Titel: Ueber Hrn. Murray's Apparat zum Retten Schiffbrüchiger.
Fundstelle: Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LXXVII., S. 325
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LXXVII. Ueber Hrn. Murray's Apparat zum Retten Schiffbruͤchiger. Aus dem Mechanics' Magazine N. 441. S. 290. Mit Abbildungen auf Tab. V. Murray's Apparat zum Retten Schiffbruͤchiger. Es wurden bereits schon mehrere sinnreiche Methoden angegeben, nach welchen sich die Communication zwischen gestrandeten Schiffen und dem Ufer herstellen lassen soll. Hr. Trenghouse dachte eine Rakete, Hr. Capit. Dansey einen Drachen, Capit. Manby eine Bombe aus, um dadurch ein Seil in das Schiff zu werfen, welches sich in Gefahr befindet. Der Vorschlag des Hrn. Manby fand Anfangs so gute Aufnahme, daß das Parliament ihm eine Belohnung fuͤr seine Erfindung verlieh, und daß man sich eifrig bemuͤhte denselben allgemein einzufuͤhren. Spaͤter zeigte sich jedoch, daß er selbst unter den guͤnstigsten Umstaͤnden mit so vielen Schwierigkeiten verknuͤpft ist, und daß er nicht selten so vollkommen mißlang, daß man ihn nur hie und da einfuͤhrte. Er hat daher auch keine wesentliche Veraͤnderung in der Zahl der durch Schiffbruch Verungluͤkten hervorgebracht. Der Apparat des Hrn. Manby ist wegen seines großen Gewichtes nur schwer von den Orten, an welchen er aufgestellt ist, an jene Orte zu schaffen, wo man dessen augenbliklich bedarf, und ist dieß auch gelungen, so reißt doch noch das Seil sehr oft entzwei. Diese beiden Nachtheile haben der Einfuͤhrung desselben bisher am meisten geschadet; an mehreren Kuͤsten fehlt er noch ganz und gar; im December 1830 war die Kuͤste zwischen Plymouth und Land's End, welche doch zu den befahrensten und gefaͤhrlichsten gehoͤrt, so von allen Rettungsmitteln entbloͤßt, daß von den 28 Schiffen, die in den fuͤrchterlichen Stuͤrmen jener Zeit daselbst scheiterten, in Allem nur 2 Maͤnner und ein Knabe gerettet wurden. Die haͤufigen Ungluͤksfaͤlle, welche noch jaͤhrlich vorfallen, brachten Hrn. John Murray, den bekannten Verfasser mehrerer vortrefflicher Werke auf die Erfindung des Apparates, welcher in der beigefuͤgten Zeichnung Fig. 38 abgebildet ist, und den er in einer eigenen AbhandlungInvention of an effective and unfailing method for forming an instantaneous communication with the shore in Shipwreck and illuminating the scene in the dark and tempestuous night. By JohnMurray, F. S. A. etc. 8°. Whittacker et Co. beschrieb. Hr. Murray versuchte zuerst aus einer gewoͤhnlichen Muskete einen Pfeil mit einer Leine an dessen befiedertem Ende abzuschießen; allein dieser Pfeil kehrte sich auf seinem Durchgange durch die Luft um, so daß Hr. Murray endlich auf folgende Erfindung kam. Die Figur 38 zeigt jene Form des Pfeiles, welche fuͤr einen gewoͤhnlichen Doppelhaken die geeignetste ist, und die entweder unmittelbar von dem Ufer oder von einem Rettungsbothe aus, abgeschossen werden kann. An dem dikeren Ende dieses Pfeiles befindet sich eine Platte, welche aus Kupfer verfertigt seyn kann. Die Spize ist scharf und mit Widerhaken versehen, damit sie fest haͤlt wo sie hintrifft, oder damit sie wie eine Klammer an dem Takelwerke des Wrakes haͤngen bleibt. Sie ist aus diesem Grunde, und zur Sicherung ihrer Richtung sowohl, als zur Ueberwindung des Widerstandes, auf den sie bei einem Sturme treffen muß, mit Eisen beschlagen. Das Holz soll Nußbaum-, Eschen- oder noch besser Jamaicaholz (Lance-wood) seyn; denn je inniger dessen Fasern zusammenhaͤngen, desto besser ist es. An seinem aͤußersten Ende ist der Pfeil mit einer Peitschenschnur oder mit Spagat umwunden; da, wo die gebogenen Enden der parallelen Eisenstange durch denselben gehen, ist er durch duͤnne metallene Baͤnder verstaͤrkt. Diese gekruͤmmten Enden sind ferner an einer Seite mittelst einer Schulter, an der anderen mittelst einer Schraube festgemacht. Laͤngs dieses parallelen Stabes laͤuft in dem Augenblike, in welchem er aus der Kanone tritt, der eiserne Ring, an welchem der Strik oder die Leine befestigt ist; ein Stuͤk Kork oder Kautschuk, welches am Ende des Pfeiles zwischen die Stange und den Koͤrper des Pfeiles gelegt ist, und welches als eine Zuruͤkschnellfeder wirkt, wird die Wirkung der Reibung maͤßigen. Der ganze, auf diese Weise gefiederte und beschlagene Pfeil wiegt 2 bis 3 Unzen; er ist 18 Zoll lang und hat 3/4 Zoll im Durchmesser. Diese Dimensionen und dieses Gewicht zeigten sich als die geeignetsten, wenn der Pfeil fuͤr einen Doppelhaken bestimmt ist, dessen Lauf 16 Zoll lang ist und 1 1/10 Zoll im Durchmesser oder Caliber hat. Das ganze Gewicht des Pfeiles sammt seinen Anhaͤngseln, zugleich mit der starken, an ihm befestigten Peitschenschnur, betraͤgt 2 Pfunde und 1 Unze, und kann mit 2 Drachmen Schießpulver beinahe 100 Yards weit geworfen werden. Der Strik oder die Leine ist so stark, daß man mittelst desselben ein Seil von der Kuͤste an das Schiff ziehen, und dadurch eine Communication mit dem Wrake herstellen kann. Die Figur 39 zeigt diesen Pfeil an einer Dreipfuͤnder-Drehbasse angewendet, deren Caliber er beinahe ausfuͤllen soll. In diesem Falle wiegt der Pfeil mit seinem Zugehoͤr beinahe 2 Pfund. 3 Unzen Schießpulver reichen hin, um mit diesem Pfeile eine Leine von gehoͤriger Staͤrke uͤber 150 Yards weit zu schleudern. Man kann sich in diesem Falle einer tiefen Seeleine bedienen. Am besten ist es, wenn man diese Leine in solchen Windungen legt, wie sie in der Figur dargestellt sind, denn auf diese Weise laͤßt sich am sichersten verhindern, daß eine Verwirrung eintritt: ein Umstand, welcher hier von groͤßter Wichtigkeit ist. Der Bart ist hier in der Zeichnung der groͤßeren Deutlichkeit wegen nicht dargestellt. Die Vorrichtung ist auch noch mit einem Anhaͤngsel versehen, durch welches sowohl der Flug des Pfeiles als die Scene des Schiffbruches beleuchtet wird. Dieser Apparat besteht bloß in einer cylindrischen Scheide, die die Materiale zur Beleuchtung enthaͤlt, und diese Materiale bestehen aus einem innigen Gemenge von chlorsaurem Kali und gepulvertem Candiszuker. Ein Stiel, welcher außen mit einem flachen Kopfe versehen ist, tritt an seinem aͤußersten Ende in ein kleines Flaͤschchen, welches Schwefelsaͤure enthaͤlt und mit einem Tropfen Wachs verschlossen ist. So wie nun der Pfeil aus der Kanone faͤhrt, so wird die Luft auf den Kopf des Stieles wirken, den Wachspfropf nach Einwaͤrts treiben, und dadurch der Saͤure Ausgang gestatten. Diese Saͤure wird das Gemisch sogleich entzuͤnden, und die dadurch entstehende glaͤnzende Flamme wird den kugelfoͤrmigen drahtenen Behaͤlter, welcher sich uͤber demselben befindet, erfuͤllen. Der Glanz der Flamme laͤßt sich noch bedeutend erhoͤhen, wenn man dem Gemische etwas Phosphor zusezt. Dieser Theil des Apparates steht uͤbrigens mit dem Pfeile in gar keiner Verbindung, und kann sehr leicht bloß dann angebracht werden, wenn ihn die Dunkelheit der Nacht noͤthig macht. Die Flamme kann weder durch das Aufsprizen der See, noch durch Regen ausgeloͤscht werden, da sie bestaͤndig durch sich selbst, und unabhaͤngig von der aͤußeren Atmosphaͤre unterhalten wird. Auch der Wind wird diese Flamme nicht verloͤschen machen. Hr. Murray hat mit diesem Apparate mehrere Versuche gemacht, die sehr gut gelangen, und die er in seiner Abhandlung beschreibt, so daß wir nicht zweifeln, daß diese Vorrichtung sowohl wegen ihrer vortrefflichen Dienste, als wegen ihrer Wohlfeilheit und Leichtigkeit bald allgemein in Anwendung kommen wird.

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