Titel: | Ueber die Wirkung der Oehle auf das Sauerstoffgas bei der gewöhnlichen Temperatur; von Hrn. Theodor v. Saussure. |
Fundstelle: | Band 45, Jahrgang 1832, Nr. LXXII., S. 273 |
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LXXII.
Ueber die Wirkung der Oehle auf das Sauerstoffgas
bei der gewoͤhnlichen Temperatur; von Hrn. Theodor v. Saussure.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Maͤrz
1832, S. 225.
Saussure, uͤber die Wirkung der Oehle etc.
Als ich den Einfluß der Oehle auf die sie umgebende Luft untersuchte, erhielt ich ein
Product, das mir bei meinen fruͤheren VersuchenBibliothèque universelle, Sciences et Arts,
vol. XIII. A. d. O. entging; es besteht in der Entbindung von Wasserstoffgas durch diese
Fluͤssigkeiten, wenn sie lange Zeit mit Sauerstoffgas in Beruͤhrung
sind. Aus dieser Wirkung und ihrer Eigenschaft das Sauerstoffgas zu absorbiren,
laͤßt sich ihre Selbstentzuͤndung erklaͤren, wenn sie sehr
zertheilt sind (z.B. wenn Leinewand oder Baumwolle mit ihnen getraͤnkt ist),
und die Gefahr ermessen, wenn man einen brennenden Koͤrper den
Gefaͤßen naͤhert, die alte Oehle enthalten.
Die Beobachtungen, welche ich unten mittheile, zeigen welche Verschiedenheiten
zwischen den troknenden und den nicht troknenden Oehlen hinsichtlich der Absorption
des Sauerstoffgases Statt finden.
Meine Versuche wurden uͤber Queksilber in cylindrischen Recipienten
angestellt, die vor der Absorption des Gases 180 oder 200 Kub. Cent. Sauerstoffgas
(aus chlorsaurem Kali bereitet) enthielten. Das Oehl bildete auf der
Oberflaͤche des Queksilbers eine Schichte von 33 Millim. Durchmesser und
ungefaͤhr 3 Millim. Dike. Das absorbirte Gas wurde nach und nach durch neues
ersezt, ehe das vorhergehende erschoͤpft war, wenn nicht ausdruͤklich
das Gegentheil bemerkt ist. Die lezte Absorption wurde weiter getrieben, um die
Menge des Wasserstoffes in dem Gasruͤkstande genauer bestimmen zu
koͤnnen. Man findet darin Stikstoffgas, dessen Quantitaͤt derjenigen,
womit das Sauerstoffgas vor dem Versuche verunreinigt war, sehr nahe kommt. Die
Apparate wurden dem zerstreuten Lichte ausgesezt, bei einer Temperatur, die im
Sommer 24° C. nicht uͤberstieg und im Winter sich 0°
naͤherte. Das Gasvolumen ist immer auf 15° C. und 0,730 M.
Barometerstand reducirt.
Olivenoͤhl.
Im Anfange des Monats Mai brachte ich in Sauerstoffgas 3,43 Gramme oder 3,725
Kubikcentimeter Olivenoͤhl von gruͤnlichgelber Farbe und erster
Qualitaͤt. Zuerst vergingen fuͤnf Monate,Ich konnte nicht erfahren, zu welcher Zeit dieses Oehl aus den Oliven
ausgepreßt worden war; wahrscheinlich war es aber nicht sehr frisch, denn
bei einem fruͤheren Versuche mit einem anderen Olivenoͤhl
verfloß ein Jahr, ohne daß es mehr als sein gleiches Volumen Sauerstoff
verschlukt hatte; von diesem Zeitpunkte an erfolgte die Absorption
schneller; ich habe aber meine Beobachtungen damals nicht fortgesezt. A. d.
O. ohne daß es merklich auf das Gas wirkte oder mehr als sein gleiches Volumen
Sauerstoff absorbirte.
Die schnellste Wirkung fand waͤhrend des ganzen Verlaufes des sechsten Monates
oder im October Statt, in welchem es taͤglich beinahe einen Kubikcentimeter
oder im Mittel 0,91 Kub. Cent. Gas absorbirte, bei einer Temperatur die sich
15° C. naͤherte. Eine schwaͤchere, aber sehr auffallende
Absorption fand waͤhrend des Winters Statt, bei einer Temperatur, die
0° nahe kam. Das Oehl war alsdann ein wenig diker, hatte aber seine
Eigenschaft zu gestehen, verloren; es entfaͤrbte sich seit den ersten
Perioden der Absorption gaͤnzlich.
Nach Verlauf eines Jahres, von dem Beginn der Absorption angefangen, hatte diese
Fluͤssigkeit 154 Kub. Cent. Gas verschlukt. In dem lezten der auf diesen
Versuch verwandten vier Jahre betrug die Absorption 28 Kub. Centm. Das Gas, welches
waͤhrend dieser vier Jahre verschwand, betrug in Allem 380 K. Cent. Nach der
Operation war das Oehl sehr ranzig und ein wenig diker. Der Gasruͤkstand
betrug 124 K. Cent. und bestand aus:
Kohlensaurem Gas
81,7
Stikgas
14,9
Wasserstoffgas
23,2
Sauerstoffgas
4,2
–––––
124.
Die 23,2 K. Cent. Wasserstoff verzehrten durch ihre Verbrennung 13 Sauerstoff und
bildeten 2,75 Kohlensaͤure.
Suͤßmandel-Oehl.
Ich brachte im Anfange des Monats Mai 3,41 Gr. oder 3,725 Kub. Cent.
Suͤßmandel-Oehl in Sauerstoffgas. In der ersten Woche absorbirte es 3
Kub. Cent.; in den fuͤnf folgenden Monaten wirkte es ganz und gar nicht mehr
darauf. In den drei lezten Wochen des Monats October absorbirte es 27 Kub. Cent.
Gas. Von dieser Zeit an fand die Absorption schneller Statt und es verdichtete im
November und December taͤglich 1,81 K. Cent. Gas bei einer Temperatur die
nicht uͤber 10° stieg.
Nach Verlauf eines Jahres vom Anfange der Operation, hatte das Oehl 140 K. Cent. Gas
verschlukt. Waͤhrend des lezten der auf diesen Versuch verwandten vier Jahre
betrug die Absorption 30 K. Cent. Im Ganzen wurden in diesen vier Jahren 427 K.
Cent. Gas verschlukt. Das Oehl war sodann fluͤssig, sehr ranzig und beinahe
entfaͤrbt. Der Gasruͤkstand betrug 142 K. Cent. und bestand aus:
Kohlensaurem Gas
96
Wasserstoffgas
20,4
Stikgas
18,7
Sauerstoffgas
6,9
–––––
142.
Die 20,4 K. Cent. Wasserstoffgas verzehrten durch ihre Verbrennung 11 Sauerstoff und
erzeugten 2 Kohlensaͤure.
Hanfoͤhl.
Ich habe im Vorhergehenden die Wirkung zweier nicht troknenden Oehle auf das
Sauerstoffgas angegeben; wir wollen nun sehen, welches Verhalten das
Hanfoͤhl, ein troknendes Oehl, zeigt. Ich brachte 3,47 Gramme oder 3,725 K.
Cent. Hanfoͤhl, welches seit vier Tagen ausgepreßt und dunkel
gruͤnlichgelb gefaͤrbt war, im Anfange des Monats Mai in
Sauerstoffgas. Im ersten Monate verschlukte es nur 3 K. Cent. Gas; waͤhrend
des Monats Junius fand keine Absorption Statt. Im Laufe des Julius verschwand im
Mittel taͤglich ein K. Cent. Gas. Zwischen dem 15. August und 15. September
war die Absorption am schnellsten; zu dieser Zeit verschlukte das Oehl
taͤglich 11 K. Cent. Gas bei einer Temperatur von beinahe 23°. In den
ersten Tagen, wo die Absorption so schnell erfolgte, sing das Oehl an sich zu
entfaͤrben, dik zu werden und sich mit einem gallertartigen Haͤutchen
zu uͤberziehen.
Nach Verlauf des ersten Jahres hatte das Oehl 577 K. Cent. Gas absorbirt; die
Absorption nahm in dem zweiten Jahre um 29 K. Cent. und in dem dritten um 14 K.
Cent. zu; in dem vierten Jahre fand keine Statt, weil gegen meine Erwartung der
Gasruͤkstand zu wenig Sauerstoff enthielt. Ueberhaupt enthielt gegen das Ende
dieser Operation die Luft immer so wenig Sauerstoff, daß die Absorption nur sehr
langsam Statt finden konnte. Im Ganzen verschwanden 620 K. Cent. Gas. Das Oehl war
sodann sehr klebrig und nur halbfluͤssig. Der Gasruͤkstand betrug
138,5 K. Cent. und bestand aus:
Kohlensaurem Gas
90,7
Stikgas
17,8
Wasserstoffgas
26,4
Sauerstoffgas
3,6
–––––
138,5.
Die 26,4 Wasserstoffgas verzehrten bei ihrer Verbrennung 19,8 Sauerstoff und
erzeugten 12,9 Kohlensaͤure.
Wallnußoͤhl.
Ich werde mich mit diesem troknenden Oehle nur in Hinsicht seiner Absorption von
Sauerstoff und Bildung von Kohlensaͤure beschaͤftigen; von der
Entbindung von Wasserstoffgas werde ich nicht sprechen, weil ich diese Gasart zu der
Zeit, wo ich den Versuch anstellte, noch nicht in dem Gasruͤkstand aufgesucht
und entdekt hatte. Uebrigens liefert das Wallnußoͤhl ohne Zweifel
Wasserstoffgas, wie die vorhergehenden Oehle.
Ich brachte im Anfange des Decembers 3,46 Gramme oder 3,725 K. Cent. frisches, in der
Kaͤlte bereitetes Wallnußoͤhl in Sauerstoffgas. Nach sieben Monaten,
naͤmlich in der Mitte des Junius, hatte das Oehl nur 3 K. Cent. Gas
verschlukt; in den sechs folgenden Wochen oder bis zum 1. August nahm die Absorption
um 7 K. Cent. zu. Von dieser Zeit an absorbirte das Oehl ploͤzlich
waͤhrend einer Woche jeden Tag 27 K. Cent. bei einer Temperatur von
23°. Von nun an nahm die Absorption bis gegen das Ende des Octobers
allmaͤhlich ab, worauf ich den Versuch beendigte, weil sie nicht mehr
merklich war. Das Oehl verschlukte im Ganzen 578 K. Cent. Sauerstoff und bildete 77
K. Cent. Kohlensaͤure. Es entfaͤrbte sich durch diese Operation fast
ganz und verwandelte sich in eine durchsichtige Gallerte, die auf Papier keine
Fleken hervorbrachte.
––––––––––
Faßt man die Hauptwirkungen der fixen Oehle auf die sie umgebende Luft zusammen, so
sieht man, daß sie unmittelbar nach ihrer Extraction fast gar nicht auf das
Sauerstoffgas wirken oder nur eine sehr geringe Menge davon absorbiren
koͤnnen. Diese geringe Quantitaͤt scheint sie Anfangs nicht zu
modificiren; sie ist aber hinreichend, damit sie mit der Zeit eine
Veraͤnderung ihres Zustandes erleiden, welche ihnen das Vermoͤgen
ertheilt, schnell eine viel groͤßere Menge Gas zu verschluken, wodurch sie
dann entweder in den festen Zustand uͤbergehen oder wenn sie nicht troknend
sind, bloß ranzig werden.
Der Zeitraum, wo die troknenden Oehle unthaͤtig sind (keinen Sauerstoff aus
der Luft absorbiren), wird (in den Kuͤnsten) durch oxydirende Proceduren
vermieden oder abgekuͤrzt, welche fuͤr die gaͤnzliche
Austroknung oft viel wirksamer sind, als wenn man die Oehle der Luft aussezt; diese
Verfahrungsarten sind unter der uneigentlichen Benennung Degraissiren der Oehle bekannt. Man hat bemerkt, daß einige davon, wenn man sie
lange Zeit mit einer Quantitaͤt Luft, die fuͤr ihre Austroknung
unzureichend ist, einschließt, eine weitere Veraͤnderung erleiden, welche sie
verhindert an freier Luft vollkommen zu troknen.Bewahrt man Leinoͤhl in einer verschlossenen Flasche auf, welche nur
zur Haͤlfte damit gefuͤllt wurde, so wird es endlich dik und
gibt mit Alkohol eine Aufloͤsung, die bei der Bereitung gewisser
fetter Firnisse vortheilhaft angewandt werden kann, weil sie den harzigen
Ueberzug weniger bruͤchig macht. – Berzelius, Lehrbuch der Chemie. A. d. O.
Zur Zeit der staͤrksten Wirkung auf die Luft unterscheiden sich die troknenden
Oehle von den nicht troknenden; erstere verschluken naͤmlich den Sauerstoff
viel reichlicher und saͤttigen sich schneller damit.
Die Oehle geben, wenn sie laͤngere Zeit mit Sauerstoff in Beruͤhrung
sind, kohlensaures Gas und Wasserstoffgas aus; die troknenden Oehle scheinen im
Verhaͤltniß zum absorbirten Sauerstoff weniger Kohlensaͤure zu bilden,
als die nicht troknenden. So betraͤgt bei dem Oliven- und
Mandeloͤhl das Volumen des kohlensauren Gases nur den vierten oder
fuͤnften Theil des absorbirten Sauerstoffs, waͤhrend unter den
troknenden Oehlen bei dem Nuß- und Hanfoͤhl die Kohlensaͤure
nur ungefaͤhr den siebenten Theil des absorbirten Sauerstoffs ausmacht. Man
wird weiter unten sehen, daß die fluͤchtigen Pflanzenoͤhle, welche ich
untersucht habe, sich in mehrfacher Hinsicht den fixen troknenden Oehlen in ihrer
Wirkung auf die Luft naͤhern. Da die ersteren unter einander in ihrer
Zusammensezung viel groͤßere Verschiedenheiten darbieten, so laͤßt
sich viel schwieriger etwas uͤber sie im Allgemeinen feststellen.
Fluͤchtiges Lavendeloͤhl.
Im Anfange des Monats Mai brachte ich 3,26 Gramme oder 3,725 Kub. Cent.
Lavendeloͤhl in Beruͤhrung mit Sauerstoffgas. Ich hatte dieses Oehl
rectificirt und nur den vierten Theil davon bei gelinder Waͤrme
uͤbergezogen. Dieses farblose Oehl kommt unter allen von mir versuchten
fluͤchtigen Oehlen nach seiner Rectification am schnellsten auf das Maximum
seiner Einwirkung auf das Sauerstoffgas. In den zwoͤlf ersten Stunden wurde
das Gas nicht absorbirt; nach den beiden folgenden Tagen betrug die Absorption 10 K.
Cent. Am schnellsten war sie im Verlaufe der folgenden Woche, wo das Oehl 161 K.
Cent. Gas, taͤglich also 23 Cent. bei einer Temperatur von 23°
verschlukte. Nach vier und einem halben Monate, oder den 23. September desselben
Jahres, war die Absorption beinahe beendigt, denn in den dreißig folgenden Monaten
betrug sie nur 30 K.
Cent. Im Ganzen wurden 443,5 K. Cent. Gas absorbirt. Der Gasruͤkstand betrug
165 K. Cent. und bestand aus:
Kohlensaurem Gas
82,6
Sauerstoffgas
51
Stikgas
24,5
Wasserstoffgas
6,9
–––––
165.
Die Menge Kohlensaͤure, welche sich durch die Verbrennung dieses Wasserstoffs
bildete, war zu gering, als daß man sie genau bestimmen konnte.
Das Oehl wurde schon in den ersten Tagen der Operation durch die Absorption von
Sauerstoff gelblich; man konnte am Ende bloß dadurch, daß man es durch Abdampfen
concentrirte, eine Verdikung desselben gewahr werden.
Anderer Versuch. – Im Anfange des Monats December
wurden 2,27 Gramme von demselben rectificirten Oehle auf vier Monate mit 145 K.
Cent. Sauerstoffgas bei einer Temperatur zwischen 0° und 12° in
Beruͤhrung gebracht. Das absorbirte Gas wurde bei diesem Versuche nicht
ersezt und ich habe die Zeit wo die Absorption aufhoͤrte, was wahrscheinlich
vor Ablauf der vier Monate der Fall war, nicht beobachtet; sie betrug 135 K. Cent.
Der Gasruͤkstand enthielt keinen Sauerstoff, aber 5 K. Cent.
Kohlensaͤure, nebst dem Stikstoff womit das Sauerstoffgas schon vor der
Operation verunreinigt war. Wenn man dieses Resultat mit dem vorhergehenden
vergleicht, so ergibt sich, daß das Lavendeloͤhl erst dann sehr
betraͤchtliche Quantitaͤten von Kohlensaͤure und Wasserstoff
ausgibt, wenn es viel Sauerstoff verdichtet hat.
Fluͤchtiges Citronenoͤhl.
Ich brachte im Anfange des Monats Mai 3,19 Gr. oder 3,725 K. Cent.
Citronenoͤhl in Sauerstoffgas; dieses Oehl war rectificirt worden, indem man
nur den vierten Theil der Fluͤssigkeit bei gelinder Waͤrme
uͤberzog, wodurch man ein farbloses Product erhielt.
In der ersten Woche absorbirte das Oehl 3 K. Cent. Sauerstoff; in den beiden
folgenden Wochen verschlukte es aber im Mittel taͤglich 4 K. Cent. Gas. Die
schnellste Absorption fand ungefaͤhr nach Verlauf eines Monates Statt, wo es
waͤhrend 26 Tagen 6,5 K. Cent. Gas taͤglich bei einer Temperatur von
23° absorbirte. Nach Verlauf eines Jahres, vom Anfange des Versuches, betrug
die Absorption 528 K. Cent. und war beinahe beendigt, denn sie hatte am Ende der
dreißig folgenden Monate, wo sodann der Gasruͤkstand analysirt wurde, nur
noch um 6 K. Cent. zugenommen.
Wenige Tage, nachdem das Oehl unter die Gloke gebracht war, uͤberzog sich das
Queksilber unter demselben mit einer schwarzen Schichte, die spaͤter wieder
verschwand. Nach beendigter Absorption war das noch immer sehr fluͤssige Oehl
braungelb gefaͤrbt.
Der Gasruͤkstand, welcher 114,6 K. Cent. betrug, bestand aus:
Kohlensaurem Gas
61,9
Stikgas
25,2
Sauerstoffgas
16,8
Wasserstoffgas
10,8
–––––
114,6.
Die 10,8 K. Cent. Wasserstoff bildeten bei ihrer Verbrennung 1 K. Cent.
Kohlensaͤure und zerstoͤrten beilaͤufig die Haͤlfte
ihres Volumens Sauerstoff.
Fluͤchtiges Terpenthinoͤhl.
Am ersten August brachte ich 3,208 Gr. oder 3,725 K. Cent. von dieser Substanz in 197
K. Cent. Sauerstoffgas; das Oehl war bei gelinder Waͤrme durch dreimalige
Destillation (wobei man immer nur den vierten Theil der Fluͤssigkeit
uͤberzog) rectificirt worden.Hr. Oppermann hat (in den Annales de Chim. et de Phys. t. XLVII) eine Analyse des
Terpenthinoͤhls bekannt gemacht, nach welcher es 3,67 Procent
Sauerstoff enthaͤlt. Er gibt die Dichtigkeit des von ihm untersuchten
Oehles nicht an; wahrscheinlich ist aber die Menge des Sauerstoffs zu groß,
denn um das Oehl zu rectificiren, unterwarf er es einer Destillation, die so
weit getrieben wurde, daß ein brauner harziger Ruͤkstand blieb, der
diker als das Oehl war. In diesem Zustande laͤßt der Ruͤkstand
betraͤchtliche Quantitaͤten von Saͤure oder Harz
uͤberdestilliren; die zweite Destillation des ersten Productes
liefert noch solches. A. d. O.
Ich habe mir nicht bemerkt, wie viel Gas waͤhrend acht Monaten,
naͤmlich bis zum ersten April, von Zeit zu Zeit verschwand; am ersten April
betrug die Absorption 90 K. Cent.: dieses Gasvolumen, so wie dasjenige, welches
zulezt waͤhrend des Monats April verschwand, wurde am ersten Mai, wo die
Gloke nur noch 7 K. Cent. Gas enthielt (ungefaͤhr so viel als der Stikstoff
betrug, womit der Sauerstoff vor dem Versuche verunreinigt war), ersezt. Die
schnellste Absorption fand waͤhrend des Monats Mai Statt, in welchem das Oehl
taͤglich 3,8 K. Cent. Gas bei einer Temperatur von 18° bis 20°
verdichtete. Vom Anfange des Versuches verschlukte das Oehl in einem Jahre 440 K.
Cent. Gas. Von nun an erfolgte die Absorption sehr langsam und nahm in den drei und
dreißig folgenden Monaten nur um 35 K. Cent. zu.
Im Ganzen verschlukte das Oehl 475 K. Cent. Sauerstoff; es faͤrbte sich dunkel
braungelb und blieb sehr fluͤssig, so lange es nicht durch Abdampfen
concentrirt wurde; es bildete sich in demselben auch eine geringe Menge von den
prismatischen fluͤchtigen Krystallen, die schon vor langer Zeit von Tingry (Traité sur les
vernis) und anderen Schriftstellern beschrieben wurden. Der
Gasruͤkstand betrug 100,6 K. Cent. und bestand aus:
Kohlensaurem Gas
66
Wasserstoffgas
20,5
Stikgas
13,8
Sauerstoffgas
0,3
–––––
100,6.
Die 20,5 Wasserstoff brauchten zu ihrer Verbrennung 9,8 Sauerstoff und bildeten 2,5
Kohlensaͤure.
Das Wasserstoffgas und kohlensaure Gas wurden also erst dann in
betraͤchtlicher Menge entbunden, nachdem das Oehl 190 K. Cent. Sauerstoff
verschlukt hatte; das Lavendeloͤhl zeigte, wie wir gesehen haben, ein
aͤhnliches Verhalten; wahrscheinlich wuͤrde man bei den anderen Oehlen
dieselbe Beobachtung machen.
In Bezug auf die Faͤrbung hat der Sauerstoff zwei entgegengesezte Wirkungen
hervorgebracht; er entfaͤrbte die fixen Oehle und faͤrbte die
fluͤchtigen; diese Resultate gelten aber nur fuͤr die fixen Oehle, die
ich angefuͤhrt habe und fuͤr die Dauer der Operation.
Es fand sich keine bemerkenswerthe Menge Wasser in den Ruͤkstaͤnden der
Oehle, womit ich alle diese Absorptionen im Schatten angestellt hatte; man braucht
aber nur bei gelinder Waͤrme die meisten der so oxydirten wesentlichen Oehle
zu concentriren, und das oxydirte Terpenthinoͤhl sogar bloß der Sonne
auszusezen, um daraus eine waͤsserige sehr saure Fluͤssigkeit
abzusondern. Die Entbindung von Wasserstoff kann man der Zersezung dieses Wassers
zuschreiben, das sich durch die Oxydation bildete und zur harzigen
Fluͤssigkeit nur eine schwache Verwandtschaft hat.
Die Beschreibung der anderen Producte dieser Operationen wird zur Entdekung einer
großen Anzahl neuer oder nur wenig gekannter Verbindungen Anlaß geben. So liefert
das Lavendeloͤhl durch seine Oxydation ein Product, welches mit Kali ein an
der Luft unveraͤnderliches und durch seine schoͤne und leichte
Krystallisation merkwuͤrdiges Salz bildet.
Steinoͤhl.
Das rectificirte Steinoͤhl von Amiano hat auf die Luft eine viel
schwaͤchere Wirkung als alle vorhergehenden Oehle; 1,62 Gr., naͤmlich
2,145 K. Centimeter dieses Steinoͤhls (dessen Dichtigkeit bei 16° C. =
0,753 ist), wurden uͤber Queksilber in einen Kubikdecimeter Luft gebracht,
verminderten aber das Volumen dieser Atmosphaͤre waͤhrend eines Jahres
nicht; nach sechs Jahren waren von dieser Luft 9,4 Kub. Cent. absorbirt und 1,3 Kub.
Cent. Kohlensaͤure gebildet worden. Das Steinoͤhl war nach der
Absorption noch so durchsichtig und weiß wie zuvor, hatte aber an den Seiten des
Recipienten eine geringe Menge einer festen Substanz von gelber Farbe abgesezt und
das Queksilber war mit einem schwarzen Staub uͤberzogen, der sich bei einem
in groͤßerem Maßstabe angestellten Versuch als Schwefelqueksilber zu erkennen
gab.
Ich ergreife diese Gelegenheit, um die Beobachtungen anzufuͤhren,Ich habe sie zwar schon im August 1821 Hrn. Ure
fuͤr den Artikel Naphthe seines Dictionnaire de Chimie mitgetheilt, sie scheinen
aber nicht sehr bekannt geworden zu seyn, denn Hr. Oppermann commentirt meine erste Analyse ohne diese Correctionen
in den Annales de Chimie et de Physique t. XLVII
und copirt dieselbe uͤberdieß nicht einmal genau.a. d. O. welche meine fruͤheren Versuche uͤber das Steinoͤhl von
Amiano, die im J. 1817 in der Bibliothèque
universelle erschienen, in einigen Punkten berichtigen. Ein Kilogramm
dieser natuͤrlichen und unreinen Naphtha (deren Dichtigkeit = 0,836 ist) gab
im Marienbade durch wiederholte Rectificationen bei einer sehr gelinden
Waͤrme ungefaͤhr 20 Gramme weißen Steinoͤhls, dessen
Dichtigkeit bei 16° C. = 0,753 war. Obgleich dieses nun das leichteste ist,
das ich jemals erhielt, so kann man doch nicht behaupten, daß es auf seine geringste
Dichtigkeit gebracht wurde. Es hat eine elastische Kraft gleich 7 Centim. Queksilber
bei 20°,3 C. In einem Platintiegel faͤngt es bei 70° an zu
kochen, erhaͤlt aber durch das Sieden erst bei 89° eine constante
Temperatur. Es loͤst sich in der Kaͤlte in allen Verhaͤltnissen
in absolutem Alkohol auf. 100 Theile Weingeist (von 0,853 spec. Gew.) koͤnnen
davon nur 14 Theile bei 21° C. aufloͤsen. Als ich es sehr langsam
durch eine gluͤhende, mit Eisendraht gefuͤllte, Porzellanroͤhre
destillirte, verwandelte es sich bis auf ungefaͤhr 2 Procent in Kohle, die
ungefaͤhr zwei Drittel von dem Gewichte des Steinoͤhls betrug, und in
entzuͤndbares Gas, welches in 100 Gewichtstheilen 52,2 Kohlenstoff, 41,4
Wasserstoff und 6,4 Sauerstoff enthielt. Nach diesen Resultaten und der Beobachtung,
daß sich eine geringe Menge Schwefel mit dem Queksilber verbindet, wenn das
Steinoͤhl laͤngere Zeit damit in Beruͤhrung ist,
enthaͤlt lezteres in 100 Theilen:
Kohlenstoff
84,65
Wasserstoff
13,31
Sauerstoff
2,04
Schwefel, eine Spur
––––––
100.
Die anderen Eigenschaften dieser Fluͤssigkeit weichen uͤbrigens nicht
merklich von denjenigen ab, welche ich bei dem rectificirten Steinoͤhl von Amiano, dessen
Dichtigkeit bei 22° C. = 0,758 ist, gefunden habe. Bibliothèque universelle, Sciences et Arts, vol. IV.