Titel: | Ueber das schnelle Sauerwerden des amerikanischen Semmelmehles und über einige andere Fehler desselben, nebst Vorschlägen zur Abhülfe derselben. |
Fundstelle: | Band 44, Jahrgang 1832, Nr. LXIX., S. 300 |
Download: | XML |
LXIX.
Ueber das schnelle Sauerwerden des amerikanischen
Semmelmehles und uͤber einige andere Fehler desselben, nebst Vorschlaͤgen
zur Abhuͤlfe derselben.
Aus dem Franklin Journal im Register of Arts. December.
1831. S. 267.
(Im
Auszuge.)
Ueber das Sauerwerden des amerikanischen Semmelmehles.
Die Erzeugung von Mehl, und besonders von feinem Mehle bildet einen der
vorzuͤglichsten und beachtenswerthen Industriezweige Amerika's. Die Erfahrung
zeigte, daß Mehl, welches aus einem Gemische mehrerer Arten von Weizen, aus rothem,
weißem, bartigem und gewoͤhnlichem Weizen besteht (vorausgesezt, daß
saͤmmtliche Getreidearten gut waren, und auch gut gemahlen wurden) weit
besseres Brod gibt, als Mehl, welches nur aus einer einzigen Art gemahlen wurde. In
welchem Verhaͤltnisse diese Mischung gemacht werden muß, laͤßt sich
nicht im Allgemeinen bestimmen; nur die Erfahrung des Baͤkers und des
Muͤllers kann dieß genau ermitteln. Ebenso ist es allgemein bekannt, daß
Mehl, welches bloß aus frischem Weizen erzeugt wurde, weder so viel, noch so gutes
Brod gibt, als ein Gemisch aus altem und neuem Mehle; auch hier muß die Erfahrung
und die Guͤte der Ernte eines jeden Jahres den Baͤker und
Muͤller leiten.
In den lezten 25–30 Jahren wurden zahlreiche Verbesserungen an den
Muͤhlen gemacht, unter denen viele vorzuͤglich darauf berechnet sind,
das Abkuͤhlen des Mehles abzukuͤrzen. So vortheilhaft dieß in Hinsicht
auf die Kosten und Auslagen des Muͤllers ist, so verdient es doch einer
sorgfaͤltigen Beruͤksichtigung, daß wenn diese Schnelligkeit zu groß
ist, das Mehl nicht gehoͤrig auskuͤhlen und seine Feuchtigkeit abgeben
kann. Darin scheint naͤmlich die Hauptursache zu liegen, warum eine so große
Menge des amerikanischen Mehles sauer und hart wird, oder auf eine andere Weise zu
Grunde geht: ein Umstand, der nicht bloß den Muͤllern und Baͤkern in
Amerika großen Schaden bringt, sondern auch auf den Handel mit Mehl einen sehr
nachtheiligen Einfluß ausuͤbt.
Wenn sich das Mehl lange aufbewahren lassen soll, so muß man dasselbe so troken als
moͤglich machen. Um nun diese Trokenheit zu erzielen, schlage ich folgende
Methode vor. Der Muͤller soll einen starken und wirksamen Windfang anbringen,
durch welchen eine große Menge frischer und kuͤhler Luft, so wie das Mehl
warm aus den Steinen hervorkommt, auf dasselbe getrieben wird. Dieser Luftstrom wird
nicht bloß das Mehl abkuͤhlen, sondern auch den Dampf entfernen, der sich
beim Austritte des Mehles aus den Steinen eben in seiner groͤßten
Fluͤchtigkeit befindet. Da aber das Mehl hiedurch doch noch nicht ganz
abgekuͤhlt und getroknet werden wird, so kann man mit Blasebaͤlgen
Luft in den Elevator treiben, und das Mehl endlich auch noch, wenn es aus dem
Elevator kommt, der Einwirkung eines dritten Windfanges aussezen. Auf diese Weise
wird dem Mehle alle seine Feuchtigkeit und Waͤrme entzogen werden, so daß es
sich gewiß laͤnger aufbewahren lassen wird.
Die meisten amerikanischen Muͤhlen sind im Verhaͤltnisse zu der
Quantitaͤt Mehl, welche sie erzeugen, zu klein; es bleibt dem Mehle daher
nicht genug Zeit zum Abkuͤhlen, und es kommt warm und feucht in die
Faͤsser. Einige der Dampfmuͤhlen sind uͤberdieß so schlecht
gebaut, daß das ganze Gebaͤude mit Dampf gefuͤllt ist, und daß sich
ein großer Theil des Dampfes in das Mehl niederschlagen muß.
Ueberdieß empfehlen wir allen, die gute Muͤller werden wollen, von einem
verstaͤndigen Baͤker Versuche uͤber die jedesmalige Mischung
des Mehles, welche das beste Brod gibt, machen zu lassen. Es ist eine allgemein bekannte
Thatsache, daß der beste Weizen kein gutes Brod gibt, wenn er zu sein gemahlen
worden; das Brod aus solchem Weizen wird naͤmlich immer naß und teigig
aussehen, wie das Brod aus Weizen, der bei der Ernte naß wurde. Gute Baͤker
werden daher immer solches Mehl vorziehen, welches sich etwas weniges koͤrnig
und rauh, wie sehr feiner Sand, anfuͤhlt, und jenes verwerfen, welches sich
fest zusammendruͤkte und glatt ist.
Der Herausgeber des Register of Arts bemerkt hiezu, daß
das Abkuͤhlen und Troknen des Mehles nach seiner Meinung allerdings dazu
beitragen duͤrfte, daß sich dasselbe laͤnger aufbewahren laͤßt,
ohne eine Zersezung zu erleiden; allein er glaubt, daß dadurch der
Veraͤnderung, welche das Mehl durch die Erhizung erleidet, nicht mehr
abgeholfen werden koͤnne. Durch diese Erhizung wird naͤmlich eine
theilweise Schmelzung der koͤrnigen Theilchen in Folge der Ausdehnung des
Krystallisations-Wassers hervorgebracht, wodurch die Koͤrnchen beinahe
die Eigenschaften der Tapioca erhalten. Das Mehl,
welches auf die angegebene Weise erhizt worden, wird gelblich, was wohl einem
Verluste von Krystallisations-Wasser und einer in Folge davon verminderten
Brechbarkeit des Lichtes zuzuschreiben seyn duͤrfte; solches Mehl gibt
ferner, wie alle Baͤker wissen, weder so viel, noch so gutes Brod, wie gut
gemahlenes Mehl, indem es nicht so viel Wasser einzusaugen vermag, als zur
Teigbereitung noͤthig ist. Was den oben erwaͤhnten
Kuͤhl- und Troken-Apparat betrifft, so findet ihn das Register nicht zwekmaͤßig, und vertroͤstet
die Muͤller auf einen anderen, der allen Anforderungen entsprechen soll, der
vor Kurzem in England patentirt wurde, und welcher naͤchstens bekannt gemacht
werden wird.