Titel: | Ueber Eisenbahnen; von den HH. Coste und Perdonnet. |
Fundstelle: | Band 43, Jahrgang 1832, Nr. LIX., S. 256 |
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LIX.
Ueber Eisenbahnen; von den HH. Coste und Perdonnet.
Aus dem Bulletin des Sciences technologique, 1831, Bd.
XVII. S. 76.
Mit Anmerkungen des deutschen Bearbeiters.
Coste und Perdonnet, uͤber Eisenbahnen.
Dieses neue Werk uͤber Eisenbahnen ist guͤnstig aufgenommen worden, und
man kann sagen, daß dasselbe mit Klarheit und Genauigkeit die praktischen und
oͤkonomischen Resultate zusammenstellt, welche uͤber diese wichtige
Communicationsart bis jezt erhalten worden sind. Wir geben hier eine summarische
Uebersicht von diesem interessanten Werke.Da diese Uebersicht im Original Vieles enthaͤlt, was den Lesern des
Polytechnischen Journals schon aus den fruͤhern Baͤnden
bekannt ist, so fuͤhren wir daraus nur das Neue und
Merkwuͤrdigste an.
Nach einer vorausgeschikten historischen Erzaͤhlung von der Einfuͤhrung
der Riegel- oder Schienen-Wege, und von den vorzuͤglichsten
daran vorgenommenen Verbesserungen, wie z.B. der Anwendung des Gußeisens statt des
Holzes, im Jahre 1767; der Anwendung von feststehenden Dampfmaschinen, um die Wagen
uͤber schiefe Flaͤchen hinauf zu ziehen, im Jahre 1808, und der
Einfuͤhrung der Dampfwagen oder fortschaffenden Maschinen, im Jahre 1811,
handeln die HH. Coste und
Perdonne im Detail:
1) Von der Beschaffenheit und Gestalt der Bahnschienen.
2) Von den noͤthigen Erdarbeiten und dem Legen der Schienen.
3) Von den Wagen.
4) Von den bewegenden Kraͤften (Pferde, Schwerkraft, Dampf).
5) Von Traçirung der Eisenbahnen.
6) Von den Kosten ihrer Anlage und der Bespannung.
7) Von den Kosten der Unterhaltung, ihrer Aufsicht, Einnahme und Administration.
8) Von den Verbesserungen, welche in neuern Zeiten vorgeschlagen oder
ausgefuͤhrt worden sind.
Von der Beschaffenheit und Gestalt der Schienen.
Von den drei verschiedenen Arten von Schienen, welche man bei der Anlage von
Eisenbahnen anwendet, den flachen oder Platten Schienen, den hohlen Schienen, und den erhabenen Schienen,
sind die lezteren (Edge-rails) heut zu Tage fast
allein allgemein eingefuͤhrt, und zwar mit Recht;Doch auch mit Unrecht, da mehrere hoͤchst traurige
Ungluͤksfaͤlle auf der neuesten Eisenbahn zwischen Liverpool
und Manchester beweisen, daß auf diesen Schienen die Wagen bei einer sehr
schnellen Bewegung durch den geringsten Stoß von einem zufaͤlliger
Weise auf einer Schiene fest liegenden harten Koͤrper, oder durch den
Bruch eines Rades oder einer Achse leicht uͤber die Bahn
hinausgeschleudert, in einen Graben oder Abgrund gestuͤrzt, und mit
allen Guͤtern und Menschen, die sich darauf befinden, zerschmettert
werden koͤnnen. So lange auf den Eisenbahnen nur kurze Zuͤge
von Wagen durch Pferde im langsamen Schritte gezogen wurden, war diese Art
von erhabenen Schienen mit keiner Gefahr verbunden, und es war dem
Fuͤhrer eines solchen Zuges leicht, denselben, sobald er es
noͤthig fand, anzuhalten, und ein vor ihm liegendes bemerktes
Hinderniß aus dem Wege zu raͤumen. Seitdem man es aber dahin gebracht
hat, die laͤngsten und schwersten Wagenzuͤge, mit Tausenden
von Centnern oder Hunderten von Reisenden beladen, durch eine vorgespannte
Dampfmaschine (locomotive Engine), deren
geringstes Gewicht noch 80 bis 120 Centner betraͤgt, mit der
Schnelligkeit eines guten Pferdes im staͤrksten Galoppe
fortzutreiben, sind diese beliebten Edge-rails, bei aller gepriesenen Leichtigkeit der
Bewegung, eine fuͤr Leben und Eigenthum so gefaͤhrliche
Vorrichtung, daß man sie von Polizei wegen uͤberall verbieten sollte.
Es ist auch sehr begreiflich, daß das Bewegungsmoment von so ungeheuren, mit
einer so außerordentlichen Schnelligkeit fortschiebenden, Massen in keinem
Falle geschwind genug getilgt werden kann, und daß es dem auf dem Dampfwagen
befindlichen Maschinisten, selbst bei der groͤßten Aufmerksamkeit,
und mit den besten und wirksamsten mechanischen Vorrichtungen,
unmoͤglich ist, den Zug schnell genug aufzuhalten, um ein
befuͤrchtetes Ungluͤk zu verhuͤten; wie dieses dann
auch aus einer gerichtlichen Untersuchung uͤber den traurigen Unfall
sich ergeben hat, durch welchen der Minister Huskisson auf der Eisenbahn
zwischen Manchester und Liverpool im Monat September 1830 sein Leben
verloren hat. – Eine neue Anordnung von Bahnschienen und
Wagenraͤdern, welche gegen diese Gefahren die vollkommenste
Sicherheit, und damit eine eben so leichte Bewegung, wie auf den
gegenwaͤrtigen Edge-rails mit
Raͤdern mit vorspringendem Falze gewaͤhrte, waͤre daher
unstreitig eine der wichtigsten und wohllhaͤtigsten Erfindungen im
Gebiete der Mechanik. denn nach den Erfahrungen des Hrn. Wood ist die Reibung auf den platten Schienen
(plate-rails) groͤßer als auf den
erhabenen im Verhaͤltnisse von 73 zu 63; die hohlen Schienen hat man
uͤberall aufgegeben- so wie die hoͤlzernen Riegel, welche
indessen in Deutschland noch ziemlich gebraͤuchlich sind.
Es ist eine noch unentschiedene Streitfrage, ob das geschmiedete (oder gewalzte)
Eisen (fer malleable) dem Gußeisen fuͤr die
Bahnschienen vorzuziehen sey; man kann indessen zum Vortheile der ersteren
anfuͤhren, daß sie wohlfeiler als die lezteren sind,Dieß gilt indessen nur in England, wo die Fabrikation des malleablen Eisens
durch den finery- und pudding Frisch-Proceß mit Steinkohlen und
durch die trefflichsten Walzwerke so außerordentlich schnell, wohlfeil, und
dabei so vollkommen gemacht wird, daß ein Centner der besten und
schoͤnsten Schienen nur um ein Geringes theurer zu stehen kommt als
ein Centner Gußwaare; und da dieses so bereitete Eisen zaͤher und
staͤrker ist als das gegossene, folglich die Bahnschienen um Vieles
leichter als die gegossenen gemacht werden koͤnnen, so geben die
gewalzten Schienen allerdings eine bedeutende Ersparniß an den Kosten der
Anlage und Unterhaltung im Vergleiche gegen die gegossenen. In Deutschland
hingegen, wo fast uͤberall noch die alte Frisch-Methode und
das Streken der Staͤbe durch Haͤmmer bestehet, wuͤrde
das Zurichten, Glattfeilen und Vollenden solcher geschmiedeten Bahnschienen sechs
Mal mehr kosten. Laͤßt man aber diese Schienen in ihrem
unvollkommenen rauhen Zustande, und legt sie auf ihre flache Seite, so
bilden sie keine hinlaͤnglich glatte Oberflaͤche; bei ihrer
geringen Dike oder Hoͤhe werden die Raͤder mit ihren schmalen
vorspringenden Falzen gar zu leicht aus ihrem Geleise geworfen, und ihre
Befestigung auf hoͤlzernen Unterlagen gewaͤhrt keine Dauer,
und erleichtert die Entwendung. Der koͤnigl. Oberst-Bergrath
Ritter v. Baader hat alle diese Maͤngel an
der zwischen der Moldau und der Donau erbauten Eisenbahn schon in seiner
1828 zu Muͤnchen erschienenen Schrift: Ueber
die Vorzuͤge einer verbesserten Bauart von Eisenbahnen vor den
schiffbaren Kanaͤlen, S. 32–39, eroͤrtert, und
man hat bei der gegenwaͤrtig im Baue stehenden Eisenbahn zwischen
Prag und Pilsen sehr wohl gethan, den, dort (S. 38) gegebenen Rath zu
befolgen, und gußeiserne Schienen auf fortlaufenden Geleisemauern (ganz
massiven und zusammenhaͤngenden Steindaͤmmen) zu
befestigen. daß sie nicht so
leicht brechen und sich abnuͤzen; daß man ihnen eine groͤßere
Laͤnge (aus einem Stuͤke) geben kann, wodurch die Anzahl der Fugen und
folglich die Ursache der haͤufigen Stoͤße vermindert wird;Wenn die Enden der gußeisernen Schienen genau an einander gefuͤgt, und
auf ganz soliden und unverruͤkbaren Unterlagen gehoͤrig
befestigt werden, so bilden sie eine so gleichfoͤrmige,
ununterbrochen glatte Flaͤche, daß die Raͤder ohne die
geringsten Erschuͤtterungen oder Stoͤße uͤber alle
Fugen weglaufen. Dazu gehoͤrt aber freilich vor allen Dingen, daß die
Schienen auf zusammenhaͤngenden steinernen Unterlagen an allen
Punkten gleich aufliegen. Auch in dieser Hinsicht ist die alte, in England
noch immer beibehaltene, Bauart hoͤchst mangelhaft. Man kann sich in
der That kaum etwas Ungeschikteres denken, als die Befestigung von eisernen
Schienen auf 3 bis 4 Fuß von einander entfernten, nirgend mit einander
verbundenen, ganz isolirten Steinbloͤken oder Wuͤrfeln,
zwischen welchen die Schienen hohl liegen, und welche, wie die
taͤgliche Erfahrung seit 30 Jahren lehrt, von dem auf so kleine
Flaͤchen vertheilten Druke der daruͤber rollenden Lasten, nur
gar zu leicht, an einzelnen Stellen nachgeben, sich senken, und aus ihrer
vertikalen oder parallelen Lage verruͤkt werden, wodurch dann ein
theilweises Aufstehen der Schienenden, heftige, Stoͤße, oft
Bruͤche an Schienen und Raͤdern, und fast
immerwaͤhrende Nachhuͤlfen, Ausbesserungen und Reparaturen
unvermeidlich herbeigefuͤhrt werden. Daß diese Nachtheile selbst
durch die so geruͤhmten gewalzten Patentschienen, welche in einem
Stuͤke 12–15 Fuß lang sind, und daher weniger Fugen haben, bei
der mit so ungeheurem Aufwande hergestellten Eisenbahn von Liverpool und
Manchester keineswegs ganz beseitigt sind, bezeugt der koͤnigl.
preußische Wasserbaumeister, Hr. Henze in seinem sehr gediegenen Berichte uͤber diese
Eisenbahn, in der fuͤnften Lieferung der
Verhandlungen des Gewerbfleißes in Preußen, von den Monaten September
und October 1831, S. 235 und 236. Dieser Sachverstaͤndige
hat naͤmlich bei zweimaliger Befahrung der genannten Bahn an allen
Stellen, wo die Schienen auf isolirten Steinbloͤken ruhen, schnell
auf einander folgende periodische, von einem sehr hoͤrbaren Schlagen
der Raͤder begleitete, Erschuͤtterungen bemerkt, welche
dagegen an solchen Stellen, wo der Schienenweg uͤber Bruͤken
geht, und die Schienen auf zusammenhaͤngendem Mauerwerk liegen, gar
nicht zu bemerken waren.Daß bei einer so fehlerhaften Bauart die gußeisernen Schienen dem Brechen
mehr als die geschmiedeten oder gewalzten Schienen ausgesezt sind, ist nicht
zu laͤugnen; eben so wahr ist es aber auch, daß bei einer
zwekmaͤßigen Construction, wo die gußeisernen Schienen auf soliden
und zusammenhaͤngenden Unterlagen uͤberall gleich aufliegen,
auch diese gegen solche Unfaͤlle vollkommen gesichert sind.Was endlich den Einwurf betrifft, daß die Schienen von Gußeisen bei strenger
Kaͤlte dem Springen ausgesezt seyen, so ist dieses wohl nur bei der
schlechtesten Qualitaͤt des Eisens, und bei einer unvorsichtigen
Befestigung derselben zu befuͤrchten, wobei der Ausdehnung und
Zusammenziehung des Metalles nach den verschiedenen Graden der Temperatur
kein Spielraum gelassen wird. An den Schienen der im Jahre 1825 zu Nymphenburg
vorgerichteten und auf eine eigene Art befestigten Eisenbahn, welche schon
sechs ungewoͤhnlich strenge Winter ausgehalten hat, ist noch nicht
der geringste Sprung zu bemerken. endlich daß sie
der Zerstoͤrung durch Oxydation oder Abblaͤtterung (exfoliation) nicht so ausgesezt sind, wie die Theorie
anzuzeigen schien.
Hoͤlzerne Schienen koͤnnen nur in einem Lande einiger Maßen
vortheilhaft seyn, wo das Holz sehr wohlfeil, das Eisen hingegen sehr theuer ist.
Auch ist es nur die Vereinigung dieser beiden Bedingungen, welche Hrn. von Gerstner zur Annahme dieser
Bauart bei der Vorrichtung einer Schienenstraße von 62 Kilometer Laͤnge
zwischen der Moldau und der Donau bestimmen konnte, und welche man auch fuͤr
einige aͤhnliche Anlagen von sehr großer Ausdehnung in den Vereinigten
Staaten von Nordamerika vorgeschlagen hat.Es ist begreiflich, daß man in einem Lande, wo die groͤßten Streken
noch unbewohnt, und wo die Eisenwerke noch nicht so zahlreich und vollkommen
als in England sind, wo uͤbrigens das beste Holz fast keinen Werth
hat, sich an einigen Stellen noch mit hoͤlzernen Schienenwegen
behilft, mit welchen man vor 60 Jahren auch in England den Anfang gemacht
hat. Wir wissen jedoch, daß auch dort zu den wichtigsten Anlagen dieser Art
nur eiserne Schienen verwendet werden, die man zum Theil mit bedeutenden
Kosten aus England kommen laͤßt. So berichtet z.B. Galignani's Messenger vom 9ten Jaͤnner
1832, daß ein Eisenhuͤttenwerk in Monmouthshire gegenwaͤrtig
mit der Anfertigung von 18,000 Tonnen = 360,000 Centner eiserner Schienen
beschaͤftigt ist, welche von einer Eisenbahngesellschaft in
Nordamerika bestellt sind.
Man verfertigt in England Bahnschienen mit einem wellenfoͤrmigen vertikalen
Laͤngenprofil, so daß sie zwischen den Stuͤzpunkten eine elliptische
Kruͤmmung nach Unten bilden, nach Art der auf der Eisenbahn zwischen
Saint-Etienne und Andrézieux geformten Schienen. Diese Form durch
Walzen hervorzubringen, scheint schwer, und die Operation selbst ist der
Guͤte des Eisens oft nachtheilig. Man sieht indessen, daß an Material erspart
wird, wenn man diesen Schienen nur in der Mitte zwischen den Unterlagen die
groͤßte Hoͤhe gibt, wo sie den staͤrksten Druk auszuhalten
haben, statt selbe von Ende zu Ende unnoͤthiger Weise gleich hoch zu machen.
Uebrigens hat uͤber die Zwekmaͤßigkeit dieser neuen Construction die
Erfahrung bereits entschieden, da man dieselbe gegenwaͤrtig uͤberall
anwendet, obwohl die Kosten durch das Patent-Recht (des Hrn. Birkingshaw) erhoͤhet
werden.
Die Schienen werden, ehe man sie auf ihr Lager befestigt, gewissen Proben
unterworfen. Die von Andrézieux und Roanne muͤssen, nachdem man sie
auf zwei Unterlagen befestigt hat, welche 0m,90
(36 Zoll bayerisch) von einander entfernt sind, den Schlag eines Gewichtes von 2000
Kilogrammen (beinahe 36 Centner bayerisch) von einer Hohe von 0m,70 (28 3/4 Zoll) Hoͤhe herabfallend,
aushalten, ohne zu
brechen oder einen Riß zu erhalten; die Flaͤche dieser herabfallenden Masse
muß 0m,20 (99 □ Zoll) betragen, und die
Schiene, welche durch diesen Schlag einen Bug erhalten hat, muß im kalten Zustande
sich wieder in ihre vorige Gestalt zuruͤkbringen lassen.
Das Gewicht eines Yard oder 0m,9141 (37 1/2 Zoll)
von den Schienen der zweiten Klasse (wie von Glasgow, Dudley) betraͤgt 28
Pfund, oder
fuͤr einen Meter 13,78 Kilogr. (7 1/4 Pfd. fuͤr den laufenden Fuß
bayerisch) von den Schienen fuͤr Bahnen der ersten Klasse (Liverpool);
fuͤr einen Meter 17,33 Kilogr. (9 1/3 Pfund fuͤr den laufenden Fuß
bayerisch).
Die Dimensionen der Schienen an der Eisenbahn von Saint-Etienne nach Lyon sind
folgende:
Hoͤhe (in der Mitte) 0m,075 (3 Zoll
bayerisch).
Breite ihrer oberen Flaͤche 0m,050 (2
Zoll).
Laͤnge 4m,570 (15 Fuß 8 Zoll).
Das Gewicht fuͤr 1 Meter 13,00 Kilogr. (6 3/4 Pfd. fuͤr den Fuß).
Dimensionen der Schienen an der Eisenbahn von Saint-Etienne nach
Andrézieux:
Groͤßte Hoͤhe 0m,10 (4 1/10
Zoll).
Obere Breite 0m,05 (2 Zoll).
Laͤnge 1m,22 (3 Fuß 10 Zoll).
Von den Schienen von Andrézieux nach Roanne wiegt ein Meter 14,00
Kilometer,
(der bayerische Fuß 7 1/2 Pfd.)
Von den noͤthigen Erdarbeiten und dem Legen der
Schienen.
In Frankreich, wie in England, bedient man sich zum Transporte von Schutt
provisorischer Eisenbahnen; aber das Legen der Schienen geschieht nicht
uͤberall auf dieselbe Art. Bei den neuem englischen Bahnen wird die Schiene
zwischen den vorstehenden Theilen des Stuͤhlchens oder Stoͤkels von
Gußeisen (chair) befestigt und in den Zwischenraum ein
eiserner Nagel eingetrieben, um das Wakeln der Schiene zu verhuͤten. Dieser
Nagel hat eine pyramidalische Form, und wirkt als Keil, da die Oeffnungen nie
vollkommen gleich sind.
Auf der neuen Eisenbahn von Glasgow sind die Enden der Schienen so geformt, daß sie
in einander greifen. Diese Art von Verbindung, welche Hr. Beaunier angenommen hat, ist besser als das Zusammenstoßen mit
stumpfen Enden; es vermehrt aber auch die Kosten der Schienen.
Auf der Bahn von Saint-Etienne nach Lyon sind die Stoͤkel (coussinets) auf den Steinbloͤken durch bloße
hoͤlzerne Naͤgel befestigt; auf dieselbe Art wird man auch auf der
Eisenbahn von Roanne nach Andrézieux die Schienen mit den Stoͤkeln
verbinden. Man haͤlt diese Methode fuͤr unvollkommen, und wird auf dem
Wege von Saint-Etienne zur Loire die gußeisernen Schienen durch eiserne
Nagel, welche durch das Stoͤkel und durch die Schiene getrieben werden,
befestigen, und mehr Soliditaͤt und Dauer gewaͤhren.
Die Entfernung (Spurweite) zwischen den Schienen ist auf der Bahn von Liverpool, wie
auf allen franzoͤsischen Eisenbahnen, 1m,46
(5 Fuß bayerisch). Das Gewicht der Stoͤkel auf der Bahn von Liverpool
wechselt zwischen 4,53 und 5,44 Kilogrammen (8 und 10 Pfd.); zwischen
Saint-Etienne und Lyon betraͤgt das Gewicht dieser Stoͤkel im
Durchschnitt 3 Kilogrammen (5 1/3 Pfd.).
Die Dimensionen der Steinbloͤke sind:
Auf der Bahn von Liverpool
Hoͤhe
0m,30 (12 1/3 Zoll).
Breite
0m,61 (25 Zoll)
Auf der Bahn von St. Etienne nach Lyon
Hoͤhe
0m,30 (12 1/3 Zoll).
Breite
0m,30 (12 1/3 Zoll).
3) Von den Wagen.
Die meisten Wagen, deren man sich in England zum Transporte von Steinkohlen bedient,
enthalten ein Newcastle-Chaldron (2689 Kilogr. = 4761 Pfund bayr.)
Die Wagen auf der Eisenbahn von Andrézieux enthalten 2400 Kilogr. kleiner
Steinkohlen bis zu 2800 Kilogr. Koke.
Die Raͤder sind gewoͤhnlich von Gußeisen und an ihrem Umfange glashart
(in eisernen Formen) gegossen. Da sie jedoch mit der erforderlichen Haͤrte
eine gewisse Zaͤhigkeit verbinden sollen, so darf der gehaͤrtete Rand
nur von geringer Dike seyn. Die nicht gehaͤrteten Raͤder scheinen sich
sehr schnell abzunuͤzen. Nach den Erfahrungen des Hrn. Wood verhaͤlt sich die Reibung der nicht
gehaͤrteten Raͤder zu jener der gehaͤrteten, wie 63 zu 39. Die
Zusammenziehung, welche das gegossene Eisen bei seinem Erkalten leidet, macht, daß
diese Raͤder oft springen. Man sieht deren in den Werkstaͤtten der HH. Sequin, an welchen, zur Vermeidung
dieses Nachtheiles die runde Nabe in drei Theile abgesondert ist, deren
Zwischenraͤume mit hoͤlzernen Keilen ausgefuͤllt werden.Wir muͤssen hier die bereits gemachte Bemerkung wiederholen, daß die
schnelle Abnuͤzung der Raͤder von gewoͤhnlichem
Gußeisen eigentlich davon herruͤhrt, daß ihre Felgen zu schmal sind,
und auf den etwas convex geformten Schienen kaum in einer Breite von 1 1/2
Zoll aufliegen. Mit einer Felgenbreite von 3 bis 4 Zoll und eben so breiten,
ganz flachen, Schienen wuͤrden die aus zaͤhem Eisen gegossenen
Raͤder so lange dauern und so leicht als die (zerbrechlichen)
gehaͤrteten Raͤder laufen, und dabei den Vortheil bei den
Dampfwagen geben, daß sie desto sicherer eingriffen, und keine so
außerordentliche Belastung beduͤrften, um auf etwas steilen
Anhoͤhen fortzukommen, ohne auszugleiten.Noch besser und dauerhafter waͤren diese Raͤder, wenn man sie
mit starken Reifen von geschmiedetem oder gewalztem Eisen versehen
wollte.
Der Durchmesser der Raͤder betraͤgt im Allgemeinen das Eilf- bis
Dreizehnfache des Durchmessers der Achsen, und wechselt zwischen 0m,83 und 0m,91
(34 und 37 1/2 Zoll bayr.). Auf der Bahn von St. Etienne an die Loire haben die
Raͤder beilaͤufig 41 Zoll im Durchmesser. Man begreift, daß diese
Raͤder desto leichter gehen, je mehr ihr Durchmesser jenen der Achsen
uͤbertrifft. Diese leztern erhalten auf der Bahn von Andrézieux nach
Roanne eine Dike von 67,5 Millimeter (2 3/4 Zoll). Um ihre Staͤrke zu
pruͤfen, legt man sie auf zwei Unterlagen, welche 4 Fuß von einander entfernt
sind, und beschwert selbe in ihrer Mitte mit Gewichten, welche sie bis zu 7600
Kilogr. (135 Centner) ohne sich zu biegen, aushalten muͤssen.
Die Wagenkaͤsten auf der Eisenbahn von Bolton bei Manchester, welche als ein
Nebenzweig der großen Liverpool- und Manchester-Bahn dienen soll,
ruhen auf Federn; es sind die einzigen dieser Art, welche in England existiren. Man
vermindert durch diese Anordnung die Anzahl von Stoͤßen, die Schienen leiden
weniger, und der Zug wird erleichtert.Die leichten Wagen (Diligençen) auf der Eisenbahn zwischen Liverpool
und Manchester sind zwar mit Federn zwischen den Achsen und Gestellen
versehen; allein an den viel schwereren Dampfwaaren, bei welchen diese
Verbesserung am noͤthigsten waͤre, liegen die Kessel und
Maschinen mit ihren Gestellen noch immer unmittelbar auf den Achsen, obwohl
die Directoren der Gesellschaft bei dem von ihnen im Jahre 1829 ausgesezten
Preise von 500 Pfund Sterl. im vierten Artikel ihres Programmes
ausdruͤklich bedungen hatten, daß die Dampfkessel und Maschinen auf
Federn gestuͤzt seyn sollten. (The engine and
Boiler must be supported on Springs.) Nur der Novelty der HH.
Braithwaite und
Ericsson entsprach
bis jezt allein dieser wesentlichen Forderung. Es ist aber auch keine
leichte Aufgabe, die Achsen der Wagenraͤder mit dem Maschinenwerke so
zu verbinden, daß dieses von jenen unabhaͤngig sich schwingen, d.h.
heben und senken mag, ohne daß seine Einwirkung auf die Raͤder
gehindert oder gestoͤrt werde.
Auf der Bahn von Glasgow betraͤgt das Gewicht eines Wagens, der ein Chaldron
(48 Centner bayer.) enthaͤlt und einen hoͤlzernen (mit Eisen
beschlagenen) Kasten hat, 1015 Kilogr. = 18 bayerische Centner. Wagen mit eisernen
Kasten (von gewalztem Bleche) wiegen nur 914 Kilogr. (16 Centner). Die Wagen auf der
Bahn von Bolton wiegen 1522 Kilogr. (27 Centner) und halten eine Ladung von 2175
Kilogr. (38 3/4 Centner). Jene der HH. Sequin werden 3000 Kilogr. Kohlen (53 1/2 Centner) halten, und nicht
schwerer als eine metrische Tonne (1000 Kilogr. (= 17 4/5 bayerische Centner)
werden.
Man schaͤzt den Widerstand der Reibung gemeiniglich zu 1/180 bis 1/220 des
Gewichtes eines Wagens mit seiner Ladung; dieser Widerstand ist von der
Geschwindigkeit der Bewegung ganz unabhaͤngig, und wird auf einer nassen
(schmuzigen) Bahn 2/300. Auf einer der besten Mac
Adamisirten Landstraße betraͤgt dieser Widerstand 1/35. Nach diesen
Ergebnissen steht der Vortheil der Eisenbahnen hinsichtlich der Leichtigkeit der
Bewegung in dem Verhaͤltnisse von 7 zu 1, und von 7 1/2 zu 1 zu jenem auf
(den besten) gewoͤhnlichen Straßen.
4) Von den bewegenden
Kraͤften.
Diese sind auf Eisenbahnen von dreierlei Art: Pferde,
Schwerkraft und Dampf.
Nach Hrn. Wood wird die
groͤßte Wirkung eines Pferdes auf einer wagrechten Eisenbahn erhalten, wenn
es in einer Stunde zwei englische Meilen (11/12 einer bayerischen
Stundenlaͤnge) zuruͤklegt, und zehn Stunden des Tages arbeitet. Es
vermag dann eine Last von 10 Tonnen (182 bayer. Centner) fortzuziehen; was so viel
ist, als 200 Tonnen (3640 Centner) taͤglich eine Meile (englisch) oder 5516
bayerische Fuß weit gezogen.
Auf der Bahn von St. Etienne nach Andrézieux rechnet man, daß ein Pferd auf
der Ebene taͤglich 7 1/2 Tonnen 40,000 Meter weit zieht, was etwas weniger
ist als der nuzbare Effect, welchen man in England erhaͤlt.
Die Schwerkraft oder das Gewicht kann nur auf schiefen
Flaͤchen benuzt werden, deren Neigung sehr stark ist; die hinabgehenden Wagen
ziehen dann, vermittelst eines Systems von Scheiben und Walzen, andere Wagen
aufwaͤrts, wie dieß an der schiefen Flaͤche von Treuil bei St. Etienne
auf der von Hrn. Beaunier
angelegten Eisenbahn zu sehen ist. An solchen Stellen, wo der Neigungswinkel nicht
groß genug ist, um diese Bewegung durch die Schwere allein zu bewirken, und wo man
daher genoͤthigt ist, die Kraft von Maschinen zu Huͤlfe zu nehmen, ist
die hiezu erforderliche Kraft nicht leicht zu berechnen, weil durch die
Veraͤnderungen der Temperatur, die Dike der Seile, Scheiben und Achsen die
Reibungen auf so
verschiedene Art veraͤndert werden, daß eine genaue Schaͤzung beinahe
unmoͤglich wird.
Man benuzt in England die Bewegungskraft der Schwere auf eine sehr sinnreiche Art an
den Ausladungsplaͤzen. Der Wagen kommt uͤber eine schiefe
Flaͤche uͤber die Stelle, wo sein Kasten umschlaͤgt, und die
Steinkohlen in das darunter liegende Schiff ausstuͤrzt; und er faͤhrt
alsdann, vermoͤge eines Gegengewichtes, das er im Herunterlaufen aufgezogen
hat, von selbst wieder zuruͤk.
Die Dampfmaschinen, deren man sich auf Eisenbahnen
bedient, sind feststehend (fixed) oder beweglich (locomotive).
Das System der feststehenden oder fixirten Maschinen, welches man auch das
wechselwirkende System (reciprocating System) nennt, ist
von den Ingenieuren Walker und Rastrick fuͤr die ganze Laͤnge der Eisenbahn von Manchester
nach Liverpool, wiewohl diese groͤßten Theils horizontal liegt, vorgeschlagen
worden, so daß die Maschinen 1 1/2 englische Meilen (ungefaͤhr 3/4 Stunden)
von einander gebaut werden sollten. Man hat aber dieses System, welches
anfaͤnglich einige Vortheile zu gewaͤhren schien, aufgegeben, seitdem
auf dem bekannten Wettrennen von neuen Dampfwagen zwischen jenen beiden
Staͤdten so außerordentliche Resultate mit diesen lezteren erhalten worden
sind.Und daran hat man auch sehr wohl gethan; denn die bis jezt in England
versuchte Art, fixirte Dampfmaschinen zum Fortziehen von Wagen auf
Eisenbahnen mittelst langer Seile zu verwenden, worauf Benjamin Thompson im J. 1821 ein Patent genommen hat
(siehe polyt. Journ. VII. Band von 1822 S.
464), ist mit so vielen praktischen Schwierigkeiten und
Unbequemlichkeiten, ja selbst mit Gefahren verbunden; die Unterhaltung der
sich sehr schnell abnuͤzenden, Meilen langen. Seile ist so kostbar
und der Kraftverlust dabei so betraͤchtlich, daß das System der
Dampfwagen nach ihrer gegenwaͤrtig verbesserten Bauart allerdings
weit vorzuziehen ist, obwohl diese im Allgemeinen doch einen
groͤßeren Aufwand von Brennmaterial erfordern. Die einzige
vortheilhafte und sichere Art, wie die Fortschaffung von Wagen auf
Eisenbahnen durch fixirte Maschinen, und zwar ohne
alles Seilwerk, ohne irgend einen anderen verbindenden Mechanismus, und
ohne allen Kraftverlust bewirkt werden kann, ist diejenige, welche
der koͤnigl. Oberstbergrath von Baader
schon vor zwanzig Jahren erfunden, auf welche er im Jahre 1816 in London ein
Patent erhalten, und die er in seinem 1822 zu Muͤnchen erschienenen
Neuen System der fortschaffenden Mechanik (S.
153 bis 182) ausfuͤhrlich beschrieben hat. Wir verweisen unsere Leser
auf dieses Werk, und bezeichnen hier nur das Princip dieser originellen
Erfindung, welches darin besteht, daß der Bahn von einer Maschine zur
anderen ein solches Gefaͤlle gegeben wird, daß die Wagen darauf beinahe von selbst fortlaufen, und daß dieselben
dann bei ihrer Ankunft an der naͤchsten Maschine von dieser
uͤber eine kurze, aber steile schiefe Flaͤche ploͤzlich
wieder so hoch gehoben werden, als noͤthig ist, um der Bahn ein
gleiches sanftes Gefaͤlle bis zur zweiten Maschine zu verschaffen,
u.s.f. Wenn nach Hrn. v.
Baaders verbesserter Bauart die Reibung der Wagen so
vermindert wird, daß sie bei einem Gefaͤlle von 1/300 schon von
selbst zu laufen beginnen, so wird bei einem etwas schwaͤcheren
Falle, z.B. von 1/280, eine unbedeutende Kraft hinreichen, um die
groͤßten Lasten mit einer bedeutenden Geschwindigkeit fortzutreiben.
So
koͤnnte von einem Pferde eine Reihe von beladenen Wagen im Trabe
fortgezogen werden, wozu auf einer ganz horizontalen Bahn 8 bis 10 Pferde im
langsamsten Schritte nicht faͤhig waͤren; oder jeder einzelne
Wagen koͤnnte von einem darauf sizenden Manne mittelst eines
einfachen Mechanismus von einer Station zur anderen mit der groͤßten
Leichtigkeit und Schnelligkeit fortgetrieben werden. Die Aufzugmaschinen
(wozu gelegenheitlich auch Wasserkraft zu benuzen waͤre)
koͤnnten in bedeutenden Entfernungen von einander angebracht werden.
Freilich muͤßten diese Bahnen doppelt neben einander, und so
vorgerichtet werden, daß sie ihr Gefaͤlle in entgegengesezter
Richtung zwischen denselben Punkten erhalten; indessen wuͤrde die
Zurichtung dieser doppelten Daͤmme in den meisten Gegenden nicht mehr
kosten, als die zur Herstellung einer doppelten, durchaus ganz horizontalen
und ebenen Bahn erforderlichen Erd- und Mauerarbeiten nach dem
gegenwaͤrtigen Systeme mit Dampfwagen.
5) Von Traçirung der
Eisenbahnen.
Ehe man die Anlage einer Eisenbahn unternimmt, muß vor allen Dingen die commercielle
oder oͤkonomische Frage geloͤset werden. Die Hauptsache, worauf es
dabei ankommt, ist die Menge der auf der Bahn zu verfuͤhrenden Guͤter
und Waaren. Nach den Kosten und Ertraͤgnissen verschiedener in Großbritannien
und in Frankreich erbauten großen Eisenbahnen scheint es, daß man von den auf solche
Anlagen verwendeten Capitalien unter gewoͤhnlichen, nicht ganz
außerordentlich guͤnstigen Umstaͤnden, keine ertraͤglichen
Zinsen erwarten koͤnne, wenn die Menge der darauf jaͤhrlich sich
bewegenden Guͤter weniger als 50,000 Tonnen oder eine Million Centner
betraͤgt.
Auf der Stockton- und Darlington-Eisenbahn betraͤgt die
commercielle Bewegung jaͤhrlich 80 bis 100 tausend Tonnen; zwischen Liverpool
und Manchester hat man fuͤr 300 Arbeitstage im Jahre, auf beilaͤufig
1,100,000 Tonnen Guͤter und 36,000 Tonnen an Reisenden gerechnet;Der wirkliche Erfolg hat diese Voranschlaͤge noch um ein Bedeutendes
uͤbertroffen, zum großen Gluͤke fuͤr die Gesellschaft,
welche außerdem bei einem so ungeheuren Aufwande in der Anlage, welcher die
ersten Anschlaͤge um das Doppelte uͤberstieg, sich zu Grunde
gerichtet haͤtte. wobei aber von den Kaufmannsguͤtern 600,000 Tonnen nur einen Theil
des Weges befahren wuͤrden.
Von Saint-Etienne bis Andrézieux betraͤgt der Transport
jaͤhrlich 60 bis 80 tausend Tonnen (im Jahre 1828/29 betrug er nur 53,969);
von Roanne nach Andrézieux rechnet man auf 160 bis 180 tausend Tonnen, und
zwischen St. Etienne und Lyon verspricht man sich eine Bewegung von 350 bis 400
tausend Tonnen Guͤter und einer bedeutenden Zahl von Reisenden.
Eine der wesentlichsten Bedingungen bei der Traçirung einer Eisenbahn ist, daß
man, so viel nur immer moͤglich, alle Kruͤmmungen oder Biegungen
vermeide, oder diesen einen sehr großen Halbmesser gebe (das heißt, daß man von
einer geraden Linie so wenig als moͤglich abweiche). Die Curven der Eisenbahn
zwischen Liverpool- und Manchester haben durchaus einen Halbmesser von mehr
als 500 Meter, mit Ausnahme einer einzigen kurzen Streke bei dem Eintritt in die
Stadt Manchester, wo man sich mit einem Halbmesser von 180 Meter behelfen mußte.
Die HH. Sequin haben große
Opfer gebracht, um allen Kruͤmmungen auf der Eisenbahn von St. Etienne nach
Lyon einen Halbmesser von 500 Meter zu geben. Die Bahn zwischen Darlington und
Stockton hat mehrere ziemlich kurze Kruͤmmungen, welche eine bedeutende
Vermehrung in den Kosten des Transportes (und eine schnellere Abnuͤzung der
Raͤder und Bahnschienen) verursachen. Auf der Bahn von Saint-Etienne
nach Andrézieux betraͤgt der Halbmesser der Kruͤmmungen nur 75
bis 100 Meter. Es ist dieß ein großer Fehler, welchen man bei dieser Anlage begangen
hat, und wovon man die Nachtheile nicht vorher sah, da es die erste Eisenbahn von
Bedeutung war, die man in Frankreich zu sehen bekam. Auf der Bahn von Roanne nach
Andrézieux werden diese Kruͤmmungen einen Halbmesser von 200 Meter
erhalten; man fand sich aber hiezu aus Gruͤnden der Sparsamkeit
genoͤthigt.Alle diese Opfer haͤtten die Herren Sequin, Mellet und Henry sich ersparen, und alle diese Nachtheile vermeiden
koͤnnen, wenn sie, statt die in mehrfacher Hinsicht noch sehr
mangelhafte Bauart der englischen Eisenbahnen, an welchen seit 40 Jahren,
außer der Anwendung von Dampfwagen, keine wesentliche Verbesserung
vorgenommen worden ist, als das Muster der hoͤchsten Vollkommenheit
mit der aͤngstlichsten Genauigkeit zu copiren, vor der Anlage ihrer
Eisenbahnen sich die Muͤhe genommen haͤtten, nach
Muͤnchen zu reisen, und von dem Hrn. Ritter v. Baader die im Jahre 1825 im
koͤnigl. Garten von Nymphenburg nach seiner Erfindung hergestellte
Probebahn sich haͤtten zeigen lassen, wo sie gesehen haͤtten,
wie eine Reihe von fuͤnf aneinander
gehaͤngten, mit mehr als 200 Centnern (eilf Tonnen englisch oder
gegen 12,000 Kilogr.) beladenen Wagen von gewoͤhnlicher
Laͤnge uͤber eine halbkreisrunde Eisenbahn, deren
Halbmesser (Rayon) nur 20 Fuß (5 4/5 Meter)
betraͤgt, von einem Pferde mit der groͤßten Leichtigkeit
herum gefuͤhrt wird; sie haͤtten sich dort
uͤberzeugt, daß man mit Bahnen und Wagen von dieser Construction auch die kleinsten Gegenstaͤnde (wie
z.B. ein einzelnes Haus, ja, wenn man will, einen Baum), welche auf der
gewaͤhlten Richtungslinie im Wege stehen, durch die kuͤrzesten
Wendungen ohne die geringste Schwierigkeit und ohne allen Zwang umgehen
kann. – Ein Resultat, welches man bis dahin fuͤr unerreichbar
gehalten hatte. Durch die Annahme dieser einzigen Verbesserung
haͤtten die, Unternehmer jener Eisenbahnen im suͤdlichen
Frankreich mehrere hundert Tausend Franks, und jene der Liverpool-
und Manchesters-Bahn einige hundert Tausend Pfund Sterl. ersparen
koͤnnen. – Doch warum sollten Franzosen und Englaͤnder
die Erfindungen eines Deutschen ihrer Aufmerksamkeit wuͤrdig halten,
so lange man denselben in Deutschland selbst keine Gerechtigkeit widerfahren
laͤßt? Welches Zutrauen sollte den Fremden auch die Nachricht von
einer in Bayern erfundenen und ausgefuͤhrten neuen Vorrichtung
einfloͤßen, uͤber welche ein bayrischer Oberbaurath, der, ohne
Mechaniker zu seyn, und ohne fruͤher eine Eisenbahn gesehen zu haben,
mit der Anmaßung eines Richters das Verdammungsurtheil oͤffentlich
auszusprechen sich erlaubte, und deren der juͤngere Hr. v. Gerstner in dem von ihm
gemeinschaftlich mit seinem verdienstvollen Hrn. Vater zu Prag
herausgegebenen Handbuch der Mechanik, worin er
uͤber die englischen und boͤhmischen Eisenbahnen
ausfuͤhrlich handelt, mit keiner Sylbe zu erwaͤhnen
fuͤr gut fand; obwohl der Erfinder selbst im J. 1826 die Ehre gehabt
hat, demselben Hrn. Ritter Anton
v. Gerstner im Garten von Nymphenburg jene wichtige
Verbesserung zu zeigen, uͤber deren gelungenen Erfolg er damals
selbst erstaunt zu seyn schien? – Das ist nun aber der alte
ungluͤkliche Fehler der Deutschen, daß sie sich selbst unter einander
keine Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß sie lieber den
Auslaͤndern, selbst auf Gefahr, von diesen verachtet zu werden,
sklavisch huldigen, als sich gegenseitig zu ehren und zu erheben, als
deutsches Verdienst geltend zu machen. – –
6) Von den Kosten der Anlage und der
Bespannung.
Die HH. Coste und Perdonnet schaͤzen, nach den
Kostenanschlaͤgen von einer Menge von Eisenbahnen, welche theils schon
hergestellt, theils noch nicht vollendet sind, die Kosten der Anlage von einem
Kilometer, wie folgt:
1) Fuͤr eine doppelte
Eisenbahn.
In England:
mit Schienen von gewalztemEisen, zwischen Liverpool und
Manchester
262,500 Franken.
–
– mir Schienen von
gegossenemEisen, zwischen dem Kanal von Cromford undPeak Jorest
(beide noch unvollendet)
64,000 –
–
– Im Durchschnitte,
nach Hrn.
Tredgold
78,125 –
In
Frankreich: mit Schienen von geschmiedetemEisen von St. Etienne nach
Lyon (noch unvollendet)
153,571 –
–
– Von Paris nach Havre
(projectirt)
118,000 –
2) Fuͤr eine einfache
Eisenbahn.
In England,
mit Schienen von gewalztemEisen, in der Gegend von Glasgow
(ausgefuͤhrt)
63,350 –
–
– mit Schienen von
Gußeisen, inder Gegend von Newcastle oder in der GrafschaftWales
(ausgefuͤhrt)
34,375 –
In
Frankreich: mit gegossenen Schienen,von St. Etienne nach
Andrézieux (ausgefuͤhrt)
74,095 –Naͤmlich fuͤr
Ankauf von Gruͤnden 330,000 Fr.Kunst- und
Erdarbeiten, Bruͤken 368,000
–Steinbloͤke und
Befestigung der Schienen 179,000
–Gußwaaren und anderes
Eisen 524,000
–Allgemeine Kosten der
Anlage 60,000
–Allgemeine Kosten des Entwurfes,der Aufsicht und
Baufuͤhrung
95,000 Fr.––––––––––1,556,000 –Fuͤr die
Wagen 230,000
–Die Laͤnge dieser Eisenbahn mit ihren Nebenzweigen
betraͤgt ungefaͤhr 21 Kilometer.
In
Frankreich: mit geschmiedeten Schienen,von Roanne nach
Andrézieux (im Bau begriffen)
50,746 Franken.
In
Deutschland: mit Schienen von geschmiedetemEisen auf Holz, in
Boͤhmen
35,700 –Hiernach waͤren die mittleren Kosten einer doppelten Eisenbahn
von der Laͤnge eines Kilometer 135,239 Franks, und von einer
einfachen Bahn 51,653 Franks. Wir muͤssen indessen bemerken,
daß dieses das arithmetische Mittel von nur einigen wenigen
Eisenbahnen ist, unter welchen sich gerade die kostbarsten Anlagen
dieser Art befinden.
Die Schriftsteller uͤber diesen Gegenstand sind der Meinung, daß die Schienen
der neuen franzoͤsischen Eisenbahnen etwas zu leicht sind, falls man darauf
die Wagen durch Dampfwagen fortschaffen wollte. Wuͤrde man zu diesem
Gebrauche Schienen von hinreichender Staͤrke vorrichten, so kaͤmen die
Kosten der Anlage hoͤher zu stehen, als die hier angezeigten.Man kann aber diese Schienen noch um Vieles leichter, und doch fuͤr
das schwerste Fuhrwerk stark genug machen, wenn man, statt dieselben nach
englischer Art zwischen einzelnen von einander entfernten
Steinbloͤken hohl zu legen, auf zusammenhaͤngenden
Geleisemauern befestigt. Durch diese Verbesserung, und durch die Ersparung
der bedeutenden Erdarbeiten, welche das neue System des Hrn. Ritters v. Baader
gewaͤhrt, koͤnnen die Kosten der solidesten Anlagen in den
meisten Faͤllen auf den dritten Theil der gegenwaͤrtigen
vermindert werden.
7) Von den Kosten der Unterhaltung, und
der Administration; von den Einnahmen.
Die Unterhaltungskosten einer Eisenbahn werden gewoͤhnlich auf 2 1/2 Procent
des Anlag-Capitales geschaͤzt. Die Bespannung oder der Zug der Wagen
kostet, nach Tredgold, wenn Pferde hiezu verwendet
werden, auf eine Tonne Ladung und den Weg von einem Kilometer
3,8 Centimes
In der
Naͤhe von Newcastle, nach der Berechnungdes Hrn. Thompson,
beilaͤufig
3 –
zu
Darlington werden bezahlt
3,1 –
Hr.
Navier berechnet
in seinem Entwurfeeiner Eisenbahn von Paris nach Havre
3,7 –
Auf der
Eisenbahn von Darlington, mit Dampfwagen
2,3 –
Auf der
Eisenbahn von Liverpool, mit den altenDampfwagen, wenn diese 5 Meilen
in einer Stundemachen, nach der Berechnung der HH. Walker
und Rastrick
4 –
Wenn selbe 10
Meilen in einer Stundezuruͤklegen
4,29 Centimes.
Mit
feststehenden Maschinen
3,78 –Dieß macht fuͤr 20 Centner auf eine bayerische
Stundenlaͤnge im hoͤchsten Preise 4 1/3 Kreuzer, im
niedrigsten 2 1/3 Kreuzer.
Die auf den Eisenbahnen in England erhobenen Zoͤlle sind, wie auf den
Kanaͤlen in Frankreich, nach den zu transportirenden Gegenstaͤnden
verschieden. So z.B. ist die Gesellschaft der Liverpool- und
Manchester-Eisenbahn berechtigt, von einer Tonne Wolle, Baumwolle, Leder und
anderen Kaufmannsguͤtern 18,75 Centimes fuͤr 1 Kilometer zu nehmen,
waͤhrend fuͤr dieselbe Entfernung von einer Tonne Kalkstein,
Steinkohlen u. dergl. nur 6,25 Centimes erhoben werden. Auch auf der Bahn von St.
Etienne nach Lyon nach der Verschiedenheit der Gegenstaͤnde festgesezt; man
bezahlt fuͤr 1 Hectoliter Steinkohlen oder Baumaterial 1,86 Centimes auf 1
Kilometer, und eben so viel fuͤr 50 Kilogramme von Kaufmannswaaren.