Waschen von dem metallischen
Eisen trennt. Hat man auf diese Weise eine hinlaͤngliche Menge schwarzes
Eisenoxyd gesammelt, so sezt man dasselbe unter Zutritt der Luft dem Feuer aus, und
um dasselbe zulezt noch mehr zu oxydiren und um auf diese Weise ein Oxyd zu
erhalten, welches in allen seinen Theilen vollkommen gleichartig ist, erhizt man das
schwarze Oxyd endlich in einem geschlossenen Gefaͤße, in welchem man jedoch
fuͤr eine gewisse Menge Luft Raum ließ. Diese Erhizung koͤnnte auch in
einem ziemlich großen Tiegel geschehen, nur muͤßte man denselben von Zeit zu
Zeit umruͤhren.
Hr. Cuvier hat sich durch vielfache Erfahrung
uͤberzeugt, daß dieses Eisenoxyd am besten zum Poliren des gehaͤrteten
Stahles taugt, wenn es eine violettrothe Farbe erlangt hat. Erhizt man dasselbe noch
weiter, und erhizt man es dadurch noch hoͤher, so wird es leichter zu
zermalmen, so daß es nur mehr zum Poliren der zartesten Substanzen taugt.
Ueber das gewoͤhnliche, von den gemeinen Mahlern benuzte Roth will ich nichts
weiter sagen. Jedermann weiß, daß man dasselbe durch Calciniren des Eisenokers, des
Bolus, verschiedener erdiger Eisenerze etc. erhaͤlt. Einige Worte will ich
aber noch uͤber das schuppige Eisenoxyd, uͤber das sogenannte
Rasir- oder Streichriemenpulver beifuͤgen, mit welchem die
Englaͤnder ihren Streichriemen die rothe Farbe geben. Dieses Pulver wird
naͤmlich auf folgende Weise erzeugt. Man nimmt 2 Unzen gruͤnen
Eisenvitriol, 2 Unzen gereinigtes Meer- oder Kochsalz, pulvert und mischt
diese beiden Salze und traͤgt sie dann nach und nach in einen irdenen Tiegel,
welcher 50 Minuten lang erhizt worden. Wenn das ganze Gemenge eingetragen ist, so
schließt man den Tiegel und sezt ihn eine Stunde lang der Weißgluͤhhize aus.
Zulezt gibt man noch eine Viertelstunde lang starkes Feuer und dann laͤßt man
den Tiegel abkuͤhlen. Nach dem Erkalten nimmt man den Tiegel aus dem Ofen,
reinigt ihn von Außen, und sezt ihn in eine mit siedendem Wasser gefuͤllte
Kapsel, in welcher man ihn kochen laͤßt. Wenn sich alles Oxyd von dem Tiegel
losgemacht hat, so laugt man alles Aufloͤsliche mit Wasser aus, wirft dann
den Ruͤkstand auf ein Filtrum, um ihn endlich auszuwaschen und zu troknen.
Das auf diese Weise erhaltene glaͤnzende Roth wird in England in kleinen
hoͤlzernen Buͤchschen verkauft. Ich erhielt die Bereitungsart
desselben von dem Herzoge von Otranto mitgetheilt, und habe mich derselben mit
Vortheil und gutem Erfolge bedient.