Titel: | Ueber den Goldpurpur; von Hrn. Gay-Lussac. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. LXXV., S. 292 |
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LXXV.
Ueber den Goldpurpur; von Hrn. Gay-Lussac.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. April 1832,
S. 396.
Gay-Lussac, uͤber den Goldpurpur.
Hr. Mercadieu behandelte eine Legirung von 1 Gramme Silber
mit zwei Milligrammen Gold und 50 Zinn, mittelst Salpetersaͤure und erhielt
dadurch 65 Milligramme Goldpurpur, woraus er schloß, daß in dieser Verbindung das
Gold im metallischen Zustande ist.65) Dieser Schluß ist aber nicht richtig, denn 50 Zinn geben 63,6 Peroxyd, welche
nebst den 2 Gold, das Gewicht des erhaltenen Purpurs um 0,6 uͤberschreiten
und der Verlust, welcher zwei und ein halb Mal so viel betraͤgt, als das
Gewicht des Lauerstoffs, welchen das Gold aufgenommen haͤtte, ist offenbar
viel zu groß, als daß der Versuch des Hrn. Mercadieu
großes Zutrauen einfloͤßen koͤnnte. Seine Meinung ist daher eben so
wenig erwiesen als so viele andere, die von verschiedenen Chemikern geaͤußert
wurden.
Da ich auf dem Bureau de garantie (in der Muͤnze)
zu Paris beim Probiren des Silbers auf nassem Wege66) sehr haͤufig Gelegenheit hatte zu bemerken, daß beim Aufloͤsen
der Legirung in Salpetersaͤure, Goldpurpur zuruͤkbleibt, so habe ich
gerade so wie Hr. Mercadieu, aber viel mehr im Großen,
die Umstaͤnde nachgeahmt, unter denen sich dieser Purpur bildete. Ich nahm
1500 Milligramme Silber, 200 Gold und 350,5 Zinn und warf, nachdem ich Borax in
einem Tiegel geschmolzen hatte, die drei Metalle hinein, um die Oxydation des Zinns
zu verhindern. Die Legirung hinterließ bei der Behandlung mit Salpetersaͤure
ein Pulver von schoͤner dunkler purpurrother Farbe, welches bei 100°
C. getroknet, 701 Milligramme wog. Nach starkem Gluͤhen in einer
Glasroͤhre, wobei es nur Wasser und Spuren von Salpetergas entwikelte,
verminderte sich das Gewicht des Purpurs auf 648 Milligramme.
Nimmt man an, daß das Zinn als Peroxyd und das Gold in metallischem Zustande
vorhanden ist, und daß der bei 100° getroknete Purpur eine Quantitaͤt
Wasser enthaͤlt, dessen Sauerstoff halb so viel als der des Zinns
betraͤgt, so ergibt sich 699,4 fuͤr das Gewicht des hydratischen und
645,8 fuͤr das des wasserfreien Purpurs. Da diese Zahlen wenig von denjenigen
abweichen, die der Versuch lieferte, so muß man annehmen, daß der Purpur wirklich
aus Zinnoxyd und metallischem Gold besteht.67)
Ich habe nach demselben Verfahren Purpur von außerordentlich wandelbarer
Zusammensezung bereitet; er schien mir aber immer homogen zu seyn. Solcher Purpur
ist dichter als man ihn nach dem Verfahren von Cassius
erhaͤlt und um so mehr, je weniger Silber man zur Legirung nimmt. Ich habe
damit Versuche uͤber das Faͤrben des Glases anstellen lassen und er
gab immer genuͤgende Resultate.
Nichts verhindert uns anzunehmen, daß diese verschiedenen Purpur wahre Verbindungen
sind, oder daß wenigstens das Gold und das Zinnperoxyd innig und
gleichfoͤrmig einander adhaͤriren. Keines dieser Praͤparate
loͤst sich uͤbrigens in Ammoniak auf; ich schreibe aber dieses
eigenthuͤmliche Verhalten ihrem Aggregatzustande zu (denn sie sind viel
dichter als der gewoͤhnliche Purpur) oder vielmehr einem isomerischen
Zustande.